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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des D, (geboren 1973), vertreten durch Dr. Gerhard Stranzinger, Rechtsanwalt in 4910 Ried im Innkreis, Schwanthalergasse 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 2. April 2004, Zl. St 52/04, betreffend Zurückweisung einer Berufung iA Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid vom 9. Februar 2004 erließ die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn gegen den Beschwerdeführer, einen deutschen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 sowie den §§ 37 und 39 iVm § 48 Abs. 1 und 3 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot.
Mit Bescheid vom 2. April 2004 wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (die belangte Behörde) die gegen diesen Bescheid gerichtete Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 63 Abs. 3 leg. cit. als unzulässig zurück.
Eine Berufung würde nur dann gesetzmäßig erhoben, wenn sie gemäß § 63 Abs. 3 AVG einen Berufungsantrag und eine Berufungsbegründung enthalte. Fehle es an einer Begründung des Berufungsantrages und werde eine solche auch innerhalb der Berufungsfrist nicht nachgereicht, mangle es an einem Mindesterfordernis der Berufung. Das Fehlen einer erkennbaren Begründung stelle einen inhaltlichen, nicht behebbaren Mangel der Berufung dar, sofern dem Erstbescheid eine dem § 61 Abs. 5 AVG entsprechende Rechtsmittelbelehrung zu entnehmen gewesen sei. In der Rechtsmittelbelehrung des Erstbescheides sei (u.a.) ausgeführt worden, dass die Berufung "einen Antrag auf Abänderung oder Aufhebung des Bescheides sowie eine Begründung des Antrags enthalten" müsse. Im Mangel eines begründeten Berufungsantrages liege dann aber kein (bloßes) Formgebrechen, das die Behörde zur amtswegigen Behebung des Mangels gemäß § 13 Abs. 3 AVG zu veranlassen hätte, sondern ein Mangel des durch Gesetz geforderten Inhalts, demgegenüber die Behörde nicht gehalten gewesen sei, verbessernd einzugreifen.
In der gegen den Erstbescheid erhobenen Berufungsschrift vom 16. Februar 2004 habe der Beschwerdeführer lediglich ausgeführt, den Erstbescheid erhalten zu haben und gegen diesen Bescheid fristgemäß Berufung zu erheben, sodass ein Anwalt diese dann ausführen könne. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer um Anerkennung seines Rechtsmittels ersucht. Da den Angaben in der Berufung nicht einmal eine Andeutung darüber zu entnehmen sei, worin die Unrichtigkeit des angefochtenen Bescheides gelegen sein solle, fehle es im Beschwerdefall am unabdingbaren Erfordernis eines begründeten Berufungsantrags, weshalb die Berufung vom 16. Februar 2004 als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. § 63 Abs. 3 AVG lautet wie folgt:
"(3) Die Berufung hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten."
§ 13 Abs. 3 AVG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 158/1998 lautet:
"(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht."
2. Bis zur Novellierung des AVG durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 158/1998 stellte das Fehlen eines begründeten Berufungsantrags einen nicht behebbaren, zur Zurückweisung einer Berufung führenden Mangel dar. Durch die genannte mit 1. Jänner 1999 in Kraft getretene Novellierung erhielt § 13 Abs. 3 AVG eine neue Fassung. Nach dieser Neufassung ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht. Diese Neufassung des § 13 Abs. 3 AVG stellt im Gegensatz zur bis zu dieser Neufassung geltenden Rechtslage nicht mehr auf Formgebrechen ab, sondern ganz allgemein auf "Mängel". Damit sind auch solche Mängel, die bisher zur Zurückweisung zu führen hatten, wie etwa das Fehlen eines begründeten Berufungsantrages, einer Verbesserung zuzuführen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 29. August 2000, Zl. 99/05/0041, vom 18. Dezember 2000, Zl. 2000/10/0154, und vom 21. November 2002, Zl. 2002/07/0088).
Wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall vom Fehlen eines begründeten Berufungsantrags ausgegangen ist, so hat sie das nach dem Gesagten nicht zur Zurückweisung der Berufung ohne vorhergehenden Verbesserungsauftrag berechtigt. Dies hat die belangte Behörde verkannt, wenn sie (gestützt auf die Rechtslage vor der besagten Novelle BGBl. I Nr. 158/1998) die in Rede stehende Berufung vom 16. Februar 2004 zurückgewiesen hat, ohne diese zuvor wegen des Fehlens des begründeten Berufungsantrags nach § 13 Abs. 3 AVG zur Verbesserung zurückzustellen. Bei diesem Ergebnis war es entbehrlich, auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde einzugehen.
3. Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 3. November 2004
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Besondere RechtsgebieteVerbesserungsauftrag Bejahung BerufungsverfahrenVerbesserungsauftrag Ausschluß Berufungsverfahren Fehlen des begründeten RechtsmittelantragesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004180200.X00Im RIS seit
07.12.2004Zuletzt aktualisiert am
13.11.2009