RS OGH 2000/5/11 8Ob253/99k, 1Ob107/00t, 10Ob80/00p, 6Ob184/00b, 10Ob315/02z, 8Ob31/05z, 10Ob92/07p,

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 11.05.2000
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Norm

ABGB §879 BIIi
ABGB §1346 D
ABGB §1346 G

Rechtssatz

1) Bei der Sittenwidrigkeitskontrolle von Bürgschaften naher Angehöriger ist das Vorliegen eines krassen Missverhältnisses des Haftungsumfangs und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Interzedenten auslösendes Moment der Inhaltskontrolle und wird daher von der Intensität der nach einem beweglichen System zu beurteilenden weiteren Sittenwidrigkeitsindikatoren nicht berührt. 2) Auch im Bereich der Sittenwidrigkeitskontrolle von Bürgschaftsverträgen naher Angehöriger ist bloße Teilnichtigkeit möglich, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass die (reduzierte) Bürgschaft für den Gläubiger nicht sinnlos ist. Grundlage der Beurteilung ist der Kapitalsbetrag zuzüglich der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Zinsbelastung.

Entscheidungstexte

  • 8 Ob 253/99k
    Entscheidungstext OGH 11.05.2000 8 Ob 253/99k
    Veröff: SZ 73/79
  • 1 Ob 107/00t
    Entscheidungstext OGH 25.07.2000 1 Ob 107/00t
    Auch; Beisatz: In den problematischen Fällen von Angehörigenbürgschaften ist Anknüpfungspunkt der inhaltlichen Missbilligung die übermäßige Haftung, die den Bürgen im Verhältnis zu seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit überfordert. Gerade diese Überforderung gilt es, gewissermaßen durch "geltungserhaltende Reduktion" des Verpflichtungsumfangs zu vermeiden; die Haftung ist daher auf ein vertretbares Maß zu reduzieren. (T1)
    Veröff: SZ 73/121
  • 10 Ob 80/00p
    Entscheidungstext OGH 11.07.2000 10 Ob 80/00p
    Beisatz: Diese Grundsätze gelten auch für Bürgschaften, die zur Sicherung fälliger oder künftiger Sozialversicherungsbeiträge eingegangen wurden. (T2)
    Beisatz: Bei der Beschränkung der Bürgenverpflichtung im Wege der Teilnichtigkeit ist vordergründiges Ziel, die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit des Schuldners zu erhalten und den Eintritt der Insolvenz zu vermeiden. (T3)
  • 6 Ob 184/00b
    Entscheidungstext OGH 15.03.2001 6 Ob 184/00b
    Auch
  • 10 Ob 315/02z
    Entscheidungstext OGH 26.11.2002 10 Ob 315/02z
    Vgl auch; Beisatz: Ist vom Vorliegen eines solchen krassen Missverhältnisses als objektives Element auszugehen, so bilden die weiteren für die Inhaltskontrolle rechtserheblichen Gesichtspunkte ein bewegliches Beurteilungssystem, dessen Anwendung ein Sittenwidrigkeitsurteil dann erlaubt, wenn entsprechende Indikatoren im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in allen drei Systemelementen verwirklicht waren und diesen in der Gesamtschau - je nach den Umständen des Einzelfalls - erhebliches Gewicht beizumessen ist (ÖBA 2000/909, 922ff mwN ua). (T4)
  • 8 Ob 31/05z
    Entscheidungstext OGH 04.05.2005 8 Ob 31/05z
    Auch; nur: Bei der Sittenwidrigkeitskontrolle von Bürgschaften naher Angehöriger ist das Vorliegen eines krassen Missverhältnisses des Haftungsumfangs und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Interzedenten auslösendes Moment der Inhaltskontrolle. (T5)
    Beisatz: Liegt ein krasses Missverhältnis nicht vor, ist die Sittenwidrigkeit zu verneinen, ohne dass es eines Eingehens auf die übrigen von der Rechtsprechung geforderten Voraussetzungen bedarf. (T6)
    Beisatz: Nicht nur Einkommen, sondern auch bestehendes Vermögen des Interzedenten kann die Annahme eines krassen Missverhältnisses ausschließen. (T7)
    Beisatz: Für das Vorliegen eines krassen Missverhältnisses ist der Interzedent behauptungspflichtig und beweispflichtig. (T8)
    Veröff: SZ 2005/66
  • 10 Ob 92/07p
    Entscheidungstext OGH 09.10.2007 10 Ob 92/07p
    Vgl auch; Beisatz: Das Vorliegen eines groben Missverhältnisses zwischen Haftungsumfang und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit stellt nach der Judikatur erst das auslösende Moment für eine Inhaltskontrolle dar. (T9)
    Beisatz: Die Anwendung der für die Sittenwidrigkeitskontrolle bereits geprägten höchstgerichtlichen Grundsätze auf die singulären Umstände des jeweiligen Falls wirft keine erhebliche Rechtsfrage auf, soweit diese Grundsätze keiner Verfeinerung durch eine weitere Auffächerung bedürfen oder es nicht um die Korrektur einer gravierenden Fehlbeurteilung geht. (T10)
  • 1 Ob 39/10g
    Entscheidungstext OGH 20.04.2010 1 Ob 39/10g
    nur T5; Beis wie T4
  • 4 Ob 123/11h
    Entscheidungstext OGH 09.08.2011 4 Ob 123/11h
    Vgl; Beis wie T10
  • 3 Ob 34/13s
    Entscheidungstext OGH 19.06.2013 3 Ob 34/13s
    Vgl; Beis wie T6; Beis wie T8; Beis wie T9
  • 3 Ob 194/13w
    Entscheidungstext OGH 29.10.2013 3 Ob 194/13w
    Auch; Beis wie T9
  • 5 Ob 161/15k
    Entscheidungstext OGH 22.03.2016 5 Ob 161/15k
    Auch; nur T5; Beis wie T4; Beis wie T6; Beis wie T8; Beis wie T9

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:RS0113490

Im RIS seit

10.06.2000

Zuletzt aktualisiert am

09.05.2016
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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