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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BEinstG §8 Abs2 idF 1999/I/017;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Pallitsch, Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des F, vertreten durch Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Rotenturmstraße 13, gegen den Bescheid der Berufungskommission beim Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 20. Jänner 2004, Zl. 44.140/53-7/02, betreffend Zustimmung zu einer künftig auszusprechenden Kündigung (mitbeteiligte Partei: W GmbH, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kohlmarkt 11/5), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 12. September 2001 hat das Bundessozialamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland festgestellt, dass der Beschwerdeführer dem Kreis der begünstigten Behinderten gemäß § 2 Abs. 1 des Behinderteneinstellungsgesetzes (im Folgenden kurz: BEinstG) angehöre. Der Grad der Behinderung betrage 50 v.H.
Mit Schriftsatz vom 27. September 2001 beantragte die mitbeteiligte Partei beim Behindertenausschuss des genannten Bundessozialamtes die nachträgliche Zustimmung zur am 27. Juni 2001 per 31. Dezember 2001 bereits ausgesprochenen Kündigung des Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers mit der Mitbeteiligten, in eventu die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung dieses Dienstverhältnisses. Als Begründung führte sie sowohl personenbezogene als auch betriebsbedingte Gründe an. Der am 1. Oktober 1946 geborene Beschwerdeführer sei seit 31. Oktober 1999 bei der Mitbeteiligten, die Herausgeberin von Fachzeitschriften sei, als Leiter für Marketing und Vertrieb tätig. Seit dem letztgenannten Zeitpunkt hätten fünf von sieben Mitarbeitern des Beschwerdeführers das Unternehmen der Mitbeteiligten wegen der Unverträglichkeit des Beschwerdeführers verlassen. Differenzen mit dem Beschwerdeführer hätten oft in regelrechten Wutausbrüchen des Beschwerdeführers ausgeartet, im Zuge derer er ausfällig und "untergriffig" geworden sei. Die Aggressionen des Beschwerdeführers hätten sich etwa dadurch geäußert, dass dieser Urlaubsansuchen seiner Mitarbeiter völlig willkürlich mit hämischen Bemerkungen abgelehnt und ohne Grundlage schriftliche Verwarnungen erteilt habe. Abgesehen von der Unverträglichkeit des Beschwerdeführers wurde der genannte Antrag mit der fachlichen Inkompetenz und der mangelnden Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers begründet. Als betriebsbedingte Gründe für seine Kündigung nannte die Mitbeteiligte die notwendige Auflösung sämtlicher zentraler Abteilungen des Unternehmens, darunter auch jener des Beschwerdeführers, weil durch Umsatzrückgänge und die Explosion der Personalkosten (diese machten 50 % des Umsatzes des Unternehmens aus) Reorganisations- und Rationalisierungsmaßnahmen im gesamten Verlag notwendig geworden seien. Durch den Wegfall des Arbeitsplatzes des Beschwerdeführers (die Marketing- und Vertriebsaufgaben würden nun nicht mehr von einer Abteilung, sondern in den jeweiligen Verlagsbereichen von den dort tätigen Mitarbeitern wahrgenommen) käme es im Fall der Kündigung des Beschwerdeführers zu einer wesentlichen Verringerung der Kosten der Mitbeteiligten (nach den Angaben in der Verhandlung vom 16. November 2001 beziehe der - seit 2. Juli 2001 dienstfrei gestellte - Beschwerdeführer ein monatliches Bruttogehalt von rund S 65.000,--). Die Mitbeteiligte habe zur Abwendung von Verlusten in Millionenhöhe auch andere einschneidende Maßnahmen zur Verringerung der Personalkosten treffen und daher im Juni 2001 rund 20 Mitarbeiter kündigen müssen. Im Hinblick auf das dargestellte Verhalten des Beschwerdeführers sei eine Fortsetzung seines Dienstverhältnisses für die Mitbeteiligte nicht zumutbar.
Als außergewöhnlichen Umstand, der die nachträgliche Zustimmung zur bereits ausgesprochenen Kündigung rechtfertige, führte die Mitbeteiligte an, sie habe bei Ausspruch der gegenständlichen Kündigung noch nicht Kenntnis haben können, dass der Beschwerdeführer zum Kreis der begünstigten Behinderten zähle. Als dieser nämlich "Anfang Juni" (gemeint: 2001) von der beabsichtigten Auflösung seines Arbeitsverhältnisses erfahren habe, habe er die ihm angebotenen Auflösungsvorschläge abgelehnt und die diesbezüglichen Gespräche offensichtlich dazu genützt, einen Antrag auf Feststellung seiner Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten zu stellen (dieser Antrag langte nach der Aktenlage am 12. Juni 2001 beim Bundessozialamt ein).
Mit Bescheid vom 9. Oktober 2002 sprach der Behindertenausschuss beim Bundessozialamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland aus, dass die gemäß § 8 Abs. 2 BEinstG erforderliche nachträgliche Zustimmung zu der am 27. Juni 2001 per 31. Dezember 2001 ausgesprochenen Kündigung des Beschwerdeführers nicht erteilt werde. Gleichzeitig erteilte die Behörde erster Instanz nach Anhörung des Betriebsrates jedoch die Zustimmung zu einer noch auszusprechenden Kündigung.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und wendete sich darin gegen die Zustimmung des Bundessozialamtes zu einer künftig anzusprechenden Kündigung seiner Person.
Im Berufungsverfahren holte die belangte Behörde ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten über die gesundheitlichen Einschränkungen des Beschwerdeführers und seine Arbeitsfähigkeit im Betrieb der Mitbeteiligten ein sowie das Gutachten eines Sachverständigen für Berufskunde und Arbeitspsychologie zur Beurteilung des letztgenannten Themas und der Frage, "welchen Arbeitsplatz (Betriebsklima?!)" der Beschwerdeführer noch sinnvoll ausfüllen könne. Die belangte Behörde führte vier Verhandlungstagsatzungen durch, in denen sie auch die genannten Gutachten erörterte.
Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid "vollinhaltlich". Begründend führte sie aus, der Beschwerdeführer sei, nachdem er im Jahr 1997 freiberuflich eine Beratungstätigkeit für die Mitbeteiligte übernommen habe, seit 1. Oktober 1999 als Vertriebsleiter mit Marketingagenden bei der Mitbeteiligten beschäftigt. Nach den Feststellungen im erstinstanzlichen Bescheid betrage sein monatliches Bruttoeinkommen EUR 4.720,--, die Ehefrau des Beschwerdeführers sei nicht berufstätig. Außergewöhnliche finanzielle Belastungen des Beschwerdeführers seien nicht gegeben, er habe jedoch gegenüber seiner Mutter eine monatliche Unterstützungsverpflichtung von EUR 320,--. Der Betriebsgegenstand der Mitbeteiligten sei die Herausgabe, der Verlag, der Druck und der Verschleiß von Zeitungen und Zeitschriften sowie sonstiger periodischer Druckschriften, die Verlagstätigkeit überhaupt und der Betrieb von Verlagsgeschäften aller Art, der Buch-, Kunst- und Musikalienhandel und alle in das Verlagsfach fallenden einschlägigen Geschäfte, insbesondere die Lohnproduktion für fremde Rechnung. Die Mitbeteiligte beschäftige rund 120 Mitarbeiter. Seit dem Jahr 1999 seien aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen Organisationsänderungen durchgeführt worden. Mit September 2000 habe ein Wechsel des Hauptgesellschafters stattgefunden. Reduktionen der bezahlten Abonnements im Jahre 2001 und ein zusätzlicher Rückgang der Inserate in den Druckwerken als Hauptgeschäft hätten eine negative Ergebnisentwicklung bewirkt. Für den Fall der Beibehaltung der Strukturen seien erhebliche Verluste prognostiziert worden. Im Zuge von Strukturänderungen seien Zentralstellen teilweise reduziert worden, verschiedene Aufgabenbereiche würden in der nunmehrigen Organisationsform innerhalb von sechs branchenspezifischen operativen Einheiten, sogenannten Plattformen, durchgeführt. Außerdem seien Auslagerungen von Teilbereichen wie Vertrieb und Logistik erfolgt. Auch Personalreduktionen und Gehaltskürzungen seien vereinbart worden. Der Beschwerdeführer sei ursprünglich zum Zweck der Optimierung des Teilbereiches Vertriebsmarketing eingestellt worden. Vertriebsmarketing würde aber nunmehr vorrangig von den einzelnen Plattformen und den dort eingesetzten Mitarbeitern durchgeführt. Diese Strukturänderungen seien aus rein wirtschaftlichen Gründen und nicht mit dem Ziel, den Beschwerdeführer trotz grundsätzlichen Bedarfs aus dem Unternehmen zu entfernen, erfolgt. Durch die Umstrukturierungsmaßnahmen sei das ursprünglich für den Beschwerdeführer vorgesehene Aufgabengebiet weggefallen. Die Differenzen in der Zusammenarbeit und im persönlichen Umgang zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Mitarbeitern seien zweifelsfrei erkennbar gewesen. Der Beschwerdeführer sei seit 2. Juli 2001 dienstfrei gestellt.
Neben diesen im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Feststellungen der Erstbehörde hielt die belangte Behörde als entscheidungsrelevanten Sachverhalt ergänzend fest, dass der Beschwerdeführer nur im Teilbereich Vertriebsmarketing tätig gewesen sei, wohingegen der übrige Bereich des Marketing von einem anderen begünstigten Behinderten, Herrn F.H., geführt werde. Der Tätigkeitsbereich des Beschwerdeführers sei durch die Umorganisation des Unternehmens der Mitbeteiligten weggefallen, weil der Teilbereich Vertriebsmarketing nunmehr in den sechs branchenspezifischen operativen Einheiten ("Wirtschaft, Handel, Gastro, Industrie, Bau, Kfz") wahrgenommen werde.
Zum Verhalten des Beschwerdeführers am Arbeitsplatz stellte die belangte Behörde aufgrund der im erstinstanzlichen Verfahren durchgeführten Zeugenvernehmungen fest, dass der Beschwerdeführer seine Mitarbeiter menschenverachtend und ohne entsprechenden Umgangston geführt und diese nicht wie vollwertige Menschen, sondern wie kleine Kinder behandelt habe. Im Zuge eines Telefonates habe der Beschwerdeführer zu einer Mitarbeiterin gesagt, sie rede "wie ein Naschmarktweib" und habe dann das Gespräch grußlos beendet. Der Beschwerdeführer habe auf seine Mitarbeiter demotivierend eingewirkt. Vier bis fünf Mitarbeiter seien aus dem Unternehmen der Mitbeteiligten ausgeschieden, weil sie mit dem Beschwerdeführer nicht mehr hätten zusammenarbeiten können bzw. wollen.
Zum Grad der Behinderung führte die belangte Behörde aus, dem "Feststellungsakt" sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer unter anderem an einem organischen Psychosyndrom nach frontaler Contusio (im Rahmen eines Verkehrsunfalles im März 1995) und an einer Gesichtsneuralgie mit Kopfschmerzattacken sowie an degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule leide. Nach dem im Berufungsverfahren eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachten bestehe beim Beschwerdeführer eine reaktiv-depressive Verstimmung im Zusammenhang mit den Unfallfolgen, sowie eine deutlich verminderte emotionale Belastbarkeit, vor allem in beruflich bedingten Belastungs- und Stresssituationen. Nach dem berufskundlichen und arbeitspsychologischen Gutachten könne der Beschwerdeführer keinen der im Unternehmen vorhandenen Arbeitsplätze noch sinnvoll ausfüllen.
Rechtlich folgerte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Rechtslage und bezughabender Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass im gegenständlichen Fall sämtliche der in § 8 Abs. 4 lit. a bis lit. c BEinstG genannten Voraussetzungen, die der mitbeteiligten Partei eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit dem Beschwerdeführer unzumutbar machten, vorlägen. So ergebe sich aus dem festgestellten Sachverhalt, dass der Beschwerdeführer unfähig sei, die vereinbarte Arbeit zu leisten und dass in absehbarer Zeit eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht zu erwarten sei. Der Tätigkeitsbereich des Beschwerdeführers im Unternehmen der Mitbeteiligten sei weggefallen, ein geeigneter Ersatzarbeitsplatz sei dort nicht vorhanden. Einer Weiterbeschäftigung des Beschwerdeführers stünden "auch Gründe der Arbeitsdisziplin" entgegen. Daher habe die Erstbehörde die Zustimmung zur erst auszusprechenden Kündigung des Beschwerdeführers zu Recht erteilt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde und Erstattung einer Gegenschrift sowohl durch die belangte Behörde als auch durch die mitbeteiligte Partei erwogen hat:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Rechtsvorschriften des BEinstG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 150/2002 lauten (auszugsweise):
"Kündigung
§ 8. (1) Das Dienstverhältnis eines begünstigten Behinderten darf vom Dienstgeber, sofern keine längere Kündigungsfrist einzuhalten ist, nur unter Einhaltung einer Frist von vier Wochen gekündigt werden. Ein auf Probe vereinbartes Dienstverhältnis kann während des ersten Monates von beiden Teilen jederzeit gelöst werden.
(2) Die Kündigung eines begünstigten Behinderten (§ 2) darf von einem Dienstgeber erst dann ausgesprochen werden, wenn der Behindertenausschuss (§ 12) nach Anhörung des Betriebsrates oder der Personalvertretung im Sinne des Bundes-Personalvertretungsgesetzes bzw. der entsprechenden landesgesetzlichen Vorschriften sowie nach Anhörung des zur Durchführung des Landes-Behindertengesetzes jeweils zuständigen Amtes der Landesregierung zugestimmt hat; dem Dienstnehmer kommt in diesem Verfahren Parteistellung zu. Eine Kündigung ohne vorherige Zustimmung des Behindertenausschusses ist rechtsunwirksam, wenn dieser nicht in besonderen Ausnahmefällen nachträglich die Zustimmung erteilt.
(3) Der Behindertenausschuss hat bei seiner Entscheidung über die Zustimmung zur Kündigung eines begünstigten Behinderten die besondere Schutzbedürftigkeit des Dienstnehmers zu berücksichtigen und unter Beachtung des § 6 zu prüfen, ob dem Dienstnehmer der Verlust seines Arbeitsplatzes zugemutet werden kann.
(4) Die Fortsetzung des Dienstverhältnisses wird dem Dienstgeber insbesondere dann nicht zugemutet werden können, wenn
a) der Tätigkeitsbereich des begünstigten Behinderten entfällt und der Dienstgeber nachweist, dass der begünstigte Behinderte trotz seiner Zustimmung an einem anderen geeigneten Arbeitsplatz ohne erheblichen Schaden nicht weiterbeschäftigt werden kann;
b) der begünstigte Behinderte unfähig wird, die im Dienstvertrag vereinbarte Arbeit zu leisten, sofern in absehbarer Zeit eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit nicht zu erwarten ist und der Dienstgeber nachweist, dass der begünstigte Behinderte trotz seiner Zustimmung an einem anderen geeigneten Arbeitsplatz ohne erheblichen Schaden nicht weiterbeschäftigt werden kann;
c) der begünstigte Behinderte die ihm auf Grund des Dienstverhältnisses obliegenden Pflichten beharrlich verletzt und der Weiterbeschäftigung Gründe der Arbeitsdisziplin entgegenstehen.
(5) ...
Rechtsmittel
§ 19a. (1) ...
(2a) Über Berufungen gegen Bescheide des Behindertenausschusses (§ 8) entscheidet die Berufungskommission.
Besondere Verfahrensbestimmungen
§ 13g. (1) ...
(8) Entscheidungen der Berufungskommission unterliegen weder der Aufhebung noch der Abänderung im Verwaltungswege. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist zulässig."
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgegangen ist, liegt die Entscheidung darüber, ob die Zustimmung zur Kündigung eines Behinderten erteilt werden soll, im freien Ermessen der Behörde. Bei dieser Entscheidung ist es Aufgabe der Behörde, das berechtigte Interesse des Dienstgebers an der Beendigung des Dienstverhältnisses und die besondere soziale Schutzbedürftigkeit des Dienstnehmers im Einzelfall gegeneinander abzuwägen und unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände zu prüfen, ob dem Dienstgeber die Fortsetzung des Dienstverhältnisses oder dem Dienstnehmer der Verlust eines Arbeitsplatzes eher zugemutet werden kann. Durch die Novellierung mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 17/1999 sollte sich nach der Absicht des Gesetzgebers daran nichts ändern (vgl. den AB 1543 BlgNR 20. GP). Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Ermessensentscheidung entsprechend Art. 130 Abs. 2 B-VG ausschließlich daraufhin zu prüfen, ob die belangte Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat oder ob dies - in Form einer Ermessensüberschreitung oder eines Ermessensmissbrauches - nicht der Fall gewesen ist (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2004, Zl. 2002/11/0056, mwN). Nicht im Sinne des Gesetzes läge die Erteilung zur Zustimmung zu einer Kündigung eines begünstigten Behinderten, wenn diese nur den Zweck gehabt hätte, diesen trotz grundsätzlicher Eignung zur Dienstleistung wegen seiner Invalidität zu benachteiligen bzw. aus dem Betrieb zu entfernen. Der Zweck des Behinderteneinstellungsgesetzes ist einerseits darin gelegen, die Nachteile der Behinderten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugleichen; andererseits bezweckt dieses Gesetz aber nicht, die zu schützenden Behinderten praktisch unkündbar zu machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1991, Zl. 90/09/0139).
Die belangte Behörde hat ihre Ermessensentscheidung im angefochtenen Bescheid nach Darlegung der berücksichtigten Gesichtspunkte im Wesentlichen damit begründet, dass die Fortsetzung des Dienstverhältnisses für die Mitbeteiligte unzumutbar sei. Dazu wird im angefochtenen Bescheid die Auffassung vertreten, im Beschwerdefall seien sämtliche Tatbestände des § 8 Abs. 4 lit. a bis c BEinstG erfüllt. Diesbezüglich ist vorweg festzuhalten, dass die Bestimmung des § 8 Abs. 4 BEinstG, die durch die Novelle BGBl. I Nr. 17/1999 eingefügt wurde, demonstrativ jene Gründe aufzählt, die nach den Erläuterungen zur letztgenannten Novelle (RV 1518 BlgNR 20. GP) die Zustimmung zu einer auszusprechenden Kündigung in der Regel rechtfertigen werden. Dies dient nach den genannten Gesetzesmaterialien der Erhöhung der Rechtssicherheit und soll (im Sinne der bereits angesprochenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes) verdeutlichen, dass behinderte Menschen zwar einen erhöhten Kündigungsschutz genießen, jedoch nicht als praktisch unkündbar anzusehen sind.
Im Beschwerdefall hält die belangte Behörde die Bestimmung des § 8 Abs. 4 lit. a BEinstG für verwirklicht, weil durch Strukturänderungen im Unternehmen der Mitbeteiligten der Tätigkeitsbereich des Beschwerdeführers (Vertriebsmarketing) weggefallen sei (die entsprechenden Aufgaben seien auf die jeweiligen branchenspezifischen Unternehmenseinheiten aufgeteilt worden) und weil für den Beschwerdeführer kein geeigneter Arbeitsplatz in diesem Unternehmen mehr vorhanden sei. Der Beschwerdeführer wendet sich nicht konkret gegen die Feststellung über den Wegfall seines Tätigkeitsbereiches (und über seine Dienstfreistellung im Unternehmen der Mitbeteiligten seit Juli 2001). In der Beschwerde bestreitet er aber, dass es im genannten Unternehmen für ihn keinen geeigneten Ersatzarbeitsplatz gebe und bekämpft in diesem Zusammenhang die von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten. Er habe im Verwaltungsverfahren erklärt, an jedem anderen verfügbaren Arbeitsplatz im Unternehmen der Mitbeteiligten tätig sein zu wollen und habe auch seine Bereitschaft zu einer Teilzeitbeschäftigung und einer Gehaltsreduzierung (letztere nach seinen Aussagen - Akt Seite 152 - freilich nur unter gleichzeitiger Arbeitsreduktion und somit gleichbleibendem Stundenlohn) bekundet. Als konkret für ihn in Betracht kommenden Arbeitsplatz führt der Beschwerdeführer eine Schnittstelle des Unternehmens mit einem namentlich genannten externen Betrieb an. Weder der berufskundliche Sachverständige noch die belangte Behörde hätten sich mit diesem Vorbringen des Beschwerdeführers bei der Beurteilung eines für ihn in Betracht kommenden Arbeitsplatzes auseinandergesetzt, weshalb der angefochtene Bescheid mit einem Verfahrensmangel behaftet sei.
Es trifft zu, dass der Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren (Akt Seite 152) einen konkreten Arbeitsplatz (Schnittstelle zur Firma R.) als einen aus einer Sicht für ihn geeigneten Tätigkeitsbereich genannt hat. Die belangte Behörde ist auf dieses Vorbringen im angefochtenen Bescheid (bei Beurteilung der Voraussetzungen der von ihr herangezogenen Bestimmung des § 8 Abs. 4 lit. a BEinstG) nicht näher eingegangen. Dennoch führt dies aus nachstehenden Gründen nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides:
Wie bereits ausgeführt wurde, handelt es sich bei den in § 8 Abs. 4 lit. a bis c BEinstG genannten Tatbeständen nur um eine demonstrative Aufzählung jener Fälle, in denen dem Dienstgeber die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dies ist mit der Folge behaftet, dass bei Vorliegen eines dieser Fälle die Zustimmung zu einer (erst auszusprechenden) Kündigung zu erteilen sein wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. August 2003, Zl. 2002/11/0207).
Der Verwaltungsgerichtshof hat aber - unbeschadet der besonderen Fälle des § 8 Abs. 4 lit. a bis c BEinstG - bereits mehrfach (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis Zl. 2002/11/0056, und die dort angeführte Judikatur) ausgesprochen, dass eine auf Antrag des Dienstgebers erteilte Zustimmung zu einer beabsichtigten Kündigung eines begünstigten Behinderten dem Sinn des BEinstG dann widerspräche, wenn eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des begünstigten Behinderten auf einem anderen, von ihm akzeptierten Arbeitsplatz des Dienstgebers besteht und wenn die (bei vergleichender Würdigung der wirtschaftlichen und gesundheitlichen Situation des Behinderten, insbesondere auch seiner künftigen Berufsaussichten im Falle einer Auflösung des Dienstverhältnisses gebotene) Weiterbeschäftigung nicht zu unzumutbaren Belastungen für den Dienstgeber, sei es aus den im Verhalten oder in der Person des Behinderten gelegenen, sei es aus objektiven betrieblichen Gründen (so zum Beispiel wegen äußerster Einschränkung der Weiterverwendungsmöglichkeit des begünstigten Behinderten), führt. In dem dem letztzitierten Erkenntnis zugrunde liegenden Beschwerdefall hielt der Verwaltungsgerichtshof daher - ausgehend von einer bestehenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des begünstigten Behinderten - Feststellungen zur Frage der Zumutbarkeit dieser Weiterbeschäftigung für den Dienstgeber (fallbezogen unter dem Gesichtspunkt der Kostenbelastung des Dienstgebers etwa durch eine Umschulung des Dienstnehmers) für erforderlich.
Als weiteren Gesichtspunkt, der für die Frage der (Un)Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung eines begünstigten Behinderten für den Dienstgeber von Bedeutung sein kann, hat der Verwaltungsgerichtshof im bereits zitierten Erkenntnis Zl. 90/09/0139, dargelegt, es liege nicht im Sinn des BEinstG, begünstigten Personen dann einen besonderen Schutz zu verleihen, wenn sie sich gar nicht oder nur störend in die Organisation des Betriebes, dem sie angehören, eingliedern, vor allem aber, wenn sie den Betriebsfrieden stören. Der Grund für die Kündigung eines begünstigten Behinderten müsse dabei keineswegs in der Person des Gekündigten selbst liegen, insbesondere sei kein Verschulden auf Seiten des Gekündigten erforderlich.
Diesen letztgenannten Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung eines Dienstnehmers für den Dienstgeber hat auch die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt und die Auffassung vertreten, einer Weiterbeschäftigung des Beschwerdeführers stünden Gründe der Arbeitsdisziplin entgegen. Sie hat dazu, wie bereits erwähnt, festgestellt, der Beschwerdeführer habe als Abteilungsleiter seine Mitarbeiter menschenverachtend und ohne entsprechenden Umgangston behandelt und eine Mitarbeiterin in einem Fall mit einem "Naschmarktweib" verglichen. Wegen des demotivierenden Führungsstils des Beschwerdeführers hätten vier bis fünf Mitarbeiter das Unternehmen der Mitbeteiligten verlassen.
Mit dem dagegen in der Beschwerde vorgebrachten Einwand, es seien dem Beschwerdeführer von der Mitbeteiligten wegen dieses Verhaltens nie Konsequenzen angedroht worden, sondern es sei ihm vielmehr eine dreijährige Beratertätigkeit für die Mitbeteiligte angeboten worden (dies allerdings - wie der Beschwerdeführer selbst ausführt - "im Zuge von Verhandlungen über die Auflösung" seines Dienstverhältnisses), gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, die Tatsachenannahmen der belangten Behörde zu entkräften. Auch der Einwand, die angesprochenen vier bis fünf Mitarbeiter hätten aus anderen Gründen das Unternehmen verlassen, vermag die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht in Zweifel zu ziehen, hat sie sich bei ihren Feststellungen doch nachvollziehbar auf die zeugenschaftlichen Aussagen mehrerer Mitarbeiter des Beschwerdeführers gestützt (vgl. dazu vor allem die Aussagen der Betriebsratsvorsitzenden der mitbeteiligten Partei - Akt Seite 49 - und die - auf Akt Seite 92 wiedergegebenen - Angaben des ehemaligen Geschäftsführers der Mitbeteiligten über das Verhalten des Beschwerdeführers, darunter Aussagen über "tränenüberströmte" Mitarbeiter des Beschwerdeführers; in diesem Sinne auch die Aussagen weiterer Zeugen Akt Seite 94 ff).
Nach dem Gesagten kommt es somit auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, im Unternehmen der Mitbeteiligen sei ein Ersatzarbeitsplatz für den Beschwerdeführer vorhanden und er sei auch bereit, diesen zu übernehmen, nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass die belangte Behörde (auch bei Vorhandensein eines geeigneten Ersatzarbeitsplatzes im Unternehmen der mitbeteiligten Partei) aufgrund der genannten Feststellungen über das Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber seinen Mitarbeitern davon ausgehen durfte, eine Weiterbeschäftigung seiner Person sei für die Mitbeteiligte unzumutbar. Ob dadurch überdies einer der Tatbestände des § 8 Abs. 4 BEinstG verwirklicht wurde (die belangte Behörde scheint das Verhalten des Beschwerdeführers unter § 8 Abs. 4 lit. c BEinstG zu subsumieren, eine nähere Auseinandersetzung mit den Tatbestandsvoraussetzungen dieser Bestimmung erfolgte allerdings nicht) und ob der Beschwerdeführer - wie die Beschwerde bestreitet - unfähig im Sinn des § 8 Abs. 4 lit. b leg. cit. geworden ist, die im Dienstvertrag vereinbarte Arbeit zu leisten, kann nach dem Gesagten wegen der bloß beispielhaften Aufzählung der Fälle des § 8 Abs. 4 lit. a bis c BEinstG dahin gestellt bleiben, weil es sich bei dem festgestellten Verhalten des Beschwerdeführers um ein solches handelt, das einer im § 8 Abs. 4 lit. c BEinstG genannten Pflichtverletzung vergleichbar ist.
Vor diesem Hintergrund erübrigt es sich, auf das ausführliche Beschwerdevorbringen einzugehen, das sich mit der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde eingeholten (die persönliche Eignung des Beschwerdeführers für einen Ersatzarbeitsplatz und die Existenz eines solchen im Unternehmen der Mitbeteiligten behandelnden) Sachverständigengutachten sowie mit dem Parteiengehör zu diesen Gutachten befasst.
Im Ergebnis ist der belangten Behörde daher nicht entgegenzutreten, wenn sie im Beschwerdefall die Fortsetzung des Dienstverhältnisses für die Mitbeteiligte als unzumutbar angesehen und unter den gegebenen Verhältnissen der Schutzbedürftigkeit des Beschwerdeführers ein geringeres Gewicht beigemessen hat. Ein Fehler bei der Ausübung des Ermessens ist somit nicht erkennbar.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verwaltungsgerichtshof-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 21. Oktober 2004
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Ermessen Ermessen VwRallg8 Ermessen besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004110042.X00Im RIS seit
24.11.2004