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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §87 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des M in G, vertreten durch Dr. Franz Penninger, Rechtsanwalt in 4840 Vöcklabruck, Stadtplatz 22a/4/31, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. Mai 2004, Zl. Ge-220565/8-2004-Z/Str, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof
angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich wurde dem Beschwerdeführer die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes "Gastgewerbe gemäß § 142 Abs. 1 Z. 2 bis 4 GewO 1994 in der Betriebsart Gasthaus" gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 GewO 1994 entzogen.
Nach Wiedergabe der Berufung, der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen und dem Hinweis auf den rechtskräftigen Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 18. Dezember 2001, wonach der Konkurs über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels Kostendeckung nicht eröffnet worden sei und diese Konkursabweisung noch in der Insolvenzdatei aufscheine, führte die belangte Behörde begründend aus, im eingeleiteten Entzugsverfahren und auch im Berufungsverfahren sei dem Beschwerdeführer mehrfach Gelegenheit gegeben worden, seine finanziellen Verhältnisse zu ordnen, um die Voraussetzungen für ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung zu schaffen. Die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft und die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse als Gläubiger hätten mehrfach Zahlungsvereinbarungen mit ihm geschlossen, die er jedoch wiederholt gebrochen habe. Auch während des Berufungsverfahrens sei es infolge Nichterfüllung zum Bruch von Ratenvereinbarungen gekommen. Die vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers übermittelte Gläubigerliste weise offene Forderungen von 18 weiteren Gläubigern in der Höhe von insgesamt zumindest EUR 76.800,-- auf, über die keine Zahlungsvereinbarungen existierten.
Die Erfüllung der für ein Absehen der Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 2 GewO 1994 erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen sei nach objektiven Kriterien zu beurteilen, sodass auch allfällige Erklärungen von Gläubigern, wegen ihrer offenen Forderungen ein Interesse an der Weiterführung des betroffenen Gewerbes zu haben, für eine derartige Annahme nicht als ausreichend anzusehen seien. Es sei nicht relevant, ob der Beschwerdeführer unverschuldet seinen Zahlungspflichten nicht nachkomme. Zur Eruierung des "objektivierten Gläubigerinteresses" sei im Allgemeinen die Erhebung des aktuellen Schuldenstandes durch Anfrage an Gebietskrankenkasse und Sozialversicherungsanstalt sowie Einholung einer Exekutionsliste aus letzter Zeit zweckdienlich. Allfällige Zahlungen und Ratenvereinbarungen seien nachzuweisen. Gewerbeausübung im vorwiegenden Interesse der Gläubiger erfordere, dass der Gewerbetreibende entweder bereits alle gegen ihn bestehenden Forderungen abdecke oder entsprechende Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen habe und diese auch pünktlich erfülle. Deshalb seien in die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 alle Verbindlichkeiten des Gewerbetreibenden ohne Rücksicht darauf einzubeziehen, ob sie im Zusammenhang mit dem Gewerbebetrieb entstanden seien oder nicht. Dem Einwand des Beschwerdeführers, ohne gewerbliche Tätigkeit könne er den Verpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern nicht nachkommen, komme keine Entscheidungsrelevanz zu. Maßgeblich sei die Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen bei Fälligkeit. Eine vom Kriterium der Leistung aller fälligen Zahlungen losgelöste Vor- und Nachteilsabwägung sei nicht vorzunehmen. Dem Beschwerdeführer sei unter Hinweis auf diese restriktiven Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 nochmals Gelegenheit gegeben worden, zur Frage der Erfüllung dieser Voraussetzungen Stellung zu nehmen. Daraufhin habe sein Rechtsvertreter mitgeteilt, dass dieser zwar wieder zwei Zahlungsbelege in die Kanzlei geschickt habe, aber sonst für ihn nicht erreichbar sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich seinem gesamten Vorbringen nach im Recht auf Nichtentziehung seiner Gewerbeberechtigung verletzt. In Ausführung des so verstandenen Beschwerdepunktes bringt er vor, es sei richtig, dass "(noch) nicht mit allen Gläubigern Zahlungsvereinbarungen" hätten abgeschlossen werden können. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, Gewerbeausübung im Sinn des § 87 Abs. 2 GewO im vorwiegenden Interesse der Gläubiger erfordere, dass der Gewerbetreibende entweder bereits alle gegen ihn bestehenden Forderungen abgedeckt oder entsprechende Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen habe und diese pünktlich erfülle, sei weder durch den Gesetzestext noch durch den Gesetzeszweck gedeckt. Es sei vielmehr zu berücksichtigen, dass bei einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartende Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden könnten, sodass keine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintrete. Nach der Aktenlage bestünden weiterhin Schulden aus dem Zeitraum 2001 bis 2003, bestehende Schulden würden durch Zahlungen an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und an die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse aus den Einnahmen aus dem Gastgewerbebetrieb laufend abgedeckt. Neue Schulden seien nicht dazu gekommen. Durch die laufende Gewerbeausübung seien liquide Mittel vorhanden, um Altschulden abzudecken und die laufenden Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, sodass die weitere Gewerbeausübung "sehr wohl" im vorwiegenden Interesse der Gläubiger liege. Nach Abschluss des Berufungsverfahrens hätten mit der überwiegenden Anzahl der "Altgläubiger" Zahlungsvereinbarungen getroffen werden können.
Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 sind Rechtsträger von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende ausgeschlossen, wenn 1. der Konkurs mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet wurde und 2. der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.
Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluss bewirken, vorliegt. Nach Abs. 2 kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen rechtskräftiger Nichteröffnung eines Konkurses mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.
Bei der Beurteilung, ob das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist, geht es ausschließlich darum, dass die Zahlungspflichten gegenüber allen Gläubigern gleichermaßen bei Fälligkeit erfüllt werden. Es muss daher die pünktliche Erfüllung aller Zahlungspflichten erwartet werden können. Die Erfüllung des vorwiegenden Gläubigerinteresses erfordert ferner, dass der Gewerbetreibende hinsichtlich aller gegen ihn bereits bestehenden Forderungen Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen hat und diese auch pünktlich erfüllt (vgl. zum Ganzen die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung2, 756 f, RZ 33 zu § 87, zitierte hg. Judikatur).
Die weitere Gewerbeausübung ist im Beschwerdefall schon deshalb nicht im Interesse der Gläubiger gelegen, weil nach den Beschwerdeausführungen der Beschwerdeführer (noch) nicht hinsichtlich aller gegen ihn bestehenden Forderungen Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen hat.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 20. Oktober 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004040115.X00Im RIS seit
22.11.2004