TE Vwgh Erkenntnis 2004/11/3 2001/18/0079

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Veröffentlicht am 03.11.2004
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z8;
FrG 1997 §36 Abs4;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des A, geboren 1971, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 8. März 2001, Zl. SD 817/00, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 8. März 2001 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen ägyptischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und 2 Z. 8 iVm Abs. 4 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei - seinen im erstinstanzlichen Bescheid, auf dessen Gründe im angefochtenen Bescheid verwiesen wird, genannten Angaben zufolge im Dezember 1998 - auf Grund einer bis 30. April 1999 gültigen Erstaufenthaltserlaubnis zum Aufenthaltszweck "Student" nach Österreich eingereist. Auf Grund eines Verlängerungsantrages sei die Aufenthaltserlaubnis von der Bundespolizeidirektion Wien (der Erstbehörde) bis 30. März 2000 verlängert worden.

Am 12. April 2000 sei der Beschwerdeführer in Wien in der Lagerhalle der "K.-Kleidersammlung" von Sicherheitswachebeamten beim Sortieren von Kleidungsstücken betreten worden. Dabei habe sich herausgestellt, dass für ihn keine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG erteilt worden sei, obwohl eine solche für die von ihm ausgeführte Arbeit erforderlich gewesen wäre. Gegenüber den Beamten habe der Beschwerdeführer sinngemäß in Englisch angegeben, dass er helfen würde, für Ägypten Kleider zu sortieren. Für diese Tätigkeit bekäme er von einem gewissen H. Geld, wobei die Höhe noch nicht vereinbart wäre.

Mit Schreiben vom 30. Mai 2000 habe das Arbeitsmarktservice Wien bestätigt, dass es sich bei der vom Beschwerdeführer ausgeübten Beschäftigung um eine nach dem AuslBG bewilligungspflichtige Tätigkeit gehandelt habe.

Am 29. Juni 2000 sei der Beschwerdeführer in der Produktionshalle der Zweigniederlassung der Buchbinderei A. beim Bündeln von Katalogbestandteilen, Einlegen von Adressblättern und Sortieren der fertigen Kataloge für die Postaufgabe von Organen des Arbeitsinspektorates betreten worden. Dieses habe festgestellt, dass es sich hiebei um eine Beschäftigung gehandelt habe, die der Beschwerdeführer nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen, und gegen den Verantwortlichen dieses Unternehmens bzw. des Personalleasingunternehmens H. gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG bei der Bezirksverwaltungsbehörde Anzeige erstattet.

Die Einwendungen des Beschwerdeführers in seiner Berufung seien als bloße Schutzbehauptungen zu werten. Hinsichtlich des Vorfalls vom 12. April 2000 sei auszuführen, dass er bei der ihm zur Last gelegten Tätigkeit von Sicherheitswachebeamten betreten worden sei. Der vor Ort anwesende Unternehmensverantwortliche habe gegenüber den Beamten zugegeben, dass ihm der Beschwerdeführer als Arbeitskraft vermittelt worden sei und dieser am Tag der Betretung seine Arbeit in der Lagerhalle aufgenommen habe. Auch habe der Beschwerdeführer in englischer Sprache bestätigt, dass ihm für das Sortieren von Kleidungsstücken Geld versprochen worden sei. Die Verantwortung des Beschwerdeführers erscheine daher für die belangte Behörde in keiner Weise glaubwürdig.

Vielmehr sei sie zur Überzeugung gelangt, dass der Beschwerdeführer bei Beschäftigungen betreten worden sei (wobei das Arbeitsmarktservice die Unzulässigkeit der Beschäftigung nach dem AuslBG festgestellt habe bzw. der verantwortliche Arbeitgeber wegen unerlaubter Beschäftigung des Beschwerdeführers bestraft worden sei), die er nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen. Die Tatbestände des § 36 Abs. 2 Z. 8 "und Z. 8" iVm Abs. 4 FrG seien daher erfüllt.

Im Hinblick darauf, dass dem öffentlichen Interesse an der Wahrung eines geordneten Arbeitsmarktes ein besonders hoher Stellenwert zukomme, seien die Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer, der dieses maßgebliche öffentliche Interesse durch sein Fehlverhalten beeinträchtigt habe, auch im Grund des § 36 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich der §§ 37 und 38 leg. cit. - gegeben.

Auf Grund seines äußerst kurzen inländischen Aufenthaltes und im Hinblick auf das Fehlen familiärer Bindungen könne von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- oder Familienleben keine Rede sein. Es sei daher weder zu überprüfen gewesen, ob die gegen ihn gesetzte fremdenpolizeiliche Maßnahme zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei, noch eine Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmen gewesen.

Auch lägen keine besonderen, zu seinen Gunsten sprechenden Umstände vor, die die Behörde hätten veranlassen können, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

In Anbetracht des aufgezeigten Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführer könne ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist.

Nach § 36 Abs. 2 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 8) von einem Organ der Arbeitsinspektorate, der regionalen Geschäftsstellen oder der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG nicht ausüben hätte dürfen. Nach § 36 Abs. 4 FrG kommt einer Betretung gemäß Abs. 2 Z. 8 die Mitteilung eines Arbeitsinspektorates oder einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über die Unzulässigkeit der Beschäftigung nach dem AuslBG gleich, sofern der Fremde bei dieser Beschäftigung von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes betreten worden ist.

2.1. Nach den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen wurde der Beschwerdeführer am 12. April 2000 in einer Lagerhalle der "K.-Kleidersammlung" in Wien von Sicherheitswachebeamten beim Sortieren von Kleidungsstücken betreten, für welche Tätigkeit keine Bewilligung nach dem AuslBG erteilt worden war, und gab der Beschwerdeführer den Beamten gegenüber sinngemäß an, dass ihm für diese Tätigkeit von einem anderen ein Entgelt versprochen worden sei. Unter Zugrundelegung der diesbezüglichen Mitteilung des Arbeitsmarktservice vom 30. Mai 2000, dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine nach dem AuslBG bewilligungspflichtige Beschäftigung gehandelt habe, vertrat die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht die Ansicht, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf diese Tätigkeit den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 8 iVm Abs. 4 FrG verwirklicht habe.

Wenn sich die Beschwerde gegen diese Beurteilung mit dem Vorbringen wendet, dass der Beschwerdeführer zwar bei dem Aussortieren der Kleider betreten worden sei, dies jedoch für den Eigenbedarf getan habe und ihm die ausgesuchten Kleidungsstücke geschenkt worden seien, sodass er dort nicht gearbeitet habe, so ist dieses Vorbringen nicht geeignet, die vorzitierten Feststellungen der belangten Behörde zu erschüttern und die Unrichtigkeit ihrer rechtlichen Beurteilung darzutun. Die Beschwerde bestreitet weder die Feststellungen betreffend die Angaben des Beschwerdeführers gegenüber den Sicherheitswachebeamten noch jene des Unternehmensverantwortlichen, der zugegeben habe, dass ihm der Beschwerdeführer als Arbeitskraft vermittelt worden sei und dieser am Tag der Betretung seine Arbeit in der Lagerhalle aufgenommen habe. Auf die diesbezüglichen beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde geht die Beschwerde nicht ein. Wenn die belangte Behörde auf Grund dieser Angaben und der vorzitierten Bestätigung des Arbeitsmarktservice zur Ansicht gelangte, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers am 12. April 2000 den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 8 iVm Abs. 4 FrG erfüllt habe, so begegnet diese Beurteilung keinem Einwand.

2.2. In Bezug auf das weitere, dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde angelastete Fehlverhalten, nämlich seine Tätigkeit am 29. Juni 2000 in der Produktionshalle der Buchbinderei, bringt die Beschwerde lediglich vor, dass er auch dort nicht gearbeitet habe, mit einem Freund dort hingefahren sei und ihn dort lediglich "begleitet und besucht" habe.

Dieses Vorbringen ist bereits deshalb nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil es gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (vgl. § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG) verstößt und daher unbeachtlich ist. Im Verwaltungsverfahren hat der Beschwerdeführer über Vorhalt der belangten Behörde mit Schreiben vom 8. Februar 2001 hinsichtlich der Unerlaubtheit seiner Tätigkeit am 29. Juni 2000 zuerst mit Schreiben seines Rechtsvertreters vom 15. Februar 2001 vorgebracht, dass er nie in dieser Buchbinderei gearbeitet hätte und ihm die Buchbinderei nicht bekannt wäre, er jedoch nicht ausschließen könnte, dass jemand anderer unter seinem Namen dort tätig gewesen wäre. In weiterer Folge hat er mit Schreiben seines Rechtsvertreters vom 23. Februar 2001 vorgebracht, er könnte sich nunmehr daran erinnern, dass er in dieser Buchdruckerei kurzfristig tätig gewesen wäre, und er hätte sich dazu hinreißen lassen, kurzfristig dort zu arbeiten.

Im Hinblick darauf begegnen auch die weiteren Ausführungen der belangten Behörde hinsichtlich der Unerlaubtheit der Tätigkeit des Beschwerdeführers am 29. Juni 2000 und ihre weitere Beurteilung, dass auch insoweit der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 8 FrG verwirklicht sei, keinem Einwand.

2.3. Auf Grund dieser unerlaubten Tätigkeiten hat der Beschwerdeführer das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von gegen die Regelungen des AuslBG erbrachter Arbeit (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. März 2004, Zl. 2000/18/0155, mwN) erheblich beeinträchtigt. Im Hinblick darauf begegnet auch die Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinem Einwand.

3. Gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass in Anbetracht der kurzen Dauer des inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers und des Fehlens von familiären Bindungen in Österreich kein relevanter Eingriff im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG anzunehmen sei, wird in der Beschwerde nichts vorgebracht.

Auch wenn im Hinblick auf den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides in der Dauer von rund zwei Jahren und drei Monaten (davon rund ein Jahr und drei Monate rechtmäßig) ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener relevanter Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG anzunehmen gewesen wäre, so wäre dieser Eingriff in Anbetracht des genannten öffentlichen Interesses im Sinn dieser Gesetzesbestimmung dringend geboten. Ferner wäre das (nur schwach ausgeprägte) private Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt nicht von solchem Gewicht, dass es das gegenläufige öffentliche Interesse überwöge, weshalb auch § 37 Abs. 2 FrG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegensteht.

4. Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 3. November 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2001180079.X00

Im RIS seit

15.12.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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