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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §33 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, in der Beschwerdesache der RS in F, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Götz und Dr. Rudolf Tobler jun., Rechtsanwälte in 7100 Neusiedl am See, Untere Hauptstraße 72, gegen den Gemeinderat der Marktgemeinde Jois wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit eines Kanalanschlussbeitrages und von Kanalbenützungsgebühren, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird, soweit sie sich auf die Vorschreibung von Kanalbenützungsgebühren für die Vorjahre des Jahres 1990 bezieht, als gegenstandslos erklärt und das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG eingestellt.
Das Verfahren wird im Übrigen gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eingestellt.
Die Marktgemeinde Jois hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 675,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Schreiben vom 6. November 2000 stellte die Beschwerdeführerin an den Bürgermeister der Marktgemeinde Jois den Antrag, er möge mit Bescheid feststellen, dass die in der Mahnung vom 20. Oktober 2000 verzeichneten Abgaben, nämlich Kanalbenützungsgebühr 1990 (und Vorjahre), 1991, 1992, 1993, 1994, 1995 und 1996, sowie der Kanalanschlussbeitrag durch Verjährung erloschen seien und somit der Abgabenanspruch der Marktgemeinde Jois durch Verjährung untergegangen sei.
1.2. Mit der als "Mahnung" bezeichneten Vorschreibung vom 20. Oktober 2000 hatte die Marktgemeinde Jois der Beschwerdeführerin einen Gesamtrückstand an Abgaben (Kanalbenützungsgebühr, Kanalanschlussbeitrag, Mahngebühr und Säumniszuschlag) von S 240.975,30 zur Zahlung vorgeschrieben.
1.3. Nachdem der Bürgermeister der Marktgemeinde Jois nicht binnen sechs Monaten über den Antrag entschieden hatte, stellte die Beschwerdeführerin einen Devolutionsantrag. Mit Bescheid vom 19. Dezember 2001 gab der Gemeinderat der Marktgemeinde Jois dem Devolutionsantrag keine Folge und wies den Antrag wegen Unzuständigkeit und entschiedener Sache zurück.
Auf Grund einer Vorstellung der Beschwerdeführerin hob die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See als Gemeindeaufsichtsbehörde mit Bescheid vom 7. März 2002 den Bescheid des Gemeinderates vom 19. Dezember 2001 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Marktgemeinde Jois. Nachdem zunächst keine neuerliche Erledigung erging, erhob die Beschwerdeführerin die zur hg. Zl. 2002/17/0288 protokollierte Säumnisbeschwerde.
Mit (nachgeholtem) Bescheid vom 19. Dezember 2002 gab sodann der Gemeinderat der Marktgemeinde Jois dem Antrag der Beschwerdeführerin hinsichtlich des Kanalanschlussbeitrages und der Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 1990 Folge, wies den Antrag auf negative Feststellung jedoch im Übrigen ab und stellte fest, dass für die "Vorjahre von 1990, also bis einschließlich 1989" und für die Folgejahre von 1990 die in der "Mahnung vom 20.10.2000 berücksichtigten öffentlichen Abgaben nicht erloschen" seien und ein Abgabenanspruch bestehe. Dieser Bescheid wurde dem Verwaltungsgerichtshof in dem Verfahren zur Zl. 2002/17/0288 nicht vorgelegt.
Die Beschwerdeführerin erhob neuerlich Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Jois vom 19. Dezember 2002.
Mit Bescheid vom 24. April 2003 der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See wurde auch der Bescheid vom 19. Dezember 2002 behoben, soweit damit dem Antrag der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben wurde.
1.4. Nachdem neuerlich kein Ersatzbescheid durch den Gemeinderat erlassen wurde, erhob die Beschwerdeführerin die hier vorliegende Säumnisbeschwerde. Im Zuge dieses Beschwerdeverfahrens erlangte der Verwaltungsgerichtshof auf Grund seiner Anfrage vom 20. November 2003, Zl. 2002/17/0288-4, Kenntnis vom Bescheid des Gemeinderates vom 19. Dezember 2002. Daraufhin wurde mit Beschluss vom 23. April 2004 das hg. Verfahren zur Zl. 2002/17/0288 eingestellt.
Mit Verfügung vom 18. Februar 2004 leitete der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren ein und trug der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Diese Verfügung wurde der belangten Behörde am 23. Februar 2004 zugestellt.
1.5. Mit Schreiben vom 21. September 2004 legte die belangte Behörde den Bescheid vom 20. September 2004, Zl. GR-13-11-Ca/2004, vor, mit dem über den Feststellungsantrag vom 16. November 2000 entschieden wurde. Der Bescheid wurde auch den Beschwerdevertretern zugestellt.
Der Bescheid erledigt den Antrag spruchgemäß insoweit stattgebend, als er sich auf den Abgabenanspruch hinsichtlich Kanalanschlussbeitrag und Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 1990 bezieht und diesbezüglich feststellt, dass der Abgabenanspruch durch Verjährung erloschen ist. Hinsichtlich der Kanalbenützungsgebühren für die Jahre 1991 bis 2000 (für das Jahr 2000, soweit die Kanalbenützungsgebühren in der Mahnung vom 20. Oktober 2000 berücksichtigt wurden) weist die belangte Behörde den Antrag auf Feststellung des Erlöschens der Abgabenschulden ab und stellt fest, dass die in der Mahnung vom 20. Oktober 2000 berücksichtigten öffentlichen Abgaben nicht erloschen sind und ein Abgabenanspruch besteht.
Kein formeller Abspruch erfolgte über die von der Säumnisbeschwerde erfassten Abgaben aus den Vorjahren vor 1990. 2.1. Der Bescheid des Gemeinderates vom 19. Dezember 2002 stellte das Erlöschen des Abgabenanspruches wörtlich nur für den Kanalanschlussbeitrag und die Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 1990, nicht jedoch für die Vorjahre fest. Der Verwaltungsgerichtshof richtete daher mit Schreiben vom 28. September 2004, Zl. 2003/17/0312-5, an die Beschwerdeführerin die Frage, ob die Säumnisbeschwerde hinsichtlich des die "Vorjahre von 1990" betreffenden Antragsteiles im Hinblick auf die in diesem Schreiben näher dargestellte Sachlage gegenstandslos geworden sei. Zu beachten sei dabei nämlich der ursprünglich geforderte Gesamtbetrag und die zwischenzeitig im Gefolge der Vorstellungsentscheidung hinsichtlich eines großen Teils der Forderung erfolgte Feststellung, dass die Schuld durch Verjährung erloschen sei. Denn der ursprünglich vorgeschriebene Kanalanschlussbeitrag, welcher mit Bescheid vom 19. Dezember 2002 für erloschen erklärt worden sei, belaufe sich auf S 123.951,--, der Gesamtbetrag habe S 240.975,30 ausgemacht, die Höhe der für die Jahre 1991 bis 2000 vorgeschriebenen Kanalbenützungsgebühren belaufe sich auf S 117.484,68; es dürfte sich sohin kein offener Abgabenbetrag für die Vorjahre des Jahres 1990 ergeben.
Mit Schreiben vom 18. Oktober 2004 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie von der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde in dem dargestellten Umfang ausgehe.
Es war daher insoweit der Eintritt der Gegenstandslosigkeit der Säumnisbeschwerde auszusprechen und das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.
2.2. Durch die Erlassung des Bescheides vom 20. September 2004, Zl. GR-13-11-C-a/2004, wurde hinsichtlich des restlichen Antrages vom 6. November 2000 der ausständige Bescheid von der belangten Behörde nachgeholt.
Es war daher das Säumnisbeschwerdeverfahren in diesem Umfang gemäß § 36 Abs. 2 VwGG einzustellen.
2.3. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 55 Abs. 1 zweiter Satz VwGG VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 16. November 2004
Schlagworte
SäumnisbeschwerdeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003170312.X00Im RIS seit
08.03.2005