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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BAO §167 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des W G in I, vertreten durch Dr. Hanns Forcher-Mayer & Dr. Josef Kantner Rechtsanwälte in 6010 Innsbruck, Colingasse 8/I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 13. Februar 2002, GZ RV 867/1-T7/01, betreffend Feststellung von Einkünften für die Jahre 1998 und 1999, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Vermieter einer Liegenschaft in Innsbruck, auf welcher sich unter anderem ein Garagengebäude befindet. In den Einkommensteuererklärungen für 1998 und 1999 machte der Beschwerdeführer unter dem Titel "Generalsanierung Garagen" 656.543 S bzw 681.539 S als Werbungskosten (Erhaltungsaufwand) im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend.
Zu Beginn des Jahres 2001 wurde beim Beschwerdeführer für den Zeitraum 1997 bis 1999 eine abgabenbehördliche Prüfung durchgeführt. Im Bericht des Prüfers vom 17. Mai 2001 wurde festgestellt, dass durch die "Sanierungsmaßnahme" ein kompletter Abbruch des alten Garagengebäudes erfolgt und ein solches zur Gänze neu hergestellt worden sei, weshalb nicht Erhaltungs-, sondern Herstellungsaufwand vorliege. Dieser sei zu aktivieren und ein AfA-Satz von 1,5 % anzusetzen.
Der Beschwerdeführer wandte im Prüfungsverfahren ein, dass - sollte tatsächlich Herstellungsaufwand vorliegen - ein höherer AfA-Satz anzuwenden sei. Wie aus einem dem Prüfer vorgelegten Pressebericht hervorgehe, plane die Stadt Innsbruck ein Straßenbauprojekt, von dem die fragliche Liegenschaft unmittelbar betroffen sei. Da das Garagengebäude sohin innerhalb der nächsten Jahre abzureißen sei, könne nicht von einer Nutzungsdauer von 66 Jahren, sohin auch nicht von einem AfA-Satz von lediglich 1,5 % ausgegangen werden.
Der Prüfer hielt dem in seinem Bericht entgegen, dass ein höherer AfA-Satz insbesondere deshalb nicht in Betracht komme, weil das in Rede stehende Straßenbauprojekt noch nicht ausreichend konkretisiert und daher nicht sichergestellt sei, dass eine allfällige neue Trasse tatsächlich über die Liegenschaft des Beschwerdeführers verlaufen werde. Ferner sei in diesem Zusammenhang auch die zeitliche Komponente völlig unbestimmt.
Das Finanzamt erließ am 21. Juni 2001 den Prüfungsfeststellungen entsprechende Veranlagungsbescheide für 1998 und 1999.
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde zunächst mit Berufungsvorentscheidungen als unbegründet abgewiesen. In der Folge beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage der Berufung an die belangte Behörde.
Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Das Garagengebäude sei ursprünglich als Holzkonstruktion errichtet und deren Zwischenräume mit Mauerwerk ausgekleidet worden. Da das Gebäude infolge des sehr schlechten Bauzustandes einsturzgefährdet gewesen sei, weshalb eine Weiterbenützung ohne Renovierung nicht hätte erfolgen können, habe der Beschwerdeführer in den Jahren 1998 und 1999 eine Generalsanierung der Garage durchgeführt. Dabei seien zunächst - im November und Dezember 1998 - die bisher als Fachwerk ausgeführten Außenwände durch ein Betonmauerwerk auf Betonfundamenten mit Entwässerungseinrichtungen und Hinterfüllungen ersetzt worden, währenddessen das Dach des Gebäudes, dessen Sanierung nach der Behauptung des Beschwerdeführers ursprünglich nicht beabsichtigt gewesen wäre, auf "Stelzen" gestützt worden sei. Im Zuge der Arbeiten am Mauerwerk habe sich jedoch herausgestellt, dass auch die Dachkonstruktion den statischen Anforderungen nicht mehr entsprach. Bis Mitte 1999 sei daher auch das Dach, welches vor dem Umbau aus Dachsparren mit einer Querlattung und eingehängten Dachziegeln bestanden habe, durch eine neue Leimholzkonstruktion mit gehobelter Dachschalung und Konterlattung ersetzt worden. Im Ergebnis hätten die beschriebenen Maßnahmen dazu geführt, dass das (auch nach Angaben des Beschwerdeführers) baufällige Gebäude mit einem Kostenaufwand von über 1.300.000 S durch ein vollkommen neues Gebäude in Massivbauweise mit wesentlich umfangreicheren Nutzungsmöglichkeiten ersetzt worden sei. Es handle sich daher nicht mehr um die bloße Reparatur und Erhaltung bestehender Substanz, sondern um die Neuerrichtung eines Garagengebäudes, das hinsichtlich Bauausführung, zu erwartender Nutzungsdauer sowie seiner Nutzbarkeit mit dem Altbestand nicht mehr vergleichbar sei. Die dafür aufgewendeten Kosten stellten daher steuerlich Herstellungsaufwand dar.
Hinsichtlich des vom Beschwerdeführer in der Berufung beantragten höheren AfA-Satzes von 10 % hielt die belangte Behörde fest, dass den vom Beschwerdeführer vorgelegten Zeitungsberichten betreffend ein von der Stadt Innsbruck geplantes Bauprojekt, von dem die in Rede stehende Liegenschaft des Beschwerdeführers betroffen wäre, lediglich zu entnehmen sei, dass die zuständige Frau Minister "das zwischenzeitlich nochmals überarbeitete Gesamtkonzept" anlässlich eines Lokalaugenscheines für "sehr schlüssig" befunden habe und ihm "positiv gegenüber" stehe. In einem dem Prüfer vorgelegten Schreiben der Stadt Innsbruck vom 23. März 2001 werde ausgeführt, dass ein seriöser Terminplan zur Realisierung des Projektes derzeit nicht erstellt werden könne. An dieser Situation habe sich bis zur Erlassung der Berufungsentscheidung nichts geändert, wie aus einer telefonischen Auskunft der zuständigen Magistratsabteilung vom 7. Januar 2002, wonach sich das Bauvorhaben nach wie vor im Stadium einer Studie befinde, hervorgehe. Da das Bauprojekt daher nicht nur hinsichtlich seiner zeitlichen Umsetzung, sondern auch hinsichtlich der Mach- bzw. Finanzierbarkeit zu wenig konkretisiert sei, um bereits davon auszugehen, dass das Gebäude vor Ablauf der "betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer" nicht mehr verwendbar sein werde, sei die AfA nach Maßgabe des § 16 Abs 1 Z 8 lit e EStG 1988 mit 1,5 % der Herstellungskosten zu berechnen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe ihre Pflicht, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, verletzt, indem sie eine gründliche Gegenüberstellung des Zustandes des Garagengebäudes vor und nach der Reparatur unterlassen habe. Wäre ein solcher Vergleich erfolgt, so wäre die Behörde zu dem Ergebnis gelangt, dass sich durch die baulichen Maßnahmen die Wesensart des Gebäudes nicht geändert habe.
Diesem Vorbringen ist entgegen zu halten, dass die belangte Behörde im Rahmen der Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Bescheides eine derartige Gegenüberstellung der Gebäudebeschaffenheit vorgenommen hat. Sie hat sich dabei auf die Angaben des Beschwerdeführers im Prüfungs- und im Rechtsmittelverfahren sowie auf die vom Beschwerdeführer vorgelegten Fotos, welche vor Durchführung der Sanierungsarbeiten von dem in Rede stehenden Gebäude angefertigt worden waren, gestützt. Die belangte Behörde hat im Januar 2002 in Anwesenheit des Beschwerdeführers einen Lokalaugenschein durchgeführt, bei welcher Gelegenheit ebenfalls Fotos angefertigt worden sind. Auch die Ergebnisse dieses Lokalaugenscheines verarbeitet der angefochtene Bescheid. Art und Umfang der vorgenommen Baumaßnahmen sind auch anhand der Angaben in den vom Beschwerdeführer vorgelegten Rechnungen beurteilt worden.
Der Beschwerdeführer bringt sodann vor, im angefochtenen Bescheid seien keine Feststellungen hinsichtlich der Änderung von Außen- oder Innenmauern des Gebäudes zu finden. Mit diesem Einwand verkennt der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausdrücklich festhält, dass die "bisher als Fachwerk ausgeführten Wände (des Garagengebäudes) durch ein Betonmauerwerk auf Betonfundamenten mit Entwässerungseinrichtungen und Hinterfüllungen ersetzt" worden seien.
In der Beschwerde wird weiters angeführt, das Gebäude sei - entgegen den Feststellungen der belangten Behörde - durchgehend als Garage nutzbar gewesen. Dem ist zu entgegnen, dass, worauf die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid verweist, der Beschwerdeführer selbst im Berufungsschriftsatz vorgebracht hat, eine weitere Nutzung des Gebäudes wäre ohne Sanierung nicht möglich gewesen.
Der Beschwerdeführer wendet sich in rechtlicher Hinsicht gegen das Vorliegen von aktivierungspflichtigem Herstellungsaufwand mit dem Argument, dass ein solcher nur dann gegeben sei, wenn Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung eines selbständig bewertungsfähigen Wirtschaftsgutes getätigt würden, nicht jedoch, wenn ein schon bestehendes Wirtschaftsgut lediglich erhalten bzw instand gehalten werde. Herstellungsaufwand liege vor, wenn bauliche Maßnahmen die Wesensart eines Gebäudes änderten, wie dies zB bei einem Anbau, einem Umbau größeren Ausmaßes oder bei einer Gebäudeaufstockung der Fall sei. Durch die gegenständlichen Sanierungsmaßnahmen werde aber die Wesensart des Garagengebäudes nicht geändert, die strittigen Arbeiten hätten lediglich der Erneuerung bzw dem Austausch eines bestehenden Gebäudes gedient.
Erfährt die Bausubstanz eines Gebäudes eine wesentliche Veränderung, indem das komplette Mauerwerk eines Gebäudes abgerissen und neu errichtet wird, so gehen diese Arbeiten deutlich über die schlichte Instandhaltung hinaus und sind zur Herstellung zu rechnen (vgl auch das hg Erkenntnis vom 30. September 1955, 1451/53). Eine solche Baumaßnahme liegt im gegenständlichen Fall vor. Daraus ergibt sich bereits, dass jene Aufwendungen, die Ende 1998 zur Ersetzung der vormals als Fachwerk ausgeführten Wände durch Betonmauerwerk getätigt worden sind, als Herstellungsaufwand anzusehen sind.
Ebenso stellen die Aufwendungen zur Ersetzung des Garagendaches im gegenständlichen Fall Herstellungsaufwand dar:
In diesem Zusammenhang ist die belangte Behörde sachverhaltsmäßig davon ausgegangen, der Austausch des Daches sei zwar nicht von vornherein geplant gewesen, im Zuge der Arbeiten am Mauerwerk habe sich jedoch herausgestellt, dass auch die Dachkonstruktion den statischen Anforderungen nicht mehr entspreche, weshalb diese in den nachfolgenden sechs Monaten durch eine Neukonstruktion ersetzt worden sei.
Werden im Zuge einer Baumaßnahme weitere Arbeiten am selben Objekt für notwendig befunden und in der Folge zeitnah durchgeführt, so ist nach Ansicht des Gerichtshofes von einer einheitlichen Baumaßnahme auszugehen. Werden durch eine einheitliche Baumaßnahme sämtliche Gebäudeteile ausgetauscht, so wird dadurch ein Wirtschaftsgut (Gebäude) neu geschaffen, weshalb Herstellungsaufwand vorliegt.
Zutreffend ist daher die belangte Behörde im Beschwerdefall - der Beschwerdeführer spricht selbst vom "Austausch eines bestehenden Gebäudes" - davon ausgegangen, dass die für die Erneuerung des Daches angefallenen Aufwendungen ebenso aktivierungspflichtig sind wie jene für die Ersetzung des Mauerwerkes.
Hinsichtlich des von der belangten Behörde angenommenen AfA-Satzes von 1,5 % kann der Gerichtshof dem Vorbringen des Beschwerdeführers ebenfalls nicht folgen. Gemäß § 16 Abs 1 Z 8 lit e EStG 1988 können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden. Voraussetzung für einen höheren Betrag an AfA ist, dass ein Nachweis über eine Nutzungsdauer abweichend von der vom Gesetzgeber angenommenen Nutzungsdauer von 67 Jahren erbracht wird. (vgl das hg Erkenntnis vom 25. April 2001, 99/13/0221). Die Beweislast in Ansehung einer kürzeren Nutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen.
Die belangte Behörde trifft im angefochtenen Bescheid die Sachverhaltsfeststellung, der Beschwerdeführer haben keinen Nachweis erbringen können, dass das Straßenbauprojekt über das Grundstück des Beschwerdeführers zur Durchführung gelangen werde.
Die Beweiswürdigung unterliegt insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle, als es sich um die Beurteilung handelt, ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen (vgl zB das hg Erkenntnis vom 17. Dezember 2003, 2001/13/0277).
Im gegenständlichen Fall hält die Beweiswürdigung der belangten Behörde dieser verwaltungsgerichtlichen Kontrolle stand, da, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unter Berufung auf das Schreiben der zuständigen Magistratsabteilung der Stadt Innsbruck vom 23. März 2001 sowie auf eine von dieser Stelle am 7. Januar 2002 telefonisch erteilte ergänzende Auskunft dargelegt hat, das fragliche Straßenprojekt sowohl hinsichtlich der Durchführung als auch hinsichtlich der Finanzierung noch völlig ungewiss gewesen ist. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die belangte Behörde somit Erkundigungen bei der Stadt Innsbruck eingeholt. Die vom Beschwerdeführer beigebrachten Zeitungsartikel geben lediglich politische Absichtserklärungen wieder, enthalten jedoch betreffend die tatsächliche Realisierung des Projektes keine definitiven Angaben. Ein Nachweis für den "spätestens im Jahr 2008" vorzunehmenden Abriss des Gebäudes wurde im Verwaltungsverfahren nicht erbracht.
Bei dieser Sachlage ist es jedenfalls nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde hinsichtlich des streitgegenständlichen Gebäudes einen AfA-Satz von 1,5 % angenommen hat.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II 333/2003.
Wien, am 17. November 2004
Schlagworte
Sachverhalt BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2002140042.X00Im RIS seit
08.12.2004Zuletzt aktualisiert am
16.05.2013