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L67007 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Tirol;Norm
BVergG 2002 §166 Abs1 Z7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der S GmbH in H, vertreten durch Dr. Johannes Margreiter, Rechtsanwalt in 6060 Hall in Tirol, Pfarrplatz 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 6. Mai 2002, Zl. uvs- 2002/K11/001-6, betreffend Nachprüfung nach dem Tiroler Vergabegesetz 1998 (mitbeteiligte Partei: Arbeitsgemeinschaft B-M, bestehend aus 1. Ing. B BaugmbH & Co KG in K und 2. M Bau GmbH in K, vertreten durch Dr. Hansjörg Zink, Dr. Georg Petzer, Dr. Herbert Marschitz und Dr. Peter Petzer, Rechtsanwälte in 6330 Kufstein, Unterer Stadtplatz 24), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 16. Dezember 1996 stellte die mitbeteiligte Partei (neben dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) den Antrag, das Landesvergabeamt Tirol wolle ein Nachprüfungsverfahren einleiten und "entscheiden, dass die
Antragstellerin .... Best- und Billigstbieterin im offenen
Verfahren Baumeisterarbeiten, Garagen-, Schul- und Sportanlage, Untere Stadt, Hall in Tirol, ist". Auftraggeberin in diesem Vergabeverfahren war die Beschwerdeführerin.
Mit Schreiben vom 2. Jänner 1997 teilte die Beschwerdeführerin der mitbeteiligten Partei mit, ihr Angebot sei ausgeschieden worden.
Am 8. Jänner 1997 erteilte die Beschwerdeführerin einem anderen Bieter den Zuschlag.
Mit Schreiben vom 8. Jänner 1997 stellte die mitbeteiligte Partei neuerlich (neben dem Antrag auf Ergänzung der einstweiligen Verfügung) den Antrag, das Landesvergabeamt Tirol wolle ein Nachprüfungsverfahren einleiten und "entscheiden, dass die
Antragstellerin .... Best- und Billigstbieterin im offenen
Verfahren Baumeisterarbeiten, Garagen-, Schul- und Sportanlage, Untere Stadt, Hall in Tirol, ist".
Mit Bescheid des Tiroler Landesvergabeamtes vom 25. Februar 1997 wurde festgestellt, dass im Vergabeverfahren "Projekt: Garagen-, Schul- und Sportanlage, Untere Stadt, Hall in Tirol, Gewerk Baumeisterarbeiten" der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde. Der Antrag der Beschwerdeführerin, gemäß § 12 Abs. 2 Tiroler Vergabegesetz festzustellen, dass der mitbeteiligten Partei auch bei Einhaltung des Tiroler Vergabegesetzes oder einer Verordnung auf Grund dieses Gesetzes der Zuschlag nicht erteilt worden wäre, wurde abgewiesen.
Mit Erkenntnis vom 13. Juni 2000, VfSlg. 15.790, wurde dieser Bescheid durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) aufgehoben, da vom äußeren Anschein her Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Mitglieder des Tiroler Landesvergabeamtes entstehen konnten und die Zusammensetzung dieses Organs aus diesem Grund Art. 6 EMRK nicht entsprochen hatte.
Zu der in der Folge ergangenen und als Bescheid bezeichneten Erledigung des Tiroler Landesvergabeamtes vom 11. September 2000 hielt der VfGH mit Beschluss vom 26. November 2001, VfSlg. 16.337, fest, ihr komme Bescheidqualität nicht zu, da gemäß § 6 Tiroler Vergabegesetz 1998 in der Fassung der Novelle LGBl. 59/2000 der unabhängige Verwaltungssenat in Tirol zuständig sei und die Erledigung sohin von einer nicht (mehr) existenten Verwaltungsbehörde erlassen worden sei.
Mit Bescheid vom 6. Mai 2002 stellte der unabhängige Verwaltungssenat in Tirol fest, dass im Vergabeverfahren Projekt "Garagen-, Schul- und Sportanlagen, Untere Stadt, Hall in Tirol, Gewerk Baumeisterarbeiten" der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde und wies den Antrag der Beschwerdeführerin ab, gemäß § 12 Abs. 2 Tiroler Vergabegesetz 1994 festzustellen, dass der mitbeteiligten Partei auch bei Einhaltung des Tiroler Vergabegesetzes oder einer hiezu ergangenen Verordnung der Zuschlag nicht erteilt worden wäre.
Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und des festgestellten Sachverhaltes im Wesentlichen aus, im vorliegenden Fall seien transparente Zuschlagskriterien in der Ausschreibung nicht angeführt worden, sodass davon auszugehen sei, der Zuschlag sei nicht an den Bestbieter erfolgt. Weiters sei die Ausscheidung des Angebotes der mitbeteiligten Partei durch die Beschwerdeführerin nicht schlüssig und fachlich nicht begründet gewesen.
Mit Beschluss vom 23. September 2002, B 1116/02, lehnte der VfGH die Behandlung der von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat diese Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrer vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde ihrem gesamten Vorbringen nach im Recht auf eine dem § 20 TVergG 1998 entsprechende Feststellung verletzt.
Sie bringt hiezu im Wesentlichen vor, das gegenständliche Vergabeverfahren sei gemäß § 29 TVergG 1998 in materiellrechtlicher Hinsicht nach dem Tiroler Vergabegesetz, LGBl. Nr. 87/1994, zu Ende zu führen gewesen. Mit dem angefochtenen Bescheid sei durch die belangte Behörde gemäß § 12 Abs. 2 TVergG, LGBl. Nr. 87/1994, festgestellt worden, dass im vorliegenden Vergabeverfahren der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt worden sei. Richtigerweise hätte die belangte Behörde jedoch gemäß § 20 TVergG 1998 feststellen müssen, ob der (durch die mitbeteiligte Partei) behauptete Rechtsverstoß vorliege. Der Vergabekontrollbehörde komme keine Befugnis zu, eine Vergabeentscheidung in jede Richtung zu überprüfen, sondern sie sei an die im Nachprüfungsantrag behaupteten Rechtswidrigkeiten gebunden. Im vorliegenden Fall habe der Nachprüfungsantrag der mitbeteiligten Partei die gemäß § 17 Abs. 3 TVergG 1998 bzw. § 8 Abs. 4 TVergG zwingend geforderten Angaben nicht enthalten, weshalb es nicht möglich sei, eine Feststellung gemäß § 20 TVergG 1998 zu treffen.
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Vergabegesetzes 1998, LGBl. 17/1998 idF LGBl. Nr. 59/2000 (TVergG 1998), lauten:
"§ 17
Einleitung des Nachprüfungsverfahrens
...
(3) Der Antrag hat zu enthalten:
1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens sowie der angefochtenen Entscheidung;
....
6. ein bestimmtes Begehren.
§ 19
Nachprüfungsentscheidung vor Zuschlagserteilung
(1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine im Zuge des Vergabeverfahrens ergangene Entscheidung eines Auftraggebers mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn sie
a) im Widerspruch zu den Bestimmungen dieses Gesetzes oder der hiezu erlassenen Verordnungen steht und
b) für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.
§ 20
Nachprüfungsentscheidung nach Zuschlagserteilung
Nach erfolgten Zuschlag hat der unabhängige Verwaltungssenat bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 19 Abs. 1 bloß festzustellen, ob der behauptete Rechtsverstoß vorliegt oder nicht.
§ 29
In- und Außerkrafttreten,
Übergangsbestimmungen
....
Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes anhängigen Verfahren sind in materiellrechtlicher Hinsicht nach dem Tiroler Vergabegesetz, LGBl. Nr. 87/1994, zu Ende zu führen."
§ 8 Tiroler Vergabegesetzes, LGBl. 87/1994 (TVergG), lautete auszugsweise:
"§ 8
Einleitung des Verfahrens
...
(4) Ein Antrag nach Abs. 1 hat zu enthalten:
a) die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens und der angefochtenen Entscheidung;
...
f) ein bestimmtes Begehren;
..."
Gemäß § 29 TVergG 1998 sind für anhängige Verfahren die Bestimmungen des TvergG nur "in materiellrechtlicher Hinsicht" anzuwenden, während das TVergG 1998 hinsichtlich der Behörden und des Verfahrens Anwendung findet (vgl. zur vergleichbaren Bestimmung des § 40 Abs. 2 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 das hg. Erkenntnis vom 30. September 1999, Zl. 99/02/0039 mwN). Daher hatte die belange Behörde im vorliegenden Fall als die (nach der Novelle LGBl. 59/2000) zuständige Vergabekontrollinstanz (vgl. hiezu bereits den Beschluss des VfGH vom 26. November 2001, VfSlg. 16.337) hinsichtlich des Nachprüfungsverfahrens den zweiten Teil, 2. Abschnitt des TVergG 1998 ("Nachprüfungsverfahren") anzuwenden.
Im vorliegenden Fall hat die mitbeteiligte Partei beantragt, die belangte Behörde (zum Zeitpunkt der Antragstellung: das Tiroler Landesvergabeamt) wolle ein Nachprüfungsverfahren
einleiten und "entscheiden, dass die Antragstellerin .... Best-
und Billigstbieterin im offenen Verfahren Baumeisterarbeiten, Garagen-, Schul- und Sportanlage, Untere Stadt, Hall in Tirol, ist".
Dieses auf die Auswahl der mitbeteiligten Partei als Best- und Billigstbieterin gerichtete Begehren ist schon deshalb verfehlt, da dem unabhängigen Verwaltungssenat nach dem Gesetz lediglich die Befugnisse zukommen, vor Zuschlagserteilung eine im Zuge des Vergabeverfahrens ergangene Entscheidung eines Auftraggebers für nichtig zu erklären (§ 19 Abs. 1 TVergG 1998) bzw. nach Zuschlagserteilung festzustellen, ob der behauptete Rechtsverstoß vorliegt oder nicht (§ 20 TVergG 1998). Dem Unabhängigen Verwaltungssenat kommt als Vergabekontrollbehörde jedoch nach dem Gesetz nicht die Befugnis zu, an Stelle des öffentlichen Auftraggebers die Auswahl des Best- bzw. Billigstbieters vorzunehmen.
Aus dem (zum Zeitpunkt der Einbringung der Nachprüfungsanträge geltenden) § 8 Abs. 4 lit. f TVergG sowie aus dem (zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden) § 17 Abs. 3 Z 6 TVergG 1998 ergibt sich (übereinstimmend), dass ein Nachprüfungsantrag (im Sinne des § 8 Abs. 1 TVergG bzw. § 17 Abs. 1 TVergG 1998) ein bestimmtes Begehren zu enthalten hat. Diese Regelungen wären überflüssig, wenn die Behörde nicht an ein solches Begehren gebunden wäre. Eine rechtliche Grundlage für ein Umdeuten eines von vornherein verfehlten Begehrens lässt sich aus den Bestimmungen des Tiroler Vergabegesetzes 1998 nicht ableiten. (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 2000/04/0033, 0034, 0035, betreffend die vergleichbare Bestimmung des § 59 Abs. 3 Z 6 OÖ VergG sowie die hg. Erkenntnisse vom 27. September 2000, Zl. 2000/04/0051, und vom 24. Jänner 2001, Zl. 2001/04/0004, betreffend die vergleichen Bestimmungen des § 88 Abs. 3 Z 6 Stmk. VergG 1995 und § 107 Abs. 4 Z 6 StVergG 1998; zur neuen Rechtslage nach der Erlassung des BVergG 2002 vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. März 2004, Zl. 2004/04/0012, betreffend die vergleichbaren Bestimmungen der § 11 Abs. 1 Z 7 und § 13 Abs. 1 Z 5 K-VergRG sowie der § 166 Abs. 1 Z 7 und § 168 Abs. 1 Z 5 BVergG 2002).
Indem die belangte Behörde dieses verfehlte Begehren der mitbeteiligten Partei nicht als unzulässig zurückgewiesen, sondern in ein Feststellungsbegehren nach § 20 Tiroler TVergG 1998 umgedeutet hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003 BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 17. November 2004
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002040176.X00Im RIS seit
06.01.2005Zuletzt aktualisiert am
11.07.2010