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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §73 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2004/12/0128Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, in der Beschwerdesache des S in P, gegen das Landesgendarmeriekommando für Steiermark betreffend die Verletzung der Entscheidungspflicht über Anträge vom 9. Dezember 2001 (hg. Zl. 2004/12/0126) betreffend Verwendungsänderung, und vom 11. Februar 2002 (hg. Zl. 2004/12/0128), betreffend Verwendungsänderung, Schädigung und Verleumdung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Begründung
Aus den vorgelegten Säumnisbeschwerden, die wegen ihres persönlichen und fachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden wurden, und den jeweils beigelegten Unterlagen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer, welcher derzeit offenbar am Gendarmerieposten M als Stellvertreter des Postenkommandanten und Sachbearbeiter eingeteilt ist, zuvor als Dienststellenleiter am Gendarmerieposten S tätig war. Die in den Beschwerden angeführten unerledigten Anträge des Beschwerdeführers beziehen sich auf die Zeit, in der er Dienststellenleiter (Postenkommandant) war.
Mit Weisung des Bezirksgendarmeriekommandanten vom 11. Juni 2001 war dem Beschwerdeführer die Dienstplanung entzogen worden; diese sollte vom Dienststellenleiterstellvertreter durchgeführt werden.
Aus einem Aktenvermerk vom 2. Oktober 2002 geht hervor, dass diese Weisung mit Wirkung von diesem Tag wieder aufgehoben wurde.
In dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Konvolut von Unterlagen findet sich ein (elektronisch verfertigtes) Schreiben des Beschwerdeführers vom 9. Dezember 2001, gerichtet u.a. an das Landesgendarmeriekommando für Steiermark (LGK), in welchem sich der Beschwerdeführer auf die Weisung vom 11. Juni 2001 bezieht. Am Ende dieses Schriftsatzes ersuchte der Beschwerdeführer bezüglich der im Jahre 2001 ihm gegenüber ergangenen schriftlichen und mündlichen Weisungen (LGK und BGK) jeweils um eine Ausfertigung in Bescheidform, damit er ein Rechtsmittel (Amtshaftungsklage) ergreifen könne.
Auf diesen Antrag und seine ausstehende Erledigung bezieht sich die zur hg. Zl. 2004/12/0126 protokollierte Säumnisbeschwerde.
Der Beschwerdeführer führte in dieser Beschwerde aus, seine Funktion als Dienststellenleiter am GP S sei ihm mittels mündlicher und schriftlicher Weisungen und dem nachfolgenden "praktischen Ausschluss" ab April 2001 bis zum 2. Oktober 2002 durch das BGK völlig entzogen worden. Diese Verwendungsänderung im Sinn des § 40 BDG 1979 setze ein wichtiges dienstliches Interesse voraus und mache eine Bescheiderlassung erforderlich. Zufolge dieser qualifizierten Verwendungsänderung habe er um Überprüfung und um Bescheiderlassung durch die Dienstbehörde ersucht. Diese habe nicht nur eine Bescheiderlassung verweigert, sondern ihm mit Schreiben vom 12. Februar 2002 jede unaufgeforderte Eingabe in Schriftform untersagt. Damit sei ihm auch die Möglichkeit genommen worden, nach Erschöpfung des Instanzenzuges mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vorstellig zu werden.
In der zweiten Säumnisbeschwerde (hg. Zl. 2004/12/0128) bezieht sich der Beschwerdeführer auf einen dem LGK am 11. Februar 2002 vorgelegten Antrag, mit welchem er die Erlassung eines Bescheides einerseits betreffend die Verwendungsänderung, andererseits betreffend eine eingetretene "mutwillige Schädigung" (weil er aus persönlichen Gründen mit Unterstützung der Dienstbehörde betreffend Überstundenleistung geschädigt worden sei) und schließlich hinsichtlich einer "Verleumdung" (weil er durch näher genannte Personen und wissentlich aufgestellte falsche Behauptungen geschädigt worden sei), begehrt hatte. Ein Bescheid des LGK sei diesbezüglich nie ergangen.
Gemäß § 2 Z. 5 lit. c DVV 1981 sind die LGK nachgeordnete Dienstbehörden im Sinne des (nicht mehr in Geltung stehenden) § 1 DVV 1981. Damit war bis 31. Dezember 2002 § 1 DVV 1981 gemeint. Diese Bestimmung trat aber mit Ablauf des 31. Dezember 2002 außer Kraft. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 22. Jänner 2003, Zl. 2002/12/0132, näher ausgeführt, dass bis zur Erlassung einer abweichenden Verordnung durch den zuständigen Bundesminister die bisher bestehenden nachgeordneten Dienstbehörden nunmehr als solche im Verständnis des § 2 Abs. 2 zweiter Satz DVG 1984 zur Wahrnehmung aller dort umschriebener Zuständigkeiten berufen sind. Daraus folgt, dass die LGK ab 1. Jänner 2003 in allen Dienstrechtsangelegenheiten, die nicht vom ersten Satz des § 2 Abs. 2 DVG 1984 erfasst sind, als nachgeordnete Dienstbehörden in erster Instanz zuständig geworden sind.
Für den Fall des Beschwerdeführers bedeutet dies, dass er seine Anträge vom 9. Dezember 2001 und vom 11. Februar 2002 an die für ihn tatsächlich zuständige Dienstbehörde erster Instanz richtete, die darüber allerdings - soweit erkennbar - keine Entscheidung traf. Die Zuständigkeit der Dienstbehörde erster Instanz (LGK) beruht seit 1. Jänner 2004 auf der Dienstrechtsverfahrens- und Personalstellenverordnung - BMI 2003, BGBl. II Nr. 609.
1. Zur Säumnis hinsichtlich einer bescheidmäßigen Verfügung der Verwendungsänderung (hg. Z. 2004/12/0126 und 2004/12/0128, erster Antrag):
§ 41a BDG 1979 (in der Fassung des Besoldungsreform-Gesetzes 1994, BGBl. Nr. 550, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 130/2003, Abs. 6 in der Fassung BGBl. I Nr. 61/1997), - soweit dem für den Beschwerdefall Bedeutung zukommt - lautet:
"(1) Beim Bundeskanzleramt ist eine Berufungskommission einzurichten, die aus dem Vorsitzenden, den erforderlichen Stellvertretern und weiteren Mitgliedern besteht.
(5) Die Berufungskommission hat ihre Entscheidungen ohne unnötigen Aufschub, möglichst aber binnen drei Monaten ab Einbringung der Berufung zu treffen. Die Bescheide der Berufungskommission unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungswege. Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ist in diesen Angelegenheiten ausgeschlossen.
(6) (Verfassungsbestimmung) Die Berufungskommission entscheidet über Berufungen gegen in erster Instanz ergangene Bescheide in Angelegenheiten der §§ 38,40, 41 Abs. 2, 123 Abs. 2 und 124 Abs. 2."
§ 73 AVG (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998) lautet auszugsweise:
"§ 73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monaten nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. ...
(2) Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
(3) Für die Oberbehörde (den unabhängigen Verwaltungssenat) beginnt die Entscheidungsfrist mit dem Tag des Einlangens des Devolutionsantrages zu laufen."
Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG kann nach § 27 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes, in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998, erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
Nach Art. 133 Z. 4 B-VG sind von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes die Angelegenheiten ausgeschlossen, über die in oberster Instanz die Entscheidung einer Kollegialbehörde zusteht, wenn nach dem die Einrichtung dieser Behörde regelnden Bundes- oder Landesgesetz unter den Mitgliedern sich wenigstens ein Richter befindet, auch die übrigen Mitglieder in Ausübung dieses Amtes an keine Weisungen gebunden sind, die Bescheide der Behörde nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg unterliegen und nicht, ungeachtet des Zutreffens dieser Bedingungen, die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich für zulässig erklärt ist.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Verhandlung eignen oder denen offenbar die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Der Beschwerdeführer beantragte mit seinen Schriftsätzen vom 9. Dezember 2001 (in Verbindung mit seiner ersten Säumnisbeschwerde) und vom 11. Februar 2002 (erster Antrag) im Ergebnis eine Feststellung über die Zulässigkeit einer seiner Ansicht nach erfolgten qualifizierten Verwendungsänderung. Damit bezog er sich ausdrücklich auf eine Maßnahme gemäß den §§ 38 und 40 BDG 1979.
Die Entscheidung über Berufungen in solchen Angelegenheiten ist nach § 41a Abs. 6 BDG 1979 der derzeit beim Bundeskanzleramt eingerichteten Berufungskommission übertragen und nach Art. 133 Z. 4 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen (vgl. § 41a Abs. 5 BDG 1979). Auf Grund ihrer Stellung als Rechtsmittelbehörde kommt der Berufungskommission auch die Stellung als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinn des § 73 Abs. 2 AVG zu, die der Beschwerdeführer im Devolutionsweg hätte anrufen können (vgl. u.a. den hg. Beschluss vom 19. Dezember 2001, Zl. 2001/12/0249, und vom 25. September 2002, Zl. 2002/12/0235).
Auf das nur in der unter Zl. 2004/12/0126 protokollierten Säumnisbeschwerde vom Beschwerdeführer vorgebrachte Argument, mit Weisung der "Dienstbehörde" vom 12. Februar 2002 sei ihm jede schriftliche unaufgeforderte Eingabe an die Dienstbehörde untersagt worden, was er offenbar auch auf die Einbringung eines Devolutionsantrags bezieht, war schon deshalb nicht weiter einzugehen, weil in einer Angelegenheit nach Art. 133 Z. 4 B-VG die Erhebung einer Säumnisbeschwerde jedenfalls unzulässig ist. Es war daher nicht weiters zu prüfen, ob der vom Beschwerdeführer genannten Weisung überhaupt dieser Inhalt unterstellt werden kann.
Soweit sich die Säumnisbeschwerden (zur Zl. 2004/12/0126 zur Gänze und zur Zl. 2004/12/0128, erster Aspekt) daher auf die Verwendungsänderung bezieht, waren sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
2. Zu den Anträgen des Beschwerdeführers auf Bescheiderlassung wegen Schädigung bzw. Verleumdung (hg. Zl. 2004/12/0128, 2. und 3. Antrag):
Seine zweite Säumnisbeschwerde bezieht sich nach dem gesamten Vorbringen auf sein Verlangen, über seine "mutwillige Schädigung" bzw. "Verleumdung" durch bestimmte namentlich genannte Organwalter bescheidförmig abzusprechen, wobei in diesem Zusammenhang ein erfolgloses Ersuchen um Bescheidausfertigung vom 11. Februar 2002 (Beilage 44) erwähnt wird, das er an die Dienstbehörde erster Instanz gerichtet hat. Eine Zuständigkeit zur Entscheidung darüber in Folge eines Devolutionsantrages käme der Berufungskommission - im Unterschied zu den obgenannten Anträgen des Beschwerdeführers -
aber nicht zu, handelt es sich dabei doch um keine der Angelegenheiten der §§ 38, 40 oder 41 BDG 1979.
Dem Beschwerdeführer wäre es aber offen gestanden, hinsichtlich der Entscheidungspflicht über diese beiden Anträge gemäß § 73 AVG Devolutionsanträge an den Bundesminister für Inneres als oberste Dienstbehörde (§ 2 Abs. 2 DVG) zu stellen. Mangels Erschöpfung des Instanzenzuges war die Säumnisbeschwerde daher, soweit sie unter dem Aspekt der bescheidmäßigen Feststellung einer Schädigung bzw. Verleumdung erhoben wurde, ebenfalls gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
Angesichts der offenkundigen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes für eine Entscheidung über die Säumnisbeschwerde erübrigte sich ein - keinem weiteren Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers dienlicher - Auftrag zur Verbesserung des im Fehlen der Unterschrift eines Rechtsanwaltes gelegenen Mangels der beiden Beschwerden. Wien, am 1. Oktober 2004
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Bescheide von Kollegialbehörden iSd B-VG Art133 Z4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004120126.X00Im RIS seit
12.01.2005