Index
19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1997 §21 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des N, geboren 1961, vertreten durch Dr. Hermann Holzmann, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 17/P, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 31. Oktober 2000, Zl. III 4033-125/00, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund die Aufwendungen in Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 31. Oktober 2000 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen iranischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 und §§ 37 bis 39 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein bis zum 12. Oktober 2006 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer sei im Jänner 2000 rechtswidrig, ohne gültiges Reisedokument und ohne Aufenthaltstitel, in das Bundesgebiet eingereist. Sein Asylverfahren sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 4. April 2000 rechtskräftig negativ abgeschlossen worden. Er halte sich seit dem 3. Mai 2000 rechtswidrig im Bundesgebiet auf und habe den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt bisher nicht nachgewiesen. Das verwirkliche den Aufenthaltsverbotsgrund des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG. Die Mittellosigkeit rechtfertige die Annahme, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes gefährde.
Der private und familiäre Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers befinde sich im Iran. Er wohne seit dem 12. September 2000 bei seinem einzigen Verwandten in Österreich. Zur Behauptung, dass dieser Onkel für seinen Unterhalt aufkomme, werde darauf hingewiesen, dass es Sache des Fremden sei, von sich aus (initiativ) zu beweisen, dass er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel verfüge. Der Beschwerdeführer habe dies unterlassen. Eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens bedürfe es nicht. Zeitweise lebe der Beschwerdeführer auch in einem Flüchtlingsheim. Das Aufenthaltsverbot stelle im Hinblick auf dessen kurzen Aufenthalt seit Jänner 2000 als Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung bis 2. Mai 2000 keinen relevanten Eingriff in sein Privat- oder Familienleben dar. Eine Interessenabwägung nach § 37 FrG sei daher entbehrlich. Die Dauer des Aufenthaltsverbotes entspreche § 39 Abs. 1 FrG und den für seine Erlassung maßgeblichen Umständen. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick darauf, dass keine besonderen zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände vorlägen, könne von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, "der Beschwerde Folge zu geben und die vorausgehenden Bescheide zu beheben".
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist.
Gemäß Abs. 2 des § 36 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtsmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhaltes verfügt, sondern, dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Mai 2003, Zl. 98/18/0318).
1.2. Der Beschwerdeführer verfügt unstrittig über kein eigenes Einkommen. Er hat im Verwaltungsverfahren vorgebracht, dass er bei seinem Onkel wohne, der auch für seinen Unterhalt aufkomme. Dieses Vorbringen ist als Nachweis der Mittel zu seinem Unterhalt jedoch schon deshalb nicht geeignet, weil sich daraus nicht ergibt, dass er einen Rechtsanspruch auf diese Unterstützungsleistungen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. 2000/18/0181). Die belangte Behörde kam demnach zutreffend zu dem Ergebnis, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt sei.
2.2. Im Hinblick auf die aus der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers resultierenden Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung und der finanziellen Belastung der Republik Österreich (vgl. das Schreiben der Stadt Innsbruck vom 26. September 2000, wonach der Beschwerdeführer am 4. April 2000 einen Sozialhilfeantrag eingebracht habe) begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom Zl. 2000/18/0181).
3. Unbestritten bleibt in der Beschwerde, dass sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides kürzer als ein Jahr (von Jänner bis Oktober 2000) im Bundesgebiet aufgehalten hat und in Österreich - außer über die genannte Beziehung zu seinem Onkel - über keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen verfügt (die Ehefrau des Beschwerdeführers und dessen Kind leben nach seinen Angaben im Iran).
Die Ansicht der belangten Behörde, dass mangels Vorliegens eines relevanten Eingriffs in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers die Überprüfung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbots gemäß § 37 FrG nicht erforderlich sei, wird vom Verwaltungsgerichtshof in Anbetracht der Bindung des Beschwerdeführers zu seinem Onkel (in dessen Haushalt er lebt) zwar nicht geteilt; durch diese Verkennung der Rechtslage wurde der Beschwerdeführer jedoch nicht in Rechten verletzt:
Den aus der Dauer seines Aufenthalts in Österreich und aus seiner Beziehung zu seinem Onkel abzuleitenden persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht die von ihm ausgehende, mit seiner Mittellosigkeit verbundene Gefährdung des öffentlichen Interesses (vgl. II. 2.2.) gegenüber. Eine weitere Beeinträchtigung öffentlicher Interessen liegt darin, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit dem rechtskräftigen Abschluss seines Asylverfahrens im Mai 2000 unrechtmäßig war. Von daher ist das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und Schutz des wirtschaftlichen Wohls des Landes) dringend geboten (§ 37 Abs. 1 FrG); die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wiegen nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.).
4. Auch die Bestimmung des § 21 Abs. 1 AsylG steht der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen. Nach dem Beschwerdevorbringen ist der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Asylverfahrens mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23. Februar 2001 abgewiesen worden. Über die dagegen erhobene Berufung sei bisher noch nicht entschieden worden. Dies bestätigt die Richtigkeit der Feststellung des angefochtenen Bescheides, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides nicht Asylwerber war. § 21 Abs. 1 AsylG steht dem auf § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG gestützten Aufenthaltsverbot daher nicht entgegen.
5. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. September 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001180252.X00Im RIS seit
12.11.2004