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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des R in S, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Salzburg, Landesgeschäftsstelle, vom 28. April 2004, Zl. LGS/SBG/4/1311/2004, betreffend Feststellung des Vorliegens der Selbständigkeit, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Arbeitsmarktservice Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte am 8. Juli 2003 bei der Bundespolizeidirektion Salzburg (in der Folge: BPD) einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den Zweck "Selbständig § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG". Der Beschwerdeführer umschrieb die Tätigkeit damit, er wolle als Einzelunternehmer "Hausbetreuungstätigkeiten als persönliche Dienste" anbieten, wie "Beaufsichtigung des ordnungsgemäßen Zustandes von Liegenschaften, der Pflege von Außenanlagen durch Rasen mähen, Schnee schaufeln, kaputte Glühbirnen wechseln, Asphaltflächen kehren, Grünanlagen bewässern" und weitere näher beschriebene Reinigungs- und Wartungsarbeiten. Im Zuge des Verwaltungsverfahrens bei der BPD wurde dem Beschwerdeführer die Verfahrensanordnung erteilt, einen Feststellungsbescheid des Arbeitsmarktservice Salzburg (in der Folge: AMS) zu beantragen zur Beurteilung, "inwieweit Selbständigkeit" vorliege. Daraufhin stellte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 1. September 2003 an das AMS den "Antrag auf Feststellung des Vorliegens der Selbständigkeit". Dieser Antrag wurde mit dem Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Salzburg vom 10. Oktober 2003 "abgelehnt", die dagegen erhobene Berufung mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. April 2004 abgewiesen.
Die BPD wies den Antrag vom 8. Juli 2003 mit Bescheid vom 30. Oktober 2003 im Hinblick auf den genannten Bescheid vom 10. Oktober 2003 ab.
Gegen den Bescheid vom 28. April 2004 richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in dem gesetzlich gewährleisteten Recht, gemäß den Bestimmungen des § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 und 4 AuslBG die Feststellung der Selbstständigkeit zu erhalten, verletzt".
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Ausländerbeschäftigungsgesetz ist keine Norm enthalten, die zur Beurteilung der Tätigkeit eines Einzelunternehmers einen Feststellungsbescheid vorsieht.
Die hier anzuwendenden Normen des Fremdengesetzes (FrG), BGBl. I Nr. 75/1997 idF. BGBl. I Nr. 126/2002, lauten:
"§ 7. (1) Die Aufenthaltstitel werden als
1.
Aufenthaltserlaubnis,
2.
Niederlassungsbewilligung oder
3.
Niederlassungsnachweis (langfristige Aufenthaltsberechtigung-EG, § 24) erteilt.
(2) Aufenthaltstitel berechtigen zum Aufenthalt für einen bestimmten Zweck oder zum dauernden Aufenthalt sowie zu den mit diesen Aufenthalten verbundenen Einreisen.
(3) Auf Dauer niedergelassene Drittstaatsangehörige, das sind jene, die
1. in Österreich einen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen haben oder
2. in Österreich zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit an einem Wohnsitz niedergelassen sind,
brauchen außer in den in Abs. 4 genannten Fällen eine Niederlassungsbewilligung.
(4) Drittstaatsangehörige brauchen eine Aufenthaltserlaubnis, wenn
1. ihr Aufenthalt ausschließlich dem Zweck einer Schulausbildung oder eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums (Ausbildung) dient und der Besuch von Universitätslehrgängen nicht ausschließlich der Vermittlung der deutschen Sprache dient;
2. sie unselbständig erwerbstätig sind und ihr Arbeitsvertrag mit ihrem international tätigen Dienstgeber sie entweder
a) als leitende Angestellte, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind, oder
b) als der Unternehmensleitung zugeteilte qualifizierte Mitarbeiter, die zur innerbetrieblichen Aus- oder Weiterbildung (Führungskräftenachwuchs) verpflichtet sind, oder
c) als Vertreter repräsentativer ausländischer Interessenvertretungen ausweist und Rotationen im Hinblick auf den Dienstort vorsieht;
3. sie Ehegatten oder minderjährige unverheiratete Kinder der in Z 1 und 2 genannten Fremden sind, sofern sie nicht erwerbstätig sein wollen;
4. sie in Österreich erwerbstätig sind, ohne an einem Wohnsitz niedergelassen zu sein.
...
§ 14. ...
(3) Im Antrag ist der jeweilige Zweck der Reise oder des Aufenthaltes bekanntzugeben; der Antragsteller darf ihn während des Verfahrens nicht ändern. Der Fremde hat der Behörde die für die Feststellung des Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel vorzulegen. ..."
Ist im Gesetz nicht ohnehin ein Feststellungsbescheid vorgesehen, kann die Partei eines Verwaltungsverfahrens die Erlassung eines Feststellungsbescheides begehren, wenn ein solcher Bescheid im Einzelfall notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung ist und insofern im Interesse der Partei liegt. Ein rechtliches Interesse der Partei in diesem Sinne ist nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen. Eine Frage, die im Zuge eines Verwaltungsverfahrens zu lösen ist, kann nicht aus diesem Verfahren herausgegriffen und zum Gegenstand eines selbständigen Feststellungsbescheides gemacht werden (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 9. Februar 1999, Zl. 98/11/0011).
Wie sich ua. aus § 14 FrG ergibt, handelt es sich bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt.
Da die BPD gemäß § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG grundsätzlich eine Aufenthaltserlaubnis für den Zweck "Erwerbstätigkeit" (also sowohl für unselbständige als auch für selbständige Erwerbstätigkeit) erteilen dürfte und der Antrag vom 8. Juli 2003 den Umfang des Verwaltungsverfahrens mit dem Begehren auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck selbständiger Erwerbstätigkeit bestimmte, oblag der BPD (neben der Entscheidung darüber, ob die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG erfüllt seien) auch die Entscheidung darüber, ob es sich bei der vom Beschwerdeführer angestrebten Erwerbstätigkeit um eine selbständige handle. Die BPD war nicht berechtigt, dem Beschwerdeführer eine "Anordnung" zu erteilen, diese von ihr selbst zu beurteilende Rechtsfrage in einem eigens zu beantragenden Feststellungsverfahren von einer anderen Behörde lösen zu lassen. Gegen die Entscheidung der BPD stehen Rechtsmittel offen; der Beschwerdeführer hat nach seinen Angaben auch eine Berufung gegen den Bescheid der BPD vom 30. Oktober 2003 erhoben.
Der gegenständliche Antrag auf Feststellung vom 1. September 2003 wäre daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Da die belangte Behörde dies verkannte und den Antrag "ablehnte" (und damit im Sinne einer Abweisung inhaltlich entschied) statt zurückwies, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 17. November 2004
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2004090105.X00Im RIS seit
31.12.2004