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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrG 1997 §107 Abs1 Z4;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2003/21/0112 E 8. September 2005Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der B, geboren 1962, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 9. April 2003, Zl. 1- 0033/03/E2, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Fremdengesetzes 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin wie folgt schuldig erkannt:
"Sie haben sich als Fremde (Wohnort: H.) in der Zeit vom 08.09.2001 bis 26.07.2002 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, weil Sie weder auf Grund eines Aufenthaltstitels oder einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt waren. Sie waren auch nicht Inhaber eines von einem Schengen Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels noch kam Ihnen eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zu. Schließlich war Ihr Aufenthalt im vorgenannten Zeitraum auch nicht auf Grund einer unter Einhaltung der Bestimmungen des 2. Hauptstückes des Fremdengesetzes 1997 und ohne Umgehung der Grenzkontrolle erfolgten Einreise rechtmäßig.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 107 Abs. 1 Z 4 iVm § 31/1 Fremdengesetz"
Über die Beschwerdeführerin wurde deshalb eine Geldstrafe von EUR 218,-- (sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 107 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde, deren Behandlung dieser mit Beschluss vom 11. Juni 2003, B 770/03-3, abgelehnt und sie an den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 8. August 2003, B 770/03-5, abgetreten hat. Über diese (vom Beschwerdeführer ergänzte) Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes nach § 107 Abs. 1 Z 4 FrG rechtens nur in Betracht kommt, wenn keine der im § 31 Abs. 1 FrG angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthaltes gegeben ist, sowie dann, wenn die Rechtmäßigkeit eines Aufenthaltes gemäß § 31 Abs. 3 FrG geendet hat. Im Spruch des Straferkenntnisses ist die als erwiesen angenommene Tat daher, um den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG zu entsprechen, durch Verneinung aller im § 31 Abs. 1 FrG genannten alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes oder - im Fall des § 31 Abs. 3 FrG - durch Verneinung einer weiter bestehenden Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes zu umschreiben (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Juni 2003, Zlen. 2000/21/0191 und 2002/21/0205, mwN).
Diesen Anforderungen entspricht die wiedergegebene Umschreibung der der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Tat nicht:
Nach den Feststellungen der belangten Behörde ist die Beschwerdeführerin auf Grund eines ihr für die Dauer von drei Monaten erteilten Reisevisums "legal" in das Bundesgebiet eingereist und nach Ablauf der Befristung des Einreisetitels in Österreich verblieben. Schon von daher durfte die belangte Behörde das Tatbild nicht durch Verneinung der rechtmäßigen Einreise der Beschwerdeführerin und damit der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Z 1 FrG umschreiben. Gegenständlich ergibt sich die Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin erst aus dem Zusammenhalt der Vorschriften des § 31 Abs. 1 und Abs. 3 FrG. Die belangte Behörde hätte daher nach der hg. Rechtsprechung zum einen bereits in der Tatumschreibung (§ 44a Z 1 VStG) zum Ausdruck bringen müssen, dass sich die Beschwerdeführerin über die im Reisevisum erlaubte Dauer hinaus in Österreich aufgehalten hat (siehe das zur insoweit vergleichbaren Rechtslage des Fremdengesetzes 1992 ergangene hg. Erkenntnis vom 24. April 2001, Zl. 97/21/0633). Zum anderen hätte sie als übertretene Norm (§ 44a Z 2 VStG) neben § 31 Abs. 1 auch Abs. 3 FrG anzuführen gehabt (vgl. dazu neben dem letztzitierten Erkenntnis auch jenes vom 24. April 2001, Zl. 98/21/0402).
Schon deshalb war der angefochtene Bescheid (ohne der Frage nachzugehen, ob die belangte Behörde dem Einwand der Beschwerdeführerin, ein Erdbeben habe das Haus in ihrer Heimat zerstört und eine Rückkehr dorthin sei ihr nicht möglich, nachvollziehbar begegnet ist) gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 23. November 2004
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) Besondere Rechtsgebiete Mängel im Spruch unvollständige Angabe der verletzten VerwaltungsvorschriftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003210142.X00Im RIS seit
05.01.2005