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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1991 §18 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde des H in T, geboren 1980, vertreten durch Dr. Gernot Gruböck, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Beethovengasse 4-6, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 28. November 2002, Zl. 232.001/0-V/15/02, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einem Verfahren nach dem AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von EUR 908,00 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro (ehemals Bundesrepublik Jugoslawien) albanischer Volkszugehörigkeit aus dem Kosovo, reiste am 11. September 2002 in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag den Antrag auf Gewährung von Asyl. Dieser Asylantrag wurde vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 25. September 2002 gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.); weiters wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die BR Jugoslawien, Provinz Kosovo, gemäß § 8 AsylG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.).
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung. Die Berufungserklärung und die Berufungsanträge waren in deutscher Sprache verfasst, die Berufungsbegründung erfolgte handschriftlich in albanischer Sprache.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 22. Oktober 2002 wurde der Beschwerdeführer unter Setzung einer zweiwöchigen Frist gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgefordert, "die Berufung bzw. Berufungsbegründung in einer Amtssprache der Vereinten Nationen oder in deutscher Sprache zu verfassen und der erkennenden Behörde vorzulegen". Dies erfolgte nicht.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28. November 2002 wurde die Berufung gemäß § 13 Abs. 3 iVm § 63 Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Berufung sei auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach an eine von einem der deutschen Sprache nicht kundigen und rechtsfreundlich nicht vertretenen Asylwerber eingebrachte Berufung keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden dürfen, nicht einmal ansatzweise entnehmbar, worin die Unrichtigkeit des bekämpften Bescheides gelegen sein soll, womit es an einem "begründeten" Berufungsantrag im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG fehle. Auf Grund der durch BGBl. I Nr. 158/1998 erfolgten Novellierung des § 13 Abs. 3 AVG sei im Falle des Fehlens eines begründeten Berufungsantrages eine Berufung nach § 13 Abs. 3 AVG zur Verbesserung innerhalb einer gleichzeitig zu bestimmenden - angemessenen - Frist zurückzustellen. Gehe es aber um die aufgetragene Verbesserung eines fristgebundenen Antrages, wie etwa eines Rechtsmittels, so bewirke nur die rechtzeitige Behebung des Mangels die ursprünglich rechtzeitige Einbringung der Eingabe. Im gegenständlichen Fall sei der aufgetragenen Verbesserung nicht innerhalb der gesetzten Frist von zwei Wochen entsprochen worden, weshalb die Berufung als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
§ 24 Abs. 2 AsylG in der hier anzuwendenden Fassung vor der AsylG-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 101, lautet:
"Anträge nach diesem Bundesgesetz können formlos in jeder geeignet erscheinenden Weise gestellt werden. Anträge nach diesem Bundesgesetz können schriftlich auch in einer der Amtssprachen der Vereinten Nationen gestellt werden. Soweit solche Anbringen nicht in deutscher Sprache eingebracht werden, sind sie von Amts wegen zu übersetzen. Die Sicherheitsbehörde hat bei mündlichen Anträgen darauf hinzuwirken, daß der Antragsteller eine Abgabestelle im Sinne des § 4 des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, nennt."
Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde werden bei der Regelung der amtswegigen Übersetzungspflicht in § 24 Abs. 2 dritter Satz AsylG nicht ausschließlich (die im zweiten Satz des § 24 Abs. 2 AsylG angeführten) Anträge "in einer der Amtssprachen der Vereinten Nationen" erfasst:
Die Wortfolge "solche Anbringen" im dritten Satz des § 24 Abs. 2 AsylG bezieht sich nämlich auf die im ersten Satz dieser Bestimmung genannten "Anträge nach diesem Bundesgesetz", wozu auch Berufungen nach dem AsylG zählen (vgl. auch Schmid/Frank, Asylgesetz 1997 (2001), S 328). Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde bezieht sich der dritte Satz des § 24 Abs. 2 AsylG nicht nur auf die im zweiten Satz des § 24 Abs. 2 AsylG genannten "Anträge ... in einer der Amtssprachen der Vereinten Nationen", da Deutsch nicht zu den Amtssprachen der Vereinten Nationen zählt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 1997, Zl. 97/01/0380) und daher für diese Anträge der Einleitungs(halb)satz "Soweit solche Anbringen nicht in deutscher Sprache eingebracht werden" nicht zutreffen kann.
Auch kann dem Gesetzgeber (bezogen auf den vorliegenden Fall) nicht unterstellt werden, er habe gewollt, der Beschwerdeführer müsse im Wege einer Verbesserung nach § 13 Abs. 3 AVG sein Anbringen in eine der Amtssprachen der Vereinten Nationen - etwa Chinesisch - übersetzen (lassen) und die Behörde müsse diese Übersetzung sodann von Amts wegen ins Deutsche übersetzen (lassen).
Berufungen nach dem AsylG, die nicht in deutscher Sprache eingebracht werden, sind daher gemäß § 24 Abs. 2 dritter Satz AsylG von Amts wegen zu übersetzen.
Sofern diese Rechtsfrage in den hg. Erkenntnissen vom 19. Oktober 1994, Zl. 94/01/0294 (VwSlg. 14.139 A), und vom 11. Juni 1997, Zl. 97/01/0380, die sich auf § 18 Abs. 3 Asylgesetz 1991 beziehen, anders beantwortet worden sein sollte, ist im Hinblick auf den Umstand, dass die vorliegende Entscheidung zu einem formell neuen Gesetz ergeht, keine Verstärkung des nunmehr entscheidenden Senates erforderlich.
Da die belangte Behörde im vorliegenden Fall verkannte, dass die vom Beschwerdeführer (zum Teil) nicht in deutscher Sprache eingebrachte Berufung gemäß § 24 Abs. 2 dritter Satz AsylG von Amts wegen zu übersetzen war, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 9. November 2004
Schlagworte
Formgebrechen behebbare AmtsspracheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003010447.X00Im RIS seit
22.12.2004