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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §67 Abs8 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der S GmbH in W, vertreten durch WKG Rechtsanwälte GmbH Mag. Harald Hipfl, 4600 Wels, Edisonstraße 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 12. September 2002, RV 1551/1-8/2002, betreffend Lohnsteuer für den Zeitraum 1998 bis 2000 sowie Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wird der Beschwerdeführerin als Haftende (Arbeitgeberin) Lohnsteuer sowie ein darauf entfallener Säumniszuschlag vorgeschrieben. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, Dr. Alfred S., geboren 26. Jänner 1940, sei Dienstnehmer der Beschwerdeführerin gewesen. Mit Vereinbarung vom 18. August 1995 sei ihm eine Betriebspension zugesagt worden. Im Zuge einer Lohnsteuerprüfung habe das Finanzamt festgestellt, dass Dr. Alfred S. bei seinem Austritt aus dem Dienstverhältnis im Jänner 2000 neben einer gesetzlichen und freiwilligen Abfertigung eine Pensionsabfindung in Höhe von 11,398.210,-- S ausbezahlt erhalten habe. Die Beschwerdeführerin habe die Pensionsabfindung mit dem halben Einkommensteuersatz des § 67 Abs. 8 lit. b EStG versteuert. Nach Ansicht des Finanzamtes sei die begünstigte Versteuerung nach der zitierten Gesetzesstelle nicht zulässig. Es habe daher (zusätzliche) Lohnsteuer in der Höhe von 2,896.342,-- S (und Säumniszuschlag von 57.927,-- S) vorgeschrieben.
Der gegen diese Vorschreibung erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin könne kein Erfolg beschieden sein. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liege eine Pensionsabfindung im Sinne des § 67 Abs. 8 lit. b EStG nur vor, wenn eine Zahlung in Abgeltung eines - auf Renten lautenden - bereits entstandenen Anspruches geleistet werde. § 67 Abs. 8 lit. b EStG stelle auf die Abfindung von Pensionen, nicht auf die Abfindung von Anwartschaften ab. Nach der zwischen der Beschwerdeführerin und Dr. Alfred S. geschlossenen Vereinbarung vom 18. August 1995 seien die Rentenzahlungen erstmals in jenem Monat zu leisten, welcher der Vollendung des 60. Lebensjahres des Dr. Alfred S. folge. Solcherart habe Dr. Alfred S. erst zum 1. Februar 2000 einen Pensionsanspruch gehabt. Die Pensionsabfindung sei unbestritten bereits im Jänner 2000 ausbezahlt worden. Dr. Alfred S. sei zum 31. Jänner 2000 aus dem Dienstverhältnis ausgetreten. Damit seien die Voraussetzungen für die begünstigte Besteuerung nach § 67 Abs. 8 lit. b EStG nicht erfüllt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, sind zu versteuern
"mit der Hälfte des Steuersatzes, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Bezuges auf die Monate des Kalenderjahres als Lohnzahlungszeitraum ergibt,
- Zahlungen für Pensionsabfindungen, soweit sie nicht nach Abs. 6 mit dem Steuersatz des Abs. 1 zu versteuern sind".
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen Pensionsabfindungen im Sinn des § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 nur dann vor, wenn die zugrunde liegende Vereinbarung die Abgeltung eines - auf Renten lautenden - bereits entstandenen Anspruches zum Inhalt hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2003, 2001/15/0165). Die Abgeltung einer bloßen Pensionsanwartschaft fällt nicht unter den in Rede stehenden Tatbestand. Der Verwaltungsgerichtshof fordert zusätzlich, dass die Pensionsabfindung nach bzw. im Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses gezahlt wird, sodass ein "potentieller Versorgungsfall" vorliegt (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 2001/15/0165).
Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dass das Dienstverhältnis des Dr. Alfred S. zur Beschwerdeführerin zum 31. Jänner 2000 beendet worden, dass weiters die Pensionsabfindung am 26. Jänner 2000 gezahlt und somit vor Ablauf des Jänner 2000 vereinbart worden ist. Sie geht im angefochtenen Bescheid weiters von einer Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und Dr. Alfred S. über die Leistung einer Altersvorsorge vom 18. August 1995 aus, nach welcher sich für Dr. Alfred S. ab dem Monat nach Vollendung seines 60. Lebensjahres, also ab 1. Februar 2000 ein Betriebspensionsanspruch ergebe.
Bei der gegebenen Sachlage wäre der Betriebspensionsanspruch in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses entstanden und wurde die Pensionsabfindung im Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses vereinbart.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im bereits zitierten Erkenntnis 2001/15/0165 zum Ausdruck gebracht hat, steht es der Besteuerung nach § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 nicht entgegen, wenn die Pensionsabfindung einige Tage vor Beendigung des Dienstverhältnisses bzw. vor dem Entstehen des - auf Renten lautenden - Betriebspensionsanspruches vereinbart worden ist und zu einer entsprechenden Zahlung geführt hat. Die belangte Behörde hat sohin die Rechtslage verkannt, weil sie die Bestimmung des § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 deshalb nicht für anwendbar hielt, weil die Pensionsabfindung fünf bzw. sechs Tage vor dem Ende des Dienstverhältnisses bzw. dem Bestehen des Anspruches auf Betriebspension ausbezahlt worden ist.
Die Pensionsabfindung stellt die Abgeltung eines auf Rente lautenden Anspruches dar. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 19. März 1998, 97/15/0219, zum Ausdruck gebracht hat, liegt keine Pensionsabfindung vor, wenn dem Dienstnehmer primär ein Kapitalanspruch eingeräumt ist und ihm daneben eine Rentenoption zukommt. In einem solchen Fall werde die einmalige Zahlung auf Grund des primären Kapitalanspruches, nicht jedoch in Abgeltung eines gar nicht geltend gemachten Anspruches auf Rentenzahlung geleistet. Es könne dann von der Abfindung eines Anspruches auf rentenmäßige Zahlung keine Rede sein.
Auch im Erkenntnis vom 23. April 2001, 98/14/0176, hat der Verwaltungsgerichtshof eine Abfindungszahlung, die nach dem in jenem Fall zur Anwendung kommenden Pensionsstatuts Dienstnehmern gebührt, deren Dienstverhältnisse beendet werden, bevor Ansprüche auf Ruhegelder entstanden sind, nicht als Pensionsabfindungen angesehen, weil sie keine Abgeltung von auf Renten lautenden und bereits entstandenen Ansprüchen darstellten.
Im gegenständlichen Fall wurde in der Vereinbarung einer Altersvorsorge zwischen Dr. Alfred S. und der Beschwerdeführerin vom 18. August 1995 festgelegt, dass die Beschwerdeführerin bei einem Versicherungsunternehmen einen Rentenversicherungsvertrag abschließe, bei welchem Versicherungsnehmer und Versicherungsbegünstigter die Beschwerdeführerin, versicherte Person aber Dr. Alfred S. sei. Die von der Beschwerdeführerin an Dr. Alfred S. zu leistenden Rentenzahlungen hätten sich mit den Versicherungsleistungen aus dieser Versicherung zu decken; der Versicherungsvertrag sei so zu schließen, dass der Versicherer erstmalig in jenem Monat Auszahlungen leiste, der der Vollendung des 60. Lebensjahres des Dr. Alfred S. folge. Unter § 4 der genannten Vereinbarung wird festgehalten:
"Pensionsabfindung
Anlässlich der Beendigung des Dienstverhältnisses aus welchem Grund auch immer sind der Arbeitnehmer oder seine Erben berechtigt, die Abfindung der Pension vom Arbeitgeber zu verlangen, indem der Arbeitgeber den Rentenversicherungsvertrag an den Arbeitnehmer bzw. die Erben überträgt und dadurch der Arbeitnehmer oder seine Erben auch der Versicherungsnehmer und Versicherungsbegünstigte wird.
Der Versicherungsbegünstigte hat die erhobenen Steuern und Beiträge zu tragen."
Im fortgesetzten Verfahren wird zu prüfen sein, ob nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung vom 18. August 1995 der Anspruch des Dr. Alfred S. allenfalls - im Hinblick auf die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit dieser Variante - primär auf die Übertragung des Versicherungsvertrages im Sinne des § 4 der genannten Vereinbarung gerichtet gewesen ist. Weiters wird festzustellen sein, wie sich die in § 4 der Vereinbarung vorgesehene Übertragung des Versicherungsvertrages zu der von der belangten Behörde angenommenen Zahlung einer Pensionsabfindung durch die Beschwerdeführerin verhält.
Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. September 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002140131.X00Im RIS seit
26.10.2004