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L7 WirtschaftsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Aufhebung des §35 Abs1 Sbg FremdenverkehrsG mit E v 08.03.01, G114/00. Aufhebung des angefochtenen Bescheides, soweit er sich auf die Festsetzung des Fremdenverkehrsbeitrags für das Jahr 1997 bezieht, im übrigen Ablehnung der Beschwerde.Spruch
I. Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid, soweit damit der Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 1997 festgesetzt wird, wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Insoweit wird der Bescheid aufgehoben.
Das Land Salzburg ist schuldig, der Beschwerdeführerin zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit ATS 29.500,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
II. Im übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die beschwerdeführende Gesellschaft mit Sitz in der Landeshauptstadt Salzburg ist Inhaberin einer Reisebürokonzession; der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt darin, im eigenen Namen Zimmerkontingente in einzelnen Hotels unabhängig von konkreten Reservierungen oder Buchungen im vorhinein anzumieten ("Kontingentenkauf"). Die einzelnen Zimmer werden sodann Reiseveranstaltern angeboten und von den Kunden (Letztverbrauchern) über Reisebüros bei Reiseveranstaltern gebucht.
2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Salzburger Landesregierung wurden die Fremdenverkehrsbeiträge der beschwerdeführenden Gesellschaft für die Jahre 1995 bis 1997 in bestimmter Höhe festgesetzt. Als Bemessungsgrundlage wurde dabei gemäß §37 Abs4 des Salzburger Fremdenverkehrsgesetzes, LGBl. 94/1985 (künftig SFVG), jeweils der gesamte steuerpflichtige Umsatz laut Umsatzsteuerbescheid des zweitvorangegangenen Jahres herangezogen. Begründend führt die belangte Behörde aus, daß §36 Abs3 SFVG für das Beitragsjahr 1995 zwar die Sonderregelung beinhalte, daß
"(b)ei Reisebüros und Reiseleitern der beitragspflichtige Umsatz aus Besorgungsleistungen einschließlich der Nebenleistungen die Summe der Bruttoerträge aus solchen, jener aus Vermittlungsleistungen einschließlich der Nebenleistungen die Summe der Provisionen aus solchen (ist)".
Da die beschwerdeführende Gesellschaft aber ausschließlich im eigenen Namen und für eigene Rechnung auftrete, liege keine "Vermittlungsleistung" vor, weshalb §36 Abs3 SFVG auch keine Beschränkung der Bemessungsgrundlage auf die Summe der erzielten Provisionen zu begründen vermöge. Durch die Novelle LGBl. 14/1996 zum SFVG sei §36 Abs3 SFVG ersatzlos entfallen, weshalb für die Beitragsjahre 1996 sowie 1997 in Ermangelung einer expliziten Ausnahmebestimmung auch für Reisebüros gemäß §35 Abs1 bzw. §37 Abs4 SFVG der (gesamte) steuerbare Umsatz laut Umsatzsteuerbescheid des zweitvorangegangenen Jahres heranzuziehen sei.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung sowie die Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt wird.
4. Die belangte Behörde legte innerhalb der ihr gesetzten Frist die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Beschwerdebehauptungen entgegentritt und sinngemäß beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
5. Die beschwerdeführende Gesellschaft erstattete mit Schriftsatz vom 3. Mai 2000 eine Stellungnahme zur Äußerung der Salzburger Landesregierung, in der sie mit ins Einzelne gehender Begründung der Äußerung der Salzburger Landesregierung entgegentritt.
6. Bemessungsgrundlage für die Verbandsbeiträge ist ab dem Jahr 1997 die Summe der steuerbaren Umsätze im Sinne des §1 Abs1 Z1 und 2 UStG 1994 (§35 Abs1 iVm §53a litd SFVG, idF LGBl. 14/1996), für die Jahre 1995 und 1996 gilt für die Beitragsbemessung das UStG 1972 (§62 Abs3 SFVG, idF LGBl. 14/1996).
II. Die Beschwerde ist, soweit sie sich gegen die Festsetzung des Fremdenverkehrsbeitrages für das Jahr 1997 richtet, begründet:
1. Der Verfassungsgerichtshof leitete aus Anlaß dieser Beschwerde mit Beschluß vom 4. Oktober 2000 gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §35 Abs1 SFVG, LGBl. 94/1985, idF LGBl. 16/1998, ein.
2. Mit dem am heutigen Tag gefällten Erkenntnis G114/00 hob der Verfassungsgerichtshof §35 Abs1 SFVG, LGBl. 94/1985, idF LGBl. 16/1998, als verfassungswidrig auf, weil es ab dem Beitragsjahr 1997 (für das erstmals die Regelungen des UStG 1994 und damit auch dessen §23 zur Anwendung kommen) in Bezug auf die Fremdenverkehrsbeiträge von Reiseveranstaltern zu einer unsachlichen Differenzierung je nachdem kommt, ob diese Reiseveranstalter gegenüber Unternehmern oder Nichtunternehmern tätig werden.
3. Die belangte Behörde wendete bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides - soweit sie den von der beschwerdeführenden Gesellschaft für das Jahr 1997 zu leistenden Fremdenverkehrsbeitrag festsetzte - die aufgehobenen Bestimmungen an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war. Die Beschwerdeführerin wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt (VfSlg. 10.404/1985).
Insofern war der Bescheid aufzuheben.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist eine Eingabegebühr gemäß §17a VerfGG in Höhe von ATS 2.500,-- und Umsatzsteuer in Höhe von ATS 4.500,-- enthalten.
III. 1. Die Behandlung der Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Festsetzung des Fremdenverkehrsbeitrages für die Jahre 1995 und 1996 richtet, abgelehnt.
1.1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
1.2. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.
1.3. Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, läßt ihr Vorbringen in Anbetracht des Ergebnisses des aus Anlaß dieses Beschwerdeverfahrens durchgeführten Gesetzesprüfungsverfahrens, welches mit Erkenntnis vom heutigen Tage (G114/00) abgeschlossen wurde, die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
2. Die Angelegenheit ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.
Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen.
IV. Diese Entscheidungen wurden gemäß §19 Abs4 Z3 sowie Abs3 Z1 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:B1871.1999Dokumentnummer
JFT_09989692_99B01871_00