TE Vwgh Erkenntnis 2004/10/20 2003/04/0072

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Veröffentlicht am 20.10.2004
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
24/01 Strafgesetzbuch;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §26 Abs1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
GmbHG §122 Abs1 Z1;
StGB §159 Abs2;
StGB §159 Abs5 Z3;
StGB §159 Abs5 Z4;
StGB §159 Abs5 Z5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Kosch & Partner, Rechtsanwälte in 2700 Wiener Neustadt, Hauptplatz 31, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 19. Februar 2003, MA 63-2582/02, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien wurde dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung "Kleinhandel mit Kraftfahrzeugen, deren Bestandteilen und Zubehör, unter Ausschluss solcher Waren, deren Verkauf an den großen Befähigungsnachweis gebunden ist" an einem näher bezeichneten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 iVm § 13 Abs. 1 GewO 1994 entzogen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29. Juni 2001 gemäß § 159 Abs. 2, Abs. 5 Z. 3, 4 und 5 StGB sowie § 122 Abs. 1 Z. 1 GmbH-Gesetz zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. Dieser Verurteilung sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer eines näher bezeichneten Unternehmens von 16. April 1996 bis 10. Juni 1999 in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens die Befriedigung wenigstens eines seiner Gläubiger dadurch grob fahrlässig vereitelt oder geschmälert habe, indem er entgegen Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens ein Luxuskraftfahrzeug trotz fehlenden Vermögens benutzt habe; demgegenüber sei er seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber einem näher bezeichneten Unternehmen nicht nachgekommen. Weiters habe er als geprüfter Kfz-Mechaniker eine Geschäftstätigkeit im Baugewerbe ausgeübt und dabei Geschäftsbücher so geführt, dass ihm ein zeitnaher Überblick über seine wahre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erheblich erschwert gewesen sei. Auch habe er in den Jahresabschlüssen zum 31. Dezember 1995 und zum 31. Dezember 1996 die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft vorsätzlich unrichtig wiedergegeben bzw. erhebliche Umstände verschwiegen, indem er einen Geschäftsverlust in Höhe von S 7,3 Mio. verschwiegen bzw. das Gesellschaftsvermögen und den Jahreserfolg um S 6 Mio. zu hoch ausgewiesen habe.

In ihrer rechtlichen Beurteilung hielt die belangte Behörde zunächst fest, die Ausübung des gegenständlichen Gewerbes biete ohne Zweifel Gelegenheit, gleiche oder ähnliche Verstöße gegen das Strafrecht - insbesondere strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen - zu begehen, da diese Tätigkeit mit einem intensiven geschäftlichen Kontakt mit anderen Personen (vor allem Kunden und Lieferanten, allenfalls auch Arbeitnehmern) verbunden sei. Die Eigenart und Schwere der angeführten strafbaren Handlungen, nämlich das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und insbesondere die Vorsatzdelikte, die in unrichtigen Angaben in den Jahresabschlüssen jeweils in Millionenhöhe bestanden hätten, lasse befürchten, dass der Beschwerdeführer bei der fortgesetzten Ausübung des gegenständlichen Gewerbes gleiche oder ähnliche Straftaten begehen könnte. Bei der Beurteilung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers sei zu berücksichtigen, dass das strafbare Verhalten, das zu der genannten Verurteilung geführt habe, in einem Alter (von 47 bis 50 Jahren) begangen worden sei, in dem die Persönlichkeit des Menschen in der Regel bereits weitgehend gereift sei. Weder die bis zur Verurteilung vorgelegene Unbescholtenheit noch die im Strafverfahren offenbar gegebene Geständigkeit des Beschwerdeführers könnten darüber hinwegtäuschen, dass er während des Tatzeitraumes von über drei Jahren den rechtlich geschützten Werten gegenüber zumindest indifferent eingestellt gewesen sei. Vor diesem Hintergrund erscheine sowohl die seit Rechtskraft der im Juni 2001 erlittenen Verurteilung als auch die seit Ende des strafbaren Verhaltens (10. Juni 1999) verstrichene Zeit als zu kurz, um bereits eine andere positive Einstellung des Beschwerdeführers zu den rechtlich geschützten Werten erwarten zu lassen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich seinem gesamten Vorbringen zufolge durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Nichtentziehung seiner Gewerbeberechtigung verletzt. Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme es auf die Befürchtung an, der Verurteilte werde die gleiche oder eine ähnliche Straftat bei Ausübung des Gewerbes begehen und nicht (auch) darauf, dass das Gewerbe "klassisch" dafür geeignet sei, gleiche oder ähnliche Straftaten zu begehen, oder ob eine "erhöhte" Gefahrensituation vorliege. Im Hinblick darauf, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde seit dem Ende des strafbaren Verhaltens dreieinhalb Jahre vergangen seien, in denen sich der Beschwerdeführer wohlverhalten und bewiesen habe, dass er die rechtlich geschützten Werte respektiere, könne von einem zu kurzen Zeitraum (um eine positive Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten erwarten zu lassen) auch im Hinblick auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung keine Rede sein. Die Befürchtung eines weiteren vorschriftswidrigen Verhaltens sei daher auszuschließen. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei auch von Relevanz, dass der Beschwerdeführer vor seiner Verurteilung unbescholten und im Strafverfahren geständig gewesen sei. Wenn sogar in einem "offiziösen" Strafverfahren diese Umstände als Milderungsgründe berücksichtigt werden, gebe es keinen nachvollziehbaren Grund, warum eine derartige Berücksichtigung nicht auch im gegenständlichen Verfahren erfolgen könne. Es erscheine nur gerecht und billig, eine Gewichtung der Erschwerungs- und Milderungsgründe wie im Strafverfahren auch im Verwaltungsverfahren vorzunehmen. Bei richtiger Gewichtung der Umstände hätte die belangte Behörde zu dem Ergebnis kommen müssen, dass auch nach der Persönlichkeit des Beschwerdeführers die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat nicht mehr zu befürchten sei.

Gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 ist von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wer von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden ist, wenn die Verurteilung weder getilgt ist noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister (§ 6 des Tilgungsgesetzes 1972 in der jeweils geltenden Fassung) unterliegt.

Nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschlussgründe des § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht das Vorliegen des in der Verurteilung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29. Juni 2001 bestehenden Ausschlussgrundes gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994. In der Beschwerde wird aber das Vorliegen des weiteren Tatbestandselementes des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994, nämlich die in der Eigenart der strafbaren Handlung und der Persönlichkeit des Verurteilten begründete Befürchtung der Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes, bekämpft.

Eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vermag der Beschwerdeführer jedoch nicht aufzuzeigen: Was zunächst die Eigenart der strafbaren Handlung betrifft, so ist es auf dem Boden des Beschwerdevorbringens nicht als unschlüssig zu erkennen, wenn die belangte Behörde sich diesbezüglich darauf stützte, die Ausübung des Handelsgewerbes biete Gelegenheit zur Begehung von Vermögensdelikten gegenüber Kunden und Lieferanten, allenfalls auch Arbeitnehmern. Der belangten Behörde ist gleichfalls keine Rechtswidrigkeit anzulasten, wenn sie annahm, dass im Hinblick auf die Persönlichkeit des Beschwerdeführers die Befürchtung bestehe, er werde die gleiche oder eine ähnliche Straftat bei Ausübung der Gewerbe begehen. Gerade das in den Straftaten zum Ausdruck kommende Persönlichkeitsbild gibt Anlass zur Befürchtung, der Beschwerdeführer werde bei entsprechender Gelegenheit wiederum ein ähnliches deliktisches Verhalten setzen.

Schließlich kann auch weder der bis zur gegenständlichen Verurteilung vorliegenden Unbescholtenheit noch auch dem während des relativ kurzen Zeitraumes von nicht einmal zwei Jahren seit der Verurteilung ins Treffen geführten Verhalten des Beschwerdeführers nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen jenes Gewicht beigemessen werden, das die in Rede stehende Befürchtung rechtswidrig erscheinen ließe. Die Behörde hatte auch die Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandmerkmale selbstständig zu beurteilen, ohne dabei an gerichtliche Strafzumessungsgründe gebunden zu sein.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. Oktober 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003040072.X00

Im RIS seit

19.11.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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