Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997 §23;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde des C in B, geboren 1959, vertreten durch Dr. Ursula Schwarz, Rechtsanwalt in 8600 Bruck a.d. Mur, Herzog-Ernst-Gasse 26 A, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 17. Jänner 2003, Zl. 225.999/0-VI/17/02, betreffend §§ 7 und 8 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Mazedonien und gemäß seinen Angaben am 6. November 2001 in das Bundesgebiet eingereist. In der Folge beantragte er die Gewährung von Asyl, was er damit begründete, dass es auf Grund der Tötung von Polizisten und Soldaten durch Angehörige der albanischen Volksgruppe in Tetovo im Mai 2001 zu Protestkundgebungen in seiner Heimatstadt Bitola gekommen sei. Er habe an einer der Kundgebungen teilgenommen, sich jedoch geweigert, einen Molotowcocktail entgegenzunehmen. Nachdem Demonstranten begonnen hätten, Molotowcocktails auf Häuser von Angehörigen der albanischen Volksgruppe zu werfen, und diese Häuser in Brand gesteckt worden seien, habe er den Kundgebungsort verlassen. Weiters führte der Beschwerdeführer am 29. November 2001 vor dem Bundesasylamt wörtlich aus:
"Ich sah, wie mehrere Häuser in meiner Nachbarschaft, in denen Angehörige der albanischen Volksgruppe wohnten, brannten. Die Häuser waren von mazedonischen Demonstranten angezündet worden. In meiner Nachbarschaft wohnten vorwiegend Angehörige der albanischen und in geringerer Zahl, Angehörige der mazedonischen Volksgruppe. Ein Haus, das von Mazedoniern bewohnt war und das direkt an das Haus eines Angehörigen der albanischen Volksgruppe angebaut war, hatte vom Nachbarhaus bereits Feuer gefangen. Mein fünfzehnjähriger Sohn und ich liefen, vorwiegend in brennende Häuser, die von Angehörigen der albanischen Volksgruppe bewohnt waren, und auch in Häuser, die von Angehörigen der mazedonischen Volksgruppe bewohnt waren, und retteten viele Menschen, vorwiegend Angehörige der albanischen Volksgruppe aus den brennenden Häusern. Viele dieser Menschen geleiteten wir zunächst in mein Haus. ...
Am Tag nach den genannten Ereignissen kamen mehrere mazedonische Zivilisten zu meinem Haus in Bitola. Ich hielt mich zu dieser Zeit in einem anderen Stadtteil in Bitola auf. Es waren meine Gattin, mein Sohn und meine Tochter, zu Hause. Die Mazedonier fragten meine drei Angehörigen, wo ich mich aufhielt. Die Mazedonier sagten zu meinen Angehörigen, dass ich mich verstecken solle, denn ansonsten würde ich misshandelt und getötet werden. Die Mazedonier sagten zu meinen Angehörigen, dass ich mich entscheiden müsse, auf welcher Seite ich stünde. Am nächsten Tag kamen mazedonische Zivilisten zu meinem Haus in Bitola. Ich wollte das Haus gerade verlassen. Die mazedonischen Zivilisten sagten zu mir: 'Lebend wirst Du Bitola nicht verlassen.' Ich fragte nach den Gründen. Die Mazedonier beschuldigten mich, ein albanischer Kollaborateur u. ein Verräter zu sein. Ich fragte nach den Gründen. Die Mazedonier sagten, dass ich diese verraten hätte, weil ich die Molotowcocktails nicht entgegengenommen hatte. Ich sagte den Mazedoniern, dass ich die Molotowcocktails nicht entgegengenommen hatte, weil ich nicht Gewalt ausüben wollte und weil ich ebenso eine Frau und Kinder zu Hause hatte, und ich auch nicht gewollt hätte, dass irgendjemand diesen, meinen Angehörigen, ein Leid zufügte. Ich wagte nicht, Anzeige bei der Polizei zu erstatten, weil ich mir von der Polizei keinen Schutz erhoffte, weil die mazedonischen Polizisten parteilich gewesen wären. Ich begab mich sofort zum Bürgermeister von Bitola und erzählte diesem von den Ereignissen. Der Bürgermeister sagte, dass ich, falls ich etwas getan hätte, wüsste, was ich getan hätte, und dass mir der Bürgermeister nicht helfen könne. Ich begab mich zu meinen Eltern, die in Bitola in einem anderen Bezirk wohnten. Bis Ende August 2001 wohnte ich zeitweise bei meinen Eltern und zeitweise bei meinen Angehörigen in meinem Haus.
Bis Ende August 2001 erreichten meine Eltern, im Haus meiner Eltern, mehrmals telefonische Drohanrufe von unbekannten Mazedoniern. In den Telefonanrufen sagten die Unbekannten meinen Eltern, dass ich bei der Brandschatzung der Häuser von Albanern nicht mitgemacht hatte, und dass ich deshalb Bitola nicht lebend verlassen werde.
...
Ab 13.7.2001 musste ich wieder, bei einer Einheit in Kumanovo, als Reservist, Militärdienst leisten. Der Befehl der militärischen Vorgesetzten lautete diesmal, dass auf angreifende Angehörige der albanischen Volksgruppe auf jeden Fall zu schießen ist. Die militärischen Vorgesetzten sagten dieses Mal, dass Befehlsverweigerer sofort erschossen werden. Ich musste ein automatisches Gewehr entgegennehmen. Die anderen Soldaten ebenso. Die erwähnte Ausfolgung der Gewehre erfolgte am 14.7.2001, in den Morgenstunden, als wir in Schützengräben bereits Stellung bezogen hatten. Die militärischen Vorgesetzten sagten bei der Ausfolgung der automatischen Gewehre zu mir und zu den anderen Soldaten, dass auf angreifende Angehörige der albanischen Volksgruppe zu schießen ist, und dass jeder Soldat, der diesem Befehl nicht nachkommt, sofort erschossen wird. Es kam zu keinem Angriff von Angehörigen der albanischen Volksgruppe. Ich legte das Gewehr zur Seite und wartete auf eine Gelegenheit zur Flucht. In den Abendstunden des 14.7.2001 floh ich ...
Im Falle einer Rückkehr nach Mazedonien befürchte ich, aus erwähnten Gründen, entweder von mazedonischen Zivilisten umgebracht, oder wegen Desertion, von einem Gericht zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von mindestens 10 Jahren, verurteilt, und während der Haft misshandelt zu werden."
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I.). Außerdem stellte es fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Mazedonien gemäß § 8 AsylG zulässig sei (Spruchpunkt II.). Es erachtete die Angaben des Beschwerdeführers für glaubwürdig, vertrat jedoch die Auffassung, dass den von Zivilpersonen ausgehenden Drohungen gegen den Beschwerdeführer sowie einer allfälligen Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung keine Asylrelevanz zukomme. Auch von einer Bedrohungssituation im Sinne des § 57 FrG könne nicht ausgegangen werden.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. In der mündlichen Berufungsverhandlung vom 15. Jänner 2003 gab er ua. Folgendes an (VL = Verhandlungsleiter, BW = Beschwerdeführer):
"BW: Mich verfolgt das mazedonische Volk. Ich kann nicht in die Stadt Bitola zurück, weil ich vor meiner Ausreise aufgefordert worden bin, Molotow-Cocktails in Häuser zu werfen und das habe ich damals nicht getan. Ich erhielt einen Einberufungsbefehl für den 13.07.2001. Ich habe diesen Einberufungsbefehl befolgt, bin eingerückt und am 14.07.2001 bin ich desertiert; man hat mir nämlich Waffen gegeben, um auf Leute zu schießen und das habe ich verweigert.
VL: Welche Folge hätte Ihre damalige Befehlsverweigerung haben können, welche Strafe hätten Sie wegen Desertion befürchten müssen?
BW: Ich hätte wegen der Desertion, wenn man mich damals aufgegriffen hätte, eine Gefängnisstrafe von mindestens 8 - 10 Jahren bekommen.
VL: Beim BAA haben Sie behauptet (AS 15), die militärischen Vorgesetzten hätten gesagt, dass Befehlsverweigerer sofort erschossen würden. Heute sprechen Sie diesbezüglich nur von einer Gefängnisstrafe.
BW: Das habe ich beim BAA nicht gesagt.
VL: In der ggst. NS (AS 15) steht aber zweimal, dass Sie ausgesagt haben, dass Befehlsverweigerung zum Erschießen des Befehlsverweigerer führen würde.
BW: Das habe ich beim BAA nicht gesagt, es entspricht auch nicht der Wahrheit, dass Befehlsverweigerer erschossen hätten werden sollen.
...
VL: Wissen Sie, dass es in Mazedonien ein Amnestiegesetz für
Deserteure gibt?
BW: Ich weiß, dass es dieses Amnestiegesetz gibt, ich glaube aber nicht, dass man mich amnestieren wird. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, dass es in meinem Heimatland ein Amnestiegesetz gibt.
Erörtert wird das Amnestiegesetz für Mazedonien ...
BW: Ich glaube schon, dass es dieses Gesetz gibt, bin mir aber nicht sicher, dass es das Gesetz überhaupt gibt.
...
BW: Ich glaube nicht, dass man bei mir dieses Amnestiegesetz nicht anwenden würde, ich kann aber nicht sagen, warum dieses Gesetz bei mir nicht angewendet werden würde.
...
VL: Haben Sie eine Erklärung dafür, dass Sie in der Zeit nach dem Vorfall mit den Molotow-Cocktails im Mai 2001 und dem Antritt Ihres Militärdienstes am 13.07.2001 keine Probleme etwa mit mazedonischen Aktivisten gehabt haben?
BW: Ich habe mich teilweise bei meinen Eltern und teilweise bei mir zuhause aufgehalten. Ich bin mehrmals zwischen beiden Quartieren hin- und hergewechselt.
VL: Wieso haben Sie Ihr Quartier mehrmals gewechselt, wo Sie doch vor den Mazedoniern Angst gehabt haben, die Sie als Verräter angesehen haben.
BW: Weil ich Angst um mein Leben hatte.
VL: Wenn Sie Angst um Ihr Leben gehabt hätten, dann wären Sie wohl nicht auf die Straße gegangen und hätten sich versteckt.
BW: Wie soll ich auf diese Frage antworten? Ich weiß es nicht.
...
BW: Ich habe von meinen Eltern erfahren, dass Leute bei ihnen waren und über mich geschimpft haben und Drohungen gegen mich ausgestoßen haben.
VL: Jetzt haben Sie gesagt, dass Leute bei Ihren Eltern gewesen wären und Drohungen gegen Sie ausgesprochen hätten, beim BAA haben Sie hingegen behauptet (AS 13), Ihre Eltern hätten mehrmals telefonische Drohanrufe von unbekannten Mazedoniern erhalten.
BW: Ich verstehe Sie gänzlich, das ist aber eine komische
Frage. Das ist meine Antwort.
...
VL: Wo überall haben Sie nach der Demonstration im Mai 2001
brennende Häuser gesehen?
BW: In unmittelbarer Umgebung meiner Wohnung leben gehäuft Albaner. Es waren damals nur Häuser von Albanern angezündet worden, Häuser von Mazedoniern haben nicht gebrannt.
VL: Im Gegensatz zu Ihrer letzten Aussage haben Sie beim BAA ausgesagt (AS 11 + 13): 'Ein Haus, das von Mazedoniern bewohnt war und das direkt an das Haus eines Angehörigen der albanischen Volksgruppe angebaut war, hatte bereits Feuer gefangen.'
BW: Ich sehe in diesen verschiedenen Antworten keinen Widerspruch.
VL: Was haben Sie gemacht, als Sie in Ihrer Wohngegend die brennenden Häuser gesehen haben?
BW: Ich habe gemeinsam mit meinem 15-jährigen Sohn versucht, Leute aus den brennenden Häusern zu retten. Ich habe dann nur aus den Häusern der Albaner die Menschen gerettet. Aus den Häusern der Mazedonier musste ich keine Personen retten.
VL: Wieso haben Sie dann beim BAA ausgesagt, dass sie vorwiegend Leute aus Häusern der albanischen Volksgruppe gerettet haben, wo Sie doch heute betont haben, ausschließlich Albaner gerettet zu haben?
BW: Es muss sich um ein Missverständnis in der Übersetzung handeln. Ich habe nur Leute aus den albanischen Häusern gerettet.
...
VL: Nach diesem Vorfall sind mazedonische Aktivisten zu Ihren Angehörigen gekommen und haben sich über Sie bedrohend geäußert. Zu welchen Personen haben sich die Aktivisten über Sie bedrohend geäußert und nach Ihrem Aufenthalt gefragt?
BW: Gegenüber meinen Eltern und auch gegenüber meinen Kindern haben sie sich bedrohend geäußert. Es wurde beim BAA fehlerhaft protokolliert, dass sich damals auch meine Frau bei mir aufgehalten hätte. Das ist nicht richtig.
..."
Mit Bescheid vom 17. Jänner 2003 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß §§ 7, 8 AsylG ab. Sie stellte fest, dass der Beschwerdeführer der mazedonischen Volksgruppe angehöre und aus Bitola stamme. Bei einer allfälligen Rückkehr in seinen Herkunftsstaat könnte er dort als Elektriker arbeiten, würde sich eine Wohnung organisieren können und hätte auch das Notwendigste für seinen Lebensunterhalt. Dagegen könne nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer Mazedonien aus den von ihm angegebenen Gründen verlassen habe. Dazu hielt die belangte Behörde beweiswürdigend fest, dass das Gesamtvorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen auf Grund von zahlreichen Widersprüchen - siehe dazu im Einzelnen unten - derart unglaubwürdig sei, dass er "auch als Person als unglaubwürdig anzusehen" sei. Rechtlich ergebe sich, dass weder die Gewährung von Asyl noch die Einräumung von Refoulement-Schutz in Betracht komme. Festzuhalten sei, dass selbst dann, wenn man das Vorbringen des Beschwerdeführers bezüglich der Desertion nicht ebenfalls als unglaubwürdig werten würde, in seinem Fall das mazedonische Amnestiegesetz zur Anwendung käme.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde halten einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nicht stand.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer unstrittig aus Bitola stammt. Gemäß einem in den Verwaltungsakten erliegenden Bericht von Human Rights Watch vom 8. Juni 2001 (Überschrift: "Macedonia: Rioters Burn Albanian Homes in Bitola / Police Fail to Stop Violence, Some Actively Participate") kam es in dieser Stadt tatsächlich zu den vom Beschwerdeführer geschilderten Ausschreitungen gegen ethnische Albaner. Die Darstellung des Beschwerdeführers hätte damit einen realen Hintergrund. Es ist nicht erkennbar, dass die belangte Behörde diesen Umstand, der im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen gewesen wäre (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 30. September 2004, Zl. 2001/20/0135, mwN.), in ihre Überlegungen miteinbezogen hat.
Was die im bekämpften Bescheid im Einzelnen aufgezeigten Punkte anlangt, die gegen die Darstellung des Beschwerdeführers sprächen, so erweisen sich einige bei näherer Betrachtung von vornherein nicht geeignet, eine Beweiswürdigung zu Lasten des Beschwerdeführers zu tragen: Das gilt einmal für die beim Bundesasylamt erstatteten unterschiedlichen Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Religionsbekenntnis, weil der Beschwerdeführer bei Darstellung seiner Fluchtgründe in keiner Weise an sein Religionsbekenntnis angeknüpft hat. Auch aus der Reaktion des Beschwerdeführers auf das ihm in der Berufungsverhandlung vorgehaltene Amnestiegesetz ist entgegen der Ansicht der belangten Behörde kein Erkenntniswert zu gewinnen. Die wiedergegebenen Antworten bringen zwar ein großes Maß an Unsicherheit in der Beurteilung der mazedonischen Gesetzeslage zum Ausdruck, warum diese Unsicherheit Indiz für die Erstattung unrichtigen Vorbringens sein soll, ist jedoch nicht ersichtlich. Schließlich lässt sich ohne nähere Kenntnis der genauen Situation in Bitola im Sommer 2001 und der (damaligen) konkreten Wohnverhältnisse des Beschwerdeführers entgegen der behördlichen Annahme aber auch nicht argumentieren, der Beschwerdeführer hätte sich, wäre er tatsächlich bedroht worden, versteckt gehalten, zumal es nicht unplausibel ist, dass der Beschwerdeführer einer allfälligen Bedrohung durch mehrmaligen Wohnungswechsel ausweichen wollte.
Andere von der belangten Behörde ins Treffen geführte "Widersprüchlichkeiten" lassen sich ohne weiteres aus der speziellen Vernehmungssituation erklären: Das trifft insbesondere auf die Frage der Behandlung von Befehlsverweigerern beim Militär (sofortige Erschießung?) zu. In der mündlichen Berufungsverhandlung wurde diese Frage nämlich mit jener nach der wegen Desertion zu befürchtenden Strafe verknüpft. Wenn der Beschwerdeführer antwortete, er hätte wegen der Desertion eine Gefängnisstrafe von mindestens acht bis zehn Jahren bekommen, so entspricht das im Wesentlichen seinen diesbezüglichen Angaben vor dem Bundesasylamt, wo er im Hinblick auf die Desertion von einer Freiheitsstrafe in der Dauer von mindestens zehn Jahren gesprochen hat. Der oben wiedergegebene Vorhalt des Verhandlungsleiters ("Beim BAA haben Sie behauptet ..., dass Befehlsverweigerer sofort erschossen würden. Heute sprechen Sie diesbezüglich nur von einer Gefängnisstrafe.") war daher zumindest missverständlich, weshalb aus der Reaktion des Beschwerdeführers auf diesen Vorhalt tatsächlich nichts abgeleitet werden kann. Ähnlich verhält es sich im Punkt "brennende Häuser". Der insoweit von der belangten Behörde erblickte Widerspruch, der Beschwerdeführer habe beim Bundesasylamt - anders als dann in der Berufungsverhandlung - auch von einem brennenden Haus gesprochen, das von Mazedoniern bewohnt gewesen sei, ist angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer stets behauptet hat, es seien nur Häuser von Albanern in Brand gesteckt worden, nicht aussagekräftig. Auch der damit im Zusammenhang stehende Aspekt, die vom Beschwerdeführer geretteten Personen hätten seinen ursprünglichen Angaben zufolge "vorwiegend" der albanischen Volksgruppe angehört, während er später ausgeführt habe, "ausschließlich" Albaner gerettet zu haben, knüpft zu sehr an sprachliche Feinheiten an und vernachlässigt die Verantwortung des Beschwerdeführers auf den diesbezüglichen Vorhalt des Verhandlungsleiters, es müsse sich "um ein Missverständnis in der Übersetzung handeln".
Die verbleibenden Überlegungen der belangten Behörde (Widersprüchlichkeiten hinsichtlich der gegenüber den Eltern des Beschwerdeführers abgegebenen Drohungen (telefonisch oder persönlich?) und unterschiedliche Angaben des Beschwerdeführers darüber, ob auch gegenüber seiner Ehegattin derartige Drohungen geäußert worden seien) reichen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes - auch im Hinblick auf den Zeitabstand zwischen den jeweiligen Einvernahmen des Beschwerdeführers - nicht aus, die Beweiswürdigung der belangten Behörde schlüssig erscheinen zu lassen. Zusammenfassend ergibt sich damit, dass dem bekämpften Bescheid eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften anhaftet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Wien, am 9. November 2004
Schlagworte
freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003010300.X00Im RIS seit
08.12.2004