RS OGH 2000/7/4 15Os58/00, 11Os81/02, 14Os138/02, 13Os9/06g, 11Os21/07h, 13Os45/11h, 13Os67/11v, 13O

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 04.07.2000
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Norm

SMG §27 A
SMG §28 Abs1 A
SMG §28 Abs2 A
SMG §28 Abs1 B SMG
SMG §28a Abs1 fünfter Fall

Rechtssatz

1. Ein Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 28 Abs 1 SMG hat zur Voraussetzung, dass der Täter ein Suchtgift in einer großen Menge (Abs 6) mit dem Vorsatz erwirbt, dass es in Verkehr gesetzt werde. Dies stellt eine zum Inverkehrsetzen des § 28 Abs 2 vierter Fall SMG selbständig vertypte Vorbereitungshandlung dar. Versucht der Täter das Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG, indem er beginnt, diesen Suchtgiftvorrat tatsächlich in Verkehr zu setzen, ist das Vergehen nach § 28 Abs 1 SMG hinsichtlich derselben Suchtgiftmenge nicht selbständig strafbar, weil es gegenüber dem Verbrechen nach Abs 2 subsidiär ist.

2. Überlässt (verkauft) der Täter, der eine große Suchtgiftmenge mit dem Vorsatz erworben hat oder besitzt, dass diese in Verkehr gesetzt werde, davon kleine Mengen einem anderen, stellt dies keine straflose "typische Begleittat" dar.

3. Beschließt der Täter, nachdem er eine große Menge Suchtgift mit dem Vorsatz erworben hat und besitzt, dass es in Verkehr gesetzt werde, nur einen die große Menge nach § 28 Abs 6 SMG nicht erreichenden Teil hievon anderen zu überlassen (zu veräußern), den Rest aber selbst zu konsumieren oder zu vernichten, hat er ab diesem Zeitpunkt für den Besitz (auch einer großen Menge) nur das Vergehen nach § 27 Abs 1 SMG zu vertreten. Da nämlich durch den fortgesetzten Besitz kein weiteres Rechtsgut verletzt wird und die dadurch bewirkte Rechtsgutverletzung über jene des Vergehens nach § 28 Abs 1 SMG nicht hinausgeht, stellt diesfalls das Vergehen nach § 27 Abs 1 zweiter Fall SMG eine straflose Nachtat zum Vergehen nach § 28 Abs 1 SMG dar.

4. Überlässt der Täter ab dem Zeitpunkt des geänderten Vorsatzes kleine Mengen von Suchtgiftstoffen anderen Personen, wird die zunächst auf den Erwerb oder Besitz beschränkte Rechtsgutverletzung erweitert. Die Grenzen von straflosen (besser "mitbestraften") Nachtaten sind eng zu ziehen. Durch das Privileg der Nachtat werden nur durch die Vortaten bereits persönlich und sachlich individualisierte Rechtsgüter gedeckt. Nur dann, wenn das Angriffsobjekt der Nachtat mit dem der Vortat entweder übereinstimmt oder diesem gegenüber ein quantitatives Minus darstellt, und wenn durch die Nachtat nicht neue Träger des individualisierten Rechtsgutes, also neue Inhaber des konkreten Angriffsobjektes, in Mitleidenschaft gezogen werden, liegt eine mitbestrafte Nachtat vor. Wird somit zunächst eine große Suchtgiftmenge mit auf deren Inverkehrsetzen gerichtetem Vorsatz erworben oder besessen, werden danach aber unter Änderung des Vorsatzes kleine Mengen davon anderen Personen überlassen, ändert sich auch das Angriffsobjekt der konkreten Nachtat. Der Täter hat daher unter diesen Prämissen das Vergehen nach § 27 SMG (in allen seinen Formen) zusätzlich zu vertreten.

Entscheidungstexte

  • 15 Os 58/00
    Entscheidungstext OGH 04.07.2000 15 Os 58/00
  • 11 Os 81/02
    Entscheidungstext OGH 01.10.2002 11 Os 81/02
    Vgl auch; Beisatz: § 28 Abs 2 vierter Fall SMG verdrängt § 28 Abs 1 SMG. (T1); Beisatz: Echte Konkurrenz des Deliktes nach § 28 Abs 1 SMG mit jenem nach § 27 Abs 1 sechster Fall SMG. (T2)
  • 14 Os 138/02
    Entscheidungstext OGH 28.01.2003 14 Os 138/02
    Vgl auch; Beis wie T1
  • 13 Os 9/06g
    Entscheidungstext OGH 22.03.2006 13 Os 9/06g
    Auch; Beisatz: §28 Abs1 SMG sanktioniert schon die Vorbereitung des Verbrechens nach §28 Abs2 vierter Fall SMG und damit eine Vorphase des Inverkehrsetzens einer großen Suchtgiftmenge eigenständig. (T3); Beisatz: Beim Vergehen nach § 28 Abs 1 SMG kommt infolge des spezifischen Vorbereitungscharakters eine stillschweigende Subsidiarität nur in Bezug auf die Begehungsform des Inverkehrsetzens gemäß §28 Abs 2 vierter Fall SMG in Frage. (T4)
  • 11 Os 21/07h
    Entscheidungstext OGH 24.04.2007 11 Os 21/07h
    Auch; nur: 1. Ein Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 28 Abs 1 SMG hat zur Voraussetzung, dass der Täter ein Suchtgift in einer großen Menge (Abs 6) mit dem Vorsatz erwirbt, dass es in Verkehr gesetzt werde. Dies stellt eine zum Inverkehrsetzen des § 28 Abs 2 vierter Fall SMG selbständig vertypte Vorbereitungshandlung dar. Versucht der Täter das Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG, indem er beginnt, diesen Suchtgiftvorrat tatsächlich in Verkehr zu setzen, ist das Vergehen nach § 28 Abs 1 SMG hinsichtlich derselben Suchtgiftmenge nicht selbständig strafbar, weil es gegenüber dem Verbrechen nach Abs 2 subsidiär ist. (T5); Beis wie T1
  • 13 Os 45/11h
    Entscheidungstext OGH 14.07.2011 13 Os 45/11h
    Vgl; Beisatz: Das Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel (§ 28 Abs 1 SMG) wird vom Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG verdrängt, sobald Letzteres wenigstens ins Versuchsstadium (§ 15 StGB) tritt. (T6); Beisatz: Da § 28 Abs 1 SMG im Verhältnis zur Suchtgiftüberlassung (§ 28a Abs 1 fünfter Fall SMG) ein Vorbereitungsdelikt im technischen Sinn darstellt, ist insoweit vom Scheinkonkurrenztypus der stillschweigenden Subsidiarität auszugehen. (T7)
  • 13 Os 67/11v
    Entscheidungstext OGH 25.08.2011 13 Os 67/11v
    Vgl; Beisatz: § 28a SMG enthält mehrere selbständige, untereinander nicht austauschbare Tatbilder, die bloß gesetzestechnisch unter einer einzigen Bezeichnung zusammengefasst sind und stellt sich insoweit als kumulativer Mischtatbestand dar. (T8)
  • 13 Os 130/12k
    Entscheidungstext OGH 20.12.2012 13 Os 130/12k
    Vgl auch
  • 12 Os 148/17g
    Entscheidungstext OGH 21.06.2018 12 Os 148/17g
    Vgl; Beis wie T6; Beis wie T7
  • 14 Os 26/19h
    Entscheidungstext OGH 09.04.2019 14 Os 26/19h
    Vgl; Beis wie T7
  • 13 Os 12/20v
    Entscheidungstext OGH 29.07.2020 13 Os 12/20v
    Vgl; Beis wie T7; Beisatz: Ein Schuldspruch wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG erschöpft nicht den gesamten Unrechtsgehalt des Erwerbs und Besitzes einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Suchtgiftmenge mit Inverkehrsetzungsvorsatz (§ 28 Abs 1 und 2 SMG), womit insoweit stillschweigende Subsidiarität des qualifizierten Vorbereitungsdelikts ausscheidet. (T9)

Schlagworte

Scheinkonkurrenz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:RS0113820

Im RIS seit

03.08.2000

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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