TE Vwgh Erkenntnis 2004/9/29 2001/13/0013

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Veröffentlicht am 29.09.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §188;
BAO §289;
BAO §93 Abs2;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG 1988 §18 Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. Stefan Petrofsky, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Pyrkergasse 36, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom 24. November 2000, Zlen. RV/044-15/04/95 und RV/045-15/04/95, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1987 bis 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Ausspruch, dass die Verluste 1987, 1988 und 1989 nicht vortragsfähig sind, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, im Übrigen (soweit er die Festsetzung der Einkommen- und Gewerbesteuer 1987 bis 1989 betrifft) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.172,88 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erklärte mit seinen Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre 1987 bis 1989 Verluste aus Gewerbebetrieb von rund 700.000 S (1987), 120.000 S (1988) und 1,300.000 S (1989).

Im Gefolge einer beim Beschwerdeführer ab Herbst 1992 durchgeführten Buch- und Betriebsprüfung über die Jahre 1987 bis 1991 stellte der Prüfer in seinem Bericht fest, dass sich die erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb ab 1988 einerseits aus Einkünften aus der Handelstätigkeit des Beschwerdeführers und andererseits aus Einkünften aus dessen in der Veranstaltung von Misswahlen und dem Betrieb einer "Modelschule" bestehendem Gewerbebetrieb zusammengesetzt hätten. Während der Verlust 1987 zur Gänze der Handelstätigkeit zugeordnet wurde, gliederte der Prüfer (unter Tz 36 seines Berichtes) das erklärte Ergebnis 1988 und 1989 dergestalt auf, dass auf die Handelstätigkeit für 1988 ein Gewinn von rund 80.000 S und für 1989 ein Verlust von rund 480.000 S, auf den Gewerbebetrieb betreffend Misswahlen und Modelschule für 1988 ein Verlust von rund 200.000 S und für 1989 ein Verlust von rund 830.000 S entfielen.

Der Beschwerdeführer habe - so der Prüfer in Tz 13 seines Berichtes - im Jahr 1986 antistatische Operationsschürzen von der österreichischen Firma O. zu 4 S (Gr. 70x135 cm) und zu 6 S (Gr. 70x170 cm) je Stück gekauft, welche ihrerseits die Waren von der schwedischen Firma G. bezogen habe. Der Beschwerdeführer habe diese Operationsschürzen einem Krankenhaus zum Preis von 14 S bzw. 18 S je Stück weiterverkauft. Von den erzielten Bruttogewinnen habe der Beschwerdeführer eine Provision von 50 % an M. I. weiter gegeben, weil ihm dieser die Geschäftsmöglichkeit eingeräumt habe. Ab Oktober 1987 habe der Beschwerdeführer gleichartige Operationsschürzen zu Preisen von 12 S und 16 S je Stück von der liechtensteinischen W-Warenhandelsgesellschaft Establishment gekauft und zu den bisherigen Verkaufspreisen dem Krankenhaus weiterverkauft. Dadurch habe sich sein Bruttogewinn von 5 S und 6 S auf 2 S je Operationsschürze verringert. Dazu habe der Beschwerdeführer während der Prüfung mitgeteilt, die Firma O. habe die Erzeugung der Operationsschürzen eingestellt und das Lager abverkaufen wollen, was den geringen Preis ergeben habe. Nach Abverkauf des Lagers sei es ihm nicht mehr möglich gewesen, weitere Operationsschürzen von der Firma O. zu erwerben. Anlässlich eines Messebesuches im Jahr 1986 habe er sich mit einem ihm genannten H. Sch. ins Einvernehmen gesetzt, welcher "so ziemlich alles beschaffen könne, was es am Markt gäbe". H. Sch. habe auf Anfrage des Beschwerdeführers vom 7. Jänner 1987 ein Anbot erstellt, worauf der Beschwerdeführer die Operationsschürzen von der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment bezogen habe. Diesem Vorbringen des Beschwerdeführers während der Prüfung habe der Prüfer entgegen gehalten, dass die Firma O. die Operationsschürzen nicht erzeugt, sondern von einer schwedischen Firma zugekauft habe, und dass es sich bei den dem Beschwerdeführer gewährten Preisen um normale Großhandelsverkaufspreise der Firma O., nicht um Abverkaufspreise gehandelt habe. Der Beschwerdeführer hätte nach Aussage des zuständigen Verkaufsleiters der Fa. O., Dr. A. P., auch nach der Übernahme der Firma O. durch die B & B AG gleichartige Operationsschürzen beziehen können. Nach Aussage des Dr. A. P. habe sich der Beschwerdeführer nach letztmaliger Abnahme von Operationsschürzen trotz mehrmaliger Aufforderung geweigert, zuvor bestellte Operationsschürzen abzunehmen. Die Operationsschürzen seien auch in einer ab 1. Februar 1988 gültigen Preisliste der Firma O. mit 5,70 S und 7,60 S je Stück enthalten. Eine an den Beschwerdeführer ausgestellte Rechnung der Firma O. vom 18. Dezember 1987 über insgesamt 96.000 Stück Operationsschürzen habe storniert werden müssen, weil der Beschwerdeführer diese Operationsschürzen eben nicht mehr abgenommen habe. Bereits ab Oktober 1987 habe er gleichartige Operationsschürzen von der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment bezogen. Die W-Warenhandelsgesellschaft Establishment habe die Firma O. um Erstellung eines Anbotes für solche Operationsschürzen im Jahr 1988 ersucht; mit Rechnung vom 14. November 1988 habe die Firma O. die lagernden Operationsschürzen mit dem Nettogesamtgewicht von 4.981 kg an die W-Warenhandelsgesellschaft Establishment um 3,50 S und 4,30 S je Stück verkauft. Mit Rechnung vom 6. Dezember 1988 habe die Firma W-Warenhandelsgesellschaft Establishment diese Schürzen mit dem selben Nettogewicht (4.981 kg) dem Beschwerdeführer verrechnet. Daraus schloss der Prüfer, dass es sich um jene Operationsschürzen gehandelt habe, welche die W-Warenhandelsgesellschaft Establishment zuvor von der Firma O. zugekauft habe.

Aus einem Handelsregisterauszug sei ersichtlich, dass die 1975 gegründete L-Anstalt noch im Dezember 1983 kein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betrieben habe. Mit Eintragung im Handelsregister vom 9. Dezember 1986 sei der Firmenwortlaut der L-Anstalt auf W-Warenhandelsgesellschaft Establishment und der Unternehmenszweck auf Import und Export von Waren aller Art geändert worden. Der erwähnte H. Sch. sei als Verwaltungsrat und Repräsentant der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment im Handelsregister eingetragen und in Liechtenstein als Treuhänder tätig gewesen. Die auf dem Briefpapier der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment angeführte Anschrift und Fernmeldeverbindungen seien jene des H. Sch., die W-Warenhandelsgesellschaft Establishment scheine weder im amtlichen Telefonbuch noch im Telexverzeichnis von Liechtenstein auf. Der Prüfer hielt es daher für wahrscheinlich, dass von der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment eine kaufmännische Tätigkeit erst durch die Aufnahme der Geschäftsbeziehungen zum Beschwerdeführer begründet worden sei. Die W-Warenhandelsgesellschaft Establishment habe die Operationsschürzen "nachweislich" von der schwedischen Firma G. zugekauft, von welcher auch die Firma O. ihre Operationsschürzen bezogen habe. So habe die schwedische Firma G. mit Rechnung vom 15. März 1988 der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment 108.100 Operationsschürzen um umgerechnet rund 260.000 S fakturiert, welche die W-Warenhandelsgesellschaft Establishment mit Rechnungen vom 4. März und 18. März 1988 dem Beschwerdeführer um rund 1,400.000 S weiterverrechnet habe. Der Beschwerdeführer habe nicht bekannt gegeben, welcher Person die von der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment aus dem An- und Verkauf der Operationsschürzen erzielten Einkünfte letztlich tatsächlich zugeflossen seien. Der Beschwerdeführer habe eine notariell beglaubigte Bestätigung vorgelegt, dass in einer Zessionserklärung des Verwaltungsrates der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment, H. Sch., vom 4. Dezember 1986 die Gründerrechte an eine kanadische Staatsbürgerin, deren Name und Anschrift jedoch nicht bekannt gegeben worden sei, abgetreten worden seien. Dem Beschwerdeführer sei vorgehalten worden, dass er der an ihn ergangenen Aufforderung gemäß § 162 BAO zur Nennung der tatsächlichen Empfänger der als Betriebsausgaben abgesetzten Beträge damit nicht nachgekommen sei. Weiters habe der genannte Verwaltungsrat H. Sch. mit Schreiben vom 22. Februar 1993 mitgeteilt, dass ein deutsches Konsortium Eigentümer der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment sei. Bei der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment handle es sich nach Ansicht des Prüfers um ein liechtensteinisches Sitzunternehmen, welches über keine eigenen Geschäftsräumlichkeiten verfüge, keinen eigenen Telefonanschluss habe und in Liechtenstein keine eigene Geschäftstätigkeit entfalte. Die einzige Kontaktperson, welche der Beschwerdeführer bei der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment gehabt habe, sei H. Sch., welcher ein liechtensteinisches Treuhandunternehmen betreibe. Die dargestellte Vorgangsweise des Bezugs von Operationsschürzen (bis 1986 zu wesentlich günstigeren Konditionen von einem österreichischen Unternehmen, danach unter Verweigerung der Abnahme vom österreichischen Lieferanten zu wesentlich ungünstigeren Konditionen von der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment) erscheine dem Prüfer äußerst ungewöhnlich.

Daher rechnete der Prüfer die als Wareneinsatz für die Operationsschürzen geltend gemachten Aufwendungen dem Beschwerdeführer zu. Allerdings betrachtete der Prüfer die schwedische Firma G. als bekannt gegebenen Empfänger, weil sich die von der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment an die Firma G. bezahlten Preise durch die Rechnung vom 15. März 1988 hätten ermitteln lassen. Der Prüfer setzte daher die tatsächlichen Einstandspreise mit den von der Firma G. verrechneten Preisen an und erkannte nur die darüber hinaus geltend gemachten Beträge mangels Bezeichnung des tatsächlichen Empfängers gemäß § 162 BAO nicht als Betriebsausgaben an. Hinsichtlich der dem Beschwerdeführer mit Rechnung vom 6. Dezember 1988 in Rechnung gestellten Preise sah der Prüfer als Empfänger der geltend gemachten Beträge die Firma O. an, welche für diese Operationsschürzen einen Betrag von rund 323.000 S an die W-Warenhandelsgesellschaft Establishment fakturiert habe. Daher wurde vom Prüfer für diese Lieferung nur der darüber hinausgehende Betrag mangels Nennung des tatsächlichen Empfängers nicht anerkannt.

Entsprechend dieser Darstellung rechnete der Prüfer Beträge von 912.850 S (1987), 4,461.264 S (1988) und 49.892 S (1989) den erklärten Verlusten hinzu. Neben anderen, hier nicht ins Gewicht fallenden unstrittigen Hinzurechnungen gelangte der Prüfer insgesamt zu Einkünften aus Gewerbebetrieb von rund 1,340.000 S (1987), 3,400.000 S (1988) und -880.000 S (1989). Hinsichtlich des in der Handelstätigkeit bestehenden Gewerbebetriebes gelangte der Prüfer zu einem Gewerbeertrag von rund 1,380.000 S (1987), 3,650.000 S (1988) und -52.000 S (1989).

Schließlich hielt der Prüfer in seinem Bericht (Tz 12) fest, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Prüfung mitgeteilt habe, die Buchhaltungsunterlagen für die Jahre 1987 bis 1989 seien verbrannt, weshalb er sie nicht habe vorlegen können. Im Jänner 1992 habe er bei der Polizei eine Anzeige gegen unbekannte Täter wegen erfolgter Brandstiftung erstattet. Ein Schätzgutachten über den verursachten Brandschaden habe der Beschwerdeführer zur Einsicht vorgelegt. Darin sei u.a. festgehalten, dass Ordner einer bestimmten Marke vernichtet worden seien.

Das Finanzamt folge den Prüferfeststellungen und setzte nach Wiederaufnahme der betreffenden Verfahren mit Bescheiden vom 22. Juli 1994 die Einkommensteuer für die Jahre 1987 bis 1989 ausgehend von einem Einkommen von 1,325.166 S (1987), 3,363.370 S (1988) und einem Einkommen von 0 S bei Einkünften aus Gewerbebetrieb von -880.742 S (1989) sowie die Gewerbesteuer hinsichtlich des aus der Handelstätigkeit des Beschwerdeführers bestehenden Gewerbebetriebes ausgehend von einem Gewerbeertrag von 1,379.140 S (1987), 3,653.463 S (1988) und - 52.437 S (1989) fest.

Dagegen berief der Beschwerdeführer und erläuterte, dass er die Geschäftsbeziehungen zur Firma O. ausschließlich über M. I., deren Gebietsverkaufsleiter, abgewickelt habe und von diesem über die "Produktionseinstellung" der Firma O. in Kenntnis gesetzt worden sei. Mit einem Dr. A. P. habe er niemals Kontakt gehabt, Dr. A. P. habe dem Prüfer gegenüber selbst ausgesagt, mit ihm "persönlich nichts zu tun" gehabt zu haben. Da wegen eines Verlustes der Provision auch M. I. einen Nachteil gehabt habe, habe der Beschwerdeführer nicht daran gezweifelt, dass es sich um eine nicht änderbare Entscheidung der Firma O. gehandelt habe. Er habe sich in einer Zwangslage befunden und sich zu dem ihm bietenden Geschäft mit der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment mit einer ohnehin nur mit geringem Bearbeitungsaufwand verbundenen Geschäftsabwicklung zu einer niedrigeren Gewinnspanne entschlossen. Die mit der Geschäftsabwicklung über die W-Warenhandelsgesellschaft Establishment verbleibende Gewinnspanne (beispielsweise für 1988 von 22,4 %) liege im üblichen Rahmen. Es habe sich um Zug-um-Zug-Geschäfte ohne Lagerhaltung und ohne Risiko eines Unterganges der Ware, Abwertung usw. gehandelt. Weiters sehe der Beschwerdeführer einen Widerspruch darin, dass der Prüfer die W-Warenhandelsgesellschaft Establishment einerseits als reines Sitzunternehmen bezeichne, ihr andererseits aber eine kaufmännische Tätigkeit zugestehe. Bei der von der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment entfalteten kaufmännischen Tätigkeit handle es sich durchaus um eine geschäftliche oder kommerzielle Tätigkeit.

Zur Ordnungsmäßigkeit der Buchführung führte der Beschwerdeführer aus, dass er bereits im Prüfungsverfahren mitgeteilt habe, ein in W. gemietetes Objekt, welches er als Studio, Büro und Lager betrieblich verwendet habe, sei im Jänner 1992 nach einem Einbruchsdiebstahl mit Brandlegung unbrauchbar geworden. Der Versicherungsschaden habe rund 400.000 S betragen und u.a. den Untergang der auch dort aufbewahrten Buchhaltungsunterlagen mit sich gebracht. Auch wenn die Buchhaltungsunterlagen gefehlt hätten, habe er dem Prüfer mittels Fakturenkopien des Spediteurs die Liefervorgänge aufgehellt, die Ausgangsfakturen und die Korrespondenzen von den Geschäftsfreunden angefordert und dem Prüfer vorgelegt und - da zufolge der Art der betrieblichen Tätigkeit bare Vorgänge unerheblich gewesen seien und der überwiegende Teil der Geschäfte über Bankkonten bei einem einzigen Kreditinstitut abgewickelt worden sei - Saldenbestätigungen und in der Folge Ablichtungen zu allen seinen betrieblichen und privaten Konten vorgelegt, auf denen jede einzelne Bankbewegung zwischen dem 1. Jänner 1987 und dem 31. Dezember 1989 ersichtlich gewesen sei. Im Übrigen habe in seinem Unternehmen im Juni 1989 eine Nachschau des Finanzamtes stattgefunden und keinerlei Beanstandungen ergeben. Der Prüfer habe die erklärten Einkünfte unverändert übernommen und lediglich die "zwei Gewerbebetriebe getrennt".

In einer Stellungnahme zur Berufung wiederholte der Prüfer seine Ansicht über die ungewöhnliche Vorgangsweise beim Wechsel des Lieferanten der Operationsschürzen. Die W-Warenhandelsgesellschaft Establishment - nehme er an - habe eine geschäftliche Tätigkeit erst im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung mit dem Beschwerdeführer entfaltet. Für sie sei ein Treuhänder H. Sch. nach außen in Erscheinung getreten, der im liechtensteinischen Telefonbuch für 1988/89 unter jener Anschrift und Telefonnummer als Treuhandunternehmer eingetragen gewesen sei, welche die W-Warenhandelsgesellschaft Establishment auf ihren Rechnungen angeführt habe. Zur Ordnungsmäßigkeit der Buchführung hielt der Prüfer fest, dass "auf Grund der Nichtvorlage der Bücher eine Hinzuschätzung nicht vorgenommen" worden sei. Er habe nur jene Einkaufspreise für die Operationsschürzen im Wege der Schätzung ermittelt, welche als Betriebsausgaben zu berücksichtigen seien, weil die geltend gemachten Einkaufspreise von der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment nicht anerkannt worden seien. Für das Jahr 1987 habe er die "Nichtordnungsmäßigkeit" der Buchführung angenommen, weil fünf Ausgangsrechnungen im Rahmen der vom Beschwerdeführer erklärten Umsätze und Einkünfte nicht erfasst worden seien und somit davon auszugehen sei, dass auch diese nicht in der Buchhaltung für das Jahr 1987 erfasst gewesen seien. Dies habe der Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Der Prüfer habe keine Feststellung getroffen, welche die Vortragsfähigkeit der Verluste für die Jahre 1988 und 1989 versagt habe.

In einer Gegenäußerung dazu beschäftigte sich der Beschwerdeführer abermals mit der Entwicklung, die ihn dazu geführt habe, die Operationsschürzen von der liechtensteinischen W-Warenhandelsgesellschaft Establishment zu kaufen. U.a. brachte er vor, der Prüfer stütze sich auf die Aussagen des Dr. A. P., welche nur dessen Vermutungen wiedergäben. So habe Dr. A. P. ausgesagt, es sei wahrscheinlich, dass M. I. den Vorlieferanten gekannt habe. Zur angeblich stornierten Bestellung habe der Prüfer nicht beurteilen können, ob die Bestellung rechtsverbindlich gewesen sei, weil Dr. A. P. nicht mit Sicherheit habe mitteilen können, ob jedesmal eine schriftliche Bestellung vorgelegen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. Gleichzeitig stellte sie (erstmals) fest, dass die Verluste der Jahre 1987, 1988 und 1989 nicht vortragsfähig seien.

Die Abziehbarkeit von Verlusten als Sonderausgaben nach § 18 Abs. 6 EStG 1988 setze voraus, dass die Verluste durch ordnungsmäßige Buchführung ermittelt worden seien. Das Recht zum Verlustabzug sei daran geknüpft, dass tatsächlich Bücher geführt würden. Könne der Beschwerdeführer auch ohne sein Verschulden keine Aufzeichnungen vorlegen, so mangle es an der für den Verlustabzug erforderlichen ordnungsmäßigen Buchführung. Es könne keine Rede davon sein, dass das Betriebsergebnis auf Grund der Buchhaltung des Beschwerdeführers habe errechnet und überprüft werden können. Da der Beschwerdeführer keine Aufzeichnungen habe vorlegen können, weil sie bei einem Brand vernichtet worden seien, sei "der Betriebsprüfung" die Möglichkeit genommen worden, die erklärten Betriebsergebnisse anhand der Buchhaltung des Beschwerdeführers zu überprüfen und die erklärten Verluste rechnerisch nachzuvollziehen. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Saldenbestätigungen, Kopien zu allen betrieblichen und privaten Konten sowie Ablichtungen von Fakturen zu den Liefervorgängen sowie Ausgangsfakturen und Korrespondenzen von Geschäftsfreunden könnten die Bücher im Sinne des § 131 BAO nicht ersetzen. Dass die Betriebsprüfung über ihre getroffenen Feststellungen hinaus keine weiteren Zuschätzungen vorgenommen habe, führe nicht dazu, dass eine ordnungsmäßige Buchführung vorliege, deren Ergebnis rechnerisch nachvollziehbar und überprüfbar sei.

Zur Abziehbarkeit der geltend gemachten Betriebsausgaben hielt die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer Ware bei einem österreichischen Lieferanten und sodann bei einer liechtensteinischen Lieferfirma bestellt habe. Beide Lieferanten hätten die Ware beim gleichen schwedischen Erzeuger gekauft. Der liechtensteinische Lieferant habe für die Ware einen weit höheren Stückpreis als der österreichische Lieferant verlangt. Während der Beschwerdeführer verneine, dass er diese Ware weiterhin in Österreich hätte beziehen können, hätten Erhebungen der Betriebsprüfung beim österreichischen Lieferanten das Gegenteil ergeben. Dies habe sich auch aus der Preisliste des Lieferanten vom Februar 1988 ergeben. So habe der liechtensteinische Lieferant im November 1988, also zu einem Zeitraum beim österreichischen Lieferanten eingekauft, von dem der Beschwerdeführer behauptet habe, dass der österreichische Lieferant keine Ware mehr geliefert habe. Beim liechtensteinischen Lieferanten handle es sich nach den Feststellungen der Betriebsprüfung um eine Sitzgesellschaft. Die Feststellungen der Betriebsprüfung, dass der liechtensteinische Lieferant keine eigene Adresse, keine eigene Telefonnummer habe, nicht Mitglied der Gewerbegenossenschaft sei und die Korrespondenz stets "von und an H. Sch." erfolge, seien vom Beschwerdeführer nicht bekämpft worden. Der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren gesehene Widerspruch finde seine Erklärung darin, dass liechtensteinische Sitzgesellschaften dann steuerbegünstigt oder steuerbefreit seien, wenn sie in Liechtenstein keine unternehmerische Tätigkeit dahingehend entfalten, dass der Markt in Liechtenstein bedient werde. Es dürften in Liechtenstein weder ein dem allgemeinen Publikum zugängliches Geschäftslokal betrieben noch Leistungen oder Waren am liechtensteinischen Markt angeboten werden. Es dürfe keine Beteiligung am allgemeinen liechtensteinischen Geschäftsverkehr gegeben sein. Der Steuerbefreiung oder Steuerbegünstigung sei es jedoch nicht abträglich, wenn die liechtensteinische Sitzfirma eine unternehmerische Tätigkeit für Abnehmer im Ausland entfalte. Sie dürfe auch, ohne die für das Domizilunternehmen geltende Begünstigung zu verlieren, ein Büro unterhalten, Personal einstellen und Rechnungen erstellen. Die liechtensteinische Lieferfirma habe im Beschwerdefall ab Ende 1986 - also nach der Bekanntschaft des Beschwerdeführers mit dem liechtensteinischen Treuhänder H. Sch. - die Firmenbezeichnung geändert und eine kommerzielle Tätigkeit aufgenommen, ohne ein dem allgemeinen Publikum zugängliches Geschäftslokal in Liechtenstein zu betreiben und ohne eine kommerzielle Tätigkeit für den liechtensteinischen Markt zu entfalten. Sohin könne der scheinbare Widerspruch dahingehend aufgeklärt werden, dass die W-Warenhandelsgesellschaft Establishment bis Ende 1986 keine unternehmerische Tätigkeit entfaltet habe. Ab diesem Zeitpunkt habe sie eine unternehmerische Tätigkeit aufgenommen, jedoch nicht für den liechtensteinischen Markt. Daher stehe es für die belangte Behörde fest, dass es sich bei der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment um ein liechtensteinisches Sitzunternehmen handle. Der Beschwerdeführer habe daher Ware von einem liechtensteinischen Sitzunternehmen bezogen, die er zum selben Zeitpunkt ebenfalls von einem österreichischen Lieferanten zu einem weit geringeren Preis hätte beziehen können. Die mit diesem Wareneinkauf zusammenhängenden Aufwendungen seien als Betriebsausgaben nicht anzuerkennen. Der Beschwerdeführer habe nämlich auf Ersuchen der Behörde bekannt gegeben, dass der Empfänger der Beträge eine kanadische Staatsbürgerin sei, ohne den genauen Namen und die Anschrift dieser Staatsbürgerin zu nennen. Hiezu komme noch, dass der Verwaltungsrat der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment mitgeteilt habe, dass ein deutsches Konsortium der Empfänger der Beträge sei. Somit lägen einander widersprechende Angaben bezüglich der Empfängerbenennung vor. Die Verweigerung des Betriebsausgabenabzuges sei daher zu Recht erfolgt, weil der Beschwerdeführer seiner Pflicht zur Empfängerbenennung nicht nachgekommen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde stellte fest, dass die Verluste der Jahre 1987 und 1988 nicht vortragsfähig seien. Nach der hg. Rechtsprechung ist die Entscheidung über die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung im Verlustjahr als Voraussetzung für die Vortragbarkeit eines Verlustes in der Veranlagung desjenigen Jahres zu treffen, in welchem der Verlustvortrag ansteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner  2004, 2003/13/0093). Dies schließt jedoch nicht aus, dass Feststellungsbescheide aussprechen, dass ein festgestellter Verlust nicht vortragbar ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15.Dezember 1994, 92/15/0030, VwSlg 6.951/F), wobei solche Feststellungen nicht auf Bescheide gemäß § 188 BAO beschränkt sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1998, 97/14/0086, VwSlg 7.319/F). Allerdings finden sich solche Feststellungen im jeweiligen Spruch der Bescheide des Finanzamtes, der auch die Sache des Berufungsverfahrens festlegt, nicht. Lediglich in der Begründung seiner Bescheide hat das Finanzamt durch den Verweis auf den Prüferbericht dessen diesbezügliche Ausführungen übernommen.

Damit hat die belangte Behörde diese Feststellungen in der Berufungsentscheidung erstmals vorgenommen, wozu sie funktionell nicht zuständig war. Die Unzuständigkeit der belangten Behörde führt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn sie vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht wurde (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 2002, 97/13/0037, und vom 30. Oktober 2003, 2003/15/0035). Der angefochtene Bescheid war daher in diesem Umfang wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben.

Damit kann es auf sich beruhen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der Jahre 1987 und 1988 ohne diese Aufhebung in sich widersprüchlich wäre. Es könnte nicht gleichzeitig - mit der Abweisung der Berufung den Spruch der bekämpften Bescheide des Finanzamtes übernehmend (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 2004, 2001/15/0194) - ein positives Einkommen und ein positiver Gewerbeertrag angenommen und dementsprechend Einkommen- und Gewerbesteuer festgesetzt und gleichzeitig für dasselbe Jahr über die Vortragsfähigkeit eines in diesem Jahr entstandenen Verlustes abgesprochen werden.

§ 162 BAO lautet:

"§ 162. (1) Wenn der Abgabepflichtige beantragt, dass Schulden, andere Lasten oder Aufwendungen abgesetzt werden, so kann die Abgabebehörde verlangen, dass der Abgabepflichtige die Gläubiger oder die Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet.

(2) Soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde gemäß Abs. 1 verlangten Angaben verweigert, sind die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen."

In der Annahme, bei der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment handle es sich um eine liechtensteinische Sitzgesellschaft (Domizilgesellschaft), welche nicht als Empfängerin der vom Beschwerdeführer als Betriebsausgaben geltend gemachten Zahlungen anzusehen sei, wurde der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren aufgefordert, den tatsächlichen Empfänger der Zahlungen namhaft zu machen.

Dies setzt zunächst voraus, dass es sich bei der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment tatsächlich um eine "Briefkastenfirma", dh. um ein Unternehmen handelte, das keinen geschäftlichen Betrieb hat und deswegen keine Leistung erbringen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1995, 93/13/0076, VwSlg 6.987/F). Die belangte Behörde stellte zwar einerseits fest, dass die W-Warenhandelsgesellschaft Establishment kein dem allgemeinen Publikum zugängliches Geschäftslokal in Liechtenstein betrieben und keine kommerzielle Tätigkeit für den liechtensteinischen Markt entfaltet habe, und verwies auf die vom Beschwerdeführer nicht bekämpften Feststellungen der Betriebsprüfung, dass die W-Warenhandelsgesellschaft Establishment keine eigene Anschrift und keine eigene Telefonnummer besitze und nicht Mitglied der Gewerbegenossenschaft sei, was durchaus für die Annahme einer "Briefkastenfirma" spräche. Andererseits ging die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer die in Rede stehenden Operationsschürzen bei der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment bestellt und diese die bestellten Schürzen beim schwedischen Erzeuger, in einem Fall beim früheren Lieferanten des Beschwerdeführers, der österreichischen Firma O., eingekauft habe. Die belangte Behörde räumte ein, dass die W-Warenhandelsgesellschaft Establishment zwar bis Ende 1986 keine unternehmerische Tätigkeit entfaltet, ab "diesem Zeitpunkt" jedoch eine unternehmerische Tätigkeit aufgenommen habe, "wenn auch nicht für den liechtensteinischen Markt". Die von der belangten Behörde in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegte Annahme, es handle sich bei der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment um eine bloße "Briefkastenfirma", ist angesichts der eingeräumten Handelstätigkeit der Gesellschaft unschlüssig.

Soweit die belangte Behörde "zur Annahme gelangt, dass im Fall der Zahlung überhöhter Entgelte an eine liechtensteinische Anstalt eine nicht offengelegte Nebenabrede vorliegt, die dem Zahlenden das Verfügungsrecht über den Mehrbetrag sichert", so legen diese Ausführungen der belangten Behörde und ihre Überlegungen, der Beschwerdeführer hätte die Operationsschürzen weiterhin bei seinem bisherigen Lieferanten zu günstigeren Konditionen beziehen können, sowie die Zurechnung der von der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment ihren Lieferanten bezahlten Preise als beim Beschwerdeführer anerkannte Betriebsausgaben die Vermutung nahe, dass das Zwischenschalten der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment nur durch die Absicht des Beschwerdeführers erklärbar wäre, die Unterschiedsbeträge zwischen den von ihr dem Beschwerdeführer verrechneten und ihren Einstandspreisen selbst zu lukrieren. Auf Grund unbestrittener Tatsachen oder ausreichend klarer, in freier Beweiswürdigung zu treffender Feststellungen, an denen es im angefochtenen Bescheid jedoch fehlt, wäre es allenfalls rechtens, die geltend gemachten Betriebsausgaben im Schätzungsweg den tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen und lediglich in Höhe der von der schwedischen Fa. G. bzw. in einem Fall von der Fa. O. der W-Warenhandelsgesellschaft Establishment verrechneten Preise anzuerkennen, weil es im darüber hinausgehenden Ausmaß an einer betrieblichen Veranlassung fehle (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 25. September 2001, 95/14/0098). In diesem Zusammenhang wird die belangte Behörde allerdings etwa auf das Vorbringen des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren eingehen müssen, dass ihm der schwedische Hersteller der Operationsschürzen nicht bekannt gewesen sei und dass er keinerlei Kontakt zu Dr. A. P. gehabt habe. Die von der belangten Behörde - auf die Aussage des Dr. A. P. gestützt - angenommene objektive Möglichkeit des Weiterbezugs der Operationsschürzen von der Fa. O. lässt außer Betracht, dass sich der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren dahin geäußert hat, dies nicht gewusst zu haben, weil er die Geschäfte mit der Fa. O. ausschließlich mit M. I., dem für ihn zuständigen "Gebietsverkaufsleiter" der Fa. O., abgewickelt habe, der auch 50 % des Gewinnes als Provision erhalten habe, und weil er keinerlei Kontakt zu einem Dr. A. P. gehabt habe.

Soweit der angefochtene Bescheid die Festsetzung der Einkommen- und Gewerbesteuer betrifft, war er daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof war aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 2 und 3 VwGG abzusehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren betrifft den geltend gemachten Aufwand an Umsatzsteuer, welche in dem in § 1 Z 1 lit. a der zitierten Verordnung festgelegten Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist.

Wien, am 29. September 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001130013.X00

Im RIS seit

27.10.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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