Index
L92052 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Kärnten;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des DV, vertreten durch den einstweiligen Sachwalter GV, beide in T, vertreten durch Dr. Karlheinz Waysocher und Dr. Peter Ouschan, Rechtsanwälte in 9100 Völkermarkt, Hauptplatz 8, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 14. November 2001, Zl. 13-BH-1246/01, betreffend Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Kärntner Sozialhilfegesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 16. Mai 2001 beantragte Gerhard V. namens des damals minderjährigen (am 2. Jänner 1983 geborenen) behinderten Beschwerdeführers die Gewährung von Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes nach dem Kärntner Sozialhilfegesetz. Als "Art der beantragten Leistung" wurde auf dem Antragsformular "Lebensunterhalt" durch Unterstreichen des vorgedruckten Textes hervorgehoben. Im Begründungstext ist von "Gewährung einer laufenden Sozialhilfe" sowie davon die Rede, dass der Beschwerdeführer sein 18. Lebensjahr vollendet habe und nicht in der Lage sei, einer Beschäftigung nachzugehen. Er lebe mit dem Vater im gemeinsamen Haushalt und werde von diesem versorgt und betreut.
Mit Schreiben vom 2. August 2001 hielt die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt dem Beschwerdeführer vor, er beziehe den Kinderzuschuss von S 400,--, Pflegegeld der Stufe 4 abzüglich S 825,-- Anteil der erhöhten Familienbeihilfe, das sind S 7.710,-- monatlich, die erhöhte Familienbeihilfe von S 4.500,-- monatlich inklusive Familienbeihilfe - Erhöhungszuschlag und Kinderabsetzbetrag. Aufgrund des rechtskräftigen Urteiles des Landesgerichtes Klagenfurt vom 2. Februar 2001 habe er vom Amt der Kärntner Landesregierung eine Nachzahlung an Pflegegeld von S 47.127,-- erhalten. Der Vater beziehe eine Pension von S 15.236,60 monatlich netto (inklusive Kinderzuschuss von S 400,-- monatlich). Da nur für den Sohn Sozialhilfe beantragt werde und der Vater über Einkünfte verfüge, sei der Beschwerdeführer entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als Haushaltsunterstützter, sondern als Alleinstehender zu beurteilen. Daraus resultiere der auf ihn anzuwendende Richtsatz laut Sozialhilfe-Leistungsverordnung 2001, LGBl. Nr. 82/2000. Damit sei aber nicht gesagt, dass der konkrete Anspruch des Hilfesuchenden auf die Leistung von S 5.970,-- monatlich gerichtet sei. Gemäß § 4 Abs. 1 Kärntner Sozialhilfegesetz sei nämlich auf den Richtsatz alles anzurechnen, was der Hilfsbedürftige von anderen Einrichtungen oder Personen zur Sicherung des Lebensbedarfes erhalte. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. April 1998, Zl. 97/08/0510, gelte das Pflegegeld als zur Verfügung stehendes Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes und sei somit bei Bemessung der Sozialhilfeleistung anrechenbar, ebenso Teile der Familienbeihilfe
(Erhöhungszuschlag), abgesehen noch von der Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem Kind. Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes habe nach § 4 Kärntner Sozialhilfegesetz, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden unterhaltspflichtigen Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen könne und ihn auch nicht oder nicht ausreichend von anderen Personen oder Einrichtungen erhalte. Es bestehe daher kein Anspruch auf Sozialhilfe in Form von laufender Geldleistung. Im Übrigen werde bemerkt, dass der Beschwerdeführer seit 9. Juli 2001 im Rahmen der Behindertenhilfe des Landes in der Einrichtung Birkenhof untergebracht sei. Die Unterbringungskosten würden vom Land übernommen.
Dem Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 6. August 2001 zufolge wird dem Beschwerdeführer seit 9. Juli 2001 "Behindertenhilfe (Beschäftigungstherapie) durch Unterbringung in der Heimstätte Birkenhof - vollintern - und Übernahme der ab 9. Juli 2001 entstehenden Kosten gemäß §§ 14, 22 Kärntner Sozialhilfegesetz" gewährt.
Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom selben Tag wurde der Vater des Beschwerdeführers als Unterhaltspflichtiger verpflichtet, zu den Kosten der dem Beschwerdeführer gewährten Hilfe zur Eingliederung Behinderter einen monatlichen Kostenbeitrag in der Höhe von S 2.600,-- zu leisten. Begründend wurde insbesondere dargelegt, dem Land Kärnten erwüchsen aus der dem Beschwerdeführer gewährten Maßnahme der Behindertenhilfe Kosten von S 23.250,-- monatlich. Der Behinderte und die für ihn gesetzlich unterhaltspflichtigen Personen hätten zu diesen Kosten entsprechend ihrer finanziellen Leistungskraft beizutragen. Der festgesetzte Kostenbeitrag überschreite nicht den Betrag der auf den Beschwerdeführer entfallenden Familienbeihilfe zuzüglich des Erhöhungsbetrages für erheblich Behinderte zuzüglich des Absetzbetrages.
Mit Schreiben vom 16. August brachte Gerhard H. unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Ermittlungsverfahren über den Antrag des Beschwerdeführers auf Lebensunterhalt insbesondere vor, das Pflegegeld und die erhöhte Familienbeihilfe dürften nicht zum Einkommen gerechnet werden. Da der Beschwerdeführer volljährig sei und kein eigenes Erwerbseinkommen erwirtschaften könne, sei ihm eine laufende Geldleistung aus der Sozialhilfe zu gewähren. Dies auch dann, wenn er zwischenzeitig in der Einrichtung Birkenhof untergebracht sei. Es werde das Pflegegeld einbehalten und auch aus der erhöhten Familienbeihilfe sei eine Kostenbeteiligung zu leisten. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei vollinterner Unterbringung die Betreuten rund 110 Tage im Jahr zu Hause zu betreuen seien, reiche das verbleibende Pflegegeld bei weitem nicht aus, um für diese fast vier Monate jährlich die pflegebedingten Mehraufwendungen zu Hause zu finanzieren. Des Weiteren könnten alle anderen lebensnotwendigen Bedürfnisse von der verbleibenden Familienbeihilfe auch bei einer Heimunterbringung nur zum geringsten Teil abgedeckt werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Kärntner Landesregierung den Antrag des Beschwerdeführers "auf Gewährung einer Hilfe zum Lebensunterhalt" gemäß den §§ 20 und 55 Abs. 1 lit. d Kärntner Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr. 30/1996, (K-SHG), ab. Begründend wurde darauf hingewiesen, dass dem Beschwerdeführer mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 6. August 2001 gemäß den §§ 14 und 22 K-SHG Behindertenhilfe (Beschäftigungstherapie) durch Unterbringung in der Heimstätte Birkenhof samt Übernahme der ab 9. Juli 2001 entstandenen Kosten gewährt worden sei. Das K-SHG regle die Hilfe zum Lebensunterhalt für Behinderte im § 20 in seinem dritten Abschnitt über die Eingliederung Behinderter. Die für die Gewährung dieser Maßnahmen zuständige Behörde sei gemäß § 55 K-SHG die Landesregierung. Demnach sei für die Gewährung der vom Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt beantragten Hilfe zum Lebensunterhalt die Landesregierung zuständig. Nach § 20 K-SHG sei einem volljährigen Behinderten Hilfe zum Lebensunterhalt grundsätzlich nur dann zu leisten, solange ihm Hilfe nach § 14 Abs. 5 lit. a, c oder d gewährt werde - das sei also bei Hilfe zur Erziehung und Schulbildung, zur beruflichen Eingliederung und zur Heilbehandlung. Das Kärntner Sozialhilfegesetz sehe daher genau vor, in welchen konkreten Fällen einem volljährigen Behinderten Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren sei. Diese Hilfeleistung stehe ihm nämlich dann zu, wenn ihm entweder Hilfe zur Erziehung und Schulbildung, zur beruflichen Eingliederung oder Heilbehandlung gewährt werde. Der Beschwerdeführer sei jedoch im Rahmen der Beschäftigungstherapie in der Heimstätte Birkenhof untergebracht (§ 14 Abs. 5 lit. g). Dort erhalte er auch Unterkunft und Verpflegung. Bei dieser Art der Hilfeleistung sehe das Gesetz keine Möglichkeit vor, jemandem auch Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren. Der Lebensunterhalt umfasse insbesondere den Aufwand für Nahrung und Unterkunft. Da diese Bedürfnisse durch die vollinterne Unterbringung im Rahmen der Beschäftigungstherapie bereits gedeckt würden, widerspreche es der Intention des Gesetzes, ein und dieselbe Hilfe zweimal zu leisten. Aus diesem Grunde habe der Gesetzgeber den Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt auch auf die Fälle des § 14 Abs. 5 lit. a, c oder d eingeschränkt. Das K-SHG sehe eine Hilfe zum Lebensunterhalt somit dann nicht vor, wenn jemandem gleichzeitig Hilfe in Form der Beschäftigungstherapie gewährt werde. Da der Beschwerdeführer aber im Rahmen der Beschäftigungstherapie untergebracht sei, sei sein Antrag gemäß § 20 K-SHG abzuweisen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die Beschwerde bringt mit näherer Begründung vor, die belangte Behörde ziehe aus § 20 Abs. 1 K-SHG verfehlte Schlüsse. Verfehlt sei aber auch die Annahme, der Beschwerdeführer sei in der Heimstätte Birkenhof "vollintern untergebracht". Der Beschwerdeführer werde an den "Heimfahrtwochenenden" und während der Urlaube an 113 Tagen des Jahres zu Hause von seinem Vater betreut. Auch während allfälliger Krankheit bestehe keine Betreuung im Heim. Der Lebensunterhalt in Form von Nahrung und Unterkunft sei somit an 113 Tagen des Jahres nicht durch die Unterbringung gedeckt. Aus einer des Näheren dargelegten Berechnung aufgrund der Bezüge des Beschwerdeführers an Pflegegeld der Stufe 4 und erhöhter Familienbeihilfe, des Taschengeldes, des vom Sozialhilfeträger einbehaltenen Kostenbeitrages und des Kostenbeitrages des Vaters legt der Beschwerdeführer dar, es verbleibe ihm ein Betrag von jährlich EUR 2.599,43, der zur Deckung des pflege- und betreuungsbedingten Mehraufwandes in jenen Zeiten diene, an denen er sich nicht in Heimunterbringung befinde. Damit seien seine persönlichen Bedürfnisse im Bereich des Aufwandes für Nahrung und Unterkunft nicht gedeckt. In Wahrheit müsse der Beschwerdeführer "durch die Aufwendungen seines Vaters leben".
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im vorliegenden Zusammenhang in Betracht zu ziehenden
Vorschriften des K-SHG lauten:
"2. Abschnitt
Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes
Rechtsanspruch
§ 4 (1) Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes hat nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht oder nicht ausreichend von anderen Personen oder Einrichtungen erhält. Freiwillige Leistungen sind dann nicht zu berücksichtigen, wenn diese andernfalls eingestellt würden.
(2) Die Art, das Ausmaß und die Dauer der Hilfe sind im Einzelfall unter Berücksichtigung des zumutbaren Einsatzes der eigenen Kräfte (§ 5) und der eigenen Mittel (§ 6) zu bestimmen.
(3) Zum Lebensbedarf gehören:
a)
der Lebensunterhalt (§ 7),
b)
die Pflege (§ 9),
c)
die Krankenhilfe (§ 10),
d)
die Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen (§ 11),
e)
die Hilfe zur Erziehung und Erwerbsbefähigung (§ 12).
Lebensunterhalt
§ 7 (1) Der Lebensunterhalt umfasst den Aufwand für die regelmäßig gegebenen Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Unterkunft, Hausrat, Beheizung, Bekleidung, für eine angemessene Pflege der Beziehungen zur Umwelt und für eine angemessene Teilnahme am kulturellen Leben.
(2) Die Hilfe zum Lebensunterhalt ist bei kurzdauernder Hilfsbedürftigkeit in Form von einmaligen Unterstützungsbeiträgen oder Sachleistungen und bei voraussichtlich länger dauernder Hilfsbedürftigkeit durch laufend wiederkehrende Hilfeleistungen (Geld- und Sachleistungen) zu gewähren. Fortlaufende monatliche Geldleistungen sind unter Berücksichtigung der Bestimmungen der §§ 5 und 6 auf Grund der Richtsätze (§ 8) zu bemessen (richtsatzgemäße Geldleistungen). Werden richtsatzgemäße Geldleistungen gewährt, ist der Einsatz der eigenen Mittel (§ 6) auch dann für jeden Hilfsbedürftigen gesondert zu beurteilen, wenn es sich um die Angehörigen der Personengruppen nach § 8 Abs 2 lit b und c handelt.
...
(6) Werden richtsatzgemäße Geldleistungen gewährt, so ist zusätzlich der tatsächliche, vertretbare Aufwand des Hilfeempfängers für Unterkunft zu tragen. Die Zuerkennung richtsatzgemäßer Geldleistungen schließt erforderliche weitere Maßnahmen zur Sicherung des ausreichenden Lebensunterhaltes im Einzelfall nicht aus. Diese Regelungen gelten in gleicher Weise, wenn die erbrachten Geldleistungen unter oder über dem Richtsatz liegen. Die Landesregierung hat durch Verordnung Richtsätze für den vertretbaren Aufwand für Unterkunft festzulegen; hiebei ist auf den unterschiedlichen Bedarf für Alleinstehende (§ 8 Abs 2 lit a) und Haushaltsgemeinschaften (§ 8 Abs 4) Bedacht zu nehmen.
....
(8) Leistungen nach dem Bundespflegegeldgesetz, BGBl Nr 110/1993, und nach dem Kärntner Pflegegeldgesetz sind auf die Hilfe zum Lebensunterhalt nach Abs 1 bis 4 nicht anzurechnen.
....
Unterbringung in Anstalten, Heimen und Familien
§ 13 (1) Der Lebensbedarf kann mit Zustimmung des Hilfsbedürftigen oder seines gesetzlichen Vertreters durch die Unterbringung in Anstalten oder Heimen, soweit es sich nicht um Anstalten im Sinne der Krankenanstaltenordnung 1999, LGBl Nr 26/1999, oder um Maßnahmen nach dem Kärntner Jugendwohlfahrtsgesetz, LGBl Nr 42/1997, handelt, gesichert werden, wenn dies im Hinblick auf den körperlichen oder geistigseelischen Zustand des Hilfsbedürftigen oder auf Grund seiner Familienverhältnisse erforderlich erscheint. ...
....
(4) Den in Anstalten oder Heimen untergebrachten Hilfeempfängern über 15 Jahre ist ein Taschengeld zu gewähren, sofern eine zweckentsprechende Verwendung desselben durch oder für den Hilfsbedürftigen gewährleistet ist. ...
...
3. Abschnitt
Hilfe zur Eingliederung Behinderter
Anspruch
§ 14 (1) Den Behinderten ist nach Maßgabe der Bestimmungen
dieses Abschnittes Hilfe zu leisten.
....
(4) Voraussetzung für die Hilfeleistung ist, dass der Behinderte
a)
...
b)
...
c)
auf Grund anderer Rechtsvorschriften keine Möglichkeit besitzt, Leistungen zu erlangen, die gleichartig oder ähnlich den im Abs 5 genannten Leistungen sind. ...
(5) Zu den Hilfeleistungen für Behinderte gehören:
a)
Heilbehandlung (§ 16),
b)
orthopädische Versorgung (§ 17),
c)
Hilfe zur Erziehung und Schulbildung (§ 18),
d)
Hilfe zur beruflichen Eingliederung (§ 19),
e)
Hilfe zum Lebensunterhalt (§ 20),
f)
Hilfe durch geschützte Arbeit (§ 21),
g)
Beschäftigungstherapie (§ 22),
h)
persönliche Hilfe (§ 23).
Hilfe zum Lebensunterhalt
§ 20 (1) Solange einem volljährigen Behinderten Hilfe nach § 14 Abs 5 lit a, c oder d gewährt wird, ist ihm Hilfe zum Lebensunterhalt in dem Ausmaß zu gewähren, dass sein monatliches Gesamteinkommen (Abs 3) den eineinhalbfachen Richtsatz, der für den Behinderten und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nach den Bestimmungen des 2. Abschnittes für voll arbeitsunfähige Personen gebühren würde, erreicht.
.....
(6) Erhält ein volljähriger Behinderter in Einrichtungen der Eingliederungshilfe auch Unterkunft und Verpflegung, so gebührt ihm anstelle der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt lediglich ein angemessenes Taschengeld zur Befriedigung kleinerer persönlicher Bedürfnisse. Die Bestimmungen des § 13 Abs 4 gelten sinngemäß.
...
(8) Der Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt ruht, solange der Anspruchsberechtigte
a)
...
b)
...
c)
in einer Krankenanstalt oder einer Einrichtung der Sozialhilfe untergebracht ist. ...
Beschäftigungstherapie
§ 22 Behinderten, deren körperlicher, geistiger oder seelischer Zustand einer beruflichen Ausbildung oder einer beruflichen Eingliederung hinderlich ist, können Mittel oder Einrichtungen zur Erhaltung und Weiterentwicklung der vorhandenen Fähigkeiten sowie zur Eingliederung in die Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden (Beschäftigungstherapie). Zuständigkeit und Kostentragung
Behördliche Aufgaben
§ 55 (1) Der Landesregierung obliegt:
a) die Erlassung von Verordnungen nach §§ 8 und 13 Abs 4, die Ausstellung von Ausweisen für Behinderte;
b) die Unterbringung von sinnes- oder körperbehinderten, geistes- oder anfallskranken, süchtigen oder chronisch kranken Hilfsbedürftigen in Anstalten und Heimen, die zur Unterbringung dieser Personen im Besonderen bestimmt sind, sowie von geisteskranken, geistesschwachen und gemütskranken Hilfsbedürftigen in Familien;
c) die Unterbringung von Hilfsbedürftigen in psychiatrischen Krankenanstalten (Abteilungen) sowie in geriatrischen Krankenanstalten (Abteilungen) im Rahmen der Bestimmungen des § 10 lit d;
d) die Gewährung von Maßnahmen zur Eingliederung Behinderter nach § 14 Abs 5 lit a bis g;
e) in den Fällen der lit b, c und d auch die Entscheidung über sonstige erforderliche Maßnahmen im Sinne des 2. Abschnittes.
(2) Den Bezirksverwaltungsbehörden obliegt:
a) die Gewährung von Leistungen nach §§ 4 bis 13, soweit nicht durch Abs 1 lit b, c und e anderes bestimmt ist;
b) alle behördlichen Maßnahmen, soweit sie nicht unter Abs 1 fallen.
...
Zunächst ist hervorzuheben, dass der Antrag des Beschwerdeführers zweifelsfrei auf die Gewährung von laufenden (monatlich wiederkehrenden) Geldleistungen zur Deckung des Lebensunterhaltes im Sinne des § 7 Abs. 2 K-SHG gerichtet ist. Der Antrag langte am 17. Mai 2001 bei der Stadtgemeinde Völkermarkt ein. Entschieden wurde darüber mit dem am 11. Dezember 2001 erlassenen angefochtenen Bescheid der Landesregierung.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gilt eine Entscheidung über einen Antrag auf monatlich wiederkehrende Sozialhilfeleistungen mangels eines im Bescheid festgelegten Endzeitpunktes für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren, jedenfalls aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 30. Mai 2001, Zl. 2000/11/0015, und die dort zitierte Vorjudikatur). Mit dem angefochtenen Bescheid, der keine ausdrückliche Festlegung des von der Entscheidung erfassten Zeitraumes oder des Endzeitpunktes enthält, wurde somit über den Anspruch des Beschwerdeführers auf Lebensunterhalt beginnend mit 17. Mai 2001 bis zum 11. Dezember 2001 (und darüber hinaus bis zum allfälligen Eintritt einer Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, wie sie im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vorlagen) entschieden.
Nach der Aktenlage wurde der Beschwerdeführer am 9. Juli 2001 auf Kosten des Sozialhilfeträgers in einer Einrichtung untergebracht. In der Zeit vom 17. Mai 2001 bis 8. Juli 2001 wurde er hingegen vom Vater im gemeinsamen Haushalt betreut.
Der Umstand, dass der bescheidmäßige Abspruch auch den letztgenannten Zeitraum umfasst, wirft die Frage nach der Zuständigkeit der belangten Behörde auf. Diese beruft sich für ihre Zuständigkeit ausdrücklich auf § 55 Abs. 1 lit. d K-SHG. Es kann im vorliegenden Zusammenhang auf sich beruhen, ob der Antrag des Beschwerdeführers auf "Gewährung von Maßnahmen zur Eingliederung Behinderter nach § 14 Abs. 5 lit. a bis g" gerichtet war, worauf sich § 55 Abs. 1 lit. d K-SHG bezieht, und somit die Zuständigkeit der Landesregierung auf diese Vorschrift gegründet werden konnte. Nach § 55 Abs. 1 lit. e leg. cit. obliegt der Landesregierung nämlich "in den Fällen der lit. b, c und d auch die Entscheidung über sonstige erforderliche Maßnahmen im Sinne des zweiten Abschnittes". Die Gewährung von Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ist im zweiten Abschnitt des K-SHG geregelt. Fälle wie der vorliegende, die von einer Änderung der zuständigkeitsbegründenden Umstände während des Verfahrens gekennzeichnet sind, standen dem Gesetzgeber zweifellos vor Augen. Es ist davon auszugehen, dass die Regelung des § 55 K-SHG nicht auf die Begründung von während eines Verfahrens mehrfach wechselnden Zuständigkeiten gerichtet ist. Davon ausgehend ist die Wendung "in den Fällen" in § 55 Abs. 1 lit. e K-SHG als auf die im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde gegebene Sachlage bezogen zu verstehen. Die Zuständigkeit der Landesregierung ist daher, sofern die beanspruchte "Maßnahme im Sinne des zweiten Abschnittes" von einer Person geltend gemacht wird, die - wie hier - im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides im Sinne des § 55 Abs. 1 lit. b K-SHG untergebracht ist, auch für davor liegende Zeiträume zu bejahen, in denen dies nicht der Fall war. Die Zuständigkeit der Landesregierung zur Erlassung des angefochtenen Bescheides war daher gegeben.
Der Beschwerdeführer hat seinen Anspruch auf laufende Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht auf eine bestimmte rechtliche Grundlage gestützt. Insbesondere hat er sich nicht auf die - von der belangten Behörde offenbar allein als denkbare Anspruchsgrundlage angesehene - Vorschrift des § 20 K-SHG gestützt. Dadurch unterscheidet sich der Beschwerdefall auch in einem entscheidenden Punkt von dem Sachverhalt, der dem in der Gegenschrift zitierten Erkenntnis vom 30. Mai 2001, 2001/11/0278, zugrunde lag.
Die belangte Behörde hat den Anspruch des Beschwerdeführers mit der - im Ergebnis sowohl auf den Zeitraum, in dem dem Beschwerdeführer eine Maßnahme der Unterbringung im Sinne des § 13 Abs. 1 K-SHG zugute kam (ab 9. Juli 2001), als auch auf jenen Zeitraum, in dem dies nicht der Fall war, bezogenen - Begründung verneint, nach § 20 K-SHG sei einem volljährigen Behinderten Hilfe zum Lebensunterhalt "grundsätzlich" nur dann zu leisten, solange ihm Hilfe nach § 14 Abs. 5 lit. a, c oder d K-SHG gewährt werde, also bei Hilfe zur Erziehung und Schulbildung, zur beruflichen Eingliederung und zur Heilbehandlung. Dabei übersieht die belangte Behörde (abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer im Entscheidungszeitpunkt noch nicht volljährig war), dass es sich bei § 20 Abs. 1 K-SHG um eine Vorschrift handelt, die allein das Ausmaß der volljährigen Behinderten unter bestimmten Voraussetzungen zu gewährenden Hilfe zum Lebensunterhalt betrifft. Keineswegs kann der Vorschrift entnommen werden, dass (volljährige) Behinderte, denen nicht Hilfe nach § 14 Abs. 5 lit. a, c oder d K-SHG gewährt wird, von der Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 7, 8 K-SHG - selbst bei Vorliegen der in den §§ 4 bis 6 leg. cit. normierten Voraussetzungen - ausgeschlossen wären. Die belangte Behörde hat somit, in dem sie als Grundlage für die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers § 20 Abs. 1 K-SHG herangezogen hat, das Gesetz verkannt.
In der Bescheidbegründung wird jedoch auch erwähnt, dass die Bedürfnisse des Beschwerdeführers an Nahrung und Unterkunft durch die "vollinterne Unterbringung im Rahmen der Beschäftigungstherapie" gedeckt würden. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist somit auch daran zu messen, ob er auf eine solche Alternativbegründung gestützt werden kann.
Nun ist dem K-SHG (vgl. §§ 7 und 13) zu entnehmen, dass im Falle der Unterbringung in einer Anstalt, in einem Heim oder in einer Familie im Sinne des § 13 Abs. 1 K-SHG die in § 7 Abs. 1 leg. cit. aufgezählten Bedürfnisse regelmäßig durch die im Rahmen der Unterbringung gewährten Sachleistungen (und die jeweils vom Pflegegeld und der Familienbeihilfe dem Untergebrachten zu belassenden Beträge sowie dem Taschengeld nach § 13 Abs. 4 K-SHG) gesichert sind und kein darüber hinausgehender Anspruch auf wiederkehrende Geldleistungen besteht. § 20 Abs. 8 lit. c K-SHG ist in der Richtung zu verstehen, dass der Anspruch auf Lebensunterhalt in Form von Geldleistungen ruht, solange der Anspruchsberechtigte ... in einer Einrichtung der Sozialhilfe "untergebracht" ist.
Soweit der angefochtene Bescheid den Zeitraum vom 17. Mai bis zum 8. Juli 2001 betrifft, kann er auf die soeben dargelegte Auffassung aber schon deshalb nicht gestützt werden, weil der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum nicht im Sinne von § 13 Abs. 1 (und § 20 Abs. 8 lit. c) K-SHG untergebracht war. Davon ausgehend fehlen Feststellungen, auf deren Grundlage - diesen Zeitraum betreffend - beurteilt werden könnte, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfs hatte. Dies hängt im Beschwerdefall nach der Aktenlage (der Beschwerdeführer ist zu eigenem Erwerb nicht befähigt; sein Vater, mit dem er im fraglichen Zeitraum im gemeinsamen Haushalt lebte, ist selbst nicht hilfsbedürftig im Sinne von § 4 Abs. 1 K-SHG) davon ab, ob der Beschwerdeführer seinen Lebensbedarf aus eigenen Mitteln beschaffen konnte und ihn auch nicht oder nicht ausreichend von anderen Personen oder Einrichtungen erhielt (vgl. zum Fall eines mit dem nicht hilfsbedürftigen Unterhaltsverpflichteten im gemeinsamen Haushalt lebenden Hilfewerbers nach dem K-SHG insbesondere das Erkenntnis vom 17. September 1991, Slg. 13.475/A; ferner das bereits im Verwaltungsverfahren erwähnte Erkenntnis vom 21. April 1998, Zl. 97/08/0510).
Was den vom angefochtenen Bescheid ebenfalls erfassten Zeitraum ab Beginn der Unterbringung in einer Einrichtung der Sozialhilfe ab 9. Juli 2001 betrifft, hat es die belangte Behörde unterlassen, sich mit den schon im Verwaltungsverfahren vorgetragenen und in der Beschwerde weiter konkretisierten Behauptungen auseinander zu setzen, wonach der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers durch die im Rahmen der Unterbringung zu erbringenden Sachleistungen und die dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehenden Geldmittel nicht gedeckt werde. Dabei kommt insbesondere der Behauptung Bedeutung zu, der Beschwerdeführer müsse an den Wochenenden, während der "Urlaube" und bei Krankheit seinen Lebensbedarf aus eigenen Mitteln bestreiten bzw. sei dabei auf Zuwendungen seines Vaters angewiesen. In § 13 Abs. 1 K-SHG ist
davon die Rede, dass der Lebensbedarf ... durch die Unterbringung
in Anstalten und Heimen ... gesichert werden kann. Diese Form der Gewährung von Sozialhilfe schließt die Gewährung von wiederkehrenden Geldleistungen, wie sie vom Beschwerdeführer begehrt werden, im Sinne von § 20 Abs. 8 lit. c K-SHG dann aus, wenn der Lebensbedarf des Hilfewerbers durch die im Rahmen der Unterbringung gewährten Sachleistungen und die ihm zur Verfügung stehenden Geldmittel vollständig gesichert ist. Dies wäre nicht der Fall, würden - wie hier behauptet wird und mangels konkreter Feststellungen nicht ausgeschlossen werden kann - die Sachleistungen der Unterbringung und Verpflegung während "Wochenenden, Urlaub und Krankheit" gar nicht angeboten, und wenn dieser Lebensbedarf auch mit Hilfe der dem Hilfewerber zur Verfügung stehenden Geldmittel nicht gedeckt werden könnte. Klarstellend sei bemerkt, dass es der Annahme der vollständigen Sicherung dieser Elemente des Lebensbedarfes durch die Unterbringung nicht entgegenstünde, wenn die erwähnten Sachleistungen zwar (zeitlich) lückenlos angeboten, vom Hilfeempfänger während bestimmter Zeiten aber nicht in Anspruch genommen würden.
Im Beschwerdefall fehlen somit Feststellungen, auf deren Grundlage beurteilt werden könnte, ob der Lebensbedarf des Beschwerdeführers durch die Unterbringung und die ihm zur Verfügung stehenden Geldmittel vollständig gesichert ist.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 13. Oktober 2004
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 sachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002100012.X00Im RIS seit
12.11.2004