RS OGH 2000/2/21 7Bkd9/99, 16Bkd14/00, 11Bkd2/02, 9Bkd4/02, 14Bkd7/03, 11Bkd12/03, 7Bkd5/03, 8bkd1/0

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 21.02.2000
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Norm

DSt 1990 §1 Abs1 B
RAO §1a
RAO §10 Abs1

Rechtssatz

Doppelvertretung - Rechtsanwaltspartnerschaften. Wird eine Kanzleigemeinschaft in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben, so sind unzulässige Doppelvertretungen eines der Partner einem anderen nicht schon allein auf Grund dieses Gesellschaftsverhältnisses, sondern nur dann disziplinarrechtlich vorzuwerfen, wenn entweder die Kanzleiorganisation überhaupt keine Vorkehrungen zu deren Vermeidung vorsieht, oder es von einem der Partner schuldhaft unterlassen wird, sich anlässlich der Übernahme eines Mandats an Hand entsprechender Evidenzen darüber zu informieren, ob nicht das zu übernehmende Mandat mit einem bereits bestehenden Auftrag kollidiert, oder er sonst davon Kenntnis erlangt, ohne die zur Hintanhaltung einer solchen Kollision erforderlichen Veranlassungen zu treffen. Ohne einen solchen Anlass ist ein Rechtsanwalt nicht verpflichtet, der Vertretungstätigkeit seines Kanzleikollegen in Hinsicht auf eine mögliche Doppelvertretung Augenmerk zu schenken.

Entscheidungstexte

  • 7 Bkd 9/99
    Entscheidungstext OGH 21.02.2000 7 Bkd 9/99
  • 16 Bkd 14/00
    Entscheidungstext OGH 20.11.2000 16 Bkd 14/00
    Vgl aber; Beisatz: Aus den Wesenmerkmalen einer zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft gegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechtes ergibt sich, dass die Standesvorschriften nicht nur auf jedes einzelne Mitglied allein, sondern auch auf die Gesamtheit der Mitglieder der Kanzleigemeinschaft anzuwenden sind, soweit nicht konkrete Gründe dagegen sprechen. Standesrechtlich kommt es nicht darauf an, welcher als Gesellschaftsmitglied tätige Rechtsanwalt einen bestimmten Klienten beraten oder vertreten hat; auch andere Mitglieder der Gemeinschaft sind standesrechtlich gehindert, gegen diesen Klienten einen Dritten zu beraten oder gar zu vertreten, wenn die Rechtssache "eine damit zusammenhängende Sache" im Sinne des § 10 RAO ist. (T1); Beisatz: Hier: Frontwechsel. (T2)
  • 11 Bkd 2/02
    Entscheidungstext OGH 28.10.2002 11 Bkd 2/02
    Auch; Beisatz: Der Vorwurf einer Doppelvertretung eines der Kanzleipartner kommt dem anderen nicht schon auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses zur Last, sondern nur dort, wo auf Grund vorhandener oder erkennbarer Kollisionsgefahr nicht die erforderlichen Veranlassungen getroffen wurden, um eine solche hintanzuhalten. (T3)
  • 9 Bkd 4/02
    Entscheidungstext OGH 04.11.2002 9 Bkd 4/02
    Auch; Beisatz: Es kommt nicht darauf an, welcher als Gesellschaftsmitglied tätige Rechtsanwalt einen bestimmten Klienten beraten oder vertreten hat. Auch andere Mitglieder der Gemeinschaft sind standesrechtlich gehindert, gegen diesen Klienten einen Dritten zu vertreten und wirkt die Treuepflicht auch noch über die Beendigung des Mandatsverhältnisses hinaus. (T4)
  • 14 Bkd 7/03
    Entscheidungstext OGH 24.11.2003 14 Bkd 7/03
    Vgl; Beisatz: Bezugspunkt der Doppelvertretung gemäß § 10 RAO (in derselben Rechtssache) ist die Kanzleigemeinschaft, nicht der einzelne Anwalt. (T5)
  • 11 Bkd 12/03
    Entscheidungstext OGH 26.01.2004 11 Bkd 12/03
    Vgl auch; Beis ähnlich wie T3
  • 7 Bkd 5/03
    Entscheidungstext OGH 03.05.2004 7 Bkd 5/03
    Vgl aber; Beisatz: Eine unzulässige Doppelvertretung und damit ein Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes muss bereits dann als gegeben angesehen werden, wenn der Parteienvertreter nach außen hin in abwechselnder Vertretung der an einem Rechtsstreit beteiligten Streitparteien widerstreitender Interessenslage beteiligt gewesen war. (T6)
  • 8 Bkd 1/06
    Entscheidungstext OGH 25.09.2006 8 Bkd 1/06
    Vgl auch; Beisatz: Die Angehörigen der Rechtsanwaltspartnerschaft haben durch entsprechende Vorkehrungen in der Kanzleiorganisation dafür zu sorgen, dass der Gefahr der Vornahme von Vertretungshandlungen, die sich als unzulässige Doppelvertretung darstellen, vorgebeugt wird. (T7); Beisatz: Bewirkt eine Fusion eine Gesamtrechtsnachfolge, spielt die firmenrechtliche Änderung für den Vorwurf der Doppelvertretung kein Rolle. (T8)
  • 16 Bkd 2/07
    Entscheidungstext OGH 08.10.2007 16 Bkd 2/07
    Vgl; Beis wie T1; Beis wie T5; Beisatz: Im Allgemeinen kann nur derjenige Anwalt Zurechnungsobjekt der Doppelvertretung sein, der die zeitlich spätere Vertretungshandlung gesetzt hat. Dies gilt aber nicht für einen anderen Kanzleipartner, der von der Doppelvertretung Kenntnis erhält und es unterlässt, die zur Vermeidung einer solchen Kollision erforderlichen Veranlassungen zu treffen. (T9)
  • 10 Bkd 3/07
    Entscheidungstext OGH 31.03.2008 10 Bkd 3/07
    Vgl auch; Beisatz: Diese am Beispiel von Anwaltsgesellschaften nach bürgerlichem Recht entwickelten Grundsätze müssen gleichwohl auch für eine Rechtsanwalts-GmbH gelten, die ja in dieser Eigenschaft mit dem Mandat betraut wird. (T10)
  • 11 Bkd 3/08
    Entscheidungstext OGH 09.02.2009 11 Bkd 3/08
    Vgl; Beis wie T5; Beisatz: In einer Anwaltskanzlei sind grundsätzlich Kontrollmechanismen zu schaffen, die nicht nur eine verlässliche Kontrolle einzuhaltender Fristen, sondern auch der sonstigen Berufspflichten ermöglichen. (T11)
  • 11 Bkd 2/08
    Entscheidungstext OGH 09.02.2009 11 Bkd 2/08
    Vgl; Beis wie T5; Beisatz: In einer Anwaltskanzlei sind grundsätzlich Kontrollmechanismen zu schaffen, die nicht nur eine verlässliche Kontrolle einzuhaltender Fristen, sondern auch der sonstigen Berufspflichten ermöglichen. Bei einem einmal eingeführten und funktionierenden Organisationssystem sind zudem laufende Kontrollen zur Haftungsvermeidung notwendig. Grundsätzlich aber ist zumindest im Lichte des Zivilrechts den Haftungsverpflichtungen Genüge getan, wenn eine funktionierende Organisationsstruktur mit einschlägigen Kontrollmechanismen die Enthaltung der anwaltlichen Berufspflichten gewährleistet. (T12)
  • 9 Bkd 1/09
    Entscheidungstext OGH 10.05.2010 9 Bkd 1/09
    Vgl
  • 2 Bkd 1/10
    Entscheidungstext OGH 28.06.2010 2 Bkd 1/10
    Vgl auch; Beis wie T4
  • 16 Bkd 2/11
    Entscheidungstext OGH 06.02.2012 16 Bkd 2/11
    Auch; Beisatz: Die nach der bisherigen Standesjudikatur geforderte „Unverzüglichkeit“ der Beendigung des Mandatsverhältnisses im Kollisionsfall ist nicht fristenmäßig festgelegt; sie kann auch nicht verallgemeinernd bestimmt werden. (T13)
  • 16 Bkd 4/11
    Entscheidungstext OGH 21.05.2012 16 Bkd 4/11
    Vgl auch; Beis wie T4
  • 15 Bkd 9/12
    Entscheidungstext OGH 23.04.2013 15 Bkd 9/12
    Auch; Beis wie T10
  • 23 Ds 1/21f
    Entscheidungstext OGH 11.05.2022 23 Ds 1/21f
    Vgl; Beis nur wie T5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:RS0113207

Im RIS seit

22.03.2000

Zuletzt aktualisiert am

05.07.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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