RS OGH 2000/3/9 6Ob14/00b, 6Ob94/00t, 6Ob120/00s, 6Ob212/00w, 6Ob306/00v, 6Ob305/00x, 6Ob336/00f, 6O

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 09.03.2000
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Norm

HGB §277 ff
HGB §283
EG-RL 2003/58/EG - Änderungsrichtlinie zur Publizitätsrichtlinie 32003L0058 allg
EWG-RL 68/151/EWG - Publizitätsrichtlinie 368L0151 allg, EWG-RL 78/660/EWG - Bilanzrichtlinie 378L0660 allg
EB Amsterdam Art44 Abs2 lita

Rechtssatz

1. Die zwingenden Offenlegungsvorschriften der §§ 277 ff HGB an die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften richten sich an alle Geschäftsführer. Adressaten der Zwangsstrafenandrohung sind alle Mitglieder eines kollegialen Vertretungsorganes, unabhängig von einer Geschäftsverteilung. Die Verhängung von Zwangsstrafen gegen jeden Geschäftsführer führt weder zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung von Gesellschaften mit mehreren Geschäftsführern, noch übt das Gericht damit unverhältnismäßigen Zwang aus.

2. Die Offenlegungsbestimmungen und Sanktionsbestimmungen wurden durch das GesRÄG 1996 in richtlinienkonformer Umsetzung der 1. und 4. gesellschaftsrechtlichen Richtlinie des Rates (Publizitäts-RL 68/151/EWG und Bilanz-RL 78/660/EWG) formuliert, die ihrerseits auf Art 44 Abs 2 lit g EG beruhen. Danach liegt der Zweck in der Koordination von Schutzbestimmungen, die den Gesellschaften in ihren Mitgliedstaaten im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu halten. Die detaillierten Bestimmungen dieser Richtlinien lassen dem nationalen Gesetzgeber nur geringen Umsetzungsspielraum; er ist auch dann zur Umzusetzung verpflichtet, wenn dies nur unter Verletzung von Grundrechten möglich wäre.

3. Es besteht kein Zweifel, dass die Offenlegungsbestimmungen und Sanktionsbestimmungen der 1. und 4. Richtlinie des Rates mit den Grundrechten der Gemeinschaft vereinbar sind.

Entscheidungstexte

  • 6 Ob 14/00b
    Entscheidungstext OGH 09.03.2000 6 Ob 14/00b
    Veröff: SZ 73/44
  • 6 Ob 94/00t
    Entscheidungstext OGH 13.04.2000 6 Ob 94/00t
    Vgl auch; nur: 2. Die Offenlegungsbestimmungen und Sanktionsbestimmungen wurden durch das GesRÄG 1996 in richtlinienkonformer Umsetzung der 1. und 4. gesellschaftsrechtlichen Richtlinie des Rates (Publizitäts-RL 68/151/EWG und Bilanz-RL 78/660/EWG) formuliert, die ihrerseits auf Art 44 Abs 2 lit g EG beruhen. Danach liegt der Zweck in der Koordination von Schutzbestimmungen, die den Gesellschaften in ihren Mitgliedstaaten im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu halten. Die detaillierten Bestimmungen dieser Richtlinien lassen dem nationalen Gesetzgeber nur geringen Umsetzungsspielraum; er ist auch dann zur Umzusetzung verpflichtet, wenn dies nur unter Verletzung von Grundrechten möglich wäre. 3. Es besteht kein Zweifel, dass die Offenlegungsbestimmungen und Sanktionsbestimmungen der 1. und 4. Richtlinie des Rates mit den Grundrechten der Gemeinschaft vereinbar sind. (T1)
  • 6 Ob 120/00s
    Entscheidungstext OGH 28.06.2000 6 Ob 120/00s
    Vgl auch
  • 6 Ob 212/00w
    Entscheidungstext OGH 30.08.2000 6 Ob 212/00w
    Vgl auch; Beisatz: Nach Art 47 der Bilanzrichtlinie ist der Jahresabschluss samt Lagebericht und Prüfungsbericht wie nach Art 3 der Publizitätsrichtlinie offenzulegen. Der Lagebericht kann aber von der Registerpublizität ausgenommen werden. Er muss dann am Sitz der Gesellschaft für jedermann zur Einsichtnahme bereitgehalten werden. Abschriften müssen kostenlos erhältlich sein, wobei das Verlangen einer Abschrift kein rechtliches Interesse voraussetzt. (T2)
  • 6 Ob 306/00v
    Entscheidungstext OGH 17.01.2001 6 Ob 306/00v
    Auch; nur: Es besteht kein Zweifel, dass die Offenlegungsbestimmungen und Sanktionsbestimmungen der 1. und 4. Richtlinie des Rates mit den Grundrechten der Gemeinschaft vereinbar sind. (T3)
    Beisatz: Der Europäische Gerichtshof hat im "Daihatsu-Urteil" das Sekundärrecht der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien geprüft und danach als vertragskonform und grundrechtskonform beurteilt. (T4)
  • 6 Ob 305/00x
    Entscheidungstext OGH 17.01.2001 6 Ob 305/00x
    Auch; nur T3; Beis wie T4
  • 6 Ob 336/00f
    Entscheidungstext OGH 17.01.2001 6 Ob 336/00f
    Auch; nur T3
  • 6 Ob 337/00b
    Entscheidungstext OGH 17.01.2001 6 Ob 337/00b
    Auch; nur T3; Beis wie T4
  • 6 Ob 6/01b
    Entscheidungstext OGH 17.01.2001 6 Ob 6/01b
    Auch; nur T3; Beis wie T4
  • 6 Ob 54/01m
    Entscheidungstext OGH 29.03.2001 6 Ob 54/01m
    Auch; nur T3
  • 6 Ob 101/01y
    Entscheidungstext OGH 05.07.2001 6 Ob 101/01y
    Auch
  • 6 Ob 224/01m
    Entscheidungstext OGH 27.09.2001 6 Ob 224/01m
    nur: Die zwingenden Offenlegungsvorschriften der §§ 277 ff HGB an die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften richten sich an alle Geschäftsführer. Adressaten der Zwangsstrafenandrohung sind alle Mitglieder eines kollegialen Vertretungsorganes, unabhängig von einer Geschäftsverteilung. (T5); Veröff: SZ 74/169
  • 6 Ob 203/01y
    Entscheidungstext OGH 08.11.2001 6 Ob 203/01y
    Auch; Beisatz: Die EU-Grundrechtscharta ist noch rechtlich unverbindlich und stellt keine europäische Verfassung, sondern eine bloße Deklaration der Staaten der Gemeinschaft dar und bringt im Hinblick auf die Grundrechtskonformität keine neuen Gesichtspunkte. (T6)
  • 6 Ob 41/02a
    Entscheidungstext OGH 14.03.2002 6 Ob 41/02a
    nur T3; Beis wie T4
  • 6 Ob 70/02s
    Entscheidungstext OGH 18.04.2002 6 Ob 70/02s
    Vgl auch
  • 6 Ob 302/03k
    Entscheidungstext OGH 25.03.2004 6 Ob 302/03k
    Auch
  • 6 Ob 199/03p
    Entscheidungstext OGH 25.03.2004 6 Ob 199/03p
    Auch; Beis wie T6; Beisatz: Diese Ansicht wird durch die (neue) Richtlinie 2003/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 zur Änderung der Richtlinie 68/151/EWG des Rates in Bezug auf die Offenlegungspflichten von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (1.Richtlinie-Publizitätsrichtlinie), ABl. L 221 vom 4. 9. 2003 S. 13, mit welcher der Gesetzgeber der Gemeinschaft an der obligatorischen Offenlegung von Kapitalgesellschaften festhielt, bestätigt. (T7)
  • 6 Ob 90/04k
    Entscheidungstext OGH 29.04.2004 6 Ob 90/04k
    Auch; Beis wie T6; Beisatz: Diese Ansicht wird durch die (neue) Richtlinie 2003/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 zur Änderung der Richtlinie 68/151/EWG des Rates in Bezug auf die Offenlegungspflichten von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (1.Richtlinie-Publizitätsrichtlinie), ABl L 221 vom 4. 9. 2003 S. 13, mit welcher der Gesetzgeber der Gemeinschaft an der obligatorischen Offenlegung von Kapitalgesellschaften festhielt, bestätigt. (T8)
    Beisatz: Die zum Art 8 EMRK (Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens) ergangenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte betreffen jeweils die Privatsphäre natürlicher Personen und sind auf Offenlegungspflichten von Gesellschaften nicht übertragbar. (T9)
  • 6 Ob 282/04w
    Entscheidungstext OGH 25.11.2004 6 Ob 282/04w
    Auch; Beis wie T6; Beisatz: Der vom Revisionsrekurswerber behauptete umfassende Datenschutz des Gemeinschaftsrechts ergibt sich, wie der Verfassungsgerichtshof ebenfalls in seinem Erkenntnis vom 12. 12. 2003, GZ A 2/01, klargestellt hat, vielmehr aus sekundärrechtlichen Vorschriften, insbesondere der Datenschutz-Richtlinie. Diese Vorschriften stehen auf einer Stufe mit den gesellschaftsrechtlichen Richtlinien und können schon deshalb kein Maßstab dafür sein, ob andere Richtlinien mit dem Primärrecht vereinbar sind (so schon 6 Ob 142/04g; 6 Ob 153/04z). (T10)
  • 6 Ob 258/04s
    Entscheidungstext OGH 25.11.2004 6 Ob 258/04s
    Vgl; Beisatz: Der EuGH hat mit Beschluss vom 23. September 2004 eine Entscheidung gefällt, aus der hervorgeht, dass er die in den §§ 277 ff HGB umgesetzten gesellschaftsrechtlichen Richtlinien als gemeinschaftsrechtskonform ansieht. (T11)
  • 6 Ob 144/05b
    Entscheidungstext OGH 14.07.2005 6 Ob 144/05b
    Vgl auch; Beisatz: Aus den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 23. 9. 2004 (C-435/02 und C-103/03) geht hervor, dass dieser die in den §§ 277 ff HGB umgesetzten gesellschaftsrechtlichen Richtlinien als gemeinschaftsrechtskonform ansieht. (T12)
  • 6 Ob 124/05m
    Entscheidungstext OGH 14.07.2005 6 Ob 124/05m
    Vgl auch; Beisatz: Die nationalen Gesetzgeber haben zur Durchsetzung der in den Richtlinien festgelegten Offenlegungsverpflichtungen der Gesellschaften, deren Haftung beschränkt ist, „geeignete Sanktionen" zu normieren. Dass der österreichische Gesetzgeber als Sanktion zur Durchsetzung der Offenlegungsverpflichtung keine über die Gesellschaft, sondern eine über ihre Organe zu verhängende Zwangsstrafe normiert und keine Haftung der Gesellschaft für die Einbringlichkeit dieser Strafen anordnet, ändert nichts an den europarechtlichen Vorgaben, dass die Gesellschaften selbst und auch unmittelbar die Offenlegungspflicht trifft. (T13)
    Beisatz: An der Verfassungsmäßigkeit der die Bekanntmachung regelnden Vorschriften (§ 10 Abs 1 und § 283 Abs 2 HGB) besteht kein Zweifel. (T14)
  • 6 Ob 207/05t
    Entscheidungstext OGH 06.10.2005 6 Ob 207/05t
    Vgl auch; Beisatz: Die Bestimmung des § 283 Abs 1 HGB ist auch im Hinblick darauf, dass bei mehreren Geschäftsführern über jeden Geschäftsführer gesondert eine Zwangsstrafe zu verhängen ist, mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar. (T15)
  • 6 Ob 46/06t
    Entscheidungstext OGH 09.03.2006 6 Ob 46/06t
    Beisatz: Hier: Ob die jedem Geschäftsführer auferlegte Zwangsstrafe angesichts einer Mehrzahl von Geschäftsführern angemessen ist, hängt - wie alle Fragen zur Angemessenheit von Zwangsstrafen - von den Umständen des Einzelfalles ab und verwirklicht keine erhebliche Rechtsfrage. (T16)
  • 6 Ob 116/06m
    Entscheidungstext OGH 24.05.2006 6 Ob 116/06m
    Vgl; nur T3; Beis ähnlich wie T4; Beis wie T11; Beisatz: Gleiche Aussage in den Entscheidungen 6 Ob 117/06h, 6 Ob 118/06f, 6 Ob 119/06b, 6 Ob 120/06z. (T17)
  • 4 Ob 229/08t
    Entscheidungstext OGH 24.03.2009 4 Ob 229/08t
    Vgl auch; Beisatz: Die Offenlegungspflicht trifft die Gesellschaft selbst; das im Gesetz angesprochene Verhalten der Organe ist ebenso wie deren Säumnis der Gesellschaft zuzurechnen. (T18); Veröff: SZ 2009/32
  • 6 Ob 129/11f
    Entscheidungstext OGH 18.07.2011 6 Ob 129/11f
    Vgl auch; Beis wie T18 nur: Die Offenlegungspflicht trifft die Gesellschaft selbst. (T19)
    Beisatz: Hier: Rechtslage nach § 283 UGB idF Budgetbegleitgesetz 2011 (BGBl I 2010/111). (T20)
    Veröff: SZ 2011/94
  • 6 Ob 63/11z
    Entscheidungstext OGH 14.09.2011 6 Ob 63/11z
    Vgl; Beisatz: Die Offenlegungsverpflichtung bildet auch nach Inkrafttreten der Grundrechte-Charta keinen Verstoß gegen das Unions?(grund?)recht. (T21)
  • 6 Ob 64/11x
    Entscheidungstext OGH 24.11.2011 6 Ob 64/11x
    Vgl; Beis wie T21
  • 6 Ob 136/21z
    Entscheidungstext OGH 14.09.2021 6 Ob 136/21z
    Vgl; Beis wie T20; Beis wie T21

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:RS0113282

Im RIS seit

08.04.2000

Zuletzt aktualisiert am

08.11.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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