TE Vfgh Beschluss 2001/3/2 WI-14/99

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Veröffentlicht am 02.03.2001
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Index

60 Arbeitsrecht
60/03 Kollektives Arbeitsrecht

Norm

B-VG Art141 Abs1 lita
AKG 1992 §42
VfGG §67 Abs2
VfGG §68 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung der Anfechtung der Vorarlberger Arbeiterkammerwahl durch einzelne Wahlwerber als verspätet; keine Anfechtungslegitimation von Wahlwerbern infolge Aberkennung der Wählbarkeit im Wege einer administrativen Wahlanfechtung

Spruch

Die Wahlanfechtung wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1.1. Der Wahl zur Vollversammlung der Arbeiterkammer für Vorarlberg vom 6. bis 23. April 1999 lagen die von den folgenden wahlwerbenden Gruppen eingebrachten, gemäß §37 Arbeiterkammergesetz 1992, BGBl. 1991/626, idF BGBl. I 1998/166, (AKG) bzw. §32 Arbeiterkammer-Wahlordnung, BGBl. II 1998/340, idF BGBl. II 1998/389, (AKWO) abgeschlossenen und veröffentlichten Wahlvorschläge zu Grunde:

-

Vorarlberger Arbeiter- und Angestelltenbund (ÖAAB)- AK-Präsident Josef Fink,

-

FSG - Walter Gelbmann - mit euch ins nächste Jahrtausend/Liste 2,

-

Freiheitliche und parteifreie Arbeitnehmer Vorarlberg -

FPÖ,

-

Gemeinsam Zajedno/Birlikte Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/UG,

-

Gewerkschaftlicher Linksblock,

-

NBZ - Neue Bewegung für die Zukunft.

1.1.2. Laut Kundmachung der Hauptwahlkommission für Vorarlberg vom 5. Mai 1999 entfiel (bei insgesamt 102.384 Wahlberechtigten) von den insgesamt 45.444 abgegebenen gültigen Stimmen (weitere 1.033 Stimmen wurden als ungültig bewertet) bzw. von den 70 zu vergebenden Mandaten auf diese wahlwerbenden Gruppen jeweils die nachstehend genannte Anzahl von Stimmen bzw. Mandaten:

      Vorarl-    FSG -     Frei-   Gemeinsam   Gewerk-    NBZ - Neue

      berger     Walter    heit-   Zajedno/    schaft-    Bewegung

      Arbeiter-  Gelbmann  liche   Birlikte    licher     für die

      und Ange-  - mit     und     Alternative Links-     Zukunft

      stellten-  euch ins  partei- und Grüne   block

      bund       nächste   freie   Gewerk-     (GLB)

      (ÖAAB) -   Jahr-     Arbeit- schafter-

      AK-Präsi-  tausend/  nehmer  Innen/UG

      dent Josef Liste 2   Vorarl- (Gemeinsam)

      Fink                 berg -

                           FPÖ

Stim-   27.272     7.323    5.788     1.535       268       3.258

men

Man-      43        11        9         2          0          5

date

1.2.1. Mit Schreiben vom 5. Mai 1999 fochten die wahlwerbende Gruppe "Gemeinsam" (1.-Anfechtungswerberin) und fünf türkische Staatsangehörige (2.- bis 6.-Anfechtungswerber) gemäß §42 Abs1 AKG die Gültigkeit der Wahl wegen behaupteter Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens bei der (damaligen) Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales mit näherer Begründung an.

1.2.2. Mit Bescheid vom 19. November 1999 wies die (damalige) Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales diese Anfechtung, soweit sie von der wahlwerbenden Gruppe "Gemeinsam" erhoben wurde, ab. Die Anfechtung der 2.- bis 6.-Anfechtungswerber wurde unter Hinweis auf den Wortlaut des §42 Abs1 AKG und des §57 AKWO, wonach die Wahl (nur) von wahlwerbenden Gruppen, die einen Wahlvorschlag eingebracht haben, angefochten werden könne, mangels Anfechtungslegitimation zurückgewiesen.

1.3. Mit einer auf Art141 Abs1 lita B-VG gestützten und am 21. Dezember 1999 zur Post gegebenen Eingabe fochten die genannten Anfechtungswerber die Wahl der Vollversammlung der Arbeiterkammer für Vorarlberg beim Verfassungsgerichtshof an.

Zur Anfechtungslegitimation der 2.- bis 6.-Anfechtungswerber wird vor allem vorgebracht: §67 Abs2 letzter Satz VerfGG sehe vor, dass eine Wahlanfechtung auch von einem Wahlwerber eingebracht werden könne, der behaupte, dass ihm die Wählbarkeit im Wahlverfahren rechtswidrig aberkannt worden sei. Für die 2.- bis 6.-Anfechtungswerber hätte diese Bestimmung mangels ausdrücklicher gegenteiliger Regelung im administrativen Wahlanfechtungsverfahren gemäß §42 AKG analog angewendet werden müssen. Überdies sei im Recht der Europäischen Gemeinschaft für jeden Rechtsanspruch ein Rechtszug zu einem Gericht gewährleistet. Andernfalls würde Art234 EG ins Leere laufen. Es gelte also der Grundsatz "ubi ius, ibi remedium". Demnach stehe den 2.- bis 6.-Anfechtungswerbern, die aus dem Gemeinschaftsrecht einen Rechtsanspruch auf passives Wahlrecht bei der Wahl der Vollversammlung einer Arbeiterkammer ableiten könnten, auch der Rechtsweg offen, um diesen Rechtsanspruch im Instanzenweg und schließlich bei einem Gericht durchzusetzen.

2.1. Die Wahlanfechtung seitens der Liste "Gemeinsam" wird gesondert erledigt werden. Die Wahlanfechtung seitens der 2.- bis 6.-Anfechtungswerber ist aus den folgenden Gründen nicht zulässig:

2.1.1. Nach §68 Abs1 VerfGG muss die Wahlanfechtung binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens, wenn aber in dem betreffenden Wahlgesetz ein Instanzenzug vorgesehen ist, binnen vier Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides eingebracht werden.

Nun sieht §42 AKG - iS eines Instanzenzuges nach §68 Abs1 VerfGG - die Anfechtung der Wahl der Vollversammlung einer Arbeiterkammer beim zuständigen Bundesminister (nunmehr: für Wirtschaft und Arbeit) vor. Anfechtungslegitimiert sind dabei (jedoch nur) wahlwerbende Gruppen, die Wahlvorschläge eingebracht haben. Für Wahlwerber, die behaupten, dass ihnen die Wählbarkeit im Wahlverfahren rechtswidrig aberkannt worden sei, sieht §42 AKG dagegen keine Anfechtungsmöglichkeit beim Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit iS eines Instanzenzuges nach §68 Abs1 erster Satz VerfGG vor. Vielmehr ist dafür - entgegen der Auffassung der 2.- bis 6.-Anfechtungswerber - die sofortige Wahlanfechtung beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art141 Abs1 lita B-VG iVm §67 Abs2 letzter Satz VerfGG eingeräumt.

2.1.2. Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn des Laufes der vierwöchigen Anfechtungsfrist iSd ersten Teilsatzes des §68 Abs1 VerfGG ist daher die Beendigung des Wahlverfahrens. Bei der Wahl der Vollversammlung einer Arbeiterkammer ist dies die - der Hauptwahlkommission obliegende - Kundmachung des Wahlergebnisses im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" (§41 AKG). Diese Kundmachung erfolgte für die Wahl der Vollversammlung der Arbeiterkammer für Vorarlberg (vom 6. bis 23. April 1999) am 5. Mai 1999.

Die am 21. Dezember 1999 zur Post gegebene Wahlanfechtungsschrift wurde daher (von den 2.- bis 6.-Anfechtungswerbern) verspätet eingebracht.

2.2. Die Wahlanfechtung war daher wegen Versäumung der Anfechtungsfrist gemäß §19 Abs3 Z2 litb VerfGG - ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung - als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte

Arbeiterkammern, VfGH / Fristen, Wahlen, Wahlrecht passives, Wahlanfechtung administrative, berufliche Vertretungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:WI14.1999

Dokumentnummer

JFT_09989698_99W0I014_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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