Norm
StGB §6 GRechtssatz
Als "Mitwirkung an fremder Selbstgefährdung" oder "Mitwirkung an freiwilliger Selbstgefährdung anderer" werden Fälle erfasst, in denen zwar das Opfer selbst bewusst eine riskante Handlung vornimmt, die seine Gefährdung, Verletzung oder Tötung zur Folge hat, aber ein Dritter für die riskante Handlung mitursächlich wurde, indem er diese veranlasst, ermöglicht oder gefördert hat (dominierende Rolle des Opfers), als "einverständliche Fremdgefährdung" solche Fälle, in denen die zur Gefährdung, Verletzung oder Tötung führende Handlung von einem Dritten gesetzt wird, wobei sich aber das Opfer bewusst der von diesem drohenden Gefährdung ausgesetzt hat (dominierende Rolle des Dritten). Straflosigkeit wegen Mitwirkung an fremder Selbstgefährdung setzt das Fehlen einer spezifischen Schutzpflicht des Angeklagten gegenüber dem Opfer voraus. Eine solche Pflicht kann sich insbesondere auf Grund von Unterschieden der Verstandesreife, der körperlichen Kräfte oder der Einsichtsfähigkeit hinsichtlich des riskanten Unternehmens ergeben. Straflosigkeit wegen einverständlicher Fremdgefährdung setzt voraus, dass der Gefährdete das Risiko im selben Ausmaß übersieht (überblickt) wie der Gefährdende. Letzteres kann im Hinblick auf das grundlegende Erfordernis vollen Bewusstseins des Risikos beim späteren Opfer nur so verstanden werden, dass auch dieses das Risiko voll erkannt hat.
Entscheidungstexte
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2003:RS0117714Im RIS seit
12.07.2003Zuletzt aktualisiert am
03.10.2019