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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AHStG §40 Abs4;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2004/10/0022Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer,
Spruch
1. über den Antrag der I M in W, vertreten durch Mag. Franz Kellner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 14, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Fakultätskollegiums der Grund- und Integrativwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien vom 24. September 1999, Zl. 31/28 aus 95/96, den Beschluss gefasst:
Dem Antrag wird stattgegeben.
2. Über die Beschwerde der selben Partei gegen den Bescheid der Grund- und Integrativwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien vom 24. September 1999, Zl. 31/28 aus 95/96, betreffend Nostrifizierung, zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Universität Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einer am 23. Februar 1996 beim Dekanat der Grund- und Integrativwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien eingelangten Eingabe vom 1. Juni 1995 ersuchte die am 20. April 1960 geborene Beschwerdeführerin um Nostrifizierung ihres an der Pädagogischen Hochschule in Olztyn/Polen verliehenen ausländischen akademischen Grades "Magister der Pädagogik" als gleichwertig mit dem österreichischen akademischen Grad "Magister der Philosophie".
Das Fakultätskollegium der Grund- und Integrativwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien entschied mit Bescheid vom 24. September 1999, dass die Gleichwertigkeit des ausländischen akademischen Grades "Magister der Pädagogik" mit dem österreichischen akademischen Grad "Magister der Philosophie" (1.Studienrichtung: Pädagogik, 2. Studienrichtung: Fächerkombination) nach positivem Abschluss der nachstehenden Bedingungen gemäß § 72 Abs. 1 des Universitäts-Studiengesetzes (UniStG) gegeben sei: Ablegung des kompletten zweiten Studienabschnittes in Pädagogik und Ablegung des kompletten zweiten Studienabschnittes in Sonder- und Heilpädagogik. Nach der Begründung habe auf Grund der vorgelegten Unterlagen und des am 5. November 1998 durchgeführten Parteiengehörs eine Gleichwertigkeit nur nach Erfüllung der im Spruch angeführten Bedingungen festgestellt werden können. Daher sei, wie im Spruch angeführt, zu entscheiden. Für die Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen werde ein Zeitraum von sechs Semestern zugestanden.
Nach der Rechtsmittelbelehrung sei gegen diesen Bescheid das
ordentliche Rechtsmittel der Berufung zulässig.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.
Mit einer als "Bescheid" bezeichneten Erledigung des Akademischen Senates der Universität Wien vom 30. Dezember 1999 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 40 des Allgemeinen Hochschulstudiengesetzes (AHStG) abgewiesen (Spruchpunkt 1.).
Mit Spruchpunkt 2. wurde das am 1. Juni 1995 gestellte Ansuchen der Beschwerdeführerin auf Nostrifizierung des polnischen akademischen Grades "Magister der Pädagogik" als gleichwertig mit dem österreichischen akademischen Grad "Magister der Philosophie" gemäß § 40 Abs. 4 AHStG abgewiesen.
Mit Spruchpunkt 3. wurde die Beschwerdeführerin schließlich auf Möglichkeit der Anrechnung ihrer im Ausland absolvierten Prüfungen nach § 59 UniStG im Rahmen eines an der österreichischen Universität aufzunehmenden ordentlichen Studiums hingewiesen.
Zur Begründung der Abweisung des Nostrifikationsantrages legte der Akademische Senat im Wesentlichen dar, dass auf Grund der drei von der Vorinstanz herangezogenen Gutachten etwa 40 bis 45 % an ergänzenden Prüfungen im angestrebten inländischen Studium abzulegen wären. Es könne dabei von keinem vernünftigen Verhältnis zwischen den für die Nostrifikation vorgeschriebenen Prüfungen und den Gesamtanforderungen gesprochen werden, sodass der Bescheid der Behörde erster Instanz gegen § 40 AHStG verstoße.
Diese Erledigung wurde der Beschwerdeführerin am 19. Jänner 2000 durch Hinterlegung zugestellt.
Die gegen diese Erledigung erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 2000, Zl. 2000/12/0045, als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, auf Grund des Wirksamwerdens des (neuen) UOG 1993 für die Universität Wien (1. Jänner 2000) mit Ablauf des 31. Dezember 1999 habe der auf Grund des (alten) UOG 1975 gebildete und eingerichtete akademische Senat dieser Universität seine Organ- und damit auch seine Behördeneigenschaft wegen Wegfalles seiner Rechtsgrundlage verloren. Er sei bis zu diesem Zeitpunkt zuständig gewesen, in seiner Funktion als Berufungsbehörde über die Nostrifizierung ausländischer akademischer Grade nach Altrecht zu entscheiden. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes müsse die Behördeneigenschaft des handelnden Organes aber im Zeitpunkt der Erlassung der mit dem Anspruch, ein Hoheitsakt zu sein, ergehenden Erledigung gegeben sein, sofern sich aus dem Gesetz nichts anderes ergebe. Ein Bescheid gelte erst mit seiner Zustellung oder Verkündung als erlassen. Damit liege aber im Beschwerdefall kein Bescheid einer Verwaltungsbehörde vor, weil im maßgebenden Zeitpunkt der Erlassung dieser Erledigung (durch Hinterlegung am 19. Jänner 2000) die Behörde "Akademischer Senat" der Universität Wien "rechtlich gar nicht mehr bestanden" habe. Mangels Vorliegen einer Prozessvoraussetzung sei die Beschwerde daher nach § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
In der Begründung des Beschlusses vom 19. Dezember 2000 wurde ferner darauf hingewiesen, dass bei der gegebenen Fallkonstellation der Bescheid des Fakultätskollegiums vom 24. September 1999 mit dem effektiven Wirksamwerden des UOG 1993 für die Universität Wien ab 1. Jänner 2000 zum letztinstanzlichen Bescheid geworden sei. Gegen diesen Bescheid wäre ab diesem Zeitpunkt (unter Einhaltung der Beschwerdefrist nach § 26 VwGG) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof möglich gewesen. Die Frist für die Stellung des wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid des Fakultätskollegiums vom 24. September 1999 in Betracht kommenden Wiedereinsetzungsantrages nach § 46 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 VwGG würde allerdings erst ab dem Zeitpunkt der Zustellung des die Beschwerde zurückweisenden Beschlusses zu laufen beginnen, weil erst zu diesem Zeitpunkt die Rechtslage abschließend geklärt erscheine.
Mit Schriftsatz vom 13. Februar 2001 beantragte die Beschwerdeführerin zunächst die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid des Fakultätskollegiums der Grund- und Integrativwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien vom 24. September 1999. Die endgültige Klärung der Rechtslage sei durch die Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 2000 an den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin am 30. Jänner 2001 erfolgt, sodass der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag rechtzeitig sei. Der Antrag erweise sich deshalb als berechtigt, weil die Beschwerdeführerin durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, nämlich die endgültige Klärung der Rechtslage über die Behördenqualität des Akademischen Senates der Universität Wien im Zeitpunkt der Zustellung seiner Berufungsentscheidung, die Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde versäumt habe.
Gleichzeitig holte die Beschwerdeführerin gemäß § 46 Abs. 3 VwGG die versäumte Handlung, nämlich die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid des Fakultätskollegiums der Grund- und Integrativwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, nach.
1. Zum Antrag auf Wiedereinsetzung:
Gemäß § 46 Abs. 2 VwGG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist auch dann zu bewilligen, wenn die Beschwerdefrist versäumt wurde, weil der anzufechtende Bescheid fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Fall des § 46 Abs. 2 VwGG auch dann vor, wenn durch eine Änderung der Rechtslage ein vorher bestehender Instanzenzug innerhalb der Verwaltung weggefallen ist und die Partei vom zunächst zulässigen Rechtsmittel Gebrauch macht (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 699).
Entsprechendes hat auch in einem Fall wie dem vorliegenden zu gelten.
Dem Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Fakultätskollegiums vom 24. September 1999 war daher stattzugeben.
2. Zur Beschwerde:
Die Beschwerdeführerin beantragt, den Bescheid des Fakultätskollegiums wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin ihr Ansuchen um Nostrifizierung am 23. Februar 1996 beim Dekanat der Grund- und Integrativwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien eingebracht hat. Gemäß § 80 Abs. 7 UniStG ist auf jene Nostrifizierungsverfahren, die bereits vor dem 1. August 1997 anhängig gemacht wurden, statt der §§ 70 bis 73 UniStG der § 40 AHStG in der zuletzt geltenden Fassung anzuwenden.
Der die "Nostrifizierung ausländischer akademischer Grade und Studienabschlüsse" regelnde § 40 AHStG lautet auszugsweise:
"§ 40. (1) Personen, die einen ordentlichen Wohnsitz in Österreich haben, oder die sich nachweislich um eine Antragstellung in Österreich bewerben, für die die Nostrifizierung eine der Voraussetzungen darstellt, und die an einer anerkannten ausländischen Hochschule ein Studium abgeschlossen haben, sind berechtigt, die Anerkennung dieses Studienabschlusses als Abschluss eines ordentlichen Studiums gemäß § 13 Abs. 1 lit. a, e und f bei den zuständigen Organ einer Universität (Hochschule), an der das entsprechende ordentliche Studium eingerichtet ist, zu beantragen (Nostrifizierung). Falls das Studium von mehr als einer Universität (Hochschule, Fakultät) gemeinsam durchgeführt wird, ist die Nostrifizierung nach Anhörung der zuständigen Organe der beteiligten Universitäten (Hochschulen, Fakultäten) durchzuführen.
(2) ...
(3) ...
(4) Das zuständige Organ der Universität (Hochschule) hat unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt des Ansuchens geltenden inländischen Studienvorschriften einschließlich des geltenden Studienplanes zu prüfen, ob das ausländische Studium des Antragstellers hinsichtlich der Anforderungen, des Gesamtumfanges sowie der Studieninhalte so aufgebaut war, dass es mit dem im Antrag genannten inländischen Studium in Bezug auf das Ergebnis der Gesamtausbildung als gleichwertig anzusehen ist. Dabei hat das zuständige Organ die allfällige Zuordnung zu einem Studienzweig bzw. die Gleichwertigkeit mit einem Studium, das durch besondere Vorschriften über Kombinationen gestaltet wurde, von Amts wegen festzustellen und im Nostrifizierungsbescheid zu vermerken. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens kann auch ein Stichproben-Test durchgeführt werden, um nähere Auskünfte über die Inhalte des ausländischen Studiums zu erhalten.
(5) Sofern die Gleichwertigkeit im Sinne des Abs. 4 grundsätzlich gegeben ist und nur einzelne Ergänzungen auf die volle Gleichwertigkeit fehlen, hat der Antragsteller das Recht, als Gasthörer (§ 4 Abs. 1 lit. b) zugelassen zu werden und die ihm vom zuständigen Organ der Universität bekannt gegebenen Lehrveranstaltungen und Prüfungen zu absolvieren.
(6) Das zuständige Organ der Universität (Hochschule) hat nach Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen der Abs. 4 und 5 festzulegen, welchem inländischen Studienabschluss der ausländische Studienabschluss entspricht, und welchen inländischen akademischen Grad der Antragsteller auf Grund der Nostrifizierung zu führen berechtigt ist. Das Recht auf Führung des ausländischen akademischen Grades gemäß § 39 bleibt unberührt.
(7) ..."
Mit Bescheid vom 24. September 1999 entschied das Fakultätskollegium, dass nach erfolgreicher Ablegung des kompletten zweiten Studienabschnittes der Pädagogik und in der Sonder- und Heilpädagogik die Gleichwertigkeit des ausländischen akademischen Grades "Magister der Pädagogik" (als Abschluss der angeführten geänderten beiden Studienrichtungen) gemäß § 72 Abs. 1 UniStG gegeben sei. Nach der Begründung habe "aufgrund der vorgelegten Unterlagen und des am 05. 11. 1998 durchgeführten Parteiengehörs (...) eine Gleichwertigkeit nur nach Erfüllung der im Spruch angeführten Bedingungen festgestellt werden (können). Daher war, wie im Spruch angeführt, zu entscheiden. Für die Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen wird ein Zeitraum von 6 Semestern zugestanden."
Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtslage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Nach dieser Bestimmung war es daher im vorliegenden Fall Sache des Fakultätskollegiums, gestützt auf entsprechende Ermittlungsergebnisse, in einer der nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise darzulegen, ob das ausländische Studium der Antragstellerin hinsichtlich der Anforderungen, des Gesamtumfanges sowie der Studieninhalte so aufgebaut war, dass es mit dem im Antrag genannten inländischen Studium in Bezug auf das Ergebnis der Gesamtausbildung als gleichwertig (vgl. § 40 Abs. 4 AHStG) oder annähernd gleichwertig (vgl. § 40 Abs. 5 AHStG) anzusehen ist.
Entsprechende Feststellungen fehlen in der Begründung des angefochtenen Bescheides zur Gänze. Dieser Mangel ist wesentlich im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG, weil er nicht nur die Beschwerdeführerin an der Verfolgung ihrer Rechte hinderte, sondern auch den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf die Rechtsmäßigkeit seines Inhaltes. Eine Sanierung dieses Mangels ist selbst durch ausführliche Darlegungen in der Gegenschrift nicht möglich (vgl. z.B. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 wiedergegebene Rechtsprechung, S. 607).
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Kostenersatzverordnung 2003.
Wien, am 22. November 2004
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter wegen mangelnder Behördeneigenschaft Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001100034.X00Im RIS seit
06.01.2005