TE Vwgh Erkenntnis 2004/11/17 2003/09/0105

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Veröffentlicht am 17.11.2004
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

ABGB §140;
AuslBG §1 Abs2 litl;
AuslBG §3 Abs8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der M in K, vertreten durch Dr. Hans Kröppel, Rechtsanwalt in 8650 Kindberg, Hauptstraße 7, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 11. März 2003, Zl. LGS600/AUS/13117/2003/Te, betreffend Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 3 Abs. 8 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 28. Juni 2002 beantragte die - 1969 geborene - Beschwerdeführerin, eine rumänische Staatsangehörige, unter Hinweis auf den mit Beschluss des Bezirksgerichtes Bruck /Mur vom 6. August 2001 genehmigten Adoptionsvertrag vom 17. April 2001, die Feststellung gemäß § 3 Abs. 8 AuslBG.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Bruck/Mur vom 7. Oktober 2002 abgewiesen.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin unter anderem vor, sie sei mit einem rumänischen Staatsbürger verheiratet, der primär zur Unterhaltsleistung ihr gegenüber verpflichtet sei. Ihre österreichischen Adoptiveltern hafteten hingegen nur subsidiär für ihren Unterhalt insoweit, als ihr Gatte hiezu nicht in der Lage sei. Tatsächlich sei von ihren Adoptiveltern im Jahre 2001 eine Unterhaltssumme von S 5.000,--, im Jahre 2002 in kleineren Geldbeträgen insgesamt EUR 300,-- an sie bezahlt worden. Darüber hinaus hätten sich keine Notwendigkeiten für etwaige Unterhaltsleistungen durch die Adoptiveltern ergeben.

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, die begehrte Bestätigung könne mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG nicht ausgestellt werden, da die Beschwerdeführerin primär von ihrem - rumänischen - Ehegatten, bei dem sie auch lebe, erhalten werde. Da sie sohin nicht mit den österreichischen Adoptiveltern im gemeinsamen Haushalt lebe, sondern einen von ihnen getrennten Wohnsitz habe, hätte der Nachweis von tatsächlich erbrachten Unterhaltsleistungen erbracht werden müssen. Im Falle der tatsächlichen Unterhaltsgewährung sei für die Ausnahme nach § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG eine fortgesetzte und regelmäßige Leistung in einem solchen Umfang erforderlich, die es dem Unterhaltsberechtigten ermögliche, den wesentlichen Teil des Lebensunterhaltes daraus zu bestreiten. Bei der Berechnung des Unterhaltes sei als Orientierung entweder der aktuelle Ausgleichszulagenrichtsatz nach dem Durchführungserlass zum Ausländerbeschäftigungsgesetz oder § 140 ABGB anzuwenden, wonach 22 % des monatlichen Einkommens der Wahleltern als familienrechtlicher Unterhalt herangezogen werden müsse. Es sei im Ermittlungsverfahren weder der Lebensunterhalt der Adoptiveltern glaubhaft nachgewiesen worden, noch scheine es gesichert, dass die Beschwerdeführerin als Adoptivtochter mit den an sie geleisteten Unterhaltszahlungen den wesentlichen Teil des Lebensunterhaltes bestritten habe. Die im Jahre 2001 erfolgte Zahlung von S 5.000,-- , sowie jene im Jahre 2002 erfolgten Zahlungen von insgesamt EUR 300,-- bzw. nach dem Inhalt einer mit dem Gatten der Beschwerdeführerin aufgenommenen Niederschrift von monatlich S 1.000,-- (entspricht EUR 72,67), lägen weit unter dem genannten Richtsatz, sodass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG nicht vorlägen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 10. Juni 2003, Zl. B 722/03-3, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde, in der die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auch in ihrer Beschwerde bezieht sich die Beschwerdeführerin - wie schon in ihrer Berufung - auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1998, Zl. 98/09/0048, in welchem ausgesprochen worden sei, dass die in § 1 Abs. 2 lit. l enthaltene Formulierung "Kinder .., die noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen der österreichische Staatsbürger Unterhalt gewährt", nahezu wörtlich dem Art. 11 der EWG-Verordnung Nr. 1612/1968 entspreche, sodass der Schluss gezogen werden könne, dass dem § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG auch dieselbe Bedeutung beizumessen sei. Zur Auslegung des dieselbe Wortfolge enthaltenden Art. 10 Abs. 1 lit. a der Verordnung Nr. 1612/68 habe der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass die Eigenschaft des Familienangehörigen, dem Unterhalt gewährt werde, keinen Unterhaltsanspruch voraussetze, was nur so verstanden werden könne, dass ein solcher Anspruch nicht notwendig sei. Auch sei nicht über eine Situation mit entschieden worden, in der trotz bestehenden Anspruchs keine Unterhaltsleistungen erbracht würden. In dem genannten Erkenntnis sei aber ausgesprochen worden, "dass die Rechte des Angehörigen nicht daran scheitern dürfen, dass trotz bestehenden Anspruches keine Unterhaltsleistungen erbracht werden". Diese Grundsätze seien in der bekämpften Entscheidung unberücksichtigt geblieben und der zu leistende Unterhalt - unrichtigerweise - anhand des aktuellen Ausgleichszulagenrichtsatzes laut dem Durchführungserlass zum AuslBG bzw. des § 140 ABGB, wonach 22 % des monatlichen Einkommens der Wahleltern als familienrechtlicher Unterhalt herangezogen werden müsse, errechnet worden.

Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin über 21 Jahre alt ist und mit ihren Adoptiveltern nicht im gemeinsamen Haushalt lebt.

Bei Beurteilung des im Beschwerdefall heranzuziehenden Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG kommt es auf die tatsächliche Unterhaltsleistung und nicht auf eine allenfalls nach § 140 ABGB mangels Selbsterhaltungsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten festzusetzende Unterhaltsverpflichtung an. Zu berücksichtigen wäre daher beispielsweise auch eine tatsächliche Unterhaltsgewährung ohne zugrunde liegende Verpflichtung; ob auch - wie die Beschwerdeführerin argumentiert - das Bestehen einer Unterhaltsverpflichtung allein ohne tatsächliche Gewährung des Unterhalts für die Annahme des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG ausreicht, braucht im vorliegenden Fall hingegen nicht entschieden zu werden. Insoweit sich daher die Beschwerdeführerin auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 18. Juni 1987,C-316/85 (CPAS Courcelles/Lebon) und das darauf bezugnehmende hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1998, Zl. 98/09/0048 beruft, verkennt sie, dass es im vorliegenden Fall weder um eine Unterhaltsgewährung ohne Anspruch noch um einen Unterhaltsanspruch ohne tatsächliche Gewährung, sondern darum geht, dass die Beschwerdeführerin nach ihrem eigenen Vorbringen primär von ihrem Ehegatten, mit welchem sie in gemeinsamen Haushalt lebt, erhalten wird, gegen diesen also zunächst ihre Unterhaltsansprüche geltend zu machen hat und dies auch tut. In diesem Fall be- (bzw. ent-)steht ein Unterhaltsanspruch gegen die Eltern aber erst im Falle der (gänzlichen oder teilweisen) Leistungsunfähigkeit ihres Ehegatten. Im Falle einer ausreichenden (im Sinne einer den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen) Unterhaltsleistung ihres Ehegatten hat die Beschwerdeführerin daher gegen ihre Adoptiveltern keinen (weiteren) Unterhaltsanspruch und hat ja auch tatsächlich nach den Feststellungen der belangten Behörde keine regelmäßigen Unterhaltsleistungen von diesen erhalten. Aus den lediglich sporadischen Geldleistungen von insgesamt ATS 5000,--

im Jahr 2001 und EUR 300,-- im Jahr 2002 kann aber auf einen Unterhaltsanspruch der Beschwerdeführerin gegen ihre Adoptiveltern nicht (und auch nicht teilweise) geschlossen werden. Es kann vielmehr der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass keine Unterhaltsleistungen der (österreichischen) Adoptiveltern in einer derartigen Regelmäßigkeit und in einem solchen Umfange erfolgt sind, die es der Beschwerdeführerin ermöglicht hätten, den wesentlichen Teil ihres Lebensunterhaltes daraus zu bestreiten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1998, Zl. 98/09/0048). Die behauptete Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor.

Aus diesem Grunde war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. November 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003090105.X00

Im RIS seit

10.12.2004

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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