TE Vwgh Erkenntnis 2004/10/28 2001/09/0056

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Veröffentlicht am 28.10.2004
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §2 Abs2 idF 1997/I/078;
AuslBG §2 Abs4 idF 1997/I/078;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1997/I/078;
AuslBG §3 Abs1 idF 1997/I/078;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des M in B, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 1a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 15. Jänner 2001, Zl. UVS-11/10200/8-2001, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien:

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 12. März 1999 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe die ausländische Staatsbürgerin M in der Zeit vom 5. bis 27. November 1998 in seinem Betrieb Nachtlokal Y-Bar in G, als Animierdame beschäftigt, obwohl er nicht im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung gewesen sei; die Ausländerin sei auch nicht im Besitz einer Arbeitserlaubnis bzw. eines Befreiungsscheines gewesen. Wegen der Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 erster Strafrahmen i.V.m. § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG eine Geldstrafe in der Höhe von S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von vierzehn Tagen) verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung. Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 15. Jänner 2001 wurde die Berufung des Beschwerdeführers - nach Durchführung zweier öffentlicher mündlicher Verhandlungen am 18. Oktober 2000 und am 18. Dezember 2000 - gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 24 VStG als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass nach den beiden Einleitungsworten "Sie haben" die Worte "als Arbeitgeber" ergänzt würden und im Anschluss an die Tatumschreibung folgender Satz angefügt werde: "Es war für sie auch keine Anzeigebestätigung ausgestellt."

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass in der Y-Bar am 27. November 1998 um 23:15 Uhr eine Überprüfung durch Organe der Fremdenermittlungsgruppe des Bezirksgendarmeriekommandos St. Johann durchgeführt und die russische Staatsangehörige M im Lokal angetroffen worden sei. In einer niederschriftlichen Einvernahme vom 28. November 1998 habe sie angegeben, am 5. November 1998 über Deutschland nach Österreich eingereist zu sein und sich dann gleich nach G in den Nachtklub Y-Bar begeben zu haben. Sie hätte sich an den dortigen Kellner namens W gewandt und es wäre ihre Aufgabe gewesen, Striptease und Tabledance zu bieten. Sie hätte dafür S 500,-- pro Gast bekommen, weitere S 50,-- hätte sie pro Getränk erhalten, das von den Gästen konsumiert worden wäre. Für das ihr in der B-Bar zur Verfügung gestellte Zimmer hätte sie S 100,-- täglich bezahlen müssen. Der Beschwerdeführer wäre ihr bekannt gewesen als Chef der Y-Bar, alle geschäftlichen Dinge hätte sie aber mit dem Kellner W regeln müssen.

In der Berufungsverhandlung am 18. Oktober 2000 habe der Beschwerdeführer ein mit Maschinschrift verfasstes, kopiertes, undatiertes Schriftstück mit der Überschrift "Eidesstättige Erklärung" vorgelegt. M, die diese Erklärung vor Rechtsanwalt Dr. Sch. abgegeben haben solle, hätte darin erklärt, als Touristin nach Österreich am 21. November 1998 eingereist zu sein, um 14 Tage in Österreich zu verweilen, und damals bei W in G Unterkunft genommen zu haben. Am 27. November 1998 hätte sie sich mit ihrem Freund W zu dessen Arbeitsplatz in der Y-Bar begeben, sie hätte sich dort bloß als Gast aufgehalten. Anlässlich ihrer Einvernahme am Gendarmerieposten in G hätte sie nicht die Wahrheit gesagt bzw. ihr wäre die Aussage von den Gendarmen suggeriert worden und sie hätte damals große Angst gehabt. Sie wäre unter massiven Druck gesetzt worden und es wäre ihr die Abschiebung aus Österreich angedroht worden. Sie hätte deshalb auch das Protokoll unterschrieben.

Die belangte Behörde sei der Ansicht, dass der Beschwerdeführer die russische Staatsangehörige M im spruchgegenständlichen Zeitraum zumindest in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis beschäftigt habe. Sowohl die Meldungsleger und das Behördenorgan der Bezirkshauptmannschaft St. Johann hätten unter Wahrheitspflicht vor der belangten Behörde ausgesagt, dass ihnen M ihre Erlebnisse aus freien Stücken erzählt und insbesondere ihre Einnahmequelle, nämlich Provisionen für die Animation von Gästen und die Bezahlung für Tabledance-Auftritte nachvollziehbar geschildert hätte. Die Beamten hätten auf Grund ihres Diensteides im Falle einer wahrheitswidrigen Aussage gravierende dienstrechtliche Konsequenzen zu gewärtigen, sodass ihre Aussage als wahr angenommen, hingegen die Verantwortung des Beschwerdeführers insgesamt als Schutzbehauptung verworfen werde. Mit der im Berufungsverfahren erstmals vorgelegten eidesstättigen Erklärung habe der Beschwerdeführer nichts für seinen Standpunkt gewinnen können. Den Angaben von M vom 28. November 1998 als Verdächtige habe die belangte Behörde mehr Glauben geschenkt als ihren Angaben in der eidesstättigen Erklärung, weil die zuerst genannten Angaben unmittelbar nach Konfrontation mit dem Vorfall gemacht worden seien, während die undatierte eidesstättige Erklärung erst zu einem späteren - unbekannten - Zeitpunkt verfasst worden sei. Diese Erklärung sei zudem nach Absprache mit dem Beschwerdeführer bzw. mit dem Rechtsanwalt Dr. Sch verfasst worden. Es habe auch die von M beim Eintreffen der Gendarmerieorgane getragene Kleidung, ein enges, 50 cm langes Kleid, von der ein Foto angefertigt und der belangten Behörde zur Einsicht vorgelegt worden sei, nicht auf eine bloße Anwesenheit als Gast hingewiesen. Auch der Zeuge W habe die Tätigkeit von M als Animierdame in der B-Bar bestätigt. Die Tätigkeit der Ausländerin sei im Ergebnis als Beschäftigung in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis gemäß § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG zu qualifizieren gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit dem Begehren ihn wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im vorliegenden Fall anzuwendenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 i. d.F. BGBl. I Nr. 78/1997 - lauten:

"§ 2. ...

     (2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung

     a)        in einem Arbeitsverhältnis

     b)        in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern

die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, ...

(4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. ...

§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

1. wer

a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) ausgestellt wurde, ...

...

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafen von 10 000 S bis zu 60 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20 000 S bis zu 120 000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20 000 S bis zu 120 000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40 000 S bis zu 240 000 S."

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt die Ansicht vertreten, dass die Animiertätigkeit von Ausländerinnen in einem Nachtclub oder ähnlichen Lokalitäten unter Beteiligung am Umsatz (auch an den verkauften Getränken) als Verwendung unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie Arbeitnehmer zu qualifizieren ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. März 2002, Zl. 2000/09/0150, m.w.N.).

Der Beschwerdeführer, der nicht bestreitet, dass er im eigenen Namen als Beschäftiger der M in Frage käme, wendet sich gegen den angefochtenen Bescheid mit der Begründung, dass die belangte Behörde seinem in der mündlichen Berufungsverhandlung am 10. Oktober 2000 gestellten Antrag auf Einvernahme der Zeugin M nicht Folge gegeben und das Verfahren ohne Einvernahme dieser Zeugin geschlossen habe. Diese rechtswidrige Vorgangsweise der belangten Behörde stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, weil dadurch der Beschwerdeführer in seinen Verteidigungsrechten eingeschränkt und benachteiligt worden sei.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Ausländerin, um deren behauptete Beschäftigung es im vorliegenden Fall geht, hat vor der belangten Behörde zwar tatsächlich keine Zeugenaussage erstattet. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Behörde bei im Ausland wohnhaften Zeugen, wenn es zur Klärung des Sachverhaltes notwendig ist, zumindest versuchen, mit dem der Anschrift nach bekannten Zeugen in Verbindung zu treten. Dieses "in Verbindung treten" wird regelmäßig dadurch zu geschehen haben, dass die Behörde an die namhaft gemachte, im Ausland lebende Person ein Schreiben mit dem Ersuchen um schriftliche Stellungnahme richtet. Langt innerhalb angemessener Frist - aus welchen Gründen immer - eine Erklärung der betreffenden Person nicht bei der Behörde ein, so muss dieser Versuch als gescheitert angesehen werden. Ist dieser Versuch als gescheitert anzusehen, so hat die Behörde dem Beschuldigten im Rahmen des Parteiengehörs Gelegenheit zu geben, den Entlastungsbeweis in anderer Weise zu erbringen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. April 2004, Zl. 2001/09/0174, m.w.N.).

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die Ausländerin über eine ladungsfähige Adresse im Bundesgebiet nicht verfüge. Vom dargestellten, in der angeführten Rechtsprechung umschriebenen Fall von im Ausland wohnhaften Zeugen unterscheidet sich der vorliegende Beschwerdefall dadurch, dass von der Zeugin M bereits eine - auch vom Beschwerdeführer selbst ins Treffen geführte - schriftliche Äußerung vorlag, die von der belangten Behörde gewürdigt und ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt wurde. Bei dieser Sachlage kann der belangten Behörde im vorliegenden Fall nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn sie keinen weiteren Versuch unternahm, mit der Zeugin M in Kontakt zu treten, um eine neuerliche Aussage dieser Zeugin zu erwirken.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid auch auf schlüssige Weise dargelegt, aus welchen Gründen sie zum Ergebnis gelangte, dass die Ausländerin M vom Beschwerdeführer tatsächlich als Animierdame beschäftigt wurde; der Verwaltungsgerichtshof vermag auch die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig zu beurteilen, die der ersten, detaillierten und unmittelbar nach ihrer Betretung zu Protokoll gegebenen Aussage dieser Zeugin höhere Glaubwürdigkeit beimaß, als ihrer zu einem späteren Zeitpunkt vor einem Rechtsanwalt abgegebenen Erklärung zu Gunsten des Beschwerdeführers.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 28. Oktober 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001090056.X00

Im RIS seit

30.11.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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