Index
E1E;Norm
11992E073B EGV Art73b;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom 15. Juli 2002, Zl. RV/588-16/12/99, betreffend Einkommensteuer 1997 (mitbeteiligte Partei: S, W), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid bezog der Mitbeteiligte im Jahr 1997 Dividenden aus deutschen Aktien. Nach österreichischem Steuerrecht habe - so die Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - für diese Dividenden die Endbesteuerung nicht zum Zug kommen und vom Mitbeteiligten auch nicht der halbe Steuersatz geltend gemacht werden können. Nach Ansicht der belangten Behörde sei allerdings dem Gemeinschaftsrecht in diesem Bereich Vorrang vor dem innerstaatlichen Recht zu geben, das demzufolge verdrängt sei. Dem Berufungsbegehren betreffend Zuerkennung des begünstigten Steuersatzes nach § 37 EStG 1988 sei somit Folge zu geben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gemäß § 292 BAO (vor deren Novellierung durch das AbgRmRefG BGBl. I Nr. 97/2002) gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erhobene Beschwerde, in der der beschwerdeführende Präsident u.a. darauf hinweist, dass es sich beim vorliegenden Beschwerdefall um den Anlassfall für das Urteil des EuGH vom 30. Mai 2002, Rs C-516/99, Walter Schmid, gehandelt habe, in dem es seitens des EuGH zu keiner inhaltlichen Beantwortung der von der belangten Behörde gestellten Vorabentscheidungsfrage gekommen sei, weil der EuGH die Ansicht vertreten habe, ein Berufungssenat sei kein Gericht im Sinne des Art. 234 EG.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 27. August 2002, 99/14/0164, in einem der Rechtssache Schmid gleich gelagerten Beschwerdeverfahren ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG gestellt. In dem auf Grund dieses Vorabentscheidungsersuchens ergangenen Urteil des EuGH vom 15. Juli 2004, Rs C-315/02, Anneliese Lenz, hat der EuGH u. a. zu Recht erkannt, dass die Art. 73b und 73d Abs. 1 und 3 EG-Vertrag (jetzt Art. 56 EG und Art. 58 Abs. 1 und 3 EG) einer Regelung entgegenstehen, die nur den Beziehern österreichischer Kapitalerträge erlaubt, zwischen einer Endbesteuerung mit einem Steuersatz von 25 % und der normalen Einkommensteuer unter Anwendung eines Hälftesteuersatzes zu wählen, während sie vorsieht, dass Kapitalerträge aus einem anderen Mitgliedstaat zwingend der normalen Einkommensteuer ohne Ermäßigung des Steuersatzes unterliegen.
Aus dieser Vorabentscheidung ergibt sich, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall zu Recht dem Gemeinschaftsrecht den Vorrang vor den innerstaatlichen Rechtsvorschriften eingeräumt und für die ausländischen Dividenden den begünstigten Steuersatz zur Anwendung gebracht hat.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Wien, am 21. Oktober 2004
Gerichtsentscheidung
EuGH 62002J0315 Lenz VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002130187.X00Im RIS seit
26.01.2005Zuletzt aktualisiert am
31.10.2011