Index
L9 Sozial- und GesundheitsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durchAbspruch über eine Verpflichtung einer Gebietskrankenkasse zurNachzahlung einbehaltener Honoraranteile an den Träger einerKrankenanstalt; keine Zurechenbarkeit der vom Klinikvorstanderhobenen und von der Krankenkasse an die Patienten refundiertenHonorare zur Rechtssphäre des Krankenanstaltenträgers; Teil derLeistungen auch vom Zahnambulanzvertrag nicht erfasstSpruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Am 3. Februar 1988 (Wirksamkeitsbeginn: 1. Jänner 1988) schloß die Stadt Wien als Rechtsträger der Wiener städtischen Krankenanstalten mit dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (im Einvernehmen mit der Wiener Gebietskrankenkasse) einen Vertrag über die "ambulatorischen Untersuchungen und Behandlungen von Versicherten der Kasse und deren anspruchsberechtigten Angehörigen (§123 ASVG) in den Wiener städtischen Krankenanstalten und Universitätskliniken" (§1 Abs1) (in Hinkunft: Ambulanzvertrag).
Nach diesem Vertrag sind die Ambulanzen der Wiener städtischen Krankenanstalten und Universitätskliniken verpflichtet, all jene Anspruchsberechtigten zu untersuchen bzw. zu behandeln, die sich - den Fall der Ersten ärztlichen Hilfe ausgenommen - als solche durch Vorlage eines Facharztkrankenkassenschecks oder einer von einem Vertragsarzt oder einer eigenen Einrichtung der Gebietskrankenkasse ausgestellten Überweisung oder Zuweisung deklariert haben.
Die erbrachten Ambulanzleistungen werden in der Weise honoriert, daß die Gebietskrankenkasse an die Stadt Wien einen einmaligen, von der Zahl der Inanspruchnahmen unabhängigen Pauschalbetrag pro Patient und Quartal leistet, wobei in der Höhe dieses Pauschalbetrages lediglich eine Unterscheidung zwischen Fällen mit und ohne Röntgenleistungen getroffen wird. Von dieser Pauschalierungsregelung sind die in der Anlage I zum Ambulanzvertrag genannten "Sonderleistungen" ausgenommen (näherhin §4).
§10 Ambulanzvertrag erlaubt es, dem Anspruchsberechtigten Privathonorare zu verrechnen, "wenn er vor Inanspruchnahme der ambulanten Untersuchung oder Behandlung schriftlich erklärt, nicht als Kassenpatient auf Grund dieses Vertrages behandelt werden zu wollen".
Vom Anwendungsbereich des Ambulanzvertrages ausgenommen sind besondere Vereinbarungen wie zB jene über "ambulante Zahnbehandlung und Zahnersatz" (§12 Abs2).
1.2. Am 13. Dezember 1988 (Wirksamkeitsbeginn: 1. Juli 1988) schlossen die Stadt Wien und der Hauptverband einen Vertrag über die ambulante konservierend-chirurgische Zahnbehandlung sowie über die ambulante Erbringung prothetischer Leistungen in den Wiener städtischen Krankenanstalten (in Hinkunft: Zahnambulanzvertrag).
Nach dem Zahnambulanzvertrag trifft die Stadt Wien die Pflicht, sämtliche notwendigen konservierend-chirurgischen Zahnbehandlungen sowie prothetischen Leistungen in den Ambulanzen der Wiener städtischen Krankenanstalten und Universitätskliniken, ausgenommen die psychiatrischen Krankenhäuser, für jene Versicherten (bzw. deren anspruchsberechtigten Angehörigen) zu erbringen, die sich jeweils durch Vorlage eines Krankenkassenschecks für Zahnbehandlung (Zahnbehandlungsschein) als bei einem der im Anhang aufgeführten Krankenversicherungsträger sozialversichert deklarieren. Anhang B nennt als in Betracht kommenden Krankenversicherungsträger ua. die beschwerdeführende Wiener Gebietskrankenkasse. Die vom Zahnambulanzvertrag erfaßten Behandlungen bzw. prothetischen Leistungen sind jeweils gegen Verrechnung mit den in Betracht kommenden Krankenversicherungsträgern zu erbringen.
Gemäß §3 Abs1 Zahnambulanzvertrag erfolgt die Honorierung der erbrachten Leistungen nach den in den Anlagen 1 bis 4 zum Zahnambulanzvertrag festgelegten Tarifen. §3 Abs4 bestimmt, daß die Versicherungsträger für Zahnersatz und Heilbehelfe nur ihren satzungsmäßig festgesetzten Kostenanteil bzw. Tarif vergüten, der von den Versicherten zu tragende Kostenanteil ist durch die Einrichtung vom Versicherten einzuheben; außer diesen Kostenanteilen dürfen von den Versicherten jedoch keine Zahlungen eingehoben werden (§3 Abs5).
2. §46 Abs1 des Bundes-Krankenanstaltengesetzes - KAG, BGBl. Nr. 1/1957 idF BGBl. Nr. 801/1993, - diese Bestimmung ist unmittelbar anwendbares Bundesrecht - hat folgenden Wortlaut:
"Den Vorständen von Universitätskliniken und den Leitern von Klinischen Abteilungen (§7a) ist es gestattet, mit Pfleglingen der Sonderklasse und mit Personen, die auf eigene Kosten ambulant behandelt werden, unbeschadet der Verpflichtung dieser Personen zur Entrichtung der Pflege- und Sondergebühren ein besonderes Honorar zu vereinbaren, wenn diese Personen auf ihren Wunsch durch den Klinikvorstand oder Leiter der Klinischen Abteilung persönlich behandelt werden."
3. An der - im AKH der Stadt Wien eingerichteten - Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universität Wien (in Hinkunft: Universitätsklinik) wurden - im Zeitraum 1992 bis 1995 - ua. fünf bei der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse versicherte Patienten (Ludwig P., Karl Jakob C.-K., Margarete H., Lisbeth H. und Irmtraut W.) vom Vorstand der Klinik, Univ.-Prof. DDr. Rolf E., persönlich ambulant behandelt. Die genannten Patienten legten zu Behandlungsbeginn jeweils einen Krankenkassenscheck vor, mit dem sie sich als Versicherte der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse deklarierten. Die Patienten Ludwig P. und Karl Jakob C.-K. unterfertigten zu Behandlungsbeginn ferner Erklärungen, in denen sie ihren Wunsch, auf eigene Kosten behandelt zu werden, zum Ausdruck brachten. Die Patientin Irmtraut W. unterfertigte nach Beendigung der Behandlung eine "Niederschrift gemäß §46 KAG" mit im wesentlichen gleichem Inhalt. Die Patienten Margarete H. und Lisbeth H. gaben hingegen keine solchen Erklärungen ab.
Nach erfolgter Behandlung stellte Univ.-Prof. DDr. Rolf E. den genannten Patienten die folgenden Beträge in Rechnung:
Ludwig P. S 80.520,--
Karl Jakob C.-K. S 12.420,--
Margarete H. S 6.000,--
Lisbeth H. S 18.000,--
S 7.200,--
Irmtraut W. S 12.000,--
S 4.800,--
Summe S 140.940,--
Der Patientin Lisbeth H. wurden darüber hinaus von zwei Unternehmen für Implantate bzw. prothetische Leistungen folgende Beträge verrechnet:
Firma S. D. S 17.142,30
D. D. Gesellschaft mbH S 72.288,--
Summe S 89.430,30
Die genannten Patienten bezahlten jeweils die ihnen verrechneten Honorare bzw. Entgelte; die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse refundierte ihnen sodann die von ihnen jeweils aufgewendeten Beträge.
4. Anläßlich der zur Zl. VÄA-VZ/75/306 erfolgten periodischen Abrechnung der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse mit der Stadt Wien (Wiener Krankenanstaltenverbund) behielt diese einen Betrag von
S 90.516,20 - als Differenz zwischen den von den Patienten Margarete H., Ludwig P. und Karl Jakob C.-K. an Univ.-Prof. DDr. Rolf
E. geleisteten Zahlungen von insgesamt S 98.940,-- und den von der Gebietskrankenkasse anerkannten Vertragsleistungen von S 7.712,10 (für Ludwig P.) und S 711,70 (für Karl Jakob C.-K.) - ein.
Im Zuge der zur Zl. VÄA-VZ/75/413 erfolgten Abrechnung der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse behielt diese überdies einen Betrag von S 131.430,30 ein, welchen die Patientinnen Lisbeth H. und Irmtraut W. an Univ.-Prof. DDr. Rolf E. bzw. an die beiden zuvor genannten Unternehmen geleistet hatten.
Zur Rechtfertigung dieser Honorarabzüge verwies die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse jeweils darauf, daß die Stadt Wien als Rechtsträger des AKH von den vorgenannten fünf Patienten vertragswidrige (Zu-)Zahlungen, die diesen durch die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse refundiert worden seien, eingehoben habe. Das Verhalten des Univ.-Prof. DDr. Rolf E., dem ärztlichen Leiter der Universitätsklinik und damit für die Durchführung des Zahnambulanzvertrages Verantwortlichen, sei nämlich der Stadt Wien zuzurechnen.
5. Die Stadt Wien (Wiener Krankenanstaltenverbund) beantragte im Hinblick darauf gemäß §50 Wiener Krankenanstaltengesetz 1987 - Wr. KAG 1987 bei der Schiedskommission beim Amt der Wiener Landesregierung (in Hinkunft: Schiedskommission),
"die Schiedskommission möge der Gebietskrankenkasse auftragen, den Betrag von öS 90.516,20 samt 6,5 % p. a. seit 10.10.1994 und von öS 131.430,30 samt 6,5 % p. a. seit 11.12.1995 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution an die Antragstellerin zu bezahlen".
6. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschied
die Schiedskommission mit Bescheid vom 7. April 1997, dem Antrag der Stadt Wien (Wiener Krankenanstaltenverbund) auf Verpflichtung der Gebietskrankenkasse zur Nachzahlung der in Abzug gebrachten Beträge stattzugeben.
Begründend wird dazu im wesentlichen folgendes ausgeführt (Hervorhebungen jeweils im Original):
"Der Sachverhalt 'ambulante Behandlung eines Patienten in einer Krankenanstalt' ist unter mehreren Gesichtspunkten zu beurteilen:
Durch die Übernahme der ambulanten Behandlung durch die Krankenanstalt entsteht zwischen Patient und der Krankenanstalt ein Behandlungsvertrag. Auf Grund dieses Behandlungsvertrages schuldet die Krankenanstalt dem Patienten optimale medizinische Versorgung.
Davon völlig getrennt zu sehen ist das Rechtsverhältnis, auf Grund dessen der behandelnde Arzt die Behandlung für die Krankenanstalt vornimmt.
Wieder ein völlig anderer Aspekt ist dagegen eine allfällige Honorarvereinbarung zwischen dem behandelnden Arzt und dem Patienten der Krankenanstalt.
Wie sich aus (...) §61 Abs2 UOG 1993 ergibt, haben Universitätskliniken neben Lehr- und Forschungsaufgaben auch Aufgaben im Rahmen einer öffentlichen Krankenanstalt zu erfüllen. Bereits auf Grund dieser gesetzlichen Bestimmung ergibt sich daher die Verpflichtung der Angehörigen der Universitätskliniken, die dem Patienten von der Krankenanstalt geschuldete Behandlung durchzuführen. Ein gesondertes Rechtsverhältnis zwischen der Krankenanstalt und dem in der Universitätsklinik beschäftigten Arzt ist dagegen nicht erforderlich.
Die Befugnis (und Verpflichtung), Aufgaben im Rahmen einer öffentlichen Krankenanstalt zu erfüllen, bewirkt jedoch nicht, daß jedes Verhalten der Universitätsangehörigen dem Rechtsträger der Krankenanstalt zuzurechnen und von diesem zu verantworten ist. Dem steht auch die (...) Bestimmung des §12a Wr. KAG nicht entgegen, sieht diese doch nur eine auf die Besonderheiten des klinischen Bereiches abgestimmte Verantwortungsregelung hinsichtlich der ärztlichen Aufgaben vor.
Vereinbart daher der Vorstand einer Universitätsklinik, der in dieser Eigenschaft - unbeschadet seiner Verpflichtung zur Aufgabenerfüllung im Rahmen einer öffentlichen Krankenanstalt - Bundesbediensteter ist, mit Patienten der Krankenanstalt ein - wenn auch unzulässiges - Honorar, so kann dies nicht als vertragswidrige Einhebung von Zuzahlungen durch den Rechtsträger der Krankenanstalt angesehen werden. Allfällige Rückforderungsansprüche des Patienten wären daher an den Vorstand der Universitätsklinik bzw. an dessen Dienstgeber Bund, keinesfalls jedoch an die Stadt Wien zu richten gewesen.
Auch die an die Firma (S. D.) und die (D. D.) Ges.m.b.H. geleisteten Zahlungen sind an von der Stadt Wien verschiedene Rechtspersonen ergangen. Eine gesetzliche oder vertragliche Bestimmung, wonach diese zur Entgegennahme von Zahlungen für die Stadt Wien ermächtigt waren, konnte nicht festgestellt werden und wurde von der Antragsgegnerin auch nicht behauptet. Auch diese Zahlungen können daher nicht als Einhebung von Zuzahlungen durch den Rechtsträger der Krankenanstalt angesehen werden.
Auch die bei der Sitzung der Schiedskommission am 19.3.1997 von der Vertreterin der Wiener Gebietskrankenkasse geführte Argumentation, mit der Übernahme der von den Patienten geleisteten Beträge und dem Abzug bei der Abrechnung mit der Stadt Wien habe man die Patienten schad- und klaglos halten wollen, um ihnen den Weg zu Gericht 'zu ersparen', ist keinesfalls geeignet, den vorgenommenen Abzug bei den o.g. Abrechnungen zu rechtfertigen. Selbst die - durchaus zweifelhafte - Annahme einer derartigen Verpflichtung aus dem zwischen Versichertem und Wiener Gebietskrankenkasse bestehenden Rechtsverhältnis bildet keine taugliche Grundlage dafür, den daraus erwachsenden Aufwand einfach auf einen Dritten abzuwälzen, indem diesem gegenüber die auf Grund eines Vertrages gebührenden Leistungen verkürzt werden."
7. Gegen diesen - letztinstanzlichen - Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art144 B-VG. Darin behauptet die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse, in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG, Art7 Abs1 B-VG) sowie auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 1. ZP-EMRK) verletzt zu sein. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid seinem gesamten Umfange nach kostenpflichtig aufzuheben.
Die Gebietskrankenkasse wirft der belangten Behörde insbesondere ein gehäuftes Verkennen der Rechtslage vor; eine Verletzung ihres Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums erblickt sie darin, daß sie - durch Refundierung der von den fünf Patienten aufgewendeten Beträge und Versagung des Abzugs dieser Beträge - für dieselben Leistungen wirtschaftlich zweimal aufgekommen sei:
"Auch von der Gemeinde Wien wird nicht bestritten, daß diese die Leistungen für die betroffenen fünf Patienten mittels Krankenkassenschecks der Beschwerdeführerin in Rechnung gestellt hat. Entgegen den vertraglichen Bestimmungen, wonach Zuzahlungen (Privatleistungen) ausdrücklich ausgeschlossen sind, wurden die betroffenen fünf Patienten jedoch dazu veranlaßt, für die Behandlung zusätzlich direkt an Prof. DDr. E zu bezahlen, obwohl dessen Leistungen, die er als Klinikvorstand im Rahmen des Zahnambulanzvertrages erbracht hatte, von der Beschwerdeführerin durch die Ambulanzabrechnung bereits abgegolten worden waren. Die Versicherten haben auf Grund des §153 ASVG gegenüber der Beschwerdeführerin einen Rechtsanspruch auf Erbringung von Sachleistungen, ohne daß Zuzahlungen, an wen auch immer, gefordert werden können. Die Beschwerdeführerin sah sich daher verpflichtet, den Betroffenen die ungerechtfertigter Weise von diesen verlangten Zuzahlungen zu ersetzen. Dadurch hat die Beschwerdeführerin für die selbe(n) Leistungen zweimal bezahlt und wurde so ungerechtfertigter Weise in ihrem Eigentum verletzt."
Die belangte Behörde sowie die Stadt Wien (Wiener Krankenanstaltenverbund) erstatteten jeweils eine Gegenschrift bzw. Äußerung, in der beantragt wird, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
8. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung forderte der Verfassungsgerichtshof die Parteien auf, ihm sämtliche Unterlagen vorzulegen, aus denen zu ersehen sei, inwieweit die in Rede stehenden fünf Patienten in Abrechnungen der Stadt Wien (Wiener Krankenanstaltenverbund) mit der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse einbezogen worden seien.
8.1. Dieser Aufforderung entsprachen die Parteien innerhalb der ihnen gesetzten Frist.
8.2.1. Die Stadt Wien (Wiener Krankenanstaltenverbund) erstattete überdies mit Schriftsatz vom 7. November 2000 eine Äußerung, in welcher die Verrechnungspraxis zwischen der Stadt Wien (Wiener Krankenanstaltenverbund) und der Gebietskrankenkasse wie folgt erläutert wird:
"Grundlagen der Kassenverrechnung:
Die Abrechnung von ambulanten konservierend-chirurgischen Zahnbehandlungen und ambulant erbrachten prothetischen Leistungen für Patienten, die ihren Sozialversicherungsanspruch bei der Wiener Gebietskrankenkasse in Anspruch nehmen möchten, erfolgt mittels Zahnschein auf der Basis des Zahnambulanzvertrages vom 13.12.1988 (Beilage 1), abgeschlossen zwischen der Stadt Wien als Rechtsträger der Wiener städtischen Krankenanstalten einerseits und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger andererseits. Werden für diesen Personenkreis gleichzeitig ambulante Leistungen erbracht, die nicht in diesem Vertrag enthalten sind (wie zum Beispiel das Setzen und Freilegen von Zahnimplantaten), erfolgt die Abrechnung mit Fallpauschale gemäß Ambulanzvertrag vom 3.2.1988 (Beilage 2), abgeschlossen zwischen der Stadt Wien als Rechtsträger der Wiener städtischen Krankenanstalten einerseits und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger im Einvern(e)hmen mit der Wiener Gebietskrankenkasse andererseits. Das heißt, dass auf Basis dieses weiteren Ambulanzvertrages z.B. im Jahre 1996 pro Patient und Quartal sowie Verrechnungseinheit (= Klinik/Klinische Abteilung/Institut) ein Betrag von ATS 369,60 inkl. 10 % MWSt zur Verrechnung gelang(te).
Verrechnungspraxis:
Wünscht ein sozialversicherter Patient(,) für eine ambulante Leistung vom Vorstand einer Klinik persönlich behandelt zu werden (Behandlung gemäß §46 Krankenanstaltengesetz idgF) und stimmt der jeweilige Klinikvorstand bzw. Abteilungsleiter dieser Vereinbarung zu (der Rechtsträger des Allgemeinen Krankenhauses hat auf diese Entscheidung keinen Einfluß), wird die Leistung des Allgemeinen Krankenhauses, die Behandlung bzw. Untersuchung nicht mit der zuständigen Sozialversicherung abgerechnet, sondern der Patient hat für diese Leistung die dafür gesetzlich verlautbarte Sondergebühr (Ambulatoriumsbeitrag) neben einem() an den Klinikvorstand zu leistenden Honorar an die Stadt Wien zu entrichten. Die Vereinbarung einer Behandlung gemäß §46 KAG erfolgt zwischen dem Patienten und dem Klinikvorstand entweder mündlich oder schriftlich.
In Einzelfällen erhält die Verwaltung des Allgemeinen Krankenhauses diese Information über eine Privatvereinbarung erst nach Rechnungslegung an die Wiener Gebietskrankenkasse, was in praktisch allen diesen Fällen seitens der Wiener Gebietskrankenkasse dadurch gelöst wird, dass die entsprechenden Patienten aus der Abrechnung nachträglich ausgeschieden werden. Das nachträgliche Ausscheiden von Beträgen je Patient ist rechtlich durchaus zulässig, allerdings nur innerhalb einer Verjährungsfrist von drei Jahren möglich. Die Ausscheiderpraxis funktionierte durch Jahre hindurch anstandslos, und hätte im Falle einer Doppelverrechnung (Verrechnung von ein() und derselben Leistung mit Krankenhaus und Patient) auch in den vorliegenden strittigen fünf Fällen angewendet werden können.
Um die Anzahl der §46()KAG(-)Patienten näher auszuführen, wäre zu erwähnen, dass beispielsweise im Allgemeinen Krankenhaus im Jahre 1998 insgesamt 547 Patienten (verrechnete Ambulanzgebühren ATS 597.505,22) und im Jahre 1999 insgesamt 482 Patienten (verrechnete Ambulanzgebühren ATS 369.340,05) auf eigenen Wunsch vom Klinikvorstand oder dem Leiter einer Klinischen Abteilung persönlich behandelt wurden.
Folgerungen:
Aus der Sicht des Allgemeinen Krankenhauses ergibt sich aus dem Ambulanzvertrag die Pflicht, Versicherte der Gebietskrankenkasse als Patienten anzunehmen und die von der Krankenanstalt erbrachte Leistung entsprechend zu verrechnen. Es besteht jedenfalls keine Verpflichtung für die Stadt Wien, Patienten, welche einen 'Statuswechsel' (von Kassen- auf Privatpatient bzw. von Privat- auf Kassenpatient) verlangen, abzuweisen. Wünscht ein Patient die Behandlung auf eigene Kosten, darf er aus diesem Grund von der Krankenanstalt nicht abgelehnt werden. Das Recht des Patienten auf Behandlung als Privatpatient auf Honorarbasis durch persönliche Behandlung des Klinikvorstandes bzw. des Leiters einer Klinischen Abteilung darf durch die Verrechnungspraxis der Gebietskrankenkasse nicht beseitigt werden.
Eine gesetzliche Regelung, die einen sogenannnten 'Statuswechsel' betrifft, ist nicht existent und wird von der Gebietskrankenkasse auch nicht schlüssig begründet. (...)
Der Ambulanzvertrag vom 13.12.1988 enthält keine wie immer geartete Möglichkeit, Kompensationen vorzunehmen. Auch für eine Zession des angeblich dem Patienten zustehenden Anspruches gegen den Krankenanstaltenträger an die Wiener Gebietskrankenkasse bleibt aus rein formalen Gründen kein Platz, da der Patient nicht Vertragspartner des Zahnambulanzvertrages ist und daher ein ihm nicht zustehendes Recht auch nicht an einen Dritten übertragen kann.
Zu betonen ist, dass die von der Wiener Gebietskrankenkasse getätigten Abzüge nicht bei der Verrechnung des Vertrages vom 3.2.1988, sondern beim Vollzug des Zahnambulanzvertrages vom 13.12.1988 durchgeführt wurden (folglich fand der Ambulanzvertrag vom 3.2.1988 in den bisherigen Ausführungen des Allgemeinen Krankenhauses keine Erwähnung). Anders gesagt, bedeutet dies, dass die Wiener Gebietskrankenkasse bei ihren Abzügen die Verrechnung zweier Ambulanzverträge ohne sachlichen Grund vermengt hat. Es darf weiters darauf hingewiesen werden, dass der §10 des Ambulanzvertrages vom 3.2.1988 regelt, dass Privathonorare dem Anspruchsberechtigten nur dann verrechnet werden dürfen, wenn er vor Inanspruchnahme der ambulanten Untersuchung oder Behandlung schriftlich erklärt, nicht als Kassenpatient auf Grund dieses Vertrages behandelt werden zu wollen."
8.2.2. In einem unter einem mit der Urkundenvorlage erstatteten Schriftsatz vom 19. Oktober 2000 führt die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse folgendes aus:
"a) Beim Patienten Ludwig (P) musste zu wiederholten Malen ein Verbandwechsel vorgenommen werden. Es liegt nun wohl auf der Hand, dass sich Herr Univ.-Prof. DDr. Rolf (E) nicht persönlich zu einer solchen wohl eher untergeordneten ärztlichen Tätigkeit herabgelassen hat, weil hiefür im Allgemeinen Krankenhaus hinlänglich geschulte Krankenschwestern, Krankenpfleger, medizinisch technische Assistenten sowie untergeordnete Ärzte zur Verfügung stehen. Wiewohl diese Leistungen (Verbandwechsel) also von Erfüllungsgehilfen der mitbeteiligten Partei (Stadt Wien AKH) unmittelbar erbracht und nach Inhalt des Ambulanzvertrages als Sonderleistungen verrechnet wurden, erfolgte gleichzeitig für die nämlichen Leistungen auch noch eine Doppelverrechnung als Privathonorar.
b) Am weiteren Beispiel des Patienten Karl (C-K) zeigt sich, dass bei ihm am 18.08.1982 und weiters am 18.01.1983 Röntgenbefundungen eines OPTGs vorgenommen und ihm als Privathonorar gesondert verrechnet wurden. Gleichzeitig wurden diese Leistungen aber auch der Beschwerdeführerin von der mitbeteiligten Partei in Rechnung gestellt, doch sind sie mit dem bezahlten Fallpauschale abgegolten.
Bei einer Röntgenbefundung ist übrigens darauf hinzuweisen, dass im AKH ein Zentralröntgenlabor der mitbeteiligten Partei besteht, wo Univ.-Prof. DDr. (E) - weil nicht Röntgenfacharzt - persönlich gar nicht tätig werden kann oder darf.
Die Beschwerdeführerin stellt somit zusammenfassend fest, dass hier eine unzulässige Doppelverrechnung vorliegt, weil ein Mischvertrag - teils Privathonorar, teils Ambulanzvertrag (-) dem Gesetz widerspricht."
8.2.3. Mit Schriftsatz vom 20. November 2000 erstattete die Stadt Wien (Wiener Krankenanstaltenverbund) zu den von der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse vorgelegten Unterlagen eine (weitere) Äußerung, in der sie dem obigen Vorbringen der Gebietskrankenkasse ausdrücklich entgegentritt. Darin heißt es:
"Leider führt die Wiener Gebietskrankenkasse in ihrer Auflistung zwar die Anzahl der verrechneten Einzelleistungen pro Quartal und Patient an, nicht jedoch das jeweilige Leistungsdatum, sodass wiederum keine Zuordnung getroffen werden kann, welche dieser Leistungen gegebenenfalls und keinesfalls beabsichtigt, doppelt verrechnet worden wären. Gerade diese Überprüfung aber wäre von Bedeutung, da seitens der Stadt Wien keine andere Verrechnung als die der Ambulatoriumsbeiträge gegenüber den Patienten für Leistungen, die nicht als Kassenpatienten in Anspruch genommen werden bzw. der Ambulanzleistungen gegenüber der Sozialversicherung für Leistungen, die Patienten als Kassenpatienten in Anspruch nehmen, erfolgt. Angebliche Doppelverrechnungen - wie im Schreiben der mitbeteiligten Partei vom 8.11.2000 bereits erläutert - können somit nicht festgestellt werden, hätten jedoch von der Sozialversicherung, wie seit Jahren üblich, durch sofortigen Abzug des laut Ambulanzvertrag in (...) Rechnung gestellten Betrages in der nächsten Rechnung berichtigt werden können.
Zu den Ausführungen der Krankenkasse ist vorab darauf hinzuweisen, dass seitens der mitbeteiligten Partei Fallpauschalen, die Universitätsklinik für Kiefer- und Gesichtschirurgie betreffend, erstmals ab dem I. Quartal 1995 zur Abrechnung gelangten. In der Aufstellung der Krankenkasse ist jedoch bei jedem der fünf Patienten die Fallpauschale (für die Behandlungsjahre 1992, 1993 und 1994) als verrechnet angeführt. Als Nachweis darüber erlaubt sich die mitbeteiligte Partei in der Beilage eine Zusammenfassung 'Betragsliste', die von der Finanzabteilung zur Übersicht pro Jahr erstellt wird, beizuschließen. (...)
Weiters ist festzustellen, dass die Fallpauschale nicht - wie von der Krankenkasse angeführt - für die Jahre 1992, 1993 und 1994 mit ATS 220,-- festgesetzt war, sondern mit ATS 275,-- inkl. 10 % MWSt.
(...)"
8.2.4. Die Gebietskrankenkasse erstattete hierauf eine (weitere) Äußerung, in der sie zur Frage der Doppelverrechnung ua. folgendes ausführt:
"Vorweg sei (...) festgestellt, dass dieses Vorbringen (gemeint: jenes des Krankenanstaltenverbundes) sachlich unrichtig ist und nur geeignet erscheint, bei dem leider verrechnungstechnisch komplizierten Sachverhalt zunächst für einige weitere Verwirrung zu sorgen.
Was die rechtlichen Grundlagen betrifft(,) ist davon auszugehen, dass zwischen dem Hauptverband der Sozialversicherung und den Rechtsträgern der Krankenanstalten am 03.02.1988 ein allgemeiner Ambulanzvertrag (Blg. ./2) für alle medizinischen Sparten abgeschlossen wurde, der die Zahlung eines Ambulanzpauschales ('Fallpauschale') mit zunächst ATS 275,00 plus 10 % Mehrwertsteuer() zum Inhalt hat.
In der Folge kam es zum Abschluss eines weiteren Behandlungsvertrages vom 13.12.1988 (Blg. ./1), der jedoch nur mehr die Verrechnung der Universitätskliniken für Kiefer- und Gesichtschirurgie betraf. Als 'lex specialis' wie auch als 'lex posterior' hat er damit den früheren allgemeinen Ambulanzvertrag vom 03.02.1988 in diesem Umfange außer Kraft gesetzt.
Die Verrechnung nach diesem hier allein anzuwendenden Zahnambulanzbehandlungsvertrag vom 13.12.1988 sieht vor, dass für die von der Universitätsklinik für Kiefer- und Gesichtschirurgie an den von der Beschwerdeführerin eingewiesenen Patienten erbrachten Leistungen (die Honorierung) nach einem Tarif zu erfolgen hat, wobei dieser Tarif für konservierend chirurgische Zahnbehandlung 49 Leistungspositionen aufweist. Dann gibt es Ersatz für prothetische Leistungen (Kunststoff bzw. Metallprothetik) und schließlich Ersatz für beigestellte Heilbehelfe. Diesbezüglich erfolgt also eine Verrechnung nach Einzelleistungen nach Inhalt des einen integrierenden Bestandteil dieses Behandlungsvertrages vom 13.12.1988 bildenden Tarifs.
Daneben hat aber die Beschwerdeführerin - und dies ist offenbar die auslösende Ursache für die Begriffsverwirrung bei der mitbeteiligten Partei - in Analogie zu den Abrechnungen mit den allgemeinen Vertragsfachärzten zusätzlich noch eine Grundvergütung ('Fallpauschale') pro Fall und Quartal in Höhe von ATS 220,00 plus 10 % Umsatzsteuer zur Auszahlung gebracht und dies unabhängig vom Umfang der ansonsten erbrachten und gesondert verrechneten Einzelleistungen.
Der hier nicht anzuwendende allgemeine Ambulanzvertrag vom 03.02.1988 wie auch der spätere Zahnambulanzbehandlungsvertrag vom 13.12.1988 standen während des hier in Rede stehenden Zeitraumes und stehen auch heute noch unverändert in Geltung(,) und es bleibt unerfindlich, weshalb die mitbeteiligte Partei als Erbringerin von zahnchirurgischen Leistungen im AKH ihre Forderungen gegenüber der Beschwerdeführerin in den Jahren 1992 bis 1994 nicht geltend gemacht haben soll.
Darüber(,) was unter dem Begriff 'Fallpauschale' zu verstehen ist, gehen die Meinungen der Parteien offenbar auseinander. Wenn die mitbeteiligte Partei in ihrer weiteren Äußerung vom 20.11.2000, auf Seite 3, sich auf eine Beilage 'Betragsliste' beruft, die von ihrer Finanzabteilung zur Übersicht pro Jahr erstellt wird, so kommt einer solchen bloß statistischen Zusammenfassung keine Beweiskraft zu. Diese Statistik betrifft nämlich alle medizinischen Sparten der ersten und zweiten chirurgischen Universitätsklinik, also nicht bloß die hier allein in Frage stehende Universitätsklinik für Kiefer- und Gesichtschirurgie!"
8.2.5. Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger teilte mit Schreiben vom 28. November 2000 mit, zum Beschwerdeverfahren keine inhaltliche Stellungnahme abzugeben.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Gemäß §45 Abs1 litb des Wiener Krankenanstaltengesetzes - Wr. KAG 1987, LGBl. für Wien Nr. 23/1987 idgF, dürfen neben den Pflegegebühren ua. Beiträge für die ambulatorische Behandlung von Personen, die nicht als Patienten der Krankenanstalt aufgenommen sind (Ambulatoriumsbeitrag) verlangt werden; diese Beiträge gelten als Sondergebühren.
Gemäß §48 Abs2 Wr. KAG 1987 wird ua. das Ausmaß der von den Trägern der Sozialversicherung sonst an die Rechtsträger der Krankenanstalt zu entrichtenden allfälligen Sondergebühren durch privatrechtliche Verträge geregelt. Die Verträge sind zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (Hauptverband) im Einvernehmen mit den in Betracht kommenden Sozialversicherungsträgern einerseits und dem Rechtsträger der Krankenanstalt andererseits abzuschließen. Die Verträge bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der schriftlichen Form der Abfassung (vgl. auch §64b Abs10 Wr. KAG idF der Novelle LGBl. für Wien Nr. 1/1997).
Zur Entscheidung über Streitigkeiten aus zwischen den Rechtsträgern von Fondskrankenanstalten und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (oder einem Träger der sozialen Krankenversicherung) abgeschlossenen Verträgen einschließlich der Entscheidung über die aus diesen Verträgen erwachsenden Ansprüche gegenüber Trägern der Sozialversicherung oder gegenüber dem Wiener Krankenanstaltenfinanzierungsfonds ist die Schiedskommission gemäß §50 Wr. KAG 1987 berufen (§64b Abs12 Wr. KAG 1987).
§50 Wr. KAG 1987 lautet - soweit hier relevant - samt Überschrift:
"§50
Schiedskommission
(1) ...
(2) Die Schiedskommission wird beim Amt der Landesregierung errichtet und besteht aus einem Vorsitzenden und drei bzw. gemäß Z2 litd weiteren Beisitzern. Diese Mitglieder sind von der Landesregierung auf folgende Weise zu bestellen:
1. Der Vorsitzende ist aus dem Kreis der Richter des Aktivstandes des Oberlandesgerichtes Wien auf Grund eines vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien alphabetisch gereihten Dreiervorschlages zu bestellen.
...
(9) (Verfassungsbestimmung) Die Mitglieder (Ersatzmitglieder) der Schiedskommission sind in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden.
...
(11) Auf das Verfahren vor der Schiedskommission sind die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG 1950 anzuwenden.
...
(18) Die Entscheidungen der Schiedskommission unterliegen weder der Aufhebung noch der Abänderung im Verwaltungsweg.
..."
2.1.1. Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein (vgl. VfSlg. 14.100/1995 (S 557)). Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (zB VfSlg. 10.356/1985, 10.482/1985, 11.650/1988) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
2.1.2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG iVm Art2 StGG) kann nach der ständigen hg. Rechtsprechung (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewandten Rechtsgrundlage irrig einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10.338/1985, 11.213/1987).
2.1.3. Die dem bekämpften Bescheid zugrunde liegenden Rechtsvorschriften begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse könnte in den genannten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten somit nur verletzt sein, wenn der belangten Behörde bei der Rechtsanwendung ein so schwerer Fehler unterlaufen wäre, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre, oder wenn sie der verfassungsrechtlich unbedenklichen Rechtsgrundlage irrig einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder Willkür geübt hätte.
Nichts von alledem trifft hier zu:
2.2. Vorausgeschickt sei, daß die belangte Behörde ausschließlich über jene Honorarabzüge der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse abgesprochen hat, welche diese zur Hereinbringung der von ihr an die genannten Patienten geleisteten Kostenerstattungen im Rahmen zweier - selbst nicht strittiger - Abrechnungen mit der Stadt Wien (Wiener Krankenanstaltenverbund) vorgenommen hatte. Die Beantwortung der Frage, ob diese Honorareinbehalte Rechtens sind - und die belangte Behörde dadurch, daß sie der Gebietskrankenkasse aufgetragen hat, die einbehaltenen Beträge samt Zinsen auszubezahlen, eine mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Fehler behaftete Entscheidung getroffen hat -, hängt davon ab, ob die Gebietskrankenkasse auf Grund der die Rechtsverhältnisse zwischen ihr und der Stadt Wien (Wiener Krankenanstaltenverbund) sowie zwischen der Stadt Wien und dem Klinikvorstand Univ.-Prof. DDr. Rolf E. je betreffenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen zu diesen Einbehalten berechtigt war.
Die vom Verfassungsgerichtshof in der mündlichen Verhandlung aufgeworfene und von den Parteien in der Folge strittig erörterte Frage, ob und in welchem Umfang für die ambulante Behandlung der genannten Patienten auch "Fallpauschalien" verrechnet worden sind (und es damit allenfalls auch zu "Doppelverrechnungen" gekommen ist), war hingegen nicht Gegenstand des Verfahrens vor der belangten Behörde. Auch die Beschwerde enthält hiezu noch keinerlei Vorbringen. Ob - und gegebenenfalls in welchem Ausmaß - der Gebietskrankenkasse unter diesem Gesichtspunkt allenfalls noch Forderungen gegen die beteiligte Stadt Wien (Wiener Krankenanstaltenverbund) zustehen, ist - im Rahmen der dem Verfassungsgerichtshof allein obliegenden Beurteilung der Frage, ob die belangte Behörde Willkür geübt oder das Gesetz denkunmöglich gehandhabt hat - demnach auch nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
2.3. Gemäß dem - unmittelbar anwendbares Bundesrecht bildenden - §46 Abs1 KAG ist es den Vorständen von Universitätskliniken und den Leitern von Klinischen Abteilungen gestattet, ua. mit Personen, die auf eigene Kosten ambulant behandelt werden, unbeschadet der Verpflichtung dieser Personen zur Entrichtung der Pflege- und Sondergebühren ein besonderes Honorar zu vereinbaren, wenn diese Personen auf ihren Wunsch durch den Klinikvorstand oder Leiter der Klinischen Abteilung persönlich behandelt werden. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 14.373/1995 (S 837) ausgesprochen hat, ist diese Regelung als "dienstrechtliche Norm" iS des Art10 Abs1 Z16 iVm Art14 Abs9 B-VG anzusehen, durch
welche es den genannten Klinikvorständen dienstrechtlich gestattet ist, "als Dienstnehmer des Bundes" ua. mit "selbstzahlenden Ambulanzpatienten für eine persönliche Betreuung über deren Wunsch ein Honorar unmittelbar zu vereinbaren".
2.3.1. Es kann dahinstehen, ob die Rechtsauffassung der belangten Behörde, der Klinikvorstand Univ.-Prof. DDr. Rolf E. habe in den Fällen der in Rede stehenden fünf Patienten die ihm durch §46 KAG verliehene "Honorarbefugnis" überschritten, zutrifft. Der belangten Behörde ist nämlich jedenfalls darin zuzustimmen, daß dieses Verhalten des Univ.-Prof. DDr. Rolf E. der Stadt Wien nicht zurechenbar ist, weil ein Primararzt insoweit, als er mit einem Patienten eine Honorarvereinbarung trifft - gleichgültig, ob diese zulässig ist oder nicht -, stets im Rahmen seiner Privatautonomie und nicht etwa als Vertreter (Organ) jener Universitätseinrichtung handelt, der er vorsteht. Daran vermag auch nichts zu ändern, daß - wie die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse betont hat - ein Klinikvorstand an der "Durchführung" der von der Stadt Wien mit der Gebietskrankenkasse geschlossenen Ambulanzverträge mitwirkt: Der Abschluß einer Privathonorarvereinbarung bestimmt sich nämlich allein nach §46 Abs1 KAG. Die von den genannten Patienten mit dem Klinikvorstand vereinbarten Privathonorare sind denn auch - wie das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ergeben hat - von diesem und nicht von der Stadt Wien eingehoben worden.
Der Umstand, daß die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse den genannten Patienten die an den Klinikvorstand entrichteten Privathonorare refundiert hat - wobei auf sich beruhen kann, ob diese Refundierung im ASVG bzw. in der Satzung der Gebietskrankenkasse überhaupt Deckung findet -, konnte somit schon mangels Zurechenbarkeit der in Rede stehenden Honorarvereinbarungen zur Rechtssphäre der Stadt Wien keine Ersatzforderung der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse gegen die Stadt Wien entstehen lassen. Aber auch unter der Annahme, die Gebietskrankenkasse hätte durch Erstattung der strittigen Privathonorare alle daraus resultierenden Forderungen der Patienten im Wege der Legalzession (§1422 ABGB) erworben, könnte es sich dabei bloß um Forderungen dieser Patienten gegen den behandelnden Primararzt Univ.-Prof. DDr. Rolf E. handeln, nicht jedoch gegen die Stadt Wien. Mangels Gegenseitigkeit dieser Ersatzforderungen mit den aus dem Ambulanz- bzw. Zahnambulanzvertrag erfließenden Abgeltungsansprüchen der Stadt Wien gegen die Gebietskrankenkasse wäre eine Aufrechnung iS des §1438 ABGB jedenfalls unzulässig.
Die belangte Behörde hat in den vereinbarten und bezahlten Privathonoraren an den Klinikvorstand somit zu Recht keine dem Ambulanz- bzw. dem Zahnambulanzvertrag widersprechenden Zuzahlungen erblickt, welche die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse - allenfalls als Legalzessionar - berechtigt hätten, die strittigen Honorarabzüge vorzunehmen.
2.3.2. Letzteres trifft auch für jene Zahlungen zu, welche die Patientin Lisbeth H. für Implantate bzw. prothetische Leistungen an zwei private Unternehmen geleistet hat und die ihr ebenfalls von der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse refundiert worden sind:
Nach dem Zahnambulanzvertrag trifft die Stadt Wien (Wiener Krankenanstaltenverbund) zwar die Pflicht, ua. die ambulante Erbringung prothetischer Leistungen in den Ambulanzen ihrer Krankenanstalten sicherzustellen. Dies kann jedoch nur für Leistungen gelten, die vom Zahnambulanzvertrag umfaßt sind (zu den verrechenbaren Leistungen vgl. die Anlagen 2 und 3 zu §3 Abs1 Zahnambulanzvertrag idF des Zusatzprotokolls vom 23. März 1993), wozu allerdings nicht auch jene gehören, die im Beschwerdefall erbracht worden sind (im einzelnen handelt es sich um sechs IMZ-Implantate sowie um eine in Sonderanfertigung hergestellte Zahnprothese). Dies hat die Gebietskrankenkasse auch in ihrem an Lisbeth H. gerichteten Schreiben vom 1. Juli 1992, GZ. VÄA-ZV-Wa/Sp, betont: "Für Implantate bedauern wir einen Kostenersatz nicht gewähren zu können, da diese zahnärztliche Leistung in den für unsere Kasse geltenden Tarifen nicht vorgesehen ist." Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse dürfte mit ihrem - im Verfahren vor der belangten Behörde geäußerten - Einwand, die Stadt Wien (Wiener Krankenanstaltenverbund) hätte diese Leistungen dennoch entweder selbst erbringen oder aber anderweitig beschaffen müssen, diese Rechtslage verkannt haben.
2.4. Es kann der belangten Behörde demnach aus verfassungsrechtlichem Blickwinkel nicht entgegengetreten werden, wenn sie die in Rede stehenden Honorarabzüge durch die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse als unzulässig erachtet hat. Davon, daß die belangte Behörde Willkür geübt oder das Gesetz denkunmöglich gehandhabt hätte, kann jedenfalls keine Rede sein.
Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse ist durch den angefochtenen Bescheid somit nicht in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
3. Die getroffene behördliche Entscheidung weist auch sonst keine in die Verfassungssphäre eingreifenden Mängel auf. Ob aber der behördlichen Entscheidung auch darüber hinaus eine in jeder Hinsicht zutreffende Gesetzeshandhabung zugrunde liegt, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, uzw. auch nicht in jenem - hier vorliegenden - Fall, in dem eine Anrufung des Verwaltungsgerichtshofs mangels Zuständigkeit dieses Gerichtshofs (Art133 Z4 B-VG) nicht in Betracht kommt (vgl. VfSlg. 7654/1975, 9541/1982 und die dort angeführte Vorjudikatur; jüngst auch das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 2000, B1245/98).
Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse ist somit durch den angefochtenen Bescheid aus jenen Gründen, die in der Beschwerdeschrift aufgeführt sind, weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden; im Beschwerdeverfahren ist auch nicht hervorgekommen, daß dies aus anderen, in der Beschwerde nicht behaupteten Gründen der Fall gewesen wäre.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Krankenanstalten, Arztgebühren, Sondergebühren, Sozialversicherung,ÄrzteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:B1519.1997Zuletzt aktualisiert am
23.10.2009