TE Vfgh Beschluss 2001/2/27 G138/99

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Veröffentlicht am 27.02.2001
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0015 Unabhängiger Verwaltungssenat

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
Wr Verwaltungssenat-DienstrechtsG 1995 §15

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer Übergangsbestimmung im Dienstrecht eines Unabhängigen Verwaltungssenates betreffend die Dauer der Bestellung mangels Eingriffs in die Rechtssphäre des Antragstellers

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Der Antragsteller wurde mit Beschluss der Wiener Landesregierung vom 3. August 1993 mit Wirkung vom 1. September 1993 auf die Dauer von sechs Jahren zum Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien ernannt. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien wurde er auf die Dauer dieser Mitgliedschaft gemäß §3 Abs2 des Wiener Verwaltungssenat-Dienstrechtsgesetzes (WVS-DRG) der Dienstordnung 1966 unterstellt.

Mit den mit 1. September 1999 in Kraft getretenen Landesgesetzen LGBl. 39 und 40 wurden das Gesetz über den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien und das WVS-DRG geändert. Zu Folge der Novellierung des Gesetzes über den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien ist - auf das Wesentliche zusammengefasst - statt der bisher (bloß auf sechs Jahre) befristeten Ernennung der UVS-Mitglieder nunmehr deren unbefristete Ernennung vorgesehen (§4 Abs5 leg. cit.); ursprünglich befristet ernannte Mitglieder gelten nach Ablauf von drei Monaten ab Inkrafttreten dieses Gesetzes (also mit 1. Dezember 1999) als unbefristet ernannt (ArtII Abs1 leg. cit.).

1.2. Mit dem vorliegenden, auf Art140 B-VG gestützten Antrag begehrt der Einschreiter,

"die Worte '§10 bis' in §15 des Landesgesetzes, LGBl 1999/40, mit dem das Wiener Verwaltungssenat-Dienstrechtsgesetz 1995 geändert wird, als verfassungswidrig aufzuheben,

in eventu:

ArtII Abs2 zur Gänze und Abs5 erster Satz hinsichtlich der zweimal vorkommenden Worte 'gemäß Abs2' sowie zweiter Satz hinsichtlich der Worte 'im Abs2 genannten' und 'gemäß Abs2' des Wiener Landesgesetzes LGBl 1999/39, mit dem das Gesetz über den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien geändert wird, als verfassungswidrig aufzuheben,

in eventu:

ArtII Abs1, Abs2 und Abs5 erster Satz hinsichtlich der zweimal vorkommenden Worte 'gemäß Abs2' sowie zweiter Satz hinsichtlich der Worte 'im Abs2 genannten' und 'gemäß Abs2' des Wiener Landesgesetzes LGBl 1999/39, mit dem das Gesetz über den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien geändert wird, als verfassungswidrig aufzuheben,

in eventu:

ArtII Abs1, Abs2 und Abs5 erster Satz hinsichtlich der zweimal vorkommenden Worte 'gemäß Abs2' sowie zweiter Satz hinsichtlich der Worte 'im Abs2 genannten' und 'gemäß Abs2' des Wiener Landesgesetzes LGBl 1999/39, mit dem das Gesetz über den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien geändert wird, sowie die Bestimmungen der §15, §16 Abs1 erster Satz hinsichtlich der Worte 'am 30. November 1999' und 'mit 1. Dezember 1999', Abs2 zweiter Satz

hinsichtlich der Worte 'vor dem 1. Dezember 1999', Abs3, Abs4

hinsichtlich der Worte 'vor dem 1. Dezember 1999', Abs5 sowie Artikel II des Wiener Landesgesetzes LGBl 1999/40, mit dem das Wiener Verwaltungssenat-Dienstrechtsgesetz 1995 geändert wird, als verfassungswidrig aufzuheben."

1.3.1. Artikel II des Gesetzes LGBl. 1999/39 (Novelle zum UVS-G) lautet auszugsweise wie folgt:

"(1) Dieses Landesgesetz tritt mit 1. September 1999 in Kraft.

(2) Nach Ablauf von drei Monaten ab Inkrafttreten dieses Gesetzes gelten die befristet ernannten Mitglieder als unbefristet ernannt.

...

(5) Die erstmalige Beurteilung des Arbeitserfolges ist für jene Mitglieder, die zu dem Zeitpunkt, mit welchem sie gemäß Abs2 als unbefristet ernannt gelten, mindestens drei Jahre Mitglieder des Unabhängigen Verwaltungssenates sind, nach einem Gesamtzeitraum von drei Jahren, der mit dem Eintritt der unbefristeten Ernennung gemäß Abs2 beginnt, vorzunehmen. Die übrigen im Abs2 genannten Mitglieder sind bei der Beurteilung des Arbeitserfolges so zu behandeln, als ob sie zu dem Zeitpunkt, mit welchem sie gemäß Abs2 als unbefristet ernannt gelten, neu ernannt worden wären."

1.3.2. Die §§15 und 16 WVS-DRG, idF LGBl. 1999/40, und ArtII des Gesetzes LGBl. 1999/40 (Novelle zum WVS-DRG) lauten wie folgt:

"§15. Auf den Beamten, der am 31. August 1999 Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates ist, sind §3, §6 Abs6 und §§10 bis 12 in der am 31. August 1999 geltenden Fassung bis zu einer allfälligen Wiederernennung zum Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates, längstens jedoch bis 30. November 1999, weiterhin anzuwenden."

"§16. (1) Mit dem Beamten, der als Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates am 30. November 1999 in einem befristeten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien steht, wird mit 1. Dezember 1999 ein unbefristetes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien begründet. Der Tag der Aufnahme in das befristete Dienstverhältnis gilt bei Anwendung der Dienstordnung 1994 mit Ausnahme des §37 Abs1 Z2 DO 1994 auch als Tag der Anstellung für das unbefristete Dienstverhältnis.

(2) Durch die Begründung des unbefristeten Dienstverhältnisses gemäß Abs1 tritt in bezug auf die besoldungsrechtliche Stellung des Beamten keine Änderung ein. Ebenso bleiben die vor dem 1. Dezember 1999 in Vollziehung der Dienstordnung 1994, der Besoldungsordnung 1994, LGBl. für Wien Nr. 55, und des §7a erlassenen Bescheide in ihrem Bestand unberührt.

(3) Für den in Abs1 genannten Beamten gilt der 1. Dezember 1999 als Tag des Dienstantrittes im Sinn des §2 Abs1 und des §6 Abs2 der Pensionsordnung 1995, LGBl. für Wien Nr. 67.

(4) Der in Abs1 genannte Beamte hat für die vor dem 1. Dezember 1999 bezogenen und gemäß §8 dieses Gesetzes oder §2 Abs1 des Ruhe- und Versorgungsgenußzulagengesetzes 1995 - RVZG 1995, LGBl. für Wien Nr. 72, für die Ruhegenußzulage anrechenbar erklärten Nebengebühren keinen Pensionsbeitrag gemäß §2 Abs2 RVZG 1995 zu entrichten.

(5) Abs1 bis 4 gelten für den Beamten, der in der Zeit vom 1. September 1999 bis 30. November 1999 zum Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates wiederernannt wird, mit der Maßgabe, daß an die Stelle des 1. Dezember 1999 der Tag tritt, mit dem die Wiederernennung wirksam wird."

"ArtII

Dieses Gesetz tritt mit 1. September 1999 in Kraft."

1.4. Zu seiner Antragslegitimation führt der Antragsteller u. a. Folgendes aus:

"Ich wurde unmittelbar durch die angefochtenen gesetzlichen Regelungen - im Hinblick auf ihre Verfassungswidrigkeit - in meinen Rechten verletzt. Sie wurden für mich tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam, indem dadurch meine Zugehörigkeit zum UVS Wien beendet wurde:

Der Eingriff betrifft einerseits meine Funktion als Mitglied des UVS Wien und andererseits mein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien und die damit jeweils verbundenen Rechte und Pflichten. Einerseits resultieren aus meiner Stellung als Mitglied des UVS Wien bestimmte besoldungsrechtliche Ansprüche, in denen ich nunmehr rechtswidrig seit 1. September 1999 beeinträchtigt bin, indem mir mein Bezug nicht mehr ausbezahlt wird ...

Andererseits resultieren aus den mir als UVS-Mitglied zukommenden richterlichen Garantien und aus den dem UVS Wien verfassungsrechtlich zugewiesenen Aufgaben mir zukommende subjektive (Teilhabe)Rechte, die insbesondere darin bestehen, daß ich in den mir geschäftsverteilungsmäßig zugewiesenen Rechtssachen behördliche Entscheidungen fällen und so auch das den Parteien zustehende Recht auf den gesetzlichen Richter wahren kann.

Der Eingriff ist nach Art und Ausmaß durch die Novellen selbst eindeutig bestimmt und beeinträchtigt meine rechtlich geschützten Interessen aktuell. Es steht mir auch kein anderer zumutbarere Weg zur Abwehr des rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung.

...

Entscheidend ist, daß ich am 1. September 1999 jedenfalls (noch) Mitglied des UVS war und daher alle jene landesgesetzlichen Bestimmungen auf mich anzuwenden sind, die am 1. September 1999, 0.00 Uhr in Kraft getreten sind ...

Ob man die genannte Sechsjahresfrist (ab der Ernennung zum Mitglied des UVS) als materiellrechtliche oder als verfahrensrechtliche Frist qualifizieren mag, kann dahingestellt bleiben: Denn nach jeder dem österreichischen Recht bekannten Fristberechnungsmethode endet sie erst am 1. September, 24.00."

1.5. In der Sache wird mit näherer Begründung ausgeführt, dass die angefochtenen gesetzlichen Bestimmungen gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art7 B-VG sowie gegen Art6 EMRK verstießen.

2.1. Der Antrag ist nicht zulässig.

Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten (nachteiligen) Wirkungen solche sind, wie sie Art140 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10.353/1985, 11.730/1988).

2. 2. Es ist offensichtlich, dass den bekämpften Vorschriften gar nicht jene (rechtlichen) Wirkungen zukommen, die der Antragsteller behauptet.

Der Antragsteller bringt nämlich vor, dass die angefochtenen gesetzlichen Bestimmungen für ihn deshalb "tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides wirksam" würden, weil dadurch seine Zugehörigkeit zum UVS Wien beendet werde.

Dieser Inhalt kommt der bekämpften Regelungen indes gar nicht zu. Das Ende der Zugehörigkeit des Antragstellers zum UVS ist vielmehr allein die Folge seiner mit 1. September 1993 erfolgten, - auf Grund der damals geltenden gesetzlichen Vorschriften - auf sechs Jahre befristeten Bestellung.

3. Die angefochtenen gesetzlichen Bestimmungen greifen somit gar nicht in der behaupteten Weise nachteilig in die Rechtssphäre des Antragstellers ein.

Es mangelt dem Antragsteller sohin allein schon deshalb an der Antragslegitimation (vgl. VfSlg. 11.580/1987).

4. Der Antrag war daher zurückzuweisen, was gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen werden konnte.

Schlagworte

Unabhängiger Verwaltungssenat Dienstrecht, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:G138.1999

Dokumentnummer

JFT_09989773_99G00138_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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