TE Vwgh Beschluss 2004/11/9 2004/05/0229

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Veröffentlicht am 09.11.2004
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
58/02 Energierecht;

Norm

ElWOG 1998 §21 Abs1;
ElWOG 1998 §21 Abs2;
Energie-RegulierungsbehördenG 2002 §16 Abs1 Z5;
Energie-RegulierungsbehördenG 2002 §16 Abs3;
MRK Art6 Abs1;
MRK Art6;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Kindberg als Inhaberin des nicht protokollierten Elektrizitätswerks der Stadtgemeinde Kindberg in Kindberg, vertreten durch Schneider's Rechtsanwalts-KEG in 1170 Wien, Hormayrgasse 7A Top 18, gegen den Bescheid der Energie-Control Kommission vom 31. August 2004, Zl. K STR 06/04, betreffend ein Streitschlichtungsverfahren nach § 21 Abs. 2 ElWOG, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Zum angefochtenen Bescheid kam es auf Grund eines Antrages der Steweag-STEG GmbH gegen die Beschwerdeführerin als Antragsgegnerin wegen der Zusammenfassung von Zählpunkten für die Bemessung des Netznutzungsentgeltes. Der Spruch des angefochtenen Bescheides lautet auszugsweise wie folgt:

"Dem Antrag der Steweag-STEG GmbH vom 5. Juli 2004 wird stattgegeben.

1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die verordneten Systemnutzungsentgelte auf Basis der aus dem Netz der Antragstellerin erfolgten Einspeisung bei jedem Zählpunkt und somit bei jeder Übergabestelle zu bezahlen und keine zeitgleiche Summenbildung von Leistungsbezugswerten vorzunehmen.

2. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin einen Betrag von EUR 26.607,41 zuzüglich 5 % Zinsen aus (Zeitpunkte zwischen Juli 2002 und Juni 2004) binnen vier Wochen bei sonstiger Exekution zu bezahlen."

Die belangte Behörde hielt den Antrag für zulässig, weil sie über Streitigkeiten zwischen Netzzugangsberechtigten und Netzbetreibern über die aus diesem Verhältnis entspringenden Verpflichtungen, insbesondere die anzuwendenden Bedingungen und Systemnutzungstarife zu entscheiden habe. Dem Einwand der Antragsgegnerin, es werde über dieselbe Sache neuerlich entschieden, wurde erwidert, dass der Bescheid der belangten Behörde vom 11. September 2002 sich auf einen anderen Zeitraum bezogen habe und dass dieser Bescheid durch die Anrufung des Gerichtes außer Kraft getreten sei. Im Übrigen wurde in der Sache begründet, warum die Berechnungsweise der Antragstellerin den rechtlichen Vorgaben für die Verrechnung der Systemnutzungstarife entspreche.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde räumte die Beschwerdeführerin ein, dass sie zur Wahrung ihrer sämtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten in Bezug auf die mit dem angefochtenen Bescheid entschiedene Sache mit Schriftsatz vom 24. September 2004 auch eine Klage gegen die Antragstellerin beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz eingebracht habe. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sie sich in ihrem Recht auf Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache und damit in ihrem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt, weiters in ihrem Recht auf gesetzesgemäße Bestimmung des für die Netznutzung zu zahlenden Entgeltes. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit "infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG", hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG.

Als ersten der drei geltend gemachten Beschwerdegründe nennt die Beschwerdeführerin die Rechtswidrigkeit wegen "Unzulässigkeit des Verwaltungsweges und wegen Verletzung des Grundsatzes der Einmaligkeit der Entscheidung". Punkt 1 des angefochtenen Bescheides sei wortident mit Punkt 1 des Bescheides der belangten Behörde vom 11. September 2002, weshalb in derselben Verwaltungssache zwischen denselben Parteien zwei Entscheidungen gefällt worden wären. Die seinerzeit getroffene Entscheidung sei in formelle Rechtskraft erwachsen, woraus deren Unwiederholbarkeit folge. Mit der Anrufung des Gerichtes sei die Kompetenz zur Entscheidung endgültig auf das Gericht übergegangen, einer neuerlichen Befassung der Behörde mit derselben Sache sei der Umstand entgegen gestanden, dass die Behörde als Verwaltungsbehörde nicht mehr zuständig gewesen wäre, eine Entscheidung in dieser Angelegenheit zu fällen. Wäre der Grundsatz der Einmaligkeit der Entscheidung deshalb nicht anwendbar, weil der Bescheid der belangten Behörde mit Anrufung des Gerichtes außer Kraft trete, könnte die belangte Behörde ihre Entscheidung jedes Mal nach Anrufung des Gerichtes durch jene Partei, die sich mit der Entscheidung nicht zufrieden gibt, wiederholen und dieser Partei jedes Mal von neuem das mit einer solchen Klage verbundene Prozessrisiko aufbürden. Für das Leistungsbegehren zur Zahlung eines Betrages von EUR 26.607,91 sei die Vorfrage zu beurteilen gewesen, ob die Antragstellerin berechtigt war, die Netzentgelte auf Basis der aus dem öffentlichen Netz erfolgten Einspeisung bei jedem Zählpunkt zu ermitteln. Genau diese Vorfrage sei aber Inhalt von Punkt 1 des Spruches des Bescheides der belangten Behörde vom 11. September 2002 und Inhalt des Feststellungsbegehrens in der Klage vom 17. Oktober 2002 gewesen. Da die Entscheidung über diese Vorfrage als Hauptfrage in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte falle, wäre die belangte Behörde an das vom Gericht auf Grund der Feststellungsklage zu treffende Urteil gebunden, sodass für eine Streitschlichtung kein Platz mehr sei.

Als Verfahrensmangel wird gerügt, dass Punkt 1 des angefochtenen Bescheides die in § 59 Abs. 2 AVG geforderte Bestimmtheit nicht aufweise und dass keine mündliche Verhandlung durchgeführt worden sei. Unter dem Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit des Inhaltes wird die Berechnungsweise der Beschwerdeführern, die zur vorgenommenen Kürzung führte, dargelegt.

Die Beschwerde ist nicht zulässig.

Die Abs. 1 und 2 des § 21 ElWOG in der Fassung BGBl. I Nr. 121/2000 lauten:

"§ 21. (unmittelbar anwendbares Bundesrecht)

(1) In Streitigkeiten zwischen Netzzugangsberechtigten und Netzbetreibern über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung des Netzzuganges entscheidet - sofern keine Zuständigkeit des Kartellgerichtes (§ 43 Kartellgesetz 1988, BGBl. Nr. 600) vorliegt - die Elektrizitäts-Control Kommission.

(2) In allen übrigen Streitigkeiten zwischen Netzzugangsberechtigten und Netzbetreibern über die aus diesem Verhältnis entspringenden Verpflichtungen, insbesondere die anzuwendenden Bedingungen und Systemnutzungstarife, entscheiden die Gerichte. Eine Klage kann erst nach Zustellung des Bescheides der Elektrizitäts-Control Kommission im Streitschlichtungsverfahren gemäß Artikel 8 § 7 Abs. 2 oder nach Verstreichen der im Artikel 8 § 7 Abs. 3 vorgesehenen Frist eingebracht werden."

§ 16 Energie-Regulierungsbehördengesetz (Energieliberalisierungsgesetz), BGBl. I Nr. 121/2000 in der Fassung BGBl. I Nr. 148/2002 (E-RBG), lautet auszugsweise:

"§ 16. (1) (Verfassungsbestimmung)

Der Energie-Control Kommission sind folgende Aufgaben zugewiesen:

...

5. die Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Marktteilnehmern (§ 21 ElWOG);

...

(3) Die Energie-Control Kommission hat in den Fällen des Abs. 1 Z 1 sowie 3 bis 6, 8 bis 12, 14 bis 17, 19 und 21 und des Abs. 2 bescheidmäßig zu entscheiden. Die Partei, die sich mit Entscheidungen gemäß Abs. 1 Z 3, 5, 6 und 9 nicht zufrieden gibt, kann die Sache innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides bei Gericht anhängig machen. Durch die Anrufung des Gerichts tritt die Entscheidung der Energie-Control Kommission außer Kraft. Sie tritt jedoch wieder in Kraft, wenn der Antrag auf Entscheidung des Gerichts zurückgezogen wird. Die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung gegen den Ablauf der Anrufungsfrist obliegt dem Gericht; der Wiedereinsetzungsantrag ist unmittelbar bei Gericht einzubringen.

..."

Abgesehen davon, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schon die bloße Möglichkeit der Anrufung der ordentlichen Gerichte im Fall der gesetzlich vorgesehenen sukzessiven Zuständigkeit die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in derselben Angelegenheit ausschließt (siehe beispielsweise den hg. Beschluss vom 26. September 1994, Zl. 92/10/0423), kommt hier das Faktum hinzu, dass die Beschwerdeführerin bereits den Rechtsweg beschritten hat. Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall nicht von jenem, den der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 24. November 2003, B 1171/03, entschieden hat. Der Verfassungsgerichtshof führte aus, dass angesichts dieser Möglichkeit der Rechtsdurchsetzung der vorliegende Bescheid nicht vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes angefochten werden kann, zumal bereits eine Klage bei den ordentlichen Gerichten anhängig und der Bescheid daher außer Kraft getreten ist.

In seinem Beschluss vom 1. Oktober 2002, VfSlg. 16.648, verwies der Verfassungsgerichtshof auf seine frühere Rechtsprechung zu § 40 Abs. 1 MRG, wonach sowohl bei einer meritorischen als auch bei einer (hier gar nicht vorliegenden) zurückweisenden Entscheidung durch die Verwaltungsbehörde die Entscheidung mit Anrufung des Gerichtes außer Kraft trete und dem Gericht die volle Jurisdiktion in der eigentlichen Sache eröffne. Diese Rechtsprechung sei auf die im Wesentlichen gleich lautenden Regelungen des ElWOG und des BG Regulierungsbehörden übertragbar.

Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich dieser Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes an. Die auch hier durch die Anrufung des Gerichtes und das Außerkrafttreten des angefochtenen Bescheides eröffnete volle Jurisdiktion der Gerichte verbietet die von der Beschwerdeführerin geforderte und in ihren Beschwerdegründen dargelegte Überprüfung - in welcher Richtung auch immer - des angefochtenen Bescheides. Abgesehen davon, dass nunmehr alleine dem Gericht die Sachentscheidungskompetenz über den Antrag vom 5. Juli 2004 zukommt, kann ein außer Kraft getretener Bescheid Rechte der Beschwerdeführerin nicht verletzen. Selbst wenn die Beschwerde vor Einbringung der Klage eingebracht worden wäre, müsste die Klagseinbringung zu einer Klaglosstellung und Einstellung des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 33 Abs. 1 VwGG führen.

Jedenfalls steht der vorliegenden Beschwerde der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegen, sodass sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.

Wien, am 9. November 2004

Schlagworte

Allgemein Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Gerichtliche oder schiedsgerichtliche Entscheidungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004050229.X00

Im RIS seit

17.01.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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