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L55008 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Vorarlberg;Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der A AG in W, vertreten durch Dr. Johannes Patzak und Dr. Johannes Krauss, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 22. Dezember 2000, Zl. IVe-151.73/2000, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung und Wiederherstellungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Gesellschaft hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch (BH) vom 11. März 1999 wurde die von der beschwerdeführenden Gesellschaft beantragte Bewilligung für die Aufstellung einer Werbeanlage bestehend aus drei Tafeln (Länge der mittleren Tafel 3,40 m, Länge der anderen zwei Tafeln je 5,10 m, Zwischenabstand je 0,50 m, somit Gesamtlänge von 14,70 m; Gesamthöhe jeweils 3,00 m) gemäß den §§ 33 Abs. 1 lit. m und 35 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung, LGBl. Nr. 22/1997 (Vlbg. NatSchG), versagt. Nach der Begründung beabsichtige die beschwerdeführende Gesellschaft, eine bestehende Werbeanlage (im Ausmaß von ca. 6,80 m Länge und 3,00 m Höhe) durch drei neue Tafeln zu ersetzen. Der Amtssachverständige für Raumplanung und Baugestaltung habe in seinem Gutachten im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass im Interesse der Wahrung eines intakten Orts- und Landschaftsbildes die zu erweiternde Werbeanlage negativ zu beurteilen sei. Auch die Naturschutzanwältin habe zur beantragten Erweiterung der Werbeanlage dargelegt, dass bereits die bestehende Werbeeinlage im Einfahrtsbereich der Ortschaft eine erhebliche optische Störung darstelle. Diese optische Störung würde durch eine Erweiterung der Werbeanlage noch gravierender. Nach Wiedergabe der anzuwendenden Rechtsgrundlagen führte die BH aus, die Voraussetzung für die Feststellung, ob eine Verletzung von Interessen der Natur oder der Landschaft vorliege, sei Gegenstand des Beweises durch Sachverständige. Der Amtssachverständige habe die gegebene Landschaft ausreichend beschrieben und die zu erwartenden Nachteile für das Landschaftsbild ausführlich dargelegt. Auch durch die Vorschreibung von Befristungen, Auflagen oder Bedingungen wäre es nicht möglich, die Beeinträchtigung von Natur oder Landschaft zu vermeiden oder auf ein möglichst geringes Ausmaß zu beschränken. Die beschwerdeführende Gesellschaft habe von der Möglichkeit, der Behörde eine Alternative zum beantragten Vorhaben zur Prüfung vorzulegen, keinen Gebrauch gemacht. Da jedoch der Amtssachverständige bereits die derzeit bestehende Werbeanlage äußerst kritisch beurteilt habe, sei davon auszugehen, dass jede Erweiterung der bestehenden Anlage ebenso negativ zu beurteilen sei. Schließlich sei zu bemerken, dass die beschwerdeführende Gesellschaft keine öffentlichen Interessen bzw. Vorteile für das Gemeinwohl, die für die Aufstellung von Werbetafeln sprechen würden, dargelegt habe.
Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
Mit Eingabe vom 31. Mai 2000 ersuchte die beschwerdeführende Gesellschaft bei der BH um die (nachträgliche) Erteilung der Bewilligung für eine bereits aufgestellte Werbeanlage (Gesamtlänge von 10,35 m, Höhe von 3,05 m). Die ursprüngliche Werbeanlage sei durch einen Sturm zerstört und nunmehr durch eine größere Werbeanlage ersetzt worden.
Mit Bescheid der BH vom 4. September 2000 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I).
Mit Spruchpunkt II. wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß § 41 Vlbg NatSchG aufgetragen, den rechtmäßigen Zustand binnen einer Frist von vier Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides wieder herzustellen, indem die gegenständliche Werbeanlage zur Gänze beseitigt und die Fundamente bodeneben abgetragen würden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der beschwerdeführenden Gesellschaft gegen den Bescheid der BH vom 4. September 2000 "bezüglich der Zurückweisung des Antrages auf Bewilligung nach dem GNL (Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung) für die Erweiterung einer Werbeanlage" keine Folge gegeben und der Bescheid der BH bestätigt.
Nach der Begründung habe die BH mit Bescheid vom 11. März 1999 die naturschutzbehördliche Bewilligung für eine Erweiterung einer Werbeanlage von 6,80 m auf 14,7 m abgewiesen. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Im gegenständlichen Fall solle anstatt der bisherigen Anlage eine aus zwei (zusammenhängenden) Tafeln bestehende, insgesamt 10,35 m lange Anlage bewilligt werden.
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sei ein Anbringen von Beteiligten, sofern außer in den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht mehr unterliegenden Bescheides begehrt wird und die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liege eine entschiedene Sache vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert habe. Einer neuen Sachentscheidung stehe demnach die Rechtskraft eines früher in derselben Angelegenheit ergangenen Bescheides nur dann nicht entgegen, wenn in den für die Entscheidung maßgebenden Umständen eine Änderung eingetreten sei. Die Änderung dieser maßgebenden Umstände müsse von einer derartigen Beschaffenheit sein, dass eine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid zur Folge hätte.
Die einzigen relevanten Unterschiede für das Landschaftsbild zwischen der derzeit bestehenden und der ursprünglich beantragten Anlage lägen darin, dass erstere 10,35 m lang und in Form einer zusammenhängenden Tafel ausgeführt und zweite 14,70 m lang und aus drei einzelnen Tafeln mit einem Abstand zueinander von jeweils 0,5 m geplant worden sei. Aus dem im Bescheid der BH vom 11. März 1999 anlässlich einer mündlichen Verhandlung wiedergegebenen Gutachten sei ersichtlich, dass Werbeanlagen in Form von Plakatwänden auf dem betroffenen Grundstück - unabhängig von ihrem Ausmaß und ihrer Ausgestaltung - eine empfindliche Störung des Orts- und Landschaftsbildes darstellten. Die im Gutachten getroffenen Feststellungen seien von der beschwerdeführenden Gesellschaft unwidersprochen geblieben. Unter Zugrundelegung des angeführten Gutachtens sei davon auszugehen, dass den Längen- und Ausgestaltungsunterschieden zwischen der mit Bescheid vom 11. März 1999 versagten Werbetafel und der vom verfahrensgegenständlichen Bewilligungsansuchen bestehenden Werbeanlage keine Entscheidungsrelevanz zukomme. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die - von hier nicht in Betracht kommenden Fällen der §§ 69 und 71 abgesehen - die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet.
Ansuchen, die offenbar die Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, sind auch dann wegen "res iudicata" zurückzuweisen, wenn das Begehren nicht ausdrücklich auf Aufrollung der Sache lautet. Die Rechtskraft eines Bescheides erfasst jedoch nicht einen Sachverhalt, der sich nach Erlassung des Bescheides geändert hat, es sei denn, dass sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid abgewiesenen Begehren nur dadurch unterscheidet, dass es in für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unwesentlichen Nebenumständen modifiziert worden ist. Dazu vertritt der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung die Auffassung, dass der Begriff "Identität der Sache" in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise beurteilt werden muss. Die Sache verliert also ihre Identität, wenn in den entscheidungsrelevanten Fakten bzw. in den die Entscheidung tragenden Normen, eine wesentliche, d.h. die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides ermöglichende oder gebietende Änderung eingetreten ist (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 18. Mai 2004, Zl. 2000/10/0084, mit Hinweis auf Vorjudikatur).
Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hängt daher davon ab, ob gegenüber dem der erwähnten Entscheidung der BH vom 11. März 1999 zugrunde liegenden Sachverhalt eine entscheidungsrelevante Änderung eingetreten ist.
Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, dass mit rechtskräftigem Bescheid der BH vom 11. März 1999 die Errichtung einer (neuen) Werbeanlage aus drei Tafeln mit einer Länge von insgesamt 14,70 m gemäß den §§ 33 Abs. 1 lit. m und 35 Vbg NatSchG rechtskräftig versagt worden ist. Diesem Bescheid lag - gestützt auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Raumordnung und Baugestaltung - im Wesentlichen die Auffassung zu Grunde, dass die zu errichtende Anlage auf dem betroffenen Grundstück unabhängig von Ausmaß und Ausgestaltung eine empfindliche Störung des Orts- und Landschaftsbildes darstelle. Das gegenständliche Ansuchen betrifft eine Werbeanlage, die aus zwei zusammenhängenden Tafeln besteht und eine Länge von insgesamt 10,35 m aufweist. Nach Auffassung des Amtssachverständigen seien auch mit dieser Anlage die selben Auswirkungen verbunden wie mit der rechtskräftig versagten Anlage (vgl. den in den Verwaltungsakten erliegenden Aktenvermerk vom 23. August 2000).
Die beschwerdeführende Gesellschaft erblickt eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes in der geänderten Länge der Werbeanlage.
Damit wird eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides allerdings nicht aufgezeigt. Für die Versagung der ursprünglich beantragten Bewilligung war - wie bereits dargelegt - eine mit der Errichtung der Anlage verbundene empfindliche Störung des Orts- und Landschaftsbildes maßgeblich, wobei sich keine überwiegenden Vorteile für das Gemeinwohl gegenüber den entstehenden Nachteilen für Natur bzw. Landschaft ergaben. Die Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes wäre nach der Auffassung des Amtssachverständigen auch bei der nunmehrigen Anlage die selbe.
Die Verringerung der Länge der Werbeanlage stellt somit eine nur unwesentliche, weil die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides nicht zulassende Änderung in den entscheidungsrelevanten Fakten dar.
Die belangte Behörde hat mit ihrem Bescheid den Bescheid der BH "bestätigt". Damit wurde auch der wegen des Fehlens einer naturschutzbehördlichen Bewilligung erfolgte Wiederherstellungsauftrag (vgl. Spruchpunkt II. des Bescheides der BH) bestätigt. In dem Umstand, dass die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides auf die Wiederherstellungspflicht der beschwerdeführenden Gesellschaft (vgl. § 41 Vlbg. NatSchG) nicht näher eingegangen ist, ist eine Verletzung der Begründungspflicht nicht zu erblicken, zumal diesbezüglich in der Berufung keinerlei Vorbringen erstattet worden ist.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Kostenersatzverordnung 2003.
Wien, am 22. November 2004
Schlagworte
Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001100035.X00Im RIS seit
06.01.2005