Index
E3L E02502000;Norm
31976L0308 Beitreibungs-RL;Beachte
Vorabentscheidungsverfahren:* Ausgesetztes Verfahren: 2001/16/0518 B 20. Februar 2003 * EuGH-Entscheidung: EuGH 62002CJ0361 1. Juli 2004Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und Senatspräsident Dr. Steiner sowie die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Siemer, Siegl, Füreder & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Dominikanerbastei 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 6. September 2001, GZ. ZR-9120/4-13/01, betreffend Anerkennung eines ausländischen Vollstreckungstitels (in einer Zollangelegenheit), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Hauptzollamtes Wien vom 5. Oktober 1998 als unbegründet abgewiesen. Der erstinstanzliche Bescheid hatte - in Anwendung der Richtlinie 76/308/EWG des Rates (Beitreibungsrichtlinie) - die mit Vollstreckungstitel der Generaldirektion Zölle und indirekte Steuern, Leman 6, Rue des Alouettes, B.P. 516 74014 Annecy Cedex vom 1. Dezember 1997 ausgewiesene Forderung von FF 5,522.715,-- (= ATS 11,590.167,--) anerkannt und für Österreich als vollstreckbar erklärt.
Die der Forderung zugrundeliegende, in Frankreich entstandene Eingangsabgabenschuld stammt unstrittigermaßen aus dem Jahr 1994.
Die belangte Behörde ging dabei - entgegen der in der Berufung von der Beschwerdeführerin vertretenen Rechtsansicht - davon aus, die Beitreibungsrichtlinie sei auch auf Abgabenschulden anzuwenden, die vor dem Beitritt Österreichs zu den europäischen Gemeinschaften in einem anderen Mitgliedstaat entstanden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht darauf verletzt, dass der Vollstreckungstitel nicht anerkannt wird, und vertritt dabei die schon im Verwaltungsverfahren eingenommene Rechtsposition.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit Rücksicht auf die beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in den Rechtssachen C-361/02 (Griechischer Staat gegen N. Dsapalos) und C-362/02 (Griechischer Staat gegen K. Diamantakis) anhängigen Vorabentscheidungsverfahren, in denen jeweils dieselbe Rechtsfrage zu klären war, setzte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 20. Februar 2003, Zl. 2001/16/0518-9, das Beschwerdeverfahren gemäß § 38 AVG iVm § 62 Abs. 1 VwGG aus. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Darstellung der Präjudizialität auf die Begründung des zitierten Aussetzungsbeschlusses verwiesen.
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften fällte mit Urteil vom 1. Juli 2004 in den verbundenen Rechtssachen C-361/02 und C-362/02 über ein vom Dioikitiko Efeteio Piräus (Griechenland) im Rechtsstreit Elliniko Dimosio gegen Nikolaos Dsapalos und Konstantinos Diamantakis vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Art. 1 der RL 76/308/EWG des Rates vom 15. März 1976 (Beitreibungsrichtlinie) den folgenden Spruch:
"Die Richtlinie 76/308/EWG des Rates vom 15. März 1976 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft sind, sowie von Abschöpfungen und Zöllen und bezüglich der Mehrwertsteuer und bestimmter Verbrauchsteuern in der Fassung der Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge ist dahin auszulegen, dass sie Zollforderungen erfasst, die in einem Mitgliedstaat entstanden sind und sich aus einem Titel ergeben, der von diesem Staat vor dem Inkrafttreten der Richtlinie in dem anderen Mitgliedstaat erlassen worden ist, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat."
Mit dem Ergehen dieses Urteiles ist der Aussetzungsgrund für das verwaltungsgerichtliche Verfahren weggefallen und gleichzeitig auch das Schicksal der vorliegenden Beschwerde entschieden:
Da der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften klargestellt hat, dass die Beitreibungsrichtlinie auch Zollforderungen erfasst, die in einem Mitgliedstaat (im Beschwerdefall in Frankreich) entstanden sind und sich aus einem Titel ergeben, der von diesem Staat (= Frankreich) vor dem Inkrafttreten der Richtlinie in dem anderen Mitgliedstaat erlassen worden ist (hier im Jahr 1994), in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat (im Beschwerdefall Österreich), hat die belangte Behörde frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit die in Rede stehende Forderung anerkannt und in Österreich für vollstreckbar erklärt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei die Beschwerdeführerin mit ihren Rechtsausführungen im Einzelnen auf die Entscheidungsgründe des beigeschlossenen zitierten Urteiles des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften verwiesen wird.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 30. September 2004
Gerichtsentscheidung
EuGH 62002J0361 Dimosio / Tsapalos VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004160142.X00Im RIS seit
21.10.2004Zuletzt aktualisiert am
11.08.2016