Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §7 Abs1 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Berger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Mag. PT in S, vertreten durch Dr. Alexander Rehrl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 7/8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 13. Oktober 2003, Zl. UVS-3/13.652 u 7/12.161/7-2003, betreffend Übertretungen der StVO und des KFG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs. 5 lit. b KFG 1967 (Spruchpunkt b des erstinstanzlichen Straferkenntnisses) in Ansehung des Ausspruches über die Strafe einschließlich der damit verbundenen Kostenentscheidung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 7. Februar 2003 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 15. Juni 2002, um 4.20 Uhr in S, R-Kai 34,
"a) das Kraftfahrzeug mit dem polizeilichen Kennzeichen SL- ... gelenkt und bei der anschließenden Beanstandung (vor Ort) (am 15.06.2002 um 04.51 Uhr) in S, R-Kai 34, sich geweigert, die Atemluft auf Alkoholgehalt von einem besonders geschulten Organ der öffentlichen Aufsicht untersuchen zu lassen,
b) das Kraftfahrzeug mit dem polizeilichen Kennzeichen SL ... auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt und habe(n) dabei während der Fahrt den Zulassungsschein nicht mitgeführt."
Er habe dadurch folgende Verwaltungsübertretungen begangen:
"Zu Punkt a.
§ 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Absatz 2 letzter Satz
Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO)
Zu Punkt b.
§ 102 Abs. 5 lit. b Kraftfahrgesetz 1967".
Hiefür wurde über ihn "gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO ... eine Geldstrafe in der Höhe von zu Punkt a. Euro 1.200,-- und zu Punkt
b. Euro 35,--" (sowie für den Nichteinbringungsfall jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und der Beschwerdeführer zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.
Mit dem angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid gab die belangte Behörde der gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung keine Folge.
Die belangte Behörde traf im angefochtenen Bescheid im Anschluss an die Wiedergabe des Berufungsvorbringens und der Aussagen des Beschwerdeführers und der beiden Meldungsleger folgende Feststellungen:
Der Beschwerdeführer habe am 15. Juni 2002 am frühen Morgen ein Fahrzeug gelenkt und dieses am R-Kai geparkt. Die Meldungsleger hätten bei ihm eine Kontrolle durchgeführt, bei der statt des originalen Zulassungsscheines nur eine Kopie vorgewiesen worden sei. Dazu habe sich der Beschwerdeführer mit einer Weisung seines Dienstgebers an ihn gerechtfertigt. Die Meldungsleger hätten den Beschwerdeführer aufgefordert, sich einer Alkoholkontrolle zu unterziehen. In der Folge sei eine Diskussion darüber entstanden, ob die Amtshandlung zu protokollieren sei, da der Beschwerdeführer eine Protokollierung seines Vorbringens gewünscht habe. Er habe sodann selbst ein kurzes handschriftliches Protokoll angefertigt. Der Beschwerdeführer habe auch die Dienstnummern der Meldungsleger verlangt, worauf er darauf hingewiesen worden sei, "dass dies erst nach Abschluss der Amtshandlung erfolgen würde, was dann auch geschah". Im Zuge der Alkoholkontrolle habe sich der Beschwerdeführer eine Zigarette angezündet. Er habe auch angegeben, von den Meldungslegern im Zusammenhang mit einer Eichung des Alkomaten darauf hingewiesen worden zu sein, dass auf dem Gerät ein "Pickerl" angebracht sei. Am Ende der Amtshandlung hätten die Meldungsleger den Führerschein des Beschwerdeführers eingezogen und eine Lenkradsperre am Fahrzeug angelegt.
Zum Spruchteil a) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe keine konkreten Anhaltspunkte für seine Berufungsbehauptung, die Meldungsleger seien zur Vornahme der Atemluftkontrolle nicht befugt gewesen, vorgebracht; es hätten sich auch während des Verfahrens keine Zweifel an dieser Befugnis ergeben. Der Lenker eines Kfz habe auch dann, wenn ihm trotz Verlangens die Ermächtigungsurkunde des Organs nicht vorgewiesen werde, der Aufforderung zur Vornahme der Atemluftprobe nachzukommen. Die Meldungsleger wären auch nicht zum sofortigen Erstellen eines Protokolls und zu dessen Vorlage an den Beschwerdeführer zur Unterfertigung verpflichtet gewesen. Die Feststellung der Verweigerung der Alkotestprobe sei nicht davon abhängig, dass ein diesbezügliches Protokoll unterfertigt oder die hiefür aufgelegten Formulare verwendet würden. Dass der Beschwerdeführer die Nennung der Dienstnummern der Meldungsleger verlangt habe, was ihm zunächst verweigert worden und erst am Ende der Amthandlung erfolgt sei, habe keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Befugnisausübung im Sinne des § 87 SPG. Soweit damit eine Verletzung des § 9 der Richtlinien-Verordnung iVm § 31 SPG geltend gemacht werde, könne dies nur "in einem besonderen Verfahren gemäß § 89 SPG" erfolgen. Die Verweigerung der Bekanntgabe der Dienstnummer berechtige den Lenker überdies nicht, seinerseits den ihn treffenden Verpflichtungen nicht nachzukommen. Entgegen dem Berufungsvorbringen habe der Beschwerdeführer den Alkotest verweigert. In der mündlichen Berufungsverhandlung habe der Beschwerdeführer selbst angegeben, er sei von den Beamten aufgefordert worden, mitzukommen, um einen Alkotest zu machen. Dabei sei ihm grundsätzlich bewusst gewesen, dass es sich um eine Kontrolle der Atemluft auf Alkohol handle. Es sei die oben erwähnte Diskussion über die Protokollierung des Geschehens sowie über die Eichung des Alkomaten und die Bekanntgabe der Dienstnummern entstanden, die einschreitenden Straßenaufsichtsorgane hätten jedoch in der Berufungsverhandlung übereinstimmend angegeben, dass sie den Beschwerdeführer "zur Ablegung des Alkomattests aufgefordert, ihm die Funktionsweise des Gerätes dargelegt und ihn über einen Beobachtungszeitraum aufgeklärt haben". Deren Vorgangsweise sei daher rechtmäßig gewesen. Sodann habe der Beschwerdeführer diesen Aufforderungen "tatsächlich keine Folge geleistet; ob er eine ausdrückliche verbale Verweigerung machte oder nicht", sei unerheblich. Es würden im gegenständlichen Fall auch keine Rechtfertigungs- und Strafausschließungs- bzw. Strafaufhebungsgründe vorliegen. Schließlich sei das erkennende Organ der erstinstanzlichen Behörde nicht - wie vom Beschwerdeführer behauptet - deshalb befangen gewesen, weil es neben dem in Rede stehenden Straferkenntnis auch den Bescheid, mit dem dem Beschwerdeführer der Führerschein entzogen worden sei, erlassen habe.
Zu Spruchteil b) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe nicht bestritten, dass er zum Tatzeitpunkt den originalen Zulassungsschein nicht mitgeführt habe. Bezüglich der subjektiven Tatseite sei Verschulden in der Form des Vorsatzes gegeben.
Im Rahmen der Strafbemessung sei bei beiden Spruchteilen die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd und das Vorliegen vorsätzlicher Tatbegehung erschwerend zu werten gewesen. Wegen dieses Erschwerungsgrundes sei es zu Spruchteil a) trotz der unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers nicht möglich gewesen, die von der Erstbehörde verhängte Strafe herabzusetzen. Die Voraussetzungen der §§ 20 und 21 VStG seien bezüglich beider Spruchteile nicht vorgelegen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 12. Dezember 2003, B 1700/03, ablehnte und die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach deren Ergänzung durch den Beschwerdeführer und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
I. Zur Bestrafung wegen der Verweigerung der Atemluftuntersuchung
1. § 5 Abs. 2 Straßenverkehrsordung 1960, BGBl. Nr. 159 (StVO 1960) idF BGBl. Nr. 518/1994, lautet:
"(2) Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand
1.
ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder
2.
als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben,
auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen."
Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 idF BGBl. I Nr. 32/2002 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von EUR 1162,-- bis EUR 5813,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, "wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht".
2. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass er "immer eine Alkoholbestimmung wollte". Er habe die Kontrolle der Atemluft nicht verweigert und auch nicht auf mehrmaliges Befragen immer wieder Einwände erhoben; vielmehr habe er lediglich vorgebracht, der Alkomat entspreche nicht den "Eich- und Maßvorschriften", und habe die Aufnahme eines kurzen Protokolles zur Festhaltung dieses Einwandes gefordert.
Die im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Aussagen der beiden Meldungsleger stimmen in den wesentlichen Punkten (der Beschwerdeführer habe das betreffende Fahrzeug gelenkt; er sei von den Meldungslegern zur Ablegung eines Alkomattests bei dem im Fahrzeug mitgeführten Alkomaten aufgefordert und über den vor der Atemluftuntersuchung einzuhaltenden Beobachtungszeitraum belehrt worden, habe aber kurz vor Beendigung des Beobachtungszeitraumes eine Zigarette geraucht und den Alkomattest auch nach Verstreichen der daraufhin erforderlichen neuerlichen Beobachtungsfrist nicht ablegt; er habe von den Meldungslegern mehrfach verlangt, dass vor Ablegung des Alkomattests ein Protokoll verfasst und unterschrieben werden müsse; es sei aufgrund der Verweigerung des Alkomattests auch ein Hinweis auf die Folgen einer solchen Verweigerung erfolgt) überein. Der Beschwerdeführer gab an, dass es "keine konkrete Aufforderung gegeben hat seitens der Beamten, in ein Röhrchen in bestimmter Weise hinein zu blasen", ihm sei keine ordnungsgemäße Belehrung über den Ablauf des Alkomattests erteilt worden und er habe "nie den Gedanken ins Auge gefasst, einen Alkomattest tatsächlich zu verweigern"; er sagte aber auch aus, die Beamten hätten ihn "aufgefordert, mitzukommen, um den Alkohol zu überprüfen", worauf es zu Diskussionen über die von ihm gewünschte Protokollierung und die Bekanntgabe der Dienstnummern gekommen sei. Er bestätigte, dass er sich - obwohl ihn die Beamten daran zu hindern versucht hätten - eine Zigarette angezündet habe, und dass er von den Beamten schließlich darauf hingewiesen worden sei, dass er die Mitwirkung am Alkomattest verweigert hätte. Dass die belangte Behörde angesichts dieser Verantwortung des Beschwerdeführers und den in den wesentlichen Punkten übereinstimmenden widerspruchsfreien Aussagen der Meldungsleger davon ausgegangen ist, dass der Beschwerdeführer trotz Aufforderung und Belehrung nicht bereit war, die Untersuchung seiner Atemluft vor Ort durch den von den Beamten mitgeführten Alkomaten vornehmen zu lassen und diese Untersuchung damit im Bewusstsein seiner entsprechenden Verpflichtung faktisch verhindert hat, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht als unschlüssig zu erkennen.
In seiner Beschwerde bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass er das Fahrzeug gelenkt hat und dass es sich bei den Organen, die ihn zur Atemluftuntersuchung vor Ort aufgefordert haben, um besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO 1960 gehandelt hat. Der Beschwerdeführer war daher nach dem ersten Fall dieser Gesetzesstelle verpflichtet, sich als Fahrzeuglenker jederzeit - ohne Rücksicht auf das Bestehen des Verdachtes einer Alkoholisierung (im Sinne des zweiten Falles des § 5 Abs. 2) - einer Atemluftuntersuchung zu unterziehen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Weigerung, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, auch dann vor, wenn der Betreffende einer solchen an ihn gerichteten und auch von ihm verstandenen Aufforderung tatsächlich keine Folge leistet. Der Alkotest wird auch bei einem grundsätzlichen Einverständnis dadurch verweigert, dass das Zustandekommen des Testes durch entsprechende Handlungen faktisch verhindert wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2001, Zl. 2000/03/0111, mwN). Das Gesetz räumt dem Betreffenden nicht das Recht ein, die Bedingungen festzusetzen, unter denen er bereit wäre, sich untersuchen zu lassen; die von den Organen der Straßenaufsicht erforderlichen Anordnungen sind, soweit dies nicht unzumutbar ist, zu befolgen, sodass es, wenn derartigen Anordnungen nicht unverzüglich Folge geleistet wird, eine Verweigerung der im Gesetz normierten Pflicht, sich untersuchen zu lassen, bedeutet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2001, Zl. 98/03/0157, mwN).
Der Beschwerdeführer hat mit den von ihm geäußerten Bedenken, der Alkomat würde nicht "den Eich- und Maßvorschriften entsprechen", keine konkreten, begründeten Zweifel an der Funktionsfähigkeit des zur Verwendung vorgesehenen Alkomaten vorgebracht und er war auch nicht berechtigt, den Alkomattest aufgrund dieser Bedenken und des Umstandes, dass die von ihm gewünschte Protokollierung nicht vorgenommen wurde, zu verweigern. Es liegen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass es dem Beschwerdeführer im Sinne des zitierten Erkenntnisses vom 29. Mai 2001 unzumutbar gewesen wäre, den Anordnungen der Beamten Folge zu leisten.
Da der Beschwerdeführer somit der an ihn gerichteten Anordnung, sich dem Alkomattest zu unterziehen, nicht unverzüglich nachgekommen ist, ist die belangte Behörde zutreffend von einer Verweigerung der im Gesetz normierten Pflicht, sich untersuchen zu lassen, ausgegangen.
3. Insofern der Beschwerdeführer vorbringt, er hätte ein Recht auf Protokollierung seines mündlichen Anbringens gehabt, in dem er verletzt worden sei, kann er damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verweigerung einer Atemluftuntersuchung im Sinne des § 5 Abs. 2 erster Fall StVO bestraft. Nach dem oben Gesagten war er zu einer Verweigerung der Atemluftuntersuchung aufgrund des Umstandes, dass die von ihm gewünschte Protokollierung nicht vorgenommen wurde, nicht berechtigt. Die unterlassene Protokollierung des Vorbringens des Beschwerdeführers schon während der Amtshandlung kann daher keinen Einfluss auf die Strafbarkeit des Beschwerdeführers nach § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO haben.
4. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, das von ihm im Anschluss an die Amtshandlung verfasste Gedächtnisprotokoll hätte als Niederschrift im Sinne der §§ 14 und 15 AVG behandelt werden müssen, die belangte Behörde habe dieses jedoch "völlig unerwähnt" gelassen, zeigt er ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Das vom Beschwerdeführer verfasste Protokoll ist - da es nicht von der Behörde aufgenommen wurde - keine den Erfordernissen des § 14 AVG entsprechende Niederschrift und es bestand auch keine Verpflichtung der einschreitenden Beamten, bereits während der Amtshandlung eine solche Niederschrift zu verfassen. Der Inhalt des vom Beschwerdeführer verfassten Gedächtnisprotokolls stimmt im Übrigen weitgehend mit seiner Aussage vor der belangten Behörde überein. Die belangte Behörde ist in nicht als unschlüssig zu erkennender Beweiswürdigung diesen Angaben des Beschwerdeführers, soweit sie von jenen der einvernommenen Beamten abwichen, nicht gefolgt. Dass die belangte Behörde die im Gedächtnisprotokoll enthaltene Verantwortung des Beschwerdeführers unbeachtet gelassen hätte, kann daher nicht gesagt werden.
5. Auch mit dem Beschwerdevorbringen, wonach sein "Recht auf zeit- und anlassgerechte Bekanntgabe der Dienstnummer" verletzt worden sei, zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit der Bestrafung nach § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO auf. Der Umstand, dass dem Beschwerdeführer die Dienstnummern der einschreitenden Organe erst nach Abschluss der im Beschwerdefall zu beurteilenden Amtshandlung bekannt gegeben wurden, macht die an den Beschwerdeführer ergangene Aufforderung zur Atemluftuntersuchung gemäß § 5 Abs. 2 erster Fall StVO nicht rechtswidrig.
6. Soweit der Beschwerdeführer - wie bereits in der Berufung -
rügt, das Organ der erstinstanzlichen Behörde, das das von ihm bekämpfte Straferkenntnis erlassen hat, sei im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren befangen gewesen, weil es auch im Verfahren zur Entziehung des Führerscheins den erstinstanzlichen Bescheid erlassen hat, ist auf das - bereits im angefochtenen Bescheid zitierte - Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1972, Zl. 1054/71, hinzuweisen, wonach der bloße Einwand, dass ein Verwaltungsorgan sowohl im Strafverfahren als auch im Führerscheinentziehungsverfahren der ersten Instanz entschieden hat, nicht geeignet ist, die Unbefangenheit dieses Organs in Zweifel zu ziehen. Im Übrigen wird auch auf die hg. Rechtsprechung hingewiesen, wonach die Mitwirkung eines befangenen Organs bei der Entscheidung der ersten Instanz durch eine Berufungsentscheidung ohne Mitwirkung eines befangenen Organs gegenstandslos wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2000, Zl. 99/06/0020). Eine Befangenheit des bei der belangten Behörde tätig gewordenen Organes hat der Beschwerdeführer aber nicht aufgezeigt.
Somit war die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Abweisung der gegen Spruchpunkt a) des erstinstanzlichen Bescheides erhobenen Berufung richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
II. Zur Bestrafung wegen des Nichtmitführens des Zulassungsscheines
1. Zu Spruchpunkt b) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wurde dem Beschwerdeführer eine Übertretung des § 102 Abs. 5 lit. b KFG (BGBl. Nr. 267/1967 idF BGBl. I Nr. 80/2002) zur Last gelegt. Nach dieser Gesetzesbestimmung hat der Lenker den Zulassungsschein für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug auf Fahrten mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen. Zuwiderhandlungen gegen dieses Bundesgesetz sind nach § 134 KFG 1967 mit einer Geldstrafe bis zu EUR 2.180,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit m mit Arrest bis zu sechs Wochen, zu bestrafen.
2. Beim Zulassungsschein handelt es sich um ein Dokument, das auf Verlangen der Organe des öffentlichen Dienstes in der Originalfassung zum Zwecke der sofortigen Überprüfung der beurkundeten Tatsachen vorzuweisen ist. Da mit dem Mitführen einer Fotokopie (selbst wenn sie gerichtlich oder notariell beglaubigt sein sollte) dieser gesetzlichen Verpflichtung nicht genügt wird (siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Mai 1962, Slg. Nr. 7146/A), ist die belangte Behörde zutreffend von einer Übertretung der Bestimmung des § 102 Abs. 5 lit. b KFG 1967 ausgegangen. Da dem Beschwerdeführer die angesprochene gesetzliche Verpflichtung bekannt war und er das Fahrzeug dennoch, ohne im Besitz des Original-Zulassungsscheines zu sein, gelenkt hat, kann der belangten Behörde auch insoweit nicht entgegen getreten werden, als sie dem Beschwerdeführer die schuldhafte (vorsätzliche) Übertretung dieser Gesetzesbestimmung zur Last gelegt hat.
Mit dem Hinweis auf eine Weisung seines Arbeitgebers, das Kraftfahrzeug zu benützen, ohne das Original des Zulassungsscheines mitzuführen, zeigt der Beschwerdeführer keinen sein Verschulden ausschließenden Notstand im Sinne des § 6 VStG auf. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, vermögen mögliche wirtschaftliche Nachteile des in einem Dienstverhältnis stehenden Täters selbst im Falle einer von ihm befürchteten Kündigung bei Nichtbefolgung einer Weisung seines Arbeitgebers keine Notstandssituation zu begründen (vgl. das Erkenntnis vom 19. September 1989, Slg. Nr. 12985/A).
3. Soweit der Beschwerdeführer schließlich geltend macht, die wegen der Übertretung des § 105 Abs. 5 lit. b KFG 1967 ausgesprochene Strafe von EUR 35,-- sei zu hoch bzw. die belangte Behörde hätte gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe überhaupt abzusehen gehabt, ist zu berücksichtigen, dass der Strafrahmen für dieses Verwaltungsdelikt gemäß § 134 Abs. 1 KFG bis EUR 2.180,-- reicht und das Nichtmitführen des Zulassungsscheines das öffentliche Interesse an der unverzüglichen und unzweifelhaften Feststellung der im Zulassungsschein beurkundeten Umstände verletzt, wobei der Unrechtsgehalt einer Verletzung dieser Vorschrift nicht als unbedeutend angesehen werden kann. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher nicht zu sehen, dass die im vorliegenden Fall verhängte Strafe dem § 19 VStG nicht entspräche.
4. Dennoch erweist sich der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der Übertretung des § 102 Abs. 5 lit. b KFG 1967 insofern als rechtswidrig, als die Strafbehörde erster Instanz im Spruch als Strafnorm § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 angeführt hat.
Der Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid wegen zweier selbständiger Delikte belangt, die gemäß § 22 Abs. 1 VStG auch gesondert zu bestrafen sind, was mit dem von der belangten Behörde im Instanzenzug bestätigten Straferkenntnis auch geschehen ist. Jedoch hat die Strafbehörde erster Instanz ausschließlich § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 als Strafsanktionsnorm angeführt, sodass die auf die Übertretung des § 102 Abs. 5 lit. b KFG 1967 gestützte Bestrafung nicht auf die richtigerweise heranzuziehende Strafbestimmung (§ 134 Abs. 1 leg. cit.) gestützt wurde. Die Verhängung der auf eine unrichtige Strafsanktionsnorm gestützte Strafe von EUR 35,-- zu Spruchpunkt B des erstinstanzlichen Straferkenntnisses war daher rechtswidrig.
III. Der angefochtene Bescheid war somit in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben; im übrigen war die Beschwerde jedoch gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die in der Beschwerde beantragte Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG entfallen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 25. November 2004
Schlagworte
Alkotest Verweigerung Alkotest Voraussetzung AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2004:2003030297.X00Im RIS seit
23.12.2004