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80/02 Forstrecht;Norm
ForstG 1975 §72 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des R S in B, vertreten durch Egger & Musey, Rechtsanwälte Kommandit-Partnerschaft in 5020 Salzburg, Imbergstraße 26, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 8. Oktober 2001, Zl. 20401- 40.066/5/2-2001, betreffend Vorschreibung eines rückständigen Genossenschaftsbeitrages nach dem Forstgesetz (mitbeteiligte Partei: Forstliche Bringungsgenossenschaft U, vertreten durch den Obmann G B, E), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau (BH) vom 15. Mai 2001 wurde dem Beschwerdeführer über Antrag der forstlichen Bringungsgenossenschaft U. (mitbeteiligte Partei) gemäß § 73 Abs. 2 des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 75 (ForstG), der rückständige Genossenschaftsbeitrag in der Höhe von S 241.981,00 vorgeschrieben. Dieser Betrag sei binnen vierzehn Tagen ab Zustellung des Bescheides auf das genannte Konto der Genossenschaft einzuzahlen.
Nach der Begründung habe die mitbeteiligte Partei, vertreten durch den Obmann, mit Schreiben vom 25. August 2000 und 6. November 2000 bei der BH als Aufsichtsbehörde beantragt, dem säumigen Mitglied (Beschwerdeführer) den rückständigen Genossenschaftsbeitrag in der im Spruch genannten Höhe vorzuschreiben. Das bauausführende Unternehmen (Firma G.) habe für die im Zuge des Forstwegebaues erbrachten Leistungen der mitbeteiligten Partei einen Betrag in Höhe von S 498.300,00 in Rechnung gestellt. Laut Angaben der Firma beinhalte dieser Betrag nicht die im Herbst 2000 durchgeführten Fertigstellungsmaßnahmen in der Höhe von S 44.865,00. Vom vorgelegten Rechnungsbetrag habe die mitbeteiligte Partei der Firma G. einen Teilbetrag (betreffend die Anteile der Liegenschaften U. und S.) im Ausmaß von S 256.319,00 überwiesen. Die Baukostenanteile der Liegenschaft O. (Beschwerdeführer) seien bisher nicht bezahlt worden.
In einer von den Rechtsvertretern des Beschwerdeführers abgegebenen Stellungnahme vom 20. Februar 2000 sei die seitens der Firma G. beanspruchte Summe in Höhe von S 241.981,00 (rückständiger Beitrag) als unangemessen und überhöht und völlig inakzeptabel bezeichnet worden. Der Vorwurf der erhöhten Rechnungslegung sei allerdings nicht konkret begründet worden. Vielmehr sei in diesem Zusammenhang lediglich eine "Zusammenstellung der A. GmbH vom 29. 9. 2000 über einen Angebotspreis in der Höhe von brutto ATS 276.240,00", der sich auf die gesamte Wegeanlage beziehe, vorgelegt worden. Weiters sei eine zeugenschaftliche Einvernahme eines Mitarbeiters der A. GmbH beantragt worden. Es sei bemängelt worden, dass der Bauleiter der Forststraße keine Vergleichsangebote von Mitbewerbern eingeholt habe.
Die Firma G. habe in einer Niederschrift vom 1. Februar 2001 erklärt, von der mitbeteiligten Partei mit der Wegeerrichtung beauftragt worden zu sein. Dies habe auch der Bauleiter Dipl.- Ing. F. in einem Aktenvermerk vom 19. März 2001 bestätigt. Er habe angegeben, dass die Vergabe der Bauarbeiten als freie Vergabe in Regie mit Stundensätzen von der mitbeteiligten Partei durch deren Obmann Andreas B. und den Obmannstellvertreter (Beschwerdeführer) erfolgt sei.
In einer von den Rechtsvertretern des Beschwerdeführers eingebrachten Stellungnahme vom 18. April 2001 sei bemängelt worden, dass sich Dipl.-Ing. F. mit dem vorgelegten Anbot nicht inhaltlich auseinander gesetzt habe.
Die mitbeteiligte Partei habe dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27. September 2000 den aushaftenden Betrag in Höhe von S 241.981,00 vorgeschrieben. Der Beschwerdeführer habe die rückständige Zahlung grundsätzlich nie bestritten; der Betrag sei jedoch der Höhe nach angezweifelt worden. Trotz Aufforderung zur Stellungnahme habe der Beschwerdeführer keine stichhaltige Begründung vorlegen können, die seine Weigerung zur Zahlung des aushaftenden Betrages rechtfertige bzw. seinen Vorwurf der unangemessenen und überhöhten Rechnung untermauere. Das von ihm vorgelegte "Vergleichsanbot" einer anderen Baufirma (A. GmbH) sei allein schon vom Zeitpunkt her (praktisch nach Fertigstellung des Wegebaues) unüblich. Es beweise auch nicht die behauptete überhöhte Rechnungslegung durch die Firma G. Ebenso gehe der Vorwurf, Dipl.-Ing. F. habe keine Vergleichsangebote eingeholt, ins Leere, da die Bauvergabe nachweislich ausschließlich durch die mitbeteiligte Partei selbst erfolgt sei.
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, am 26. Mai 1998 sei von den Grundeigentümern B., G. und dem Beschwerdeführer die forstliche Bringungsgenossenschaft U. (mitbeteiligte Partei) gegründet worden. Mit Bescheid der BH vom 26. August 1998 sei deren Satzung genehmigt worden. Dieser Satzung seien die Verhandlungsschrift vom 26. Mai 1998, die Geschäftsordnung, die Wegordnung sowie das Anteilsverzeichnis zugrundegelegt gewesen.
Am 21. September 2000 sei im Gasthof S. eine Genossenschaftsversammlung der mitbeteiligten Partei abgehalten worden. Dabei sei das Angebot der Firma G., den Forstweg nach Begleichung des aushaftenden Rechnungsbetrages fertig zu stellen, mit Stimmenmehrheit angenommen worden. Der Antrag, der Firma G. wolle unter Androhung des Rücktrittes vom Vertrag, Setzung einer Ersatzvornahme und Geltendmachung von Schadenersatz eine Frist von 14 Tagen gesetzt werden, binnen der die Firma die Arbeiten wieder aufzunehmen und den Weg in der Folge fertig zu stellen habe, zumal die Einstellung der Arbeiten rechtswidrig erfolgt sei, sei mit Stimmenmehrheit abgelehnt worden. Darauf hin sei der Gegenantrag, dass die Fertigstellung bis 31. Oktober 2000 gemäß der Verhandlungsschrift vom 12. November 1998 zu erfolgen habe, mit Stimmenmehrheit angenommen worden. Schließlich habe sich die Firma G. verpflichtet, die Fertigstellung bis 31. Oktober 2000 durchzuführen; dies aber nur dann kostenlos, wenn die aushaftende Rechnungssumme von der mitbeteiligten Partei beglichen werde.
Mit Schreiben der mitbeteiligten Partei vom 27. September 2000 sei - diesem Beschluss entsprechend - das Genossenschaftsmitglied (Beschwerdeführer) aufgefordert worden, den aushaftenden Betrag in der Höhe von S 241.981,-- auf das Genossenschaftskonto einzuzahlen. Mit einem weiteren Schreiben vom 20. Oktober 2000 sei der Beschwerdeführer nochmals an diese Zahlungspflicht erinnert worden. Mit Schreiben vom 6. November 2000 habe die mitbeteiligte Partei schließlich bei der BH begehrt, die rückständige Leistung des Beschwerdeführers festzustellen.
Mit Schreiben der BH vom 5. Februar 2000 sei der Beschwerdeführer darüber informiert worden, dass ein Verfahren gemäß § 73 Abs. 2 ForstG eingeleitet worden sei. Mit Eingabe vom 22. Februar 2001 habe der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertreter eine Stellungnahme zu diesem Antrag abgegeben. Eine weitere Stellungnahme sei am 18. April 2001 erfolgt.
Die rechtliche Prüfung habe ergeben, dass dem rückständigen Genossenschaftsbeitrag des Beschwerdeführers ein Beschluss der mitbeteiligten Partei vom 21. September 2000 zugrunde liege. Dabei sei mit Stimmenmehrheit beschlossen worden, das Angebot der Firma G. zur Fertigstellung des Weges nach Begleichung des aushaftenden Rechnungsbetrages anzunehmen. Der Geschäftsordnung der mitbeteiligten Partei sei unter anderem zu entnehmen, dass die Vollversammlung über alle Angelegenheiten der ordentlichen und außerordentlichen Verwaltung, soweit sie nicht auf Grund der Satzung dem Vorstand übertragen seien, beschließe. Aus § 13 Abs. 4 der Satzung ergebe sich, dass gegen Beschlüsse der Vollversammlung binnen einem Monat ab diesem Ereignis bei sonstigem Verfall Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde erhoben werden könne, die darüber endgültig entscheide. Der Beschluss der Vollversammlung vom 21. September 2000 sei vom Beschwerdeführer allerdings nie bekämpft worden. Das gesamte Berufungsvorbringen beziehe sich auf Umstände, die mit der Rechnungslegung der bauausführenden Firma G. im Zusammenhang stünden: Nach Auffassung des Beschwerdeführers sei die Abrechnung dieser Firma überhöht. Deshalb sollte seiner Ansicht nach ein einschlägig sachkundiger Amtssachverständiger beigezogen werden. Sein am 29. September 2000 vorgelegtes Vergleichsangebot sei völlig unreflektiert geblieben. Seiner Ansicht nach sei entscheidend, ob das gesamte errechnete Volumen angemessen sei oder nicht bzw. ob die verrechneten Stundensätze insgesamt als zweckmäßig, notwendig und erforderlich anzusehen seien.
Dieses Vorbringen wäre nach Auffassung der belangten Behörde geeignet gewesen, in einem eventuellen Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss der Vollversammlung eingewendet zu werden. Dies sei vom Beschwerdeführer jedoch verabsäumt worden und auf Grund des Verstreichens der Frist jetzt nicht mehr möglich. Da der aushaftenden Schuld des Beschwerdeführers ein entsprechender Genossenschaftsbeschluss zugrunde liege, sei dem Antrag der mitbeteiligten Partei stattzugeben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 73 Abs. 1 ForstG obliegt die Aufsicht über die Genossenschaft der Behörde, diese hat auch über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis und den Verpflichtungen der Genossenschaft entspringenden Streitfälle der Mitglieder zu entscheiden.
Nach § 73 Abs. 2 ForstG hat die Behörde auf Antrag der Genossenschaft rückständige Genossenschaftsbeiträge dem säumigen Mitglied vorzuschreiben. Diese Bescheide sind nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes zu vollstrecken.
Gemäß § 72 Abs. 1 ForstG sind die Kosten, die der Genossenschaft aus der Erfüllung ihrer Aufgaben erwachsen, von den Mitgliedern nach einem Aufteilungsschlüssel, der sich aus der Größe der einzubeziehenden Grundfläche ergibt, zu tragen, wenn nicht nach der Satzung etwas anderes vorgesehen ist.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, dass der Vorschreibung des rückständigen Genossenschaftsbeitrages des Beschwerdeführers in der Höhe von S 241.981,-- ein Beschluss der mitbeteiligten Partei vom 21. September 2000 zugrunde liegt.
Demgegenüber wird in der Beschwerde die Auffassung vertreten, von "einem rechtswirksamen Versammlungsbeschluss, welcher die Vorschreibung gegenüber dem Beschwerdeführer ausgesprochen habe, kann nicht einmal ansatzweise gesprochen werden." In der Genossenschaftsversammlung vom 21. September 2000 sei "nicht darüber beschlussmäßig entschieden worden, dass dem Beschwerdeführer ein rückständiger Genossenschaftsbeitrag in der aufgezeigten Höhe vorgeschrieben werde." Es sei lediglich darüber abgestimmt worden, "ob das Angebot der Unternehmung G. hinblicklich der kostenlosen Fertigstellung des Weges nach Begleichung des aushaftenden Rechnungsbetrages durch den Beschwerdeführer angenommen werde oder nicht." Dieses Angebot sei gegen die Stimme des Beschwerdeführers angenommen worden.
Bereits mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.
Bei der Versammlung der Genossenschafter am 27. September 2000 wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, das Angebot der Firma G. zur Fertigstellung des Weges "nach Begleichung des aushaftenden Rechnungsbetrages durch (den Beschwerdeführer)" anzunehmen. Dem genannten Beschluss mag zwar die Auffassung der Mehrheit der Genossenschafter zugrunde liegen, dass der Beschwerdeführer den auf ihn entfallenden Beitrag bezahlen müsse, damit es zu einer Fertigstellung des Weges komme, allein dem in den Verwaltungsakten erliegenden Protokoll der Versammlung ist weder ein Antrag noch ein Beschluss zu entnehmen, der auch nur andeutungsweise die aushaftenden Genossenschaftsbeiträge des Beschwerdeführers noch das Pflichtverhältnis der Genossenschafter gegenüber der Genossenschaft betroffen hätte.
Da die belangte Behörde nach dem oben Gesagten zu Unrecht die Auffassung vertrat, dass mit dem Beschluss vom 27. September 200 gegenüber dem Beschwerdeführer ein bestimmter rückständiger Genossenschaftsbeitrag festgesetzt worden ist, war der angefochtene Bescheid schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Kostenersatzverordnung 2003.
Wien, am 22. November 2004
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2001100233.X00Im RIS seit
04.01.2005