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32/06 Verkehrsteuern;Norm
BewG 1955 §1 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Puttinger, Vogl & Partner, Rechtsanwaltspartnerschaft in 4910 Ried im Innkreis, Rainerstraße 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 16. März 2004, Zlen. RV/1275-L/2002 und RV/1276-L/2002, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Übergabsvertrag vom 6. Juni 2001 übergaben die Ehegatten Johann und Franziska H. ihrem Sohn, dem Beschwerdeführer, den den Übergebern je zur Hälfte gehörigen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb; auf den übergebenen Liegenschaften befand sich auch ein Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Als Gegenleistung wurden ein Übergabspreis von S 600.000,-- sowie verschiedene Wohnungs- und Ausgedingsrechte vereinbart. In Punkt 13. des Übergabsvertrages wurde "für die Gebührenbemessung" festgestellt, dass die Übergabsliegenschaften im Gesamtausmaß von 22 Hektar und 58 Ar einen Einheitswert von S 199.000,-- (land- und forstwirtschaftliches Vermögen) hätten und das "sonstige(s) bebaute(s) Grundstück (übersteigender Wohnungswert)" einen Einheitswert von S 226.000,-- hätte.
Für den übergebenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb hat das Finanzamt R mit Bescheid vom 1. Jänner 1998 einen Einheitswert von S 199.000,-- festgestellt. Das selbe Finanzamt bezifferte im Grundsteuermessbescheid vom 27. Februar 1991 den Einheitswert des Steuergegenstandes "sonstiges bebautes Grundstück" mit S 226.000,--.
Für den genannten Übergabsvertrag wurde die Grunderwerbsteuer mit Bescheid des Finanzamtes U vom 19. Oktober 2001 (Berufungsvorentscheidung) "gemäß § 7 Z. 1 GrEStG 1987 2% vom Wert der land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke (§ 4 Abs. 2 Z. 2 GrEStG 1987) in Höhe von 199.000,-- S" mit S 3.980,-- festgesetzt.
Mit Bescheiden vom 25. September 2001 setzte das Finanzamt U die Schenkungssteuer für jeden der beiden übergebenen Anteile mit S 6.584,-- fest. Als Bemessungsgrundlage zog die Behörde jeweils den "steuerlich maßgeblichen Wert der Grundstücke" in der Höhe von S 162.981,-- abzüglich eines Freibetrages gemäß § 14 Abs. 1 ErbStG von S 30.000,--, somit einen Betrag von (gerundet) S 132.980,-- heran. Nach der Begründung ist sie von einer "anteilig auf das Sonstig bebaute Grundstück entfallende(n) Gegenleistung in Höhe von S 352.038,46" ausgegangen, welcher Betrag vom dreifachen Einheitswert von S 678.000,-- abzuziehen gewesen sei.
Auf Grund der gegen diese Bescheide erhobenen Berufung erließ das Finanzamt U zwei gleichlautende Berufungsvorentscheidungen vom 19. Oktober 2001, in denen es die Berufung jeweils als unbegründet abgewiesen hat. Nach der Begründung habe das Finanzamt R für den Übergabsgegenstand Einheitswerte als "land- und forstwirtschaftlichen Betrieb" von S 199.000,-- und als "sonstiges bebautes Grundstück" von S 226.000,-- festgestellt. Das für die Erhebung von Grunderwerbsteuer zuständige Finanzamt sei bezüglich der Einheitswerte an die Feststellungen des zuständigen Lagefinanzamtes gebunden. Der Wohnungswert sei lediglich bis zu einem Wert von S 30.000,-- Bestandteil des Vergleichswertes. Übersteige der ermittelte Wert diesen Betrag, so sei der übersteigende Teil als "sonstiges bebautes Grundstück" dem Grundvermögen zuzurechnen und bilde eine eigene wirtschaftliche Einheit. Nach § 30 Abs. 2 Z 4 BewG gelte der übersteigende Wohnungswert ausdrücklich nicht als Teil des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes. Die Begünstigung des § 15a ErbStG erstrecke sich daher nicht auf den übersteigenden Wohnungswert.
Auf Grund des Vorlageantrages des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung gab sie das Verwaltungsgeschehen wieder und stellte rechtliche Überlegungen darüber an, ob zu Wohnzwecken genützte Gebäude zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehörten. Die belangte Behörde verneinte diese Frage und damit das Vorliegen einer nur für Betriebe geltenden Schenkungssteuerbefreiung im Sinne des § 15a ErbStG.
In der gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrsvorschriften erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Befreiung von der Schenkungssteuer gemäß § 15a ErbStG verletzt.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Strittig ist im Beschwerdefall, ob das übergebene Wohn- und Wirtschaftsgebäude Teil des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes und damit von der Befreiungsbestimmung nach § 15a ErbStG umfasst ist oder zum Grundvermögen gehört.
Die mit dem Steuerreformgesetz 2000, BGBl. I Nr. 106/1999, eingeführte Bestimmung des § 15a ErbStG lautet auszugsweise:
"(1) Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen unter Lebenden von Vermögen gemäß Abs. 2, sofern der Erwerber eine natürliche Person ist und der Geschenkgeber das 55. Lebensjahr vollendet hat ..., bleiben nach Maßgabe der Abs. 3 und 4 bis zu einem Wert von 365.000,-- EUR (Freibetrag) steuerfrei.
(2) Zum Vermögen zählen nur
1. inländische Betriebe und inländische Teilbetriebe, die der Einkunftserzielung gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes 1988, in der jeweils geltenden Fassung, dienen;
...
(3) Der Freibetrag (Freibetragsteil gemäß Abs. 4) steht bei jedem Erwerb von Vermögen gemäß Abs. 2 zu, wenn Gegenstand der Zuwendung des Erblassers (Geschenkgebers) ist
1. ein Anteil von mindestens einem Viertel des Betriebes, ..."
Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu dieser Bestimmung (1766 BlgNR XX.GP) sollten als begünstigungsfähiges Vermögen gemäß Abs. 2 Betriebe und Teilbetriebe angesehen werden, bei denen nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften Einkünfte unter anderem aus Land- und Forstwirtschaft bezogen werden.
Gemäß § 1 Abs. 2 Bewertungsgesetz 1955 (BewG) gelten die Bestimmungen des ersten Abschnitts des zweiten Teiles dieses Bundesgesetzes (§§ 19 bis 68) nach näherer Regelung durch die in Betracht kommenden Gesetze auch unter anderem für die Erbschafts- und Schenkungssteuer und die Grunderwerbsteuer.
Gemäß § 19 ErbStG richtet sich die Bewertung, soweit nicht im Abs. 2 etwas Besonderes vorgeschrieben ist, nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (Abs. 1). Für inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen, für inländisches Grundvermögen und für inländische Betriebsgrundstücke ist das Dreifache des Einheitswertes maßgebend, der nach den Vorschriften des Zweiten Teiles des Bewertungsgesetzes (§§ 19 bis 68) auf den dem Entstehen der Steuerschuld unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist oder festgestellt wird (Abs. 2).
§ 33 BewG lautet auszugsweise:
"Wohnungswert
(1) Wohnungswert ist der Wert der Gebäude oder Gebäudeteile, die dem Betriebsinhaber, seinen Familienangehörigen, den Ausnehmern und den überwiegend im Haushalt des Betriebsinhabers beschäftigten Personen als Wohnung dienen. Der Wohnungswert ist bei den unter § 29 Z. 1 und 3 genannten Unterarten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens bis zu einem, nach den Vorschriften über die Bewertung von bebauten Grundstücken ermittelten Wohnungswert von 2.180,185 Euro (bis 31. Dezember 2001 S 30.000,--) Bestandteil des Vergleichswertes (§ 39).
(2) Übersteigt jedoch der nach den Vorschriften über die Bewertung von bebauten Grundstücken ermittelte Wohnungswert den in Abs. 1 genannten Betrag, so ist der den Betrag von 2.180,185 Euro (S 30.000,--) übersteigende Teil des Wohnungswertes als sonstiges bebautes Grundstück (§ 54 Abs. 1 Z. 5) dem Grundvermögen zuzurechnen."
Die Bezugnahme im § 19 ErbStG auf die Maßgeblichkeit des Bewertungsgesetzes und die dort im § 33 BewG vorgenommene Zuordnung des einen bestimmten Betrag übersteigenden Wohnungswertes zum Grundvermögen lassen die vom Beschwerdeführer vertretene Ansicht, die Gebäude seien dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zuzurechnen, schon auf Grund des eindeutigen Gesetzeswortlautes nicht zu.
Auch in der Literatur wird die Meinung vertreten, der übersteigende Wohnungswert sei nicht nach § 15a ErbStG begünstig, es sei denn, es handle sich um Betriebsvermögen; die genannte Norm sei als Befreiungsbestimmung anzusehen, durch die ein großer Teil der Erwerbe von produktiv eingesetztem Vermögen, das bisher gegenüber Grundvermögen oder endbesteuertem Kapitalvermögen benachteiligt war, steuerfrei gestellt worden sei (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Rzen 1 und 6 zu § 15a ErbStG).
Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass das in Rede stehende Gebäude - unter Abzug des Freibetrages - dem Grundvermögen des Beschwerdeführers zuzurechnen und deshalb von der Befreiungsbestimmung des § 15a ErbStG nicht umfasst ist.
Allerdings ist die Beschwerde aus einem anderen Grund berechtigt:
Der Beschwerdeführer stellt in seiner Beschwerde eine Vergleichsrechnung an, die auf die Berechnung der belangten Behörde und damit auf jene der erstinstanzlichen Behörde Bezug nimmt. Diese ist in der Begründung von einer "anteilig(e) auf das Sonstig bebaute Grundstück entfallende Gegenleistung in Höhe von S 352.038,46" ausgegangen, welcher Betrag vom dreifachen Einheitswert von S 678.000,-- abzuziehen sei. Allerdings ergibt eine - im Rahmen des Beschwerdepunktes von Amts wegen durchgeführte - Überprüfung dieser Berechnung, dass der Anteil der Gegenleistung nicht der von der Behörde errechnete Betrag von S 352.038,46 sein kann, weil die beiden Einheitswerte von S 199.000,-
- und S 226.000,-- im Verhältnis von rund 47% zu 53% zueinander stehen, der hier maßgebliche Prozentsatz von 53% aber von der gesamten (sich aus der Aktenlage ergebenden) Gegenleistung von S 972.000,-- einen Betrag von circa S 515.160,-- ergibt. Wie die belangte Behörde einen Betrag von S 352.038,46 errechnet hat, kann nicht nachvollzogen werden. Bei der neuerlichen Berechnung wird die belangte Behörde auch zu beachten haben, dass gemäß § 33 Abs. 2 BewG nur der den Wohnungswert übersteigende Teil dem Grundvermögen zuzurechnen ist, somit der in dieser Bestimmung genannte Betrag vom (einfachen) Einheitswert abzuziehen ist.
Der angefochtene Bescheid ist daher inhaltlich rechtswidrig und war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 11. November 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004160095.X00Im RIS seit
13.12.2004Zuletzt aktualisiert am
16.05.2013