TE Vwgh Beschluss 2004/10/19 2003/03/0226

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Veröffentlicht am 19.10.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
VStG §24;
VStG §51 Abs1;
VStG §9 Abs7;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des JN in E, Deutschland, vertreten durch Dr. Harald Streif und Dr. Birgit Streif, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Maria Theresien-Straße 27, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 17. Juli 2003, Zl. uvs-2003/26/033-5, betreffend Zurückweisung einer Berufung i. A. des Güterbeförderungsgesetzes, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 6. Mai 2003 wurde dem Beschwerdeführer als handelsrechtlichem Geschäftsführer der Spedition N. GmbH (im weiteren Verwaltungsverfahren erfolgt die offensichtlich korrekte Bezeichnung der GmbH mit J.N. GmbH) mit Sitz in E. in der Bundesrepublik Deutschland eine Übertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl. Nr. 593 i.d.F.

BGBl. I Nr. 32/2002 (GütbefG), i.V.m. der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in der Fassung der Verordnungen (EG) Nr. 1524/96, Nr. 609/2000 und Nr. 2012/2000 zur Last gelegt. Es wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.453,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt.

Gegen diesen Bescheid wurde mit folgendem Schreiben vom 10. Mai 2003, eingelangt bei der Erstbehörde am 14. Mai 2003, auf dem Geschäftspapier der J.N. GmbH Berufung erhoben:

"Betr.: Straferkenntnis

Sehr geehrte Damen und Herren,

zu o.g. Straferkenntnis legen wir hiermit Berufung ein.

Das Fahrzeug F... hatte am 22.07.2002 um 3:30 Uhr einen Festplatz Zug-Nr.: 42885. Dies wurde dem Fahrer bei Fahrtantritt mitgeteilt.

Unterlagen hierüber hatte der Fahrer nicht, da die Beförderungsfrachtbriefe erst bei der Verladung ausgestellt werden.

Beweismittel, abgestempelter Frachtbrief von B... sowie Fahrplan von B...

laut unseren Unterlagen kann das o.g. Fahrzeug nicht am 22.07.02 um 13:50 Uhr an der Kontrollstelle Kundl gewesen sein.

Der Fahrer hatte klare Anweisungen von uns bekommen mit der Bahnverladung Österreich zu durchqueren.

Wir sehen hierin keine Verwaltungsübertretung und bitten Sie

die Anschuldigungen gegen uns einzustellen.

Mit freundlichen Grüßen"

Das Schreiben trägt die Unterschrift von B., der (wie sich aus der Fußzeile dieses Schreibens ergibt) neben dem Beschwerdeführer zweiten Geschäftsführerin der J.N. GmbH.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 24, 51, 51c und 51e VStG als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, eine Berufung sei als unzulässig zurückzuweisen, wenn die als Berufungswerber auftretende Person zur Einbringung der Berufung nicht legitimiert sei. Das Straferkenntnis vom 6. Mai 2003 sei an den Beschwerdeführer als handelsrechtlichen Geschäftsführer der Spedition N. GmbH gerichtet. Diesem werde auf Grund seiner in § 9 Abs. 1 VStG verankerten verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit für die Nichteinhaltung von Verwaltungsbestimmungen durch die betreffende GmbH eine Übertretung des GütbefG zur Last gelegt. Damit sei ausschließlich die Rechtsposition des Beschwerdeführers berührt. Mithin sei nur dieser Partei im gegenständlichen Verwaltungsverfahren und komme auch nur ihm das Recht der Berufung gegen das Straferkenntnis vom 6. Mai 2003 zu.

Wie nämlich der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen habe, sei gemäß § 9 VStG nicht die juristische Person Beschuldigte, sondern ausschließlich die nach außen zu ihrer Vertretung berufene physische Person. Richte sich danach das Straferkenntnis nur gegen das Organ einer juristischen Person, dann stelle dieses Erkenntnis keinen gegen die juristische Person wirksamen Haftungsbescheid dar. Die juristische Person könne aber durch ein solches Straferkenntnis in ihrem Recht nicht verletzt sein (es wird auf das hg. Erkenntnis vom 4. November 1983, VwSlg. Nr. 11.212/A, verwiesen). Damit komme der J.N. GmbH im gegenständlichen Verwaltungsverfahren keine Parteistellung zu, womit diese auch nicht zur Erhebung der Berufung berechtigt gewesen sei.

Es sei daher zu prüfen gewesen, ob die am 14. Mai 2003 bei der Erstinstanz eingelangte Eingabe tatsächlich dem Beschwerdeführer zugerechnet werden könne. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass die Berufung eine Prozesshandlung darstelle und für ihre Auslegung daher ausschließlich der objektive Erklärungswert maßgeblich sei. Im vorliegenden Fall finde sich kein Hinweis, dass die J.N. GmbH durch den Beschwerdeführer ausdrücklich zu seiner Vertretung im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren bevollmächtigt worden sei. Das Schreiben sei außerdem in der "Wir-Form" abgefasst und durch eine weitere Geschäftsführerin der J.N. GmbH unterfertigt. Außerdem sei für die Abfassung des Schreibens Firmenpapier der J.N. GmbH verwendet worden. Diese äußeren Merkmale indizierten in ihrer Gesamtheit eindeutig, dass die betreffende Eingabe der N. GmbH zuzurechnen sei. Nach dem laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes allein maßgeblichen objektiven Erklärungswert sei das Anbringen also unzweifelhaft als Berufung der J.N. GmbH zu werten. Damit habe aber für die belangte Behörde auch keine Verpflichtung bestanden, zu dieser Frage weitere Ermittlungen im Sinne des § 37 AVG vorzunehmen oder ein Verbesserungsverfahren nach § 13 Abs. 3 AVG durchzuführen (es wird auf das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1996, Zl. 94/11/0145, verwiesen).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die Beschwerde ist aus folgenden Gründen unzulässig:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit derjenige Beschwerde erheben, der durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges. Nach Abs. 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, denen der Mangel der Berechtigung zur Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Eine Beschwerde ist nach § 34 Abs. 1 VwGG wegen fehlender Beschwerdeberechtigung immer dann zurückzuweisen, wenn der Verwaltungsgerichtshof zur Erkenntnis gelangt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in seinem Recht nicht verletzt sein kann (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa den Beschluss vom 12. November 1998, Zl. 95/18/0495).

Zunächst steht in Frage, ob die in Rede stehende Berufung dem Beschwerdeführer oder der genannten GmbH zuzurechnen war. Die Berufung ist auf Firmenpapier der GmbH abgefasst und ist mit leserlicher Unterschrift von der zweiten handelsrechtlichen Geschäftsführerin dieser GmbH unterschrieben und nicht vom Beschwerdeführer (im Unterschied zu dem dem hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1984, VwSlg. Nr. 11625, zu Grunde liegenden Beschwerdefall). Das Schreiben enthält keinerlei sonstigen Hinweis darauf, dass die GmbH als Vertreterin des Beschwerdeführers auftritt. Es wird weder auf einen erteilten Vertretungsauftrag hingewiesen noch wird erklärt, namens des Beschwerdeführers tätig zu werden, noch wird der Beschwerdeführer sonst in irgendeiner Weise erwähnt. Das Schreiben gibt im Unterschied zu dem dem angeführten hg. Erkenntnis zu Grunde liegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es der belangte Behörde zweifelhaft erscheinen hätte müssen, von wem die Berufung erhoben wird, in welchem Fall von der belangten Behörde weitere Ermittlungen hätten vorgenommen werden müssen. Hinzu kommt weiters, dass der angeführten GmbH nach der hg. Judikatur zu § 9 Abs. 7 VStG im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren selbst Parteistellung zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. November 2000, Zl. 99/09/0002). Deshalb sowie auf Grund ihrer schon skizzierten äußeren Form besteht für den Gerichtshof kein Zweifel, dass die in Rede stehende Berufung der genannten Gesellschaft - der in dem gegen den Beschwerdeführer geführten Verwaltungsstrafverfahren Parteistellung zukommt - zuzurechnen ist. Dadurch, dass die belangte Behörde eine nicht vom Beschwerdeführer erhobene Berufung zurückgewiesen hat, konnte er in keinem Recht verletzt sein (vgl. den hg. Beschluss vom 3. September 2003, Zl. 2001/03/0228).

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 19. Oktober 2004

Schlagworte

Berufungsverfahren Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003030226.X00

Im RIS seit

26.01.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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