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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §24 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Ing. J in L, vertreten durch Dr. Heinz Buchmayr und Dr. Johannes Buchmayr, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Altstadt 15, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 16. Juli 2002, Zl. LGSOÖ/Abt. 4/1282/0351/2002-0, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezog seit 1. Jänner 1998 Notstandshilfe in Form eines Pensionsvorschusses. Seit einem Arbeitsunfall in Deutschland am 7. September 1968 erhält der Beschwerdeführer von der Hütten- und Walzwerks-Berufsgenossenschaft in Düsseldorf eine Rente und eine Entschädigung für Kleider- und Wäschemehrverschleiß, welche dem Beschwerdeführer ursprünglich monatlich ausbezahlt und von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice auf die Notstandshilfe in Form eines Pensionsvorschusses angerechnet wurde.
In einem Schreiben der belangten Behörde an den Beschwerdeführer vom 1. März 2000 findet sich folgende Information:
"Zurückkommend auf Ihre Bitte um rechtsverbindliche Auskunft, wie sich Ihr derzeitiger Leistungsbezug verändern würde, wenn der derzeitige monatliche Bezug aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung wegfällt wird mitgeteilt, dass Abfertigungen von Renten aus einer gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 67 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit festen Steuersätzen zu versteuern und daher gemäß § 36a Abs. 2 AlVG anrechnungsfrei sind. Es würde demnach bei einer Abfindung der Verletztenrente keine Anrechnung mehr auf Ihren Notstandshilfebezug erfolgen."
Bezüglich einer weiteren Anfrage des Beschwerdeführers, welche Auswirkungen die Auszahlung seiner Rente im Abstand von zwei Jahren auf seinen Notstandshilfebezug hätte, teilte ihm die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice in einem Schreiben vom 19. Dezember 2000 Folgendes mit:
"Wenn die Auszahlung der Unfallrente alle zwei Jahre erfolgt, so kommt es nach derzeitiger Gesetzeslage alle zwei Jahre zu einer Anrechnung auf die Notstandshilfe, welche im Monat nach der Auszahlung der Unfallrente gebührt."
Mit Schreiben der genannten Berufsgenossenschaft an den Beschwerdeführer vom 8. Oktober 2001 und vom 15. November 2001 wurde diesem mitgeteilt, die Rente und die Entschädigung für Kleider- und Wäschemehrverschleiß für die Zeit von Juni 2000 bis Juni 2002 werde auf das Konto des Beschwerdeführers bei der Sparkasse Oberösterreich überwiesen, die Auszahlung könne jedoch aus EDV-technischen Gründen erst im Dezember 2001 erfolgen.
Mit Bescheid vom 22. April 2002 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice aus, dass der Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum von 1. Jänner 2002 bis 31. Jänner 2002 widerrufen und der Beschwerdeführer zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in der Höhe von EUR 651,93 verpflichtet werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im Dezember eine Leistung der genannten Berufsgenossenschaft erhalten, welche im Folgemonat anzurechnen sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er habe im Dezember 2001 keine Leistung von Seiten der Berufsgenossenschaft erhalten. Sollte mit der Leistung im Dezember die Einmalzahlung seiner Bezüge von der genannten Berufsgenossenschaft angesprochen sein, verweise er auf das Schreiben vom 1. März 2000, worin ihm mitgeteilt worden sei, Einmalzahlungen seien nicht auf den Leistungsbezug aus der Arbeitslosenversicherung anzurechnen. Sollte diese Auffassung nicht mehr vertreten werden, so habe der Beschwerdeführer jedenfalls keine unwahren Angaben gemacht oder maßgebende Tatsachen verschwiegen, weil er auf Grund dieses Schreibens von einer anrechnungsfreien Abfertigung habe ausgehen können. Er habe auch nicht erkennen können, dass ihm der Bezug von Notstandshilfe im Jänner 2002 nicht gebühre.
Im Zuge des Berufungsverfahrens wies die belangte Behörde in ihrem an den Beschwerdeführer gerichteten Schreiben vom 24. Mai 2002 auf die Mitteilungen der Berufsgenossenschaft vom 8. Oktober und vom 15. November 2001 hin und meinte, sie gehe trotz des vorgelegten Kontoauszuges davon aus, dass die Zahlung an den Beschwerdeführer erfolgt sei. Weiters führt die belangte Behörde in diesem Schreiben aus, der Beschwerdeführer habe erst im Zuge seiner Antragstellung im Mai 2002 bekannt gegeben, die Zahlung von der Berufsgenossenschaft erhalten zu haben und diese somit verspätet gemeldet. Sowohl die Berufsgenossenschaft als auch die regionale Stelle des Arbeitsmarktservice hätten den Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er das Arbeitsmarktservice über die Auszahlungen der Rente seitens der Berufsgenossenschaft informieren müsse. Bei einer Abfertigung der Rente seien mit einer einmaligen Zahlung des Versicherungsträgers alle weiteren Ansprüche abgegolten. Der Beschwerdeführer hingegen habe laufend Anspruch auf die Zahlung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Er habe sich lediglich spezielle Auszahlungsmodalitäten mit der Versicherungsanstalt ausbedungen, weshalb die Auszahlung der Rente im Dezember 2001 auf die Notstandshilfe im Jänner 2002 anzurechnen sei.
In dem am 4. Juni 2002 bei der belangten Behörde eingelangten Antwortschreiben vom 2. Juni 2002 bestreitet der Beschwerdeführer wiederum, im Dezember 2001 eine Rentenzahlung empfangen zu haben. Der Beschwerdeführer verweist u.a. auf die Information, wonach Einmalzahlungen bzw. Abfertigungen bei der Anrechnung auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung nicht berücksichtigt werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
In der Begründung führte die belangte Behörde nach einer Darstellung des Verwaltungsgeschehens ergänzend zum eingangs dargestellten Sachverhalt aus, der Beschwerdeführer bestreite einerseits die Auszahlung seiner Rente, vertrete jedoch andererseits in seinen Schreiben die Ansicht, bei der Abgeltung seiner Rentenansprüche handle es sich um eine nichtanrechenbare Einmalzahlung. Der Beschwerdeführer habe Anfang November 2001 die Auszahlung seiner Rente urgiert, woraufhin ihm im Schreiben der Berufsgenossenschaft vom 15. November 2001 mitgeteilt worden sei, dass er die Rentenzahlung im Dezember 2001 erhalten werde. Eine telefonische Erkundigung der belangten Behörde bei der Berufsgenossenschaft habe ergeben, dass die Rente am 4. Oktober 2001 im Betrag von DM 19.735,73 angewiesen und über die Verbindungsstelle im Dezember 2001 dem Beschwerdeführer zugekommen sei. Es sei daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Dezember 2001 die Rentenzahlung in der Höhe von DM 19.735,93 erhalten habe.
Weiters führt die belangte Behörde in ihrer Begründung aus, die Rente des Beschwerdeführers unterliege in Österreich keinem fixen Steuersatz. Deutschland habe gemäß Art. 10 DBA (gemeint:
Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern) das Recht, die gesetzliche Unfallrente zu versteuern. Der Wohnsitzstaat habe jedoch nach Art. 15 DBA das Recht der Besteuerung unter Progressionsvorbehalt. Die Notstandshilfe sei zwar gemäß § 3 EStG steuerfrei, jedoch bei der Berechnung des Steuersatzes zu berücksichtigen, falls noch andere Einkommen vorlägen. Die gesetzliche Unfallrente aus Deutschland sei gemäß § 36a Abs. 2 letzter Satz AlVG zur Hälfte als eigenes Einkommen auf die Notstandshilfe anzurechnen. Wie die belangte Behörde auch schon in ihrem Schreiben vom 24. Mai 2002 dargelegt habe, handle es sich bei den vom Beschwerdeführer ausgehandelten Zahlungsmodalitäten um keine tatsächliche Abfindung seiner bestehenden Rentenansprüche. Die von der Berufsgenossenschaft im Dezember 2001 ausgezahlte Rente in der Höhe von EUR 10.090,72 sei im Jänner 2002 zur Hälfte auf die Notstandshilfe von täglich EUR 21,03 als eigenes Einkommen anzurechnen. Somit seien EUR 5.045,36 monatlich bzw. EUR 165,87 täglich auf die Notstandshilfe des Beschwerdeführers anzurechnen. Da das anrechenbare Einkommen von EUR 165,87 täglich wesentlich höher sei als die sonst zustehende Notstandshilfe von EUR 21,03 täglich, liege nach den geltenden Anrechnungsbestimmungen im Jänner 2002 keine Notlage vor. Aus diesem Grund sei die Gewährung der Notstandshilfe von EUR 21,03 täglich im Zeitraum vom 1. Jänner 2002 bis 31. Jänner 2001 zu widerrufen.
Obwohl der Beschwerdeführer mehrmals auf seine Pflicht, die Auszahlung seiner deutschen Unfallrente zu melden, hingewiesen worden sei, habe dieser die Auszahlung im Dezember 2001 erst im Zuge seiner weiteren Antragstellung auf Gewährung von Notstandshilfe in Form eines Pensionsvorschusses am 7. Mai 2002 gemeldet. Er habe daher maßgebende Tatsachen verschwiegen und dadurch die Meldepflicht gemäß § 50 AlVG verletzt, weshalb ein Rückforderungstatbestand gemäß § 25 AlVG erfüllt sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Der Beschwerdeführer führt aus, die belangte Behörde habe keine konkreten Tatsachenfeststellungen getroffen, sondern habe stattdessen lediglich den gesamten Schriftverkehr wiedergegeben, ohne konkrete Aussagen darüber zu treffen, was - ungeachtet des Schriftverkehrs - nun tatsächlich geschehen sei. Die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen seien im Konjunktiv gehalten und der Sachverhalt somit undeutlich formuliert. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides gehe nicht hervor, welcher Sachverhalt der Entscheidung nun tatsächlich zu Grunde gelegt worden sei. Dies gelte nicht nur für die Frage, ob der Beschwerdeführer die Einmalzahlung der Rente für Juni 2000 bis Juni 2002 tatsächlich im Dezember 2001 erhalten habe, sondern auch für die Frage, welchen Auszahlungsmodus er nun tatsächlich mit der Berufsgenossenschaft vereinbart habe. Der aufgezeigte Schriftverkehr sei nämlich in wesentlichen Punkten in sich widersprüchlich.
Selbst wenn man davon ausginge, die belangte Behörde habe dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegt, der Beschwerdeführer habe einen Teil der Rentenabfindung im Dezember 2001 erhalten, wären der Widerruf und die Rückforderung der empfangenen Notstandshilfe verfehlt. Als Argument hiefür zitiert der Beschwerdeführer wie auch schon im Berufungsverfahren das Schreiben der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 1. März 2000. Schon auf Grund dieser Auskunft sei ihm der Bezug der Notstandshilfe nicht vorwerfbar. Daran ändere auch die Auskunft vom 19. Dezember 2000 nichts, wonach es im Falle der Auszahlung der Unfallrente alle zwei Jahre zu einer Anrechnung auf die Notstandshilfe im Folgemonat käme. Einem juristischen Laien sei es nicht zumutbar bei den vorliegenden widersprüchlichen Auskünften die Rechtslage zu erforschen.
Seine Meldepflicht habe der Beschwerdeführer zudem deshalb nicht verletzt, weil er der belangten Behörde bereits im April 2002 das Schreiben der Berufsgenossenschaft vom 15. November 2001 sowie einen Kontoauszug von Dezember 2001vorgelegt habe.
Weiters führt der Beschwerdeführer aus, der angefochtene Bescheid enthalte Feststellungen, die mit dem Akteninhalt in Widerspruch stünden. Dies gelte für die Feststellungen, bestimmte zitierte Schreiben stammten von der in Rede stehenden Berufsgenossenschaft. Tatsächlich stammten diese jedoch von einer anderen Berufsgenossenschaft, welche für den Beschwerdeführer nicht zuständig sei. Auf diese Tatsache habe der Beschwerdeführer im vorangegangenen Verfahren mehrfach vergeblich hingewiesen. Der angefochtene Bescheid sei insofern auch mit einer Aktenwidrigkeit im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG behaftet.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers, wonach der angefochtene Bescheid mit Aktenwidrigkeit behaftet sei, weil die belangte Behörde sämtliche angeführte Briefe als Schreiben der in Rede stehenden Berufsgenossenschaft qualifiziert habe, obwohl einige der Schreiben tatsächlich von einer anderen Berufsgenossenschaft stammten, ist Folgendes auszuführen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt Aktenwidrigkeit im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG nur dann vor, wenn sich die Behörde bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch gesetzt hat, nicht aber, wenn sie aus dem Inhalt der Akten vermeintlich unrichtige Schlüsse zog (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1996, Zl. 95/03/0170). Die in den Verwaltungsakten erliegenden Unterlagen müssen eindeutig und offenkundig den Feststellungen im angefochtenen Bescheid widersprechen. Die aktenwidrige Sachverhaltsannahme muss der belangten Behörde in einem wesentlichen Punkt unterlaufen sein.
Tatsächlich finden sich im Akt des Verwaltungsverfahrens sowohl Schreiben mit den Briefköpfen sowohl der einen wie auch der anderen Berufsgenossenschaft. Die jeweils angegebene Adresse und das angeführte ("Unser") Zeichen sind jedoch stets einheitlich. Dazu kommt, dass die Schreiben jeweils unmissverständlich die in Rede stehende Rente des Beschwerdeführers betreffen. Worin bei dieser Sachlage eine im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG wesentliche Aktenwidrigkeit liegen soll, zeigt die Beschwerde nicht auf.
Hinsichtlich des erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten undatierten Schreibens der Berufsgenossenschaft ist der Beschwerdeführer auf das Neuerungsverbot gemäß § 41 Abs. 1 VwGG zu verweisen.
Zum Vorwurf des Beschwerdeführers, wonach die Begründung des angefochtenen Bescheides mangelhaft sei und keine Klarheit über die tatsächlichen Annahmen und rechtlichen Erwägungen der belangten Behörde bringe, ist festzuhalten, dass die belangte Behörde den umfangreichen Schriftwechsel der Berufsgenossenschaft mit dem Beschwerdeführer und dem Arbeitsmarktservice sowie des Arbeitsmarkservice mit dem Beschwerdeführer wiedergegeben hat. Ohne dessen chronologischer Erfassung und Wiedergabe wäre es gar nicht möglich gewesen, auf die einzelnen Berufungspunkte des Beschwerdeführers einzugehen. Die belangte Behörde trifft - entgegen der Auffassung der Beschwerde - sehr wohl klare Sachverhaltsfeststellungen, geht sie doch in der allein wesentlichen Frage unmissverständlich davon aus (Seite 9), dass der Beschwerdeführer die Rentenzahlung von DM 19.735,73 im Dezember 2001 erhalten hat.
Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde eine "gänzliche" Unterlassung der Beweiswürdigung vor. Bei der Frage nach dem Erhalt der Zahlung von Seiten der Berufsgenossenschaft handle es sich um eine Tatfrage, zu der unterschiedliche Verfahrensergebnisse vorgelegen seien. Die belangte Behörde habe keinerlei Begründung angeboten, weshalb sie welcher Version gefolgt sei. Abgesehen davon wäre die belangte Behörde auf Grund der Vorlage seines Kontoauszuges verpflichtet gewesen festzustellen, dass er im Dezember 2001 keinerlei Zahlung erhalten habe.
Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung der belangten Behörde (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist - die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie u.a. den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, entsprechen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. April 2004, Zl. 2000/08/0129).
Die belangte Behörde gründete die Feststellung, der Beschwerdeführer habe im Dezember 2001 die in Rede stehende Rentenzahlung erhalten, auf Schriftstücke, die auf den Zeitpunkt der Anweisung und den Weg, den der angewiesene Betrag genommen hat, Bezug nahmen, aber auch mehrmals die Anweisung für Dezember 2001 ankündigen. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer konkrete Behauptungen, dass er die Zahlung in einem anderen Monat erhalten hätte, nicht aufgestellt hat. Die Beschwerde zeigt somit keine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde auf.
Auch kann auf sich beruhen, ob der vom Beschwerdeführer getroffenen Vereinbarung, die eine willkürliche Verschiebung der Auszahlung der Unfallrente bewirkt, seitens des Arbeitmarktservice überhaupt zu Recht Relevanz für die Anrechnung der Rente auf die Notstandshilfe zugebilligt wurde.
Gemäß § 24 Abs. 2 i.V.m. § 38 AlVG ist die Zuerkennung der Notstandshilfe zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung als gesetzlich nicht begründet herausstellt.
§ 36a Abs. 1 AlVG ordnet an, wie bei der Feststellung des Einkommens für die Anrechnung auf die Notstandshilfe vorzugehen ist. Der letzte Satz des § 36a Abs. 2 AlVG (in der Fassung BGBl. I Nr. 47/2001) ordnet an, dass Bezüge aus einer gesetzlichen Unfallversorgung sowie aus einer Unfallversorgung der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung der Kammern der selbständig Erwerbstätigen nur zur Hälfte zu berücksichtigen sind.
Der die Anrechnung des Einkommens des Arbeitslosen regelnde § 5 der Notstandshilfeverordnung sieht im Abs. 1 vor, dass das Einkommen des Arbeitslosen, das er innerhalb eines Monats erzielt, nach Abzug der Steuern und sozialen Abgaben sowie des zur Erwerbung dieser Einkommen notwendigen Aufwandes auf die Notstandshilfe, die im Folgemonat gebührt, unter Bedachtnahme auf die folgenden Bestimmungen anzurechnen ist. Nach dem Abs. 2 dieser Bestimmung ist ein Einkommen, das den in § 5 Abs. 2 lit. c ASVG angeführten Betrag nicht übersteigt, auf die Notstandshilfe nicht anzurechnen.
Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer von der Berufsgenossenschaft eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezieht. Die Höhe der im Dezember 2001 bezogenen Rente übersteigt bei weitem die in § 5 Abs. 2 Notstandshilfeverordnung angeführte Höhe. Die Berechnung der Notstandshilfe für Jänner 2002 und des Anrechnungsbetrages wird nicht in Streit gezogen. Da demnach der Anrechnungsbetrag den Anspruch des Beschwerdeführers auf Notstandshilfe übersteigt, hat die belangte Behörde zu Recht den Widerruf der gewährten Leistung verfügt.
Nach § 25 Abs. 1 i.V.m. § 38 AlVG ist der Empfänger der Notstandshilfe bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
§ 50 Abs. 1 AlVG normiert, dass jede für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen ist.
Aus der Gegenüberstellung der einzelnen Tatbestände des § 25 Abs. 1 AlVG (unwahre Angaben, Verschweigung maßgebender Tatsachen und Erkennen-Müssen, dass die Leistung nicht oder nicht in voller Höhe gebühre) folgt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die ersten beiden Tatbestände zumindest mittelbaren Vorsatz - dolus eventualis - voraussetzen, während es für die Anwendung des dritten Tatbestandes genügt, dass Fahrlässigkeit gegeben war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 2002, Zl. 97/08/0611).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt die Verletzung der Meldepflicht des § 50 Abs. 1 AlVG, auf welche die belangte Behörde der Bescheidbegründung nach die Rückforderung gestützt hat, die Annahme einer Verschweigung maßgebender Tatsachen im Sinne des § 25 Abs. 1 AlVG und somit die Rückforderung des unberechtigt Empfangenen (vgl. auch dazu z. B. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 2002, Zl. 97/08/0611).
Ausgehend von den unbedenklichen Feststellungen über den Erhalt der Rente im Dezember 2001 und dem Beschwerdevorbringen, wonach der Beschwerdeführer der regionalen Geschäftsstelle die Schreiben der Berufsgenossenschaft im April 2002 vorlegte, steht fest, dass der Beschwerdeführer die Auszahlung seiner Rente nicht nach spätestens einer Woche gemeldet hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es dabei auf die in der Sphäre des Meldepflichtigen liegenden Gründe, aus denen die Meldung unterblieben ist, nicht an (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2004, Zl. 2002/08/0137). Die Rückforderung der bezogenen Notstandshilfe erweist sich somit gemäß § 25 Abs. 1 AlVG als rechtmäßig.
Die Beschwerde erwies sich als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 20. Oktober 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002080214.X00Im RIS seit
10.12.2004