TE Vwgh Erkenntnis 2004/10/18 2004/17/0111

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Veröffentlicht am 18.10.2004
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
22/02 Zivilprozessordnung;
25/01 Strafprozess;
27/04 Sonstige Rechtspflege;

Norm

GEG §1 Z5;
GEG §2 Abs1;
GEG §2 Abs2;
GEG §6 Abs1;
GEG §7 Abs1;
StPO 1975 §389;
VwRallg;
ZPO §43 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des GS, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 19. Mai 2004, Zl. Jv 605-33a/04, betreffend Berichtigungsantrag gemäß § 7 Abs. 1 GEG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Justiz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 180,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Berichtigungsantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 GEG gegen den Zahlungsauftrag des Kostenbeamten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 4. November 2003, mit welchem der Beschwerdeführer zum Ersatz von 78 % der Zeugengebühr für EK, sohin von EUR 56,90, verpflichtet wurde, zurück.

Der Beschwerdeführer hatte den Berichtigungsantrag mit der Begründung erhoben, dass ihn hinsichtlich der Zeugengebühr keine Kostenersatzpflicht treffe, da für den entsprechenden Verfahrensabschnitt des Verfahrens, in dem der Beschwerdeführer als Kläger aufgetreten war, nach der Kostenentscheidung des Gerichtes die Kosten rechtskräftig gegeneinander aufgehoben worden seien. Überdies sei hinsichtlich der Zeugengebühr bereits einmal eine Zahlungsaufforderung erlassen worden, die dann aber für gegenstandslos erklärt worden sei. Außerdem sei der Beklagte des Verfahrens mit rechtskräftigem Beschluss ONr. 106 zur Zahlung der Hälfte der Zeugengebühr verpflichtet worden, sodass dem Beschwerdeführer nun nicht 78 % der Zeugengebühr angelastet werden könnten.

Die belangte Behörde begründete die Zurückweisung des Berichtigungsantrages mit dem Hinweis auf das rechtskräftige Urteil vom 1. Dezember 1999, in welchem unter Punkt 3.2 ausgesprochen worden sei, dass im zweiten Verfahrensabschnitt die Kosten gegeneinander aufgehoben würden. Die Kostenentscheidung beruhe auf § 43 Abs. 1 ZPO. Die Zeugin EK sei im zweiten Verfahrensabschnitt vernommen worden. Laut Bericht des Rechnungsführers vom 10. Dezember 1999 sei der Zeugin ein Betrag von S 1.004,-- als Zeugengebühr aus Amtsgeldern angewiesen worden.

Gemäß § 1 Z 5 Gerichtliches Einbringungsgesetz 1962 (GEG 1962) habe das Gericht in bürgerlichen Rechtssachen alle Kosten, die aus Amtsgeldern berichtigt wurden, sofern sie von einer Partei zu ersetzen seien, von Amts wegen einzubringen.

Nach § 2 Abs. 1 GEG 1962 seien die in § 1 Z 5 genannten Kosten, sofern hiefür kein Kostenvorschuss (§ 3) erlegt worden sei oder keine andere Regelung getroffen sei, aus Amtsgeldern zu berichtigen. Diese und die in § 1 Z 7 GEG 1962 genannten Kosten seien dem Bund von der Partei zu ersetzen, die nach den bestehenden Vorschriften hiezu verpflichtet sei. Hiebei sei, wenn über die Kostenersatzpflicht der Parteien schon rechtskräftig entschieden worden sei, von dieser Entscheidung auszugehen. Mangels einer Vorschrift oder Entscheidung seien diese Beträge von denjenigen Beteiligten zu ersetzen, die sie veranlasst hätten oder in deren Interesse die Amtshandlung vorgenommen worden sei.

Nach Hinweis auf § 7 Abs. 1 GEG 1962 betreffend den Berichtigungsantrag wurde weiters ausgeführt, dass die Vorschreibung der Zeugengebühr mit dem Zahlungsauftrag "dieser gerichtlichen Entscheidung" entspreche und auch die Zahlungsfrist von 14 Tagen richtig angenommen worden sei.

Die Gesetzmäßigkeit der durch Gerichtsbeschluss dem Grunde und der Höhe nach rechtskräftig festgestellten Zahlungspflicht für Gerichtskosten (hier: Sachverständigengebühren) könne nicht mehr auf dem Wege des Verwaltungsverfahrens zur Einbringung der Forderung aufgerollt werden (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 21. April 1997, Zl. 97/17/0086).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des GEG 1962, BGBl. Nr. 288, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 131/2000, lauten auszugsweise:

"§ 1. Das Gericht hat nachstehende Beträge von Amts wegen einzubringen:

...

5. in bürgerlichen Rechtssachen alle Kosten, die aus Amtsgeldern berichtigt wurden, sofern sie von einer Partei zu ersetzen sind. Solche Kosten sind insbesondere:

...

c) die Gebühren der Zeugen, Sachverständigen, Dolmetsche und Beisitzer, ...

...

§ 2. (1) Die in § 1 Z 5 genannten Kosten sind, sofern hiefür kein Kostenvorschuss (§ 3) erlegt wurde oder keine andere Regelung getroffen ist, aus Amtsgeldern zu berichtigen; diese und die in § 1 Z 7 genannten Kosten sind dem Bund von der Partei zu ersetzen, die nach den bestehenden Vorschriften hiezu verpflichtet ist. Hiebei ist, wenn über die Kostenersatzpflicht der Parteien schon rechtskräftig entschieden worden ist, von dieser Entscheidung auszugehen. Mangels einer Vorschrift oder Entscheidung sind diese Beträge von denjenigen Beteiligten zu ersetzen, die sie veranlasst haben oder in deren Interesse die Amtshandlung vorgenommen wurde. Mehrere Personen, die zum Ersatz desselben Betrages verpflichtet sind, haften zur ungeteilten Hand.

(2) Sind in bürgerlichen Rechtssachen die Kosten einer Amtshandlung, die den Betrag von 300,-- Euro übersteigen, aus Amtsgeldern zu berichtigen oder berichtigt worden, so hat das erkennende Gericht (der Vorsitzende) mit der Auszahlungsanweisung oder, wenn die Auszahlung nicht vom Richter angeordnet wird, unverzüglich nach dieser Anweisung mit gesondertem Beschluss dem Grunde nach zu bestimmen, welche Partei in welchem Umfang diese Kosten nach Abs. 1 zu ersetzen hat. Gegen diesen Beschluss ist der Rekurs zulässig.

(3) ...

§ 7. (1) Der Zahlungspflichtige kann, wenn er sich durch den Inhalt des Zahlungsauftrages beschwert erachtet, binnen vierzehn Tagen dessen Berichtigung verlangen. Der Berichtigungsantrag ist bei dem Gericht einzubringen, dessen Kostenbeamter den Zahlungsauftrag erlassen hat. In Ansehung von Beträgen, die in Durchführung einer rechtskräftigen Entscheidung des Gerichtes in den Zahlungsauftrag aufgenommen wurden, gilt dies jedoch nur dann, wenn die Zahlungsfrist unrichtig bestimmt wurde oder wenn der Zahlungsauftrag der ihm zugrundeliegenden Entscheidung des Gerichtes nicht entspricht."

Der belangten Behörde ist grundsätzlich dahin gehend zu folgen, dass die Gesetzmäßigkeit einer dem Grunde und der Höhe nach durch Gerichtsbeschluss rechtskräftig festgestellten Zahlungspflicht im Verfahren zur Einbringung der Forderung nicht mehr aufgerollt werden kann.

Wie der Verwaltungsgerichtshof näher dargelegt hat, muss das zur Entscheidung über die Pflicht, amtswegig bevorschusste Kosten dem Bund zu ersetzen, dem Grunde nach berufene Organ dieser Entscheidung eine im Zeitpunkt der Entscheidung bereits vorliegende rechtskräftige Entscheidung über die Kostenersatzpflicht der Parteien untereinander (Kostenentscheidung zwischen den Streitteilen) zu Grunde legen; andernfalls gilt § 2 Abs. 1 dritter Satz GEG 1962 (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. September 1995, Zl. 93/17/0298, oder vom 28. April 2003, Zl. 99/17/0025).

Eine Kostenentscheidung (über den Kostenersatz zwischen den Streitteilen) wäre nur dann nicht maßgeblich bei der Einbringung der Kosten, wenn über den Ersatz gegenüber dem Bund ein Grundsatzbeschluss gemäß § 2 Abs. 2 GEG 1962 gefasst worden wäre (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 22. März 1996, Zl. 95/17/0178, vom 17. September 2001, Zl. 97/17/0241, oder vom 15. Dezember 2003, Zl. 2003/17/0299; der Grundsatzbeschluss wäre auch nach einer allfälligen Entscheidung über die Kosten (den Kostenersatz zwischen den Parteien) zu beachten, die Kostenentscheidung vermag dem Grundsatzbeschluss nicht zu derogieren).

Im Beschwerdefall liegt jedoch ein solcher Grundsatzbeschluss gemäß § 2 Abs. 2 GEG 1962 nicht vor. Es ist dem vorgelegten Gerichtsakt auch kein aufrechter derartiger Beschluss zu entnehmen (vgl. die Rekursentscheidung des OLG Innsbruck OZl. 112). Bei der Einbringung der aus Amtsgeldern berichtigten Kosten war demnach von der Kostenentscheidung auszugehen.

Die demnach im Beschwerdefall maßgebliche Kostenentscheidung ist jene in Punkt 3.2 des Endurteils des Bezirksgerichts Innere Stadt vom 1. Dezember 1999, in welcher die Kosten des zweiten Verfahrensabschnittes gemäß § 43 Abs. 1 ZPO gegeneinander aufgehoben wurden und von welcher grundsätzlich auch die belangte Behörde ausgegangen ist. Einer Berufung gegen dieses Urteil wurde mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 4. Juli 2000 nicht Folge gegeben.

Eine gegenseitige Aufhebung der Kosten kann für die Einbringung der aus Amtsgeldern berichtigten Kosten nicht bedeuten, dass diese Kosten von keiner Seite dem Bund zu ersetzen wären. Es ist vielmehr bei der Einbringung davon auszugehen, dass die Parteien zu gleichen Teilen zum Kostenersatz verpflichtet wären. Eine Einbringung der Kosten gemäß § 1 Z 5 GEG 1962 beim Beschwerdeführer ist daher nur zu 50 % möglich. Daran ändert auch § 43 Abs. 1 dritter Satz ZPO nichts, weil dieser eine Anordnung für die gerichtliche Kostenentscheidung darstellt und zudem nur die von den Parteien getragenen Kosten (wie etwa die ausdrücklich genannten Gebühren der Zeugen, jedoch nur, wenn sie von der Partei bei Erlassung der gerichtlichen Kostenentscheidung bereits entrichtet wurden) betrifft. Die Bestimmung trifft somit keine Regelung für die Einbringung von aus Amtsgeldern berichtigte Kosten. Für diese hat es - entgegen der von der belangten Behörde in der Gegenschrift vertretenen Auffassung - beim Grundsatz zu bleiben, dass diese entsprechend der Kostenentscheidung bei den Parteien einzubringen sind. Dies folgt aus § 2 Abs. 1 GEG 1962, der auf die tatsächlich getroffene gerichtliche Entscheidung abstellt, und bedeutet daher gerade kein Abgehen von den Bestimmungen des § 2 Abs. 1 GEG 1962, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift meint. Dabei kann im Beschwerdefall dahin gestellt bleiben, wie vorzugehen wäre, wenn gemäß § 43 Abs. 1 ZPO (für den Fall, dass bestimmte Kosten schon von einer Partei getragen wurden) eine entsprechende Entscheidung des Gerichts auch über den Ersatz von Kosten der im § 43 Abs. 1 dritter Satz ZPO genannten Art vorläge, die von der grundsätzlich vorgenommenen Kostenaufhebung abwiche. Im Beschwerdefall ist diese Situation nicht gegeben. Es wurde vielmehr nur die Kostenaufhebung gemäß § 43 Abs. 1 ZPO ausgesprochen.

Mit dem mit Berichtigungsantrag bekämpften Zahlungsauftrag wurden dem Beschwerdeführer mehr als 50 % der Zeugengebühr vorgeschrieben. Die in der Gegenschrift vorgetragenen Argumente, dass bei der Einbringung davon auszugehen sei, in welchem Ausmaß die beschwerdeführende Partei im Prozess durchgedrungen sei, verfangen nach den vorstehenden Ausführungen nicht.

Die belangte Behörde hat den Berichtigungsantrag unter Hinweis darauf, dass dieser der gerichtlichen Entscheidung entspreche, zurückgewiesen und damit im Ergebnis den Zahlungsauftrag, mit welchem dem Beschwerdeführer die Zahlung von 78 % der der Zeugin zugesprochenen Kosten aufgetragen wurde, bestätigt.

Die belangte Behörde hat infolge dessen den angefochtenen Bescheid schon aus diesem Grund mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen, ob und inwieweit die Zeugengebühren der Zeugin mit Wirkung auch für den Beschwerdeführer bestimmt worden seien, einzugehen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den geltend gemachten Schriftsatzaufwand, weil der Beschwerdeführer den Beschwerdeschriftsatz selbst unterfertigt hat und sich daher nicht durch einen Rechtsanwalt im Sinne des § 49 Abs. 1 zweiter Satz VwGG vertreten hat lassen.

Wien, am 18. Oktober 2004

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004170111.X00

Im RIS seit

24.11.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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