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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des S in M, geboren 1970, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 19. Juni 2001, Zl. 219.772/0-VIII/22/00, betreffend §§ 7 und 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, gelangte am 5. Juni 2000 nach Österreich und stellte am nächsten Tag einen Asylantrag. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 25. Oktober 2000 brachte er im Wesentlichen vor, er befürchte im Iran wegen des Verbreitens (von einem Freund verfasster) regimekritischer Gedichte verfolgt zu werden. Er sei deshalb schon einmal (im April/Mai 1997) für drei Tage verhaftet und unter Misshandlungen verhört worden. Fluchtauslösend sei gewesen, dass er eine Woche vor seiner Ausreise von Sicherheitskräften beobachtet worden sei, als er in der Nähe seines Wohnortes derartige Gedichte verteilt ("in der Dunkelheit in die Vorhöfe der Häuser geschmissen") habe. Die Sicherheitskräfte hätten ihn auf dem Motorrad und anschließend zu Fuß verfolgt. Er habe ihnen aber entkommen können und sich bis zu seiner Flucht ins Ausland versteckt. Im Falle seiner Rückkehr in den Iran befürchte er, als Revolutionsgegner behandelt zu werden; er rechne mit seiner Hinrichtung.
Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 3. November 2000 den Asylantrag gemäß § 7 AsylG ab und stellte gemäß § 8 AsylG fest, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran sei zulässig.
Aufgrund der dagegen erhobenen Berufung, die der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. November 2000 ergänzte, führte die belangte Behörde am 9. Mai 2001 eine mündliche Verhandlung durch und befragte den Beschwerdeführer neuerlich zu seinen Fluchtgründen. Er brachte ergänzend vor, er sei in Österreich zum christlichen Glauben konvertiert und legte einen Taufschein der "Church of Christ" vom 9. Dezember 2000 vor. Auch dazu wurde der Beschwerdeführer einer näheren Befragung unterzogen. Am Ende der Verhandlung wurde dem Beschwerdeführer (unter anderem) eine zusammenfassende Dokumentation mit dem Titel "Zur Verfolgung vom Islam Abgefallener" samt den zugrunde liegenden Quellen zur Kenntnis gebracht und für eine Stellungnahme dazu eine Frist von vier Wochen eingeräumt. Von dieser Möglichkeit machte der Beschwerdeführer - im Gegensatz zum Bundesasylamt - keinen Gebrauch.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß §§ 7 und 8 AsylG ab. Sie ging primär davon aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Gründen für die Ausreise aus dem Iran nicht glaubwürdig sei, und schätzte das Verfolgungsrisiko wegen seines Glaubenswechsels als sehr gering ein.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Verwaltungsgerichtshof hegt im Rahmen der ihm insoweit zukommenden Prüfungsbefugnis keine Bedenken gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Würdigung der Beweisergebnisse, soweit diese die Behauptungen des Beschwerdeführers zu seinen regimekritischen Aktivitäten im Iran und zu den daran anknüpfenden Verfolgungshandlungen der iranischen Behörden betreffen. Eine konkrete Auseinandersetzung mit der diesbezüglichen Argumentation der belangten Behörde, welche geeignet wäre, deren Stichhältigkeit zu erschüttern, kann der Beschwerde auch nicht entnommen werden.
Das Beschwerdevorbringen bezieht sich vielmehr vorwiegend auf den geltend gemachten Nachfluchtgrund und kritisiert in diesem Zusammenhang - zu Recht - die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe wegen seines Glaubenswechsels bei einer Rückkehr in den Iran keine asylrelevante Verfolgung zu befürchten. Die belangte Behörde hat sich dabei auf Ausführungen und Unterlagen gestützt, die im Wesentlichen mit denjenigen übereinstimmen, die dem zur hg. Zl. 99/20/0550 angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 18. September 1999 zugrunde lagen, und sie hat dabei ausdrücklich auch auf diesen Bescheid verwiesen. Die Gründe, aus denen dieser Bescheid mit dem zur genannten Zahl ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 2001 aufgehoben wurde und auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, treffen in Bezug auf die Beurteilung der Folgen des Religionswechsels des Beschwerdeführers daher auch auf den vorliegenden Bescheid zu (vgl. auch die an die genannte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes anschließenden Erkenntnisse vom 22. November 2001, Zl. 2000/20/0556, vom 19. Dezember 2001, Zl. 2000/20/0369 und Zl. 2000/20/0486, vom 17. Oktober 2002, Zl. 2000/20/0102, vom 21. November 2002, Zl. 2000/20/0265 und das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2001/20/0531).
Auch der hier angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 30. September 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001200488.X00Im RIS seit
29.10.2004