Norm
StPO §90a Abs2Rechtssatz
Treten im Rahmen eines schwebenden Diversionsverfahrens - also nach dem Diversionsanbot oder nach einem bloß vorläufigen Rücktritt der Staatsanwaltschaft von der Verfolgung oder nach einer bloß vorläufigen Verfahrenseinstellung durch das Gericht - Umstände ein, die den Wegfall der im § 90a Abs 2 Z 1 bis 3 StPO genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen für ein diversionelles Vorgehen bedeuten, so kann trotz des bereits eingeleiteten Diversionsverfahrens das Strafverfahren formlos eingeleitet oder fortgesetzt werden. Die Bindung der Staatsanwaltschaft an ihren - eine "bestimmte strafbare Handlung" (gemeint: Straftat) (§ 90c Abs 4 StPO) betreffenden - Diversionsvorschlag und an den vorläufigen Rücktritt oder an die vorläufige Einstellung (Immutabilitätsprinzip) kann nur dort in Frage kommen, wo eine Diversion nach § 90a Abs 2 StPO zulässig bleibt. Der Entfall ihrer Zulässigkeit bedingt dagegen auch jenen einer solchen Bindungswirkung im Sinne eines Vertrauensschutzes für den Verdächtigen. Demgemäß ist eine ohne die Förmlichkeit der Wiederaufnahme (vgl dagegen § 363 StPO: "Bedingungen und Förmlichkeiten") vorzunehmende Einleitung oder Fortsetzung des Strafverfahrens auch außerhalb des Anwendungsbereiches des § 90h Abs 2 StPO auf Grund einer offensichtlich planwidrigen Gesetzeslücke zulässig. Dies jedoch nur unter der weiteren Voraussetzung, dass jene Tatsachen, die die Unzulässigkeit eines diversionellen Verfahrens zur Folge haben, im Zeitpunkt der Stellung des Diversionsanbots oder des vorläufigen Rücktritts von der Verfolgung oder der Einstellung des Verfahrens noch nicht bekannt gewesen sein dürfen.
Entscheidungstexte
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:RS0117724Dokumentnummer
JJR_20030513_OGH0002_0140OS00056_0300000_001