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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Quasianlassfall; Anlassfallwirkung der Aufhebung des §23 Abs4 Krnt GemeindeplanungsG 1995 mit E v 30.09.99, G220/98 ua.Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Kärnten ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit S 26.810,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Bürgermeister der Marktgemeinde Finkenstein wies mit Bescheid vom 22. Oktober 1997 das Ansuchen auf Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung einer Reihen-Wohnhausanlage gemäß §23 Abs1 und 4 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1995 iVm §15 Abs1 Kärntner Bauordnung 1996 im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass der Gemeinderat der Marktgemeinde Finkenstein mit der Verordnung vom 3. Oktober 1997 für die Parzellen Nr. 805/1 und 805/2, beide KG Faak, eine befristete Bausperre erlassen habe, da für diese und angrenzende Parzellen ein Teilbebauungsplan ausgearbeitet werden solle. Der Gemeindevorstand der Marktgemeinde Finkenstein wies die dagegen erhobene Berufung mit Bescheid vom 5. Mai 1998 als unbegründet ab. Die belangte Behörde gab der dagegen erhobenen Vorstellung mit Bescheid vom 5. November 1998 keine Folge, da gemäß §23 Abs4 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1995 während der Dauer einer befristeten Bausperre keine Baubewilligung erteilt werden dürfe.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm (Bausperrenverordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Finkenstein vom 3. Oktober 1997) geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
3. Die Kärntner Landesregierung als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den angefochtenen Bescheid und die Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Finkenstein vom 3. Oktober 1997 verteidigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
4. Die Marktgemeinde Finkenstein legte als mitbeteiligte Partei die Verordnungsakten vor und erstattete eine Äußerung, in der sie den Sachverhalt erläuterte.
5. Mit amtswegigem Beschluss vom 7. Oktober 1998, B4808/96, leitete der Verfassungsgerichtshof das Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Absätze 2 und 4 des §23 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1995 ein. Weiters leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Wendung "332/1, 332/3" in §1 der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Maria Wörth vom 29. März 1996 über die Verfügung einer befristeten Bausperre ein. Mit Erkenntnis vom 30. September 1999, G220/98, V93/98, hob der Verfassungsgerichtshof §23 Abs4 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1995, Kundmachung der Landesregierung vom 28. Februar 1995, ZVerf. 391/1/1995, mit der das Gemeindeplanungsgesetz 1982 wiederverlautbart wird, LGBl. für Kärnten Nr. 23/1995, als verfassungswidrig unter Fristsetzung auf und sprach aus, dass die Ziffernfolge "332/1, 332/3" in §1 der Bausperrenverordnung gesetzwidrig war.
II. 1. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10.616/1985, 11.711/1988).
Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren zu G220/98, V93/98 begann am 17. Juni 1999. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 23. Dezember 1998 eingelangt, war also zum Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung im Verfahren zu G220/98, V93/98 schon anhängig; der Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt.
Der Bescheid ist daher aufzuheben.
2. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG 1953. In den zuerkannten Kosten sind Umsatzsteuer in der Höhe von S 4.400,-
und eine Eingabengebühr in der Höhe von S 410,- enthalten.
3. Diese Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 gefasst werden.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:B2398.1998Dokumentnummer
JFT_09989773_98B02398_00