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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §52;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2003/04/0049 E 18. Mai 2005Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der A in B, vertreten durch Dax, Klepeisz & Partner Rechtsanwaltspartnerschaft GmbH in 7540 Güssing, Europastraße 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 3. März 2003, Zl. 5-BA-103-253/2-3, betreffend Abweisung eines Antrages nach § 79c GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 22. Oktober 2001 wurde der Beschwerdeführerin für ihre Gastgewerbebetriebsanlage in einem näher genannten Standort gemäß § 79 Abs. 1 und § 333 GewO 1994 der Einbau einer Fettabscheideanlage (bestehend aus Schlammfang und Fettabscheider) mit einer Mindestdurchflussleistung von 4 l/sec bis spätestens 31. Dezember 2002 als zusätzliche Auflage vorgeschrieben, wobei 7 Auflagenpunkte die Bemessung, die Ausführung, den Einbau, den Betrieb und die Wartung dieser Anlage näher umschreiben.
Nach der Begründung dieses Bescheides habe der wasserbautechnische Amtssachverständige nach einer am 8. Mai 2000 abgehaltenen Überprüfungsverhandlung "bemängelt", Küchenabwasser werde ohne Vorreinigung in den Ortskanal eingeleitet. Aus den derzeitigen Abwasseremittenten wie "drei Spülabläufen, DN 40, einem Geschirrspüler mit Standrohr, DN 40, und einem Bodenablauf" berechne sich eine Nennleistung von 10 l. Durch "abwasserleitungstechnische Maßnahmen" im Bereich der Küche sei eine Absenkung möglich (z.B. "Sammelrohr, DN 50"; daraus erfolge eine Nennleistung von 7 l/sec). Auf Grund der derzeitigen Lage der Küche sei die Installation der Fettabscheideanlage mit verhältnismäßigem Aufwand nur im Bereich der Kellerräumlichkeiten möglich. In einem "Nachtragsgutachten" habe der wasserbautechnische Amtssachverständige ergänzt, auf Grund der vorhandenen Einbringungsöffnungen und der Örtlichkeit der Aufstellung sei jedoch nur ein Fettabscheider mit einer Nennleistung von 4 l/sec möglich (Durchmesser 1,5 m). Im gegenständlichen Fall sei daher nur ein Kompromiss möglich, um das Ziel der betrieblichen Vorreinigung von fetthaltigen Abwässern zu erreichen, und zwar: kein gleichzeitiger Betrieb aller Abwasseremittenten, abwasserleitungstechnische Maßnahmen in der Küche und Einbau einer Fettabscheideanlage mit einer Nennleistung von 4 l/sec.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 3. März 2003 gab die belangte Behörde dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 22. April 2002 auf Aufhebung dieser Auflagen gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Bescheidbegründung führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe ihren Antrag im Wesentlichen damit begründet, nunmehr lägen die Voraussetzungen für die Vorschreibung von Auflagen zur Errichtung und zum Betrieb einer Fettabscheideanlage nicht mehr vor, weil die Zahl der täglichen Essensportionen abgenommen habe, der Jahresumsatz aus Speisen in den vergangenen Jahren gesunken sei und unter EUR 54.504,-- liege. Daher sei die Annahme begründet, das vom Gastgewerbebetrieb in die öffentliche Kanalisationsanlage eingeleitete Abwasser erreiche bzw. überschreite den in der allgemeinen Abwasseremissionsverordnung festgelegten Grenzwert für den Parameter "schwerflüchtige lipophile Stoffe" nicht.
Den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Umsatzsteuerbescheiden des Finanzamtes Eisenstadt vom 20. April 2001 über die Jahre 1999 und 2000 sei zwar der Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und der Eigenverbrauch zu entnehmen, jedoch nicht der für den Küchenbetrieb maßgebliche Umsatzanteil. Nach einer gutachterlichen Stellungnahme der Abteilung 9 des Amtes der burgenländischen Landesregierung vom 20. September 2002 werde das Küchenabwasser nach wie vor ohne Vorreinigung in die Ortskanalisation eingeleitet. Die Abwasseremittenten in der Küche seien, wie in der Überprüfungsverhandlung am 8. Mai 2000 festgestellt worden sei, "funktionsfähig in Betrieb". Der Einbau einer Fettabscheideanlage sei auf Grund der Lage der Küche und der Führungen der Abwasserleitungen mit vernünftigem Aufwand nur im Keller möglich.
In ihrer Berufung habe die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vorgebracht, das Absinken des Jahresumsatzes aus dem Speisenverkauf sei ein unwiderlegbarer Beweis für die Abnahme der Abwassermenge, die notwendigerweise eine geringere Belastung der Kanalisationsanlage bzw. des Wassers nach sich ziehe. Dieser Rückgang des Speisenumsatzes sei eine Änderung der tatsächlichen Voraussetzungen, die für die Vorschreibung der zusätzlichen Auflagen maßgeblich gewesen seien. Seinerzeit sei auch das tatsächliche Ausmaß der Belastung mit lipophilen Stoffen und das Überschreiten des in der allgemeinen Abwasseremissionsverordnung normierten Grenzwertes nicht festgestellt worden.
Rechtlich führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen aus, eine auf § 79c GewO 1994 gestützte Überprüfung der Vorschreibung von Auflagen auf ihre Rechtmäßigkeit sei im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen. Der belangten Behörde sei es verwehrt, im gegenständlichen Verfahren Einwände, die mit der Durchführung des Einbaus der Fettabscheideanlage zusammenhingen, zu berücksichtigen, egal ob wirtschaftliche Unzumutbarkeit oder der problematische Einbau im Keller behauptet werde. Der von der Beschwerdeführerin behauptete Rückgang bei den Speiseumsätzen könne nicht berücksichtigt werden, weil als Nachweis lediglich zwei Umsatzsteuerbescheide des Finanzamtes Eisenstadt vom 20. April 2001 betreffend die Jahre 1999 und 2000 vorgelegt worden seien. Der die Auflagen über die Fettabscheideanlage vorschreibende Bescheid sei mit Ablauf des 21. November 2001 rechtswirksam geworden, sodass die Umsätze der Jahre 1999 und 2000 bereits in diesem Verfahren hätten geltend gemacht werden müssen. Die Voraussetzungen, die zur Vorschreibung jener Auflagen geführt hätten, deren Aufhebung beantragt worden sei, lägen weiterhin vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Recht auf Aufhebung von nicht (mehr) erforderlichen Auflagen gemäß § 79c GewO 1994 verletzt und bringt im Wesentlichen vor, auf Grund des seinerzeitigen Geschäftsganges und der abgegebenen Tagesportionen sei die mit Bescheid vom 22. Oktober 2001 vorgeschriebene "Kompromisslösung" gerechtfertigt gewesen, weshalb sie dagegen auch kein Rechtsmittel eingebracht habe. Die ÖNORM B 5103 lege im Punkt 2.1.1 fest, für welche Betriebe Fettabscheider erforderlich seien. Diese seien u.a. für Küchenbetriebe mit einer Kapazität ab 50 Portionen täglich (z.B. Autobahnraststätten, Gaststätten, Essensausgabestellen, Großküchen, Hotels, Kantinen) vorgeschrieben. Die Ermittlung des Abwasseranfalles und damit der Nenngröße des Abscheiders erfolge nach Punkt 4.1.3, bei Küchenbetrieben nach Essensportionen pro Tag; bei bis zu 200 Essensportionen ergebe sich danach eine Nenngröße von 2, welche die kleinste Nenngröße für Küchenbetriebe mit einer Kapazität ab 50 bis 200 Portionen täglich sei. Nur für Küchenbetriebe mit einer Kapazität von mehr als 50 Portionen täglich sei ein Fettabscheider vorzuschreiben. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde komme es daher auf die täglich verabreichten Speisenmengen an, diese seien für die Vorschreibung einer Fettabscheideanlage maßgebend. Zwischen dem Jahresumsatz an Speisen und den jährlich abgeleiteten Fettmengen eines Gastbetriebes bestehe demnach ein Zusammenhang. Durch den Rückgang der täglich verabreichten Portionen habe sich nachträglich eine Änderung des Sachverhaltes ergeben, weil die nach der ÖNORM für die Vorschreibung einer Fettabscheideanlage maßgeblichen Tatsachen weggefallen seien. Es sei Aufgabe der belangten Behörde gewesen, ein entsprechendes Ermittlungsverfahren über die Einschränkung des Gastgewerbeumfanges durchzuführen. Die belangte Behörde habe auch nicht geprüft, ob die nach der allgemeinen Abwasseremissionsverordnung bzw. Indirekteinleiterverordnung vorgeschriebenen Grenzen der Abwasserbelastung überschritten worden seien, sondern lediglich eine Stellungnahme der Abteilung 9 Gewässeraufsicht des Amtes der burgenländischen Landesregierung eingeholt und ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt. Die Anhörung der Fachabteilung des Amtes der Landesregierung im Zusammenhang mit der von diesem Amt vorzunehmenden Beurteilung stelle aber kein Sachverständigengutachten im Sinne des § 52 AVG dar.
Gemäß § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind (u.a.), eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbei zu führen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
Gemäß § 79c leg. cit. sind die nach § 77, § 79 oder § 79b vorgeschriebenen Auflagen auf Antrag mit Bescheid aufzuheben oder abzuändern, wenn und soweit die Voraussetzungen für ihre Vorschreibung nicht mehr vorliegen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (vgl. die Erkenntnisse vom 10. November 1999, Zl. 99/04/0121, und vom 2. Februar 2000, Zl. 99/04/0212) stellt die letztgenannte Regelung nach ihrem eindeutigen Wortlaut keine Durchbrechung der Rechtskraft des die fragliche Auflage vorschreibenden Genehmigungsbescheides dar. Sie gibt vielmehr der Behörde die Möglichkeit, nachträglichen Änderungen des Sachverhaltes in Form des Wegfalles jener Tatsachen, die nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides die Voraussetzungen für die Vorschreibung der Auflage gebildet haben, Rechnung zu tragen.
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sich die Küchenausstattung ihrer gastgewerblichen Betriebsanlage seit der Vorschreibung der strittigen Auflagen nicht geändert hat. Sie sieht ihren Antrag aber im Absinken der ausgegebenen Tagesportionen auf unter 50 Speisen pro Tag begründet und führt hiefür Umsatzsteuerbescheide aus den Jahren 1999 und 2000 ins Treffen, die - nach Ansicht der Beschwerdeführerin - bei einem (nach dem ermäßigten Steuersatz ermittelten) Jahresumsatz aus Speisen von unter EUR 54.504,-- die Annahme begründeten, eine Fettabscheideanlage sei nicht erforderlich.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde allerdings nicht zum Erfolg: die ursprüngliche Vorschreibung der Fettabscheideanlage (als zusätzliche Auflage) stützte sich - wie eingangs dargestellt -
auf die Küchenausstattung (Abwasseremittenten in der Küche). Dass diesbezüglich eine Änderung eingetreten wäre, behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Die Ansicht der belangten Behörde, die Voraussetzungen des § 79c GewO 1994 lägen nicht vor, kann demnach nicht als rechtswidrig erkannt werden. Die von der Beschwerdeführerin gerügte weiter gehende Ermittlung des Sachverhaltes zur Frage des allfälligen Rückgangs der täglich verabreichten Essensportionen war daher nicht geboten.
Unzutreffend ist auch die in der Beschwerde vertretene Auffassung, die Anhörung der Abteilung 9 (Wasser- und Abfallwirtschaft) des Amtes der Burgenländischen Landesregierung stelle im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein Sachverständigengutachten dar. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem (im gegebenen Zusammenhang in der Beschwerde zitierten) Erkenntnis vom 19. Mai 1994, Zl. 93/07/0165, ausgeführt hat, ist die Einholung einer Stellungnahme der Fachabteilung des Amtes der Landesregierung zu fachlichen Belangen zulässig (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis vom 2. Juni 2004, Zl. 2003/04/0122).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 17. November 2004
Schlagworte
Sachverständiger AufgabenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003040068.X00Im RIS seit
24.12.2004