TE Vwgh Erkenntnis 2004/11/23 2004/06/0111

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Veröffentlicht am 23.11.2004
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Index

20/05 Wohnrecht Mietrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
98/05 Sonstige Angelegenheiten des Wohnbaus;

Norm

AVG §1;
BodenbeschaffungsG §4 Abs1;
BodenbeschaffungsG §4 Abs2;
BodenbeschaffungsG §4;
MRG §30 Abs2 Z15 idF 1991/068;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde

1. des H R und 2. der W R, beide in I, beide vertreten durch Föger Pall & Schallhart, Rechtsanwaltspartnerschaft in Wörgl, Speckbacher-Straße 8, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 7. Juni 2004, Zl. Präs.IV-O-16278-3, betreffend Interessenbescheid nach § 30 Abs. 2 Z 15 MRG (mitbeteiligte Partei: W Gesellschaft m.b.H. in I, vertreten durch Dr. Herbert Linser und Mag. Christian Linser, Rechtsanwälte in I, Stadtplatz 3), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Mitbeteiligte ist Eigentümerin eines Hauses in I (Eckhaus), welches teilweise an den Stadtplatz und teilweise an die P-Gasse grenzt. Die Beschwerdeführer sind Mieter eines Geschäftslokales in diesem Haus.

Mit dem am 1. April 2003 bei der Bezirkshauptmannschaft I (kurz: BH) eingelangten Antrag (vom 31. März 2003) begehrte die Mitbeteiligte die Erlassung eines Bescheides gemäß § 30 Abs. 2 Z 15 MRG (Interessenbescheid) und brachte vor, das bestehende Gebäude solle abgetragen und stattdessen ein neues Gebäude errichtet werden. Dadurch sei die Verbreiterung der P-Gasse und die Errichtung eines Gehsteiges möglich, was zweifellos einen wichtigen Beitrag für die Verkehrssicherheit darstelle. Zur Zeit sei im bestehenden Gebäude kein einziger Autoabstellplatz vorhanden; im Neubau sollten 29 Abstellplätze in einer Tiefgarage sowie drei Abstellplätze im Freien geschaffen werden. Im bestehenden Gebäude befänden sich 11 Wohnungen mit einer Gesamtnutzfläche von ca. 600 m2 sowie Geschäftslokale mit einer Gesamtnutzfläche von ca. 200 m2. Die Wohnungen seien zum Teil längst nicht mehr vermietbar und leer stehend, der Standard sei äußerst niedrig (Hinweis auf ein beigelegtes Schätzungsgutachten vom 18. Februar 1997). Durch den Neubau werde ein moderner Bestand geschaffen, die Gesamtnutzfläche werde mehr als verdoppelt, die Anzahl der Wohnungen solle auf 17 erhöht werden. Auch die Geschäfts- und Büroflächen würden auf 913 m2 erhöht. Zudem komme eine Tiefgarage mit 704 m2.

Die Beschwerdeführer seien die einzigen Mieter, die einer einvernehmlichen Auflösung ihres Mietverhältnisses nicht zugestimmt hätten.

Im bezogenen Schätzungsgutachten des Sachverständigen R. K. vom 18. Februar 1997 heißt es unter anderem, das Gebäude sei mehr als 100 Jahre alt. Eine Zentralheizungsanlage sei nicht vorhanden. Die Sanitärausstattung der Wohn- und Geschäftseinheiten entspreche dem untersten Niveau. Es seien "umfangreiche Instandhaltungsrückstände" feststellbar. Die Ziegeldacheindeckung beim Haupttrakt sei stark abgewittert und porös. Die Fensterstöcke und Fensterrahmen müssten neu lackiert werden. Auch die Fußböden seien großteils renovierungsbedürftig. Sowohl die Fassaden als auch die Innenräume müssten neu getüncht werden. Die geschossverbindende Holztreppe im Haupttrakt und der Dachbodenausbau mit einfachen Ständerwänden und Heraklithverkleidungen an den Dachkonstruktionen bildeten eine erhebliche Feuer- und Rauchgasgefahr, sodass der Einbau von mehreren Feuerschutztüren von Geschoß zu Geschoß bzw. vom Treppenhaus zu den Wohneinheiten empfehlenswert wäre. Im derzeitigen Zustand könne dem Gebäudekomplex eine weitere wirtschaftliche Nutzungsdauer von maximal 15 Jahren zugesprochen werden. (Bei der Bewertung der Baulichkeiten wird auf die "unzeitgemäßen Baustoffe ohne geeignete Isoliermaßnahmen, die äußerst bescheidenen Sanitäranlagen und schlechten Heizmöglichkeiten" beim Haupttrakt verwiesen.)

Die Beschwerdeführer bestritten das Vorbringen und beantragten die Abweisung des Antrages.

Im Zuge des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens kam es zu einem Ortsaugenschein unter Beiziehung eines verkehrstechnischen Sachverständigen. Dieser führte aus, betreffend die Verengung der Straßenverhältnisse im Bereich P-Gasse/Stadtplatz könne aus verkehrstechnischer Sicht festgestellt werden, dass dort derzeit kein Gehsteig für den Fußgängerverkehr bestehe. Die Errichtung eines solchen Gehsteiges sei jedenfalls zu empfehlen. Auf Grund der derzeitigen Straßenbreite in diesem Bereich wäre die Errichtung eines Gehsteiges unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich hier um eine Einbahn handle, auch ohne Versetzung des bestehenden Wohnhauses möglich. Der Begriff "Gehsteig" richte sich nach der Straßenverkehrsordnung. Es bestünden Richtlinien bezüglich Breite, der Ausführung, etc. Jedoch sei auch ein Gehsteig, welcher nicht diesen Richtlinien entspreche, als Gehsteig anzusprechen. Auf Befragen des Beschwerdevertreters "bezüglich eines erforderlichen Seitenwechsels der zukünftigen Gehsteigbenutzer" erklärte der Sachverständige, dass grundsätzlich alle Maßnahmen, die zu einer Verbesserung der Sicherheit der Fußgänger führten, aus verkehrssicherheitstechnischer Sicht zu begrüßen seien. Dies im Hinblick darauf, dass die "optimalste Lösung" die Errichtung von Gehsteigen auf beiden Seiten der Straße wäre.

Der Vertreter der Mitbeteiligten führte dazu aus, am südlichen Ende des Stadtplatzes an der Kreuzung zur P-Gasse sei derzeit eine Absperrung in Form einer Kette am Ende des Gehsteiges angebracht, deren einziger Sinn darin liege, Fußgänger davon abzuhalten, unmittelbar am Gebäude der Mitbeteiligten entlanggehend in die P-Gasse einzutreten. Diese offensichtliche Gefahrenstelle würde durch die Errichtung des vorgesehenen Gehsteiges jedenfalls erheblich entschärft werden. Die Errichtung des Gehsteiges an der Seite des neu zu errichtenden Gebäudes sei deshalb erforderlich, weil beim Neubau auch Ausgänge auf die P-Gasse vorgesehen seien, insbesondere auch im Bereich des Geschäftes der Beschwerdeführer. Der geplante Gehsteig werde an der schmalsten Seite ca. 1,50 m breit sein.

Der Sachverständige bestätigte, dass die angebrachte Schutzkette eine sinnvolle Maßnahme zum Schutz der Fußgänger darstelle, damit diese nicht abrupt vom Gehsteig auf die P-Gasse hinaustreten könnten.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 12. Dezember 2003 sprach die BH aus, dass der geplante Neubau auch unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Beschwerdeführer aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken sowie zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet von I bestehenden qualitativen Wohnungsbedarfes geeignet seien, im öffentlichen Interesse liege.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und nach Hinweis auf die maßgeblichen Bestimmungen des MRG heißt es begründend, aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren und der amtsbekannten Situation vor Ort (gegenüber der BH) sei grundsätzlich unstrittig, dass die P-Gasse im Bereich des bestehenden Gebäudes beidseitig keinen Gehsteig und im Bereich der Einmündung in den Stadtplatz eine Engstelle aufweise. Dabei sei das bestehende Gebäude derart situiert, dass ein direkter Einblick in die P-Gasse vom Stadtplatz vom Norden kommend (am Gehsteig entlang des bestehenden Gebäudes) nicht möglich sei, weil die südöstliche Hausecke etwas in die P-Gasse hineinrage. Deshalb sei auch für den am Stadtplatz von Norden kommenden fließenden Verkehr ein Verkehrsspiegel zum besseren Einblick in die P-Gasse angebracht worden. Die Situation in der P-Gasse bzw. der Einmündungsbereich zum Stadtplatz erscheine daher in verkehrssicherheitstechnischer Hinsicht verbesserungsbedürftig. Dies ergebe sich auch aus der Stellungnahme des verkehrstechnischen Amtssachverständigen. Jedoch ist diesem auch dahingehend zu folgen, dass die Errichtung eines Gehsteiges im östlichen Bereich der P-Gasse am südlichen Fahrbahnrand (in Fortsetzung des weiter westlich bereits bestehenden Gehsteiges) grundsätzlich auch ohne den geplanten Neubau möglich wäre, wobei dadurch die Fahrbahn, insbesondere auch im Bereich der bereits derzeit bestehenden Engstelle, schmäler würde. An der Situation für die Fußgänger, welche von Norden über den Stadtplatz kommend in die P-Gasse einbiegen wollten, würde sich jedoch nichts ändern, weil die Ecke P-Gasse/Stadtplatz unübersichtlich bleiben würde.

Hinsichtlich des ruhenden Verkehrs sei es eine Tatsache, dass die Parkplätze am Stadtplatz insbesondere während der Bürozeiten (BH, Banken), stets besetzt seien und sich deutlich ein Mangel an Pkw-Abstellplätzen abzeichne. Deshalb würden auch Tag und Nacht beinahe durchgehend Fahrzeuge auf den Gehsteigen geparkt. Insbesondere sei das Parkplatzproblem im Rahmen des täglichen Parteienverkehrs an der BH jedenfalls nachvollziehbar. Dem Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach am Stadtplatz nie irgendwelche Parkplatzprobleme bestanden hätten und auch derzeit sicher nicht bestünden, könne demgemäß keinesfalls gefolgt werden.

Nach Auffassung der Behörde sei daher davon auszugehen, dass der Neubau mit der damit verbundenen Errichtung eines Gehsteiges in der P-Gasse und der übersichtlichen Gestaltung des Einmündungsbereiches P-Gasse/Stadtplatz zumindest auch im öffentlichen Interesse gelegen sei.

Das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführer, dass eine Verbreiterung der P-Gasse nur dann einen Sinn ergebe, wenn geplant sei, diese Gasse als Gegenverkehrsstraße zu führen, sowie, dass die Errichtung eines Gehsteiges aus verkehrssicherheitstechnischen Gründen keinesfalls angezeigt sei, wobei auch an zahlreichen anderen Stellen der Innenstadt keine Gehsteige bestünden, sei unbegründet geblieben. Insbesondere seien sie den Ausführungen des beigezogenen verkehrstechnischen Amtssachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Ob an anderen Stellen der Innenstadt Gehsteige fehlten, sei zur Beurteilung der Situation im hier betroffenen Bereich jedenfalls irrelevant.

Hinsichtlich der "Assanierungszwecke" ergebe sich aus dem Gutachten des Sachverständigen R. K., dass die Sanitärausstattung des bestehenden Gebäudes dem untersten Niveau entspreche. Das gesamte Gebäude weise umfangreiche Instandhaltungsmängel auf. Dem Gebäudekomplex könnte im derzeitigen Zustand eine weitere wirtschaftliche Nutzdauer von maximal 15 Jahren zugesprochen werden. Weiters seien bei der Schätzung die unzeitgemäßen Baustoffe ohne geeignete Isoliermaßnahmen und die schlechten Heizungsmöglichkeiten zu berücksichtigen gewesen. Allein daraus ergebe sich nach der Auffassung der Behörde, dass der Neubau jedenfalls Assanierungszwecken diene. Weiters sei davon auszugehen, dass diese Zwecke im öffentlichen Interesse lägen, weil die Nachfrage nach Altbauwohnungen ohne Isolierung und ohne zentrale Heizungsmöglichkeit sowie mit schlechter Sanitärausstattung denkbar gering sei und leer stehende Wohnungen im Stadtzentrum keinesfalls im öffentlichen Interesse lägen. Dem Vorbringen der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang könne insoweit gefolgt werden, als eine Sanierung grundsätzlich auch ohne einen Neubau möglich wäre. Dies ändere jedoch nichts daran, dass der Neubau unter anderem zu Assanierungszwecken im öffentlichen Interesse gelegen sei. Irrelevant erscheine jedenfalls, dass der derzeitige Standard bzw. die Ausstattung des Gebäudes für die Beschwerdeführer ausreichend sei und diese einen Neubau nicht für notwendig erachteten.

Durch den Neubau werde die gesamte Wohnnutzfläche im Vergleich zum Bestand mehr als verdoppelt und es würden gegenüber dem Altbestand sechs zusätzliche Wohnungen geschaffen. Die Wohnungen würden dem heutigen Standard entsprechend errichtet, womit die derzeit bestehenden Mängel (gemäß dem Schätzgutachten) beseitigt würden. Der Begriff des "quantitativen Wohnungsbedarfes" bzw. des "qualitativen Wohnfehlbestandes" seien gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Sinne des § 4 des Bodenbeschaffungsgesetzes, BGBl. Nr. 288/1974, auszulegen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 99/06/0021). Gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. liege ein quantitativer Wohnungsbedarf vor, wenn in einer Gemeinde die Zahl der vorhandenen und der in Bau befindlichen Wohnungen die Zahl der Haushalte um nicht mehr als 3 % übersteige oder in einer Gemeinde 2 % der Wohnbevölkerung als Wohnungssuchende gemeldet und von der Gemeinde als solche anerkannt seien. Entsprechend der (im Ermittlungsverfahren eingeholten) Auskünfte der Stadt I seien derzeit 124 Wohnungssuchende für Mietwohnungen sowie weitere 64 Wohnungssuchende für Miet- Kaufwohnungen vorgemerkt. Die Wohnbevölkerung in I habe zum Stichtag 31. Dezember 2002 gemäß der Landesstatistik Tirol 8870 Personen umfasst. Aus der Gegenüberstellung dieser Zahlen ergebe sich somit, dass in I derzeit rund 2,12 % der Wohnbevölkerung als Wohnungssuchende gemeldet seien. Demnach sei ein quantitativer Wohnungsbedarf gegeben. Zudem sei nach Auffassung der Behörde davon auszugehen, dass bei der Stadtgemeinde selbst bei weitem nicht alle aktuellen Wohnungssuchenden vorgemerkt seien, weil zahlreiche Interessenten lediglich über private Immobilienbüros Wohnungen suchten.

Ein qualitativer Wohnungsfehlbestand im Sinne des Bodenbeschaffungsgesetzes liege gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. vor, wenn in einer Gemeinde die Zahl der mangelhaft ausgestatteten Wohnungen mehr als 10 % der Zahl der vorhandenen Wohnungen betrage, wobei eine Wohnung dann als mangelhaft ausgestattet gelte, wenn die Wasserentnahme oder der Abort außerhalb derselben lägen (weiterer Hinweis auf § 3 Z 10 des Stadterneuerungsgesetzes, BGBl. Nr. 287/1974, idF BGBl. I Nr. 136/2001). Diesbezügliche Zahlen lägen bei der Stadtgemeinde I nicht vor, sodass zu Gunsten der Beschwerdeführer davon ausgegangen werden müsse, dass ein qualitativer Wohnfehlbestand in I nicht vorliege.

Der Verwaltungsgerichtshof habe zu den Kriterien des quantitativen Wohnungsbedarfes bzw. qualitativen Wohnfehlbestandes weiters ausgesprochen, dass der projektierte Neu- oder Umbau jedenfalls nach Art und Umfang geeignet sein müsse, Wohnraum zu schaffen, der der Minderung der in einem bestimmten Ort bestehenden Wohnungsnot diene, und es solcherart rechtfertige, im Interesse der Allgemeinheit auch bestehende Mietrechte Einzelner aufzuheben. Im Sinne dieser Judikatur könne von einer Wohnungsnot in einem bestimmten Ortsgebiet dann gesprochen werden, wenn in diesem Gebiet das Angebot solcher Wohnungen, welche nach ihrer Beschaffenheit zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses der Wohnungssuchenden ausreichten und deren Entgelt mit den wirtschaftlichen Verhältnissen dieser Wohnungssuchenden im Einklang stehe, im erheblichen Umfang hinter jener Nachfrage zurückbleibe, die sich nicht nur auf einen vorübergehenden Bedarf gründe. Die Vermehrung der vermietbaren Wohnungen um vier stelle jedenfalls keine nur geringfügige Vermehrung von Wohnungen dar (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 2003, Zl. 2001/06/0176).

Es sei bereits ausgeführt worden, dass das Angebot an Wohnungen erheblich hinter der Nachfrage zurückbleibe. Aus dem Ermittlungsverfahren hätten sich zudem keinerlei Anhaltspunkte ergeben, dass mit dem Neubau etwa die Errichtung von Luxuswohnungen geplant sei, sodass davon ausgegangen werden müsse, dass die geplanten Wohnungen von einem durchschnittlich verdienenden Interessenten erworben werden könnten. Die geplante Erhöhung der Wohnnutzflächen um mehr als das Doppelte und die Schaffung von sechs zusätzlichen Wohnungen im Vergleich zum Altbestand stelle jedenfalls nicht nur eine geringfügige Vermehrung von Wohnungen dar.

Der Neubau sei daher geeignet, den im Ortsgebiet von I bestehenden quantitativen Wohnungsbedarf zumindest zu mildern.

Was die vorgetragenen schutzwürdigen Interessen der Beschwerdeführer anlange, könne ihr diesbezügliches Vorbringen dahingehend zusammengefasst werden, dass ihr Geschäftslokal als Fotostudio bestens adaptiert und in I bestens eingeführt sei, weil dieses seit mehr als 30 Jahren am gleichen Standort betrieben werde. Der Firmenwert resultiere im Wesentlichen aus dem Standort (Nähe zur BH) und dem damit verbundenen Bekanntheitsgrad des Betriebes. Das Fotostudio bilde die Existenzgrundlage der Beschwerdeführer und deren zwei minderjährigen Kinder. Die Aufrechterhaltung eines Betriebes während der Bauphase sei nicht zumutbar, weil dadurch der Standortvorteil von mehr als 30 Jahren verloren ginge. Auf Grund des Umstandes, dass ca. 50 % des Umsatzes direkt im Fotostudio erzielt werde, sei ein Ersatzlokal auf einer Baustelle wirtschaftlich nicht vertretbar. Ein weiteres Interesse der Beschwerdeführer sei die Beibehaltung des derzeitig günstigen Mietzinses für das Lokal, sowie, dass durch die Adaptierung eines allfälligen neuen Geschäftslokales bzw. Ersatzlokales massive Kosten entstehen würden.

Bei der Gegenüberstellung der widerstreitenden Interessen sei zu berücksichtigen, dass die im § 30 Abs. 2 Z 15 MRG beispielhaft aufgezählten öffentlichen Interessen, welche für den Neubau eines Gebäude sprächen, nicht kumulativ vorliegen müssen. Einzeln betrachtet wäre nach Auffassung der Behörden der geplante Neubau lediglich aus Verkehrsrücksichten oder lediglich zu Assanierungszwecken nicht im öffentlichen Interesse gelegen. Ausschlaggebend für die Behörde sei vielmehr gewesen, dass durch den Neubau eine erhebliche Steigerung an Wohnnutzflächen zu erwarten sei, wobei das öffentliche Interesse an entsprechenden Wohnungen im Ortszentrum bereits dargelegt worden sei. Durch die gleichzeitig mögliche Entschärfung des Verkehrssicherheitsrisikos im Bereich P-Gasse/Stadtplatz bzw. der Vermehrung von Kfz-Abstellplätzen im Zentrumsbereich und die bessere Bebauung in hygienischer, sozialer, technischer und verkehrsbedingter Hinsicht, werde die "gegenständliche Entscheidung jedoch zusätzlich untermauert". Auch unter Bedachtnahme darauf, dass es sich bei der Bestimmung des § 30 Abs. 2 Z 15 MRG um eine auf die Einschränkung bestehender Privatrechte gerichtete und daher im Zweifel restriktiv auszulegende Norm handle, gelange die Behörde zum Ergebnis, dass die Errichtung des gegenständlichen Neubaus auch unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Beschwerdeführer im öffentlichen Interesse liege. Die Auseinandersetzung darüber, ob die angebotenen Ersatzlokale für die Beschwerdeführer geeignet, adäquat oder angemessen seien, ob eine Adaptierung als Fotostudio möglich sei oder weshalb die angebotenen Ersatzlokale aus wirtschaftlichen Gründen völlig inakzeptabel sein sollten, müsse der Entscheidung des Gerichtes vorbehalten bleiben. Gleiches gelte über allfällige Ablösevorstellungen der Beschwerdeführer bzw. hinsichtlich einer allfälligen Kostentragungsverpflichtung der Mitbeteiligten für die Adaptierung der Ersatzlokale, die Errichtung eines neues Geschäftslokales und dergleichen.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Nach Darstellung des Verfahrensganges heißt es begründend, der entscheidungswesentliche Sachverhalt sei ausreichend erhoben worden, die Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens sei nicht erforderlich.

Dann führte die belangte Behörde aus, welchen Sachverhalt sie ihrer Entscheidung zu Grunde lege; dieser deckt sich im Wesentlichen mit dem von der Behörde erster Instanz ihrer Entscheidung zugrundegelegten Sachverhalt. Hinsichtlich der Verkehrsverhältnisse heißt es ergänzend, das bestehende Gebäude sei so situiert, dass ein direkter Einblick in die P-Gasse vom Stadtplatz von Norden kommend (am Gehsteig entlang des bestehenden Gebäudes) nicht möglich sei, weil die südöstliche Hausecke etwas in die P-Gasse hereinrage. Deshalb sei auch für den am Stadtplatz vom Norden kommenden fließenden Verkehr ein Verkehrsspiegel zum besseren Einblick in die P-Gasse angebracht worden. Sowohl der Pkwals auch der Fußgängerverkehr seien im Bereich des bestehenden Hauses in der P-Gasse beträchtlich, zumal auch die P-Gasse die Hauptzufahrt in den Stadtteil "A" bilde. In den nächsten Jahren könne mit einer weiteren Steigerung des Verkehrs in diesem Bereich gerechnet werden.

In rechtlicher Hinsicht schloss sich die belangte Behörde den Erwägungen der erstinstanzlichen Behörde an, dass ein quantitativer Wohnfehlbestand im Sinne des Bodenbeschaffungsgesetzes angesichts eines Prozentsatzes "an Wohnungssuchenden" von 2,12 % gegeben sei. Von "Luxuswohnungen" könne im Hinblick auf die sich allein aus der zur Verfügung stehenden Summe der Wohnnutzflächen errechenbaren Wohnungsgrößen nicht die Rede sein. Auch andere Indizien, die für die Errichtung von "Luxuswohnungen" sprächen, ließen sich den Akten nicht entnehmen, zumal von einer Standardeinrichtung die Rede sei. Da der Neubau sechs zusätzliche Wohnungen aufweisen solle und eine Vergrößerung der Gesamtnutzfläche von mehr als die Hälfte der bisherigen Nutzfläche mit sich bringen werde, könne von einer nur geringfügigen Vermehrung der Wohnfläche keine Rede sein.

Zur näheren Determinierung des Begriffes der Assanierung sei richtigerweise das Stadterneuerungsgesetz 1974 heranzuziehen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1989, Zl. 88/01/0183). Die Assanierungsbedürftigkeit sei nach § 1 Abs. 2 leg. cit. jedenfalls dann gegeben, wenn es sich nicht um ein landwirtschaftliches Wohnhaus außerhalb eines geschlossenen Siedlungsgebietes handle, mindestens die Hälfte der Gesamtnutzfläche (das sei die Summe der Nutzflächen aller Wohnungen und Geschäftsräume) Wohnzwecken diene, es mehr als zwei Wohnungen enthalte und mindestens die Hälfte der Wohnungen mangelhaft ausgestattet sei. Im Beschwerdefall seien offensichtlich "die ersten drei Punkte" gegeben. Unter mangelhafter Ausstattung im Sinne des letzten Kriteriums seien Wohnungen mit einer Wasserentnahme oder Abort außerhalb derselben zu verstehen. Laut dem Gutachten des Sachverständigen R. K. entspreche die Sanitärausstattung der Wohn- und Geschäftseinheiten dem untersten Niveau. Auf Grundlage dieses Gutachtens müsse davon ausgegangen werden, dass auch unabhängig vom Assanierungsbegriff auf Grund des desolaten Zustands des gegenständlichen Hauses eine Sanierung geboten erscheine, zumal die Behörde erster Instanz festgestellt habe, dass mehrere Wohnungen auf Grund des sanierungsbedürftigen Zustands des Hauses leer stünden. Als notorisch bekannt dürfe hier vorausgesetzt werden, dass die Sanierung der oftmals desolaten Wohnungen in den Innenstädten die vermehrte Abwanderung der Bevölkerung in die Außenbezirke verhindern solle, um den Stadtcharakter in den Innenstädten zu wahren, wie auch die Mitbeteiligte zutreffend anführe.

Das geplante Vorhaben sei allein aus Verkehrsrücksichten, wie die Behörde erster Instanz richtigerweise erkannt habe, nicht erforderlich. Es sei aber davon auszugehen, dass durch den Neubau eine übersichtliche Gestaltung des Einmündungsbereiches P-Gasse/Stadtplatz samt Errichtung eines Gehsteiges in der P-Gasse möglich werde. Durch die zusätzliche Bereitstellung von Parkplätzen könne die (auf Grund der Lage der Behörde erster Instanz vor Ort notorisch bekannte) Parkplatzsituation zumindest gebessert werden. Insofern sei die Schlussfolgerung der Behörde erster Instanz, dass das Vorhaben zumindest auch im öffentlichen Interesse gelegen sei, unbedenklich.

Zusammengefasst könne festgehalten werden, dass am geplanten Vorhaben ein öffentliches Interesse zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes geeignet seien, bestehe, das begleitend zu Assanierungszwecken und aus Verkehrsrücksichten unterstützt werde. Dem gegenüber seien jedoch auch die schutzwürdigen Interessen der Beschwerdeführer zu berücksichtigen.

Wie die erstinstanzliche Behörde richtig erkannt habe, müssten die im § 30 Abs. 2 Z 15 MRG beispielhaft aufgezählten öffentlichen Interessen nicht kumulativ vorliegen. Bereits durch die Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes geeignet seien, sei das öffentliche Interesse am Vorhaben gegeben. Durch eine gleichzeitig mögliche Entschärfung des Verkehrssicherheitsrisikos im fraglichen Bereich, die Vermehrung von Pkw-Abstellplätzen im Zentrumsbereich, sowie die Möglichkeit, eine bereits 1997 empfohlene Sanierung vorzunehmen, werde auch im Berufungsverfahren die bekämpfte erstinstanzliche Entscheidung zusätzlich untermauert. Dieses öffentliche Interesse sei nach Auffassung der belangten Behörde auch unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Beschwerdeführer gegeben, weshalb die Berufung nicht berechtigt sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die Mitbeteiligte, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 30 Abs. 1 Mietrechtsgesetz, BGBl. Nr. 520/1981 (MRG), kann der Vermieter nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen.

Gemäß § 30 Abs. 2 Z. 15 MRG in der Fassung des zweiten MietrechtsänderungsG BGBl. Nr. 68/1991 ist als ein wichtiger Grund u. a. anzusehen, wenn ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, dass selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfs oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird.

Es trifft zu, dass die Aufzählung in § 30 Abs. 2 Z 15 MRG, welche Umstände im öffentlichen Interesse liegen, nur demonstrativ ist. Es ist auch der im erstinstanzlichen Bescheid zum Ausdruck gebrachten Auffassung beizutreten, dass das dort umschriebene öffentliche Interesse (unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der betroffenen Mieter, also hier der Beschwerdeführer) sachverhaltsmäßig allenfalls erst durch ein "Zusammenwirken" verschiedener der in dieser Gesetzesstelle aufgezählten Kriterien gegeben sein kann (worauf noch zurückzukommen sein wird). Dabei ist stets zu bedenken (was die Behörden des Verwaltungsverfahrens auch zutreffend erkannt haben), dass es sich bei dieser Bestimmung um eine auf die Einschränkung bestehender Privatrechte gerichtete und daher im Zweifel restriktiv auszulegende Norm handelt (siehe dazu beispielweise das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 2003, Zl. 2001/06/0176, mwN).

Es trifft auch zu, dass die im § 30 Abs. 2 Z 15 MRG genannten Kriterien des quantitativen Wohnungsbedarfes bzw. qualitativen Wohnfehlbestandes im Sinne des § 4 des Bodenbeschaffungsgesetzes, BGBl. Nr. 288/1974, auszulegen sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Februar 2004, Zl. 2002/06/0122, vom 23. Februar 2001, Zl. 99/06/0131, oder auch schon vom 10. Juni 1987, Zl. 85/01/0171, Slg. Nr. 12486/A (nur Leitsatz)).

Nach § 4 Abs. 1 BodenbeschaffungsG liegt ein quantitativer Wohnungsbedarf im Sinne dieses Gesetzes vor, "wenn in einer Gemeinde die Zahl der vorhandenen und der im Bau befindlichen Wohnungen die Zahl der Haushalte um nicht mehr als 3 v. H. übersteigt oder in einer Gemeinde 2 v. H. der Wohnbevölkerung als Wohnungssuchende gemeldet und von der Gemeinde als solche anerkannt sind". Barackenwohnungen, Behelfsheime, Einzelräume und sonstige Notunterkünfte sind nicht als Wohnungen zu zählen.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung liegt ein qualitativer Wohnungsfehlbestand im Sinne dieses Gesetzes vor, wenn in einer Gemeinde die Zahl der mangelhaft ausgestatteten Wohnungen mehr als 10 % der Zahl der vorhandenen Wohnungen im Sinne des Abs. 1 beträgt; als mangelhaft ausgestattet gelten Wohnungen mit Wasserentnahme oder Abort außerhalb derselben.

Die Behörden des Verwaltungsverfahrens sind davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 BodenbeschaffungsG vorlägen. 124 Wohnungssuchende für Mietwohnungen sowie weitere 64 Wohnungssuchende für Mietkaufwohnungen (zusammen daher 188 Personen) ergäben nämlich 2,12 % der Wohnbevölkerung, die 8870 Personen umfasse. Die Berechnung ist zwar richtig; nur ist der zugrundeliegenden Mitteilung der Stadtgemeinde I vom 14. April 2003 nicht zu entnehmen, ob es sich dabei tatsächlich um 188 Einzelpersonen handelt oder ob hinsichtlich dieser beiden Gruppen (Interessenten für Mietwohnungen bzw. für Miet-Kaufwohnungen) eine teilweise Personenidentität besteht (schon bei insgesamt 177 Einzelpersonen wäre die Quote von 2 % der Wohnbevölkerung nicht erreicht). Davon abgesehen, muss nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 BodenbeschaffungsG ("2 v. H. der Wohnbevölkerung") davon ausgegangen werden, dass es auf den prozentuellen Anteil der bereits in der Gemeinde wohnenden Personen, die als Wohnungssuchende gemeldet sind, im Verhältnis zur gesamten Wohnbevölkerung ankommt. Ob es sich aber bei den von der Gemeinde zahlenmäßig bekannt gegebenen Interessenten um solche Personen handelt, die bereits in der Gemeinde wohnen (also zur "Wohnbevölkerung" im Sinne des § 4 Abs. 1 BodenbeschaffungsG zu zählen sind) oder auch teilweise um Personen, die nach I zuziehen wollen, blieb (trotz eines diesbezüglichen Berufungsvorbringens) ungeprüft (wie im Übrigen auch ganz offen ist, ob allenfalls die Voraussetzungen des ersten Falles des § 4 Abs. 1 BodenbeschaffungG betreffend die Anzahl der vorhandenen und in Bau befindlichen Wohnungen im Verhältnis zur Zahl der Haushalte gegeben wären).

Das bedeutet, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 BodenbeschaffungsG beim gegenwärtigen Verfahrensstand nicht als gegeben angenommen werden können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang schon mehrfach darauf verwiesen, dass der projektierte Neu- oder Umbau jedenfalls nach Art und Umfang geeignet sein muss, Wohnraum zu schaffen, der der Minderung der in einem bestimmten Ort bestehenden Wohnungsnot dient, und es solcherart rechtfertigt, im Interesse der Allgemeinheit auch bestehende Mietrechte Einzelner aufzuheben. In diesem Sinne kann von einer Wohnungsnot in einem bestimmten Ortsgebiet dann gesprochen werden, wenn dort das Angebot solcher Wohnungen, welche nach ihrer Beschaffenheit zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses der Wohnungssuchenden ausreichen und deren Entgelt mit den wirtschaftlichen Verhältnissen dieser Wohnungssuchenden im Einklang steht, in erheblichem Umfang hinter jener Nachfrage zurückbleibt, die sich nicht nur auf einen vorübergehenden Bedarf gründet (siehe dazu die bereits genannten hg. Erkenntnisse vom 17. Februar 2004, Zl. 2002/06/0122, vom 21. September 2000, Zl. 99/06/0021, mwN, u.a.). Dabei ist auch darauf abzustellen, ob die Anzahl der Wohnungen oder die gesamte Wohnfläche nur geringfügig vermehrt wird oder nicht. Eine bloß geringfügige Vermehrung in diesem Sinne ist im Beschwerdefall, wie die Behörden zutreffend erkannt haben, nicht anzunehmen.

Was nun die zuvor umschriebenen wirtschaftlichen Kriterien anlangt (die Zielsetzung des § 30 Abs. 2 Z 15 MRG ist jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn Ziel der beabsichtigten Bauführung lediglich die Schaffung von Luxuswohnungen ist), kann im Beschwerdefall auf die Antragsbeilagen zurückgegriffen werden, nämlich auf den Baubewilligungsbescheid iVm den Bauplänen und der Nutzflächenzusammenstellung, in welcher die verschiedenen projektierten Geschäfte, Büros und Wohnungen mit ihren Flächen ausgewiesen sind. Das haben die Behörden des Verwaltungsverfahrens auch getan; die Richtigkeit dieser Unterlagen wird von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Daraus ergibt sich, dass die Wohnungen zwischen 2 und 4 Zimmer umfassen sollen und Größen zwischen 58,55 m2 und 98,34 m2 aufweisen sollen. Vor diesem Hintergrund ist die Beurteilung der Behörden des Verwaltungsverfahrens, es handle sich nicht um "Luxuswohnungen", wofür es im Übrigen auch (sonst) keine Hinweise gebe, unbedenklich.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer kam im zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren schon aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes ein "umfängliches Ermittlungsverfahren - auch hinsichtlich der Vermögens- und Einkommenssituation der registrierten Wohnungswerber" (die im Übrigen namentlich gar nicht bekannt sind) nicht in Betracht. Die Frage der Erschwinglichkeit der projektierten Wohnungen muss vielmehr nach allgemeinen (auch statistischen) Erfahrungswerten gelöst werden.

Die belangte Behörde hat sich in ihrer Argumentation auch auf § 1 Abs. 2 des Stadterneuerungsgesetzes, BGBl. Nr. 287/1974 (das Gesetz zuletzt geändert durch das Außerstreit-Begleitgesetz, BGBl. I Nr. 112/2003) gestützt. Diese Bestimmung lautet: Nach dem bezogenen § 3 Abs. 10 leg. cit. gelten als mangelhaft ausgestattet Wohnungen mit Wasserentnahme oder Abort außerhalb derselben.

"(2) Dieses Bundesgesetz gilt auch für Gebäude außerhalb von Assanierungsgebieten, sofern

1. sie mit den Bebauungsvorschriften (Flächenwidmungs- und Bebauungsplan) vereinbar sind,

2. mindestens die Hälfte der Gesamtnutzfläche, das ist die Summe der Nutzflächen aller Wohnungen und Geschäftsräume, Wohnzwecken dient,

3.

sie mehr als zwei Wohnungen enthalten und

4.

mindestens die Hälfte der Wohnungen mangelhaft ausgestattet ist (§ 3 Z 10).

Hievon ausgenommen sind landwirtschaftliche Wohnhäuser außerhalb eines geschlossenen Siedlungsgebietes. Z 1 gilt für zum Abbruch bestimmte Gebäude nicht."

Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang das Vorliegen dieser Voraussetzungen zwar nicht bejaht (dies zutreffend, weil sachverhaltsmäßig die konkrete Ausstattung (im Sinne dieser Gesetzesstelle) der Wohnung im bestehenden Haus nicht erhoben wurde), aber ausgeführt, dass auf Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen R. K. "auch unabhängig vom Assanierungsbegriff" auf Grund des desolaten Zustandes des Hauses eine Sanierung geboten erscheine und die Behörde erster Instanz festgestellt habe, dass mehrere Wohnungen auf Grund des sanierungsbedürftigen Zustandes des Hauses leer stünden. Als notorisch bekannt dürfe vorausgesetzt werden, dass die Sanierung der oftmals desolaten Wohnungen in den Innenstädten die vermehrte Abwanderung der Bevölkerung in die Außenbezirke verhindern solle, um den Stadtcharakter in den Innenstädten zu wahren.

Mit der belangten Behörde ist der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung, dass - allgemein gesprochen - eine qualitative Verbesserung des Wohnungsbestandes durchaus im öffentlichen Interesse liegt (worauf ebenfalls noch zurückzukommen sein wird). Ergänzend ist allerdings zu bemerken, dass im Gutachten des Sachverständigen R. K. kein Objekt als unvermietbar ausgewiesen (vielmehr für jedes ein erzielbarer Mietzins angegeben) ist, und auch die Behörde erster Instanz darauf verwiesen hat, dass eine (zumindest gewisse) Sanierung auch ohne die Errichtung eines Neubaues erfolgen könnte.

Aus dem Blickwinkel des Kriteriums der "Verkehrsrücksichten" teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der Behörden des Verwaltungsverfahrens, dass die Errichtung des Neubaues und die damit verbundene Verbreiterung der öffentlichen Verkehrsfläche zwar geeignet ist, ein gewisses Gefahrenpotenzial zu mindern, dies für sich allein aber zur Erlassung des angestrebten Interessenbescheides nicht ausreicht, zumal schon beim gegebenen Bestand Verbesserungen durch die Errichtung eines Gehsteiges zumindest auf einer Seite möglich wären (im Übrigen wurde nicht festgestellt, wie breit die Straße ist, sodass bei der gegebenen Verfahrenslage auch schon deshalb der Versuch der Quantifizierung des Gefahrenpotenzials und seiner möglichen Verringerung scheitern muss).

Die Beschwerdeführer argumentieren auch damit, ihr Geschäftslokal stelle die ausschließliche Existenzgrundlage von vier Personen dar (dem Zusammenhang nach gemeint: der beiden Beschwerdeführer und ihrer zwei Kinder). Der jahrzehntelange Standort des Geschäftslokales (den Akten zufolge seit 1972) stelle auch einen entsprechend ausgeprägten Firmenwert dar, der im Fall "der Vernichtung des Mietrechtes" keinesfalls, insbesondere auch in Anbetracht des Alters der Beschwerdeführer erhalten bzw. auch nur annähernd wieder erreicht werden könne. Dies sei von der belangten Behörde unberücksichtigt geblieben.

Die Beschwerdeführer sprechen damit ein schutzwürdiges Interesse an, mit dem sich die Behörden bei der Interessensabwägung auseinander zu setzen hatten. Allerdings ist über die Frage, ob ein allfälliges Ersatzobjekt in wirtschaftlicher Hinsicht angemessen ist, nicht im Verwaltungsverfahren abzusprechen.

Zusammenfassend ergibt sich daher, dass die Richtigkeit des zentralen Argumentes der belangten Behörde, das Kriterium des "quantitativen Wohnungsbedarfes" des § 30 Abs. 2 Z 15 MRG sei verwirklicht, nicht beurteilt werden kann. Zwar ist ein gewisser Bedarf nach Wohnungen (angesichts der Zahl der interessierten Personen) zu bejahen, ebenso wie ein öffentliches Interesse an der Verbesserung der Qualität der Wohnsubstanz in I wie auch an den Verkehrsverhältnisse vor Ort (Verminderung des Gefahrenpotenzials) zu bejahen ist. Bei der gegebenen Verfahrenslage können aber diese Momente auch insgesamt gesehen (schon gar nicht für sich allein) unter Berücksichtigung des Interesses der Beschwerdeführer an der Beibehaltung ihres Bestandobjektes noch nicht als derart gewichtig angesehen werden, dass dies die angestrebte antragsgemäße Entscheidung zuließe.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Vor diesem Hintergrund erübrigt sich die Durchführung der von den Beschwerdeführern beantragten mündlichen Verhandlung (§ 39 Abs. 2 Z 6 VwGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. November 2004

Schlagworte

Verhältnis zu anderen Materien und Normen Zivilrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004060111.X00

Im RIS seit

22.12.2004

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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