TE Vwgh Erkenntnis 2004/11/25 2003/03/0313

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Veröffentlicht am 25.11.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/03 Sonstiges Verkehrsrecht;

Norm

AVG §45 Abs2;
GGBG 1998 §1 Abs1;
GGBG 1998 §27 Abs1 Z2 idF 2002/I/032;
GGBG 1998 §3 Z7;
GGBG 1998 §7 Abs3 idF 2002/I/032;
VStG §24;
VStG §44a Z1;
VStG §44a;
VStG §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des WM in W, vertreten durch Dr. Johann W. Kazda, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Esslinggasse 2/1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 28. Oktober 2003, Zl. UVS-03/G/13/645/2003, betreffend Übertretung des GGBG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer als handelsrechtlichem Geschäftsführer der Firma M. Ges.m.b.H. mit dem näher angeführten Sitz in W, die Absenderin des gefährlichen Gutes der Klasse 3 Z. 31c ADR (UNNr. 1202 Aufsetztank 990 Liter, Gesamtinhalt zum Zeitpunkt der Anhaltung: 10 Liter, Heizöl extra-leicht) und der Klasse 3 Z. 71 ADR (UNNr. 1202 fünf leere ungereinigte Kanister aus Plastik a 30 Liter, letztes in den Kanistern befindliches Gut: Heizöl extraleicht) gewesen sei, zur Last gelegt, dass dieses gefährliche Gut zur Beförderung übergeben worden sei und mit dem von B.J. gelenkten LKW mit dem näher angeführten Kennzeichen am 4. April 2002 um 8.55 Uhr in Wien 21, Brünner Straße ca. 200 m vor der Kreuzung Kummergasse Richtung stadteinwärts, befördert worden sei, obwohl

"1.) dem Beförderer weder die im ADR vorgeschriebenen und vorschriftsmäßig ausgefüllten Begleitpapiere übergeben noch die für die Erstellung dieser Begleitpapiere erforderlichen Angaben schriftlich mitgeteilt wurden. Es fehlte das ordnungsgemäße Beförderungspapier nach RN 2002 ADR (die fünf leeren ungereinigten Kanister waren im Beförderungspapier nicht angeführt; außerdem war die Anschrift des Absenders nicht vollständig angegeben) und

2.) die Verwendung der Verpackungen als Versandstücke im Hinblick auf ihre Kennzeichnung nicht zulässig war, da auf ihnen die nach RN 3900 ff ADR erforderlichen Gefahrzetteln, - bzw. die sonstigen Informationen und Aufschriften über die gefährlichen Güter und die Verpackung -, nicht entsprechend angebracht waren (an den fünf leeren ungereinigten Kanister fehlte die UN-Nummer)."

Er habe dadurch zu Spruchpunkt 1. § 7 Abs. 3 Z. 2 Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG) i.V.m. Rn. 2002 und Rn. 10381 ADR und zu Spruchpunkt 2. § 7 Abs. 3 Z. 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 Z. 3 i. V.m. § 4 Z. 4 GGBG i.V.m. Rn. 3900 ff ADR verletzt. Über den Beschwerdeführer wurden zu beiden Spruchpunkten Geldstrafen in der Höhe von je EUR 730,-- (zehn Tage Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 27 Abs. 1 Z. 2 GGBG verhängt.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass ihm vorgeworfen werde, als handelsrechtlicher Geschäftsführer des angeführten Unternehmens, das Absender des gefährlichen Gutes gewesen sei, die im ADR vorgeschriebenen und vorschriftsmäßig ausgefüllten Begleitpapiere nicht übergeben bzw. nicht die für die Erstellung dieser Begleitpapiere erforderlichen Angaben schriftlich mitgeteilt zu haben. Er sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer des angeführten Unternehmens, das auch Beförderer des gefährlichen Gutes gewesen sei, für dieselben Delikte zur Verantwortung gezogen worden. Bei Personenidentität sei die Setzung des Deliktes zwischen Absender und Beförderer schon begrifflich ausgeschlossen.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht. Zu der im Zeitpunkt der Tat geltenden Rechtslage:

Gemäß § 2 Z. 1 Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 145/1998 (GGBG) in der Fassung BGBl. I Nr. 108/1999, gelten für die Beförderung gefährlicher Güter gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 (auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, wenn die Beförderung nicht ausschließlich innerhalb eines geschlossenen Betriebsgeländes stattfindet) die Anlagen A und B der Richtlinie 94/55/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für den Gefahrguttransport auf der Straße in der Fassung der Richtlinie 1999/47/EG.

Gemäß § 7 Abs. 3 GGBG darf der Absender gefährliche Güter nur zur Beförderung übergeben, wenn

"1. die Voraussetzungen des Abs. 2 Z. 1, 2 und 3 erfüllt sind und

2. er dem Beförderer die vorgeschriebenen und vorschriftsmäßig ausgefüllten Begleitpapiere oder, wenn dies in den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften vorgesehen ist, die für die vorschriftsmäßige Erstellung dieser Begleitpapiere erforderlichen Angaben schriftlich mitgeteilt hat, wenn dieser nicht bereits im Besitz dieser Begleitpapiere oder schriftlichen Angaben ist."

Gemäß § 7 Abs. 2 Z. 1 bis 3 GGBG dürfen gefährliche Güter nur befördert werden, wenn

"1. dies nach den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften zulässig oder eine Ausnahmebewilligung gemäß § 9 erteilt worden ist,

2. bei gefährlichen Gütern, die nur auf Grund einer Beförderungsgenehmigung gemäß § 8 befördert werden dürfen, diese Genehmigung erteilt ist,

3. die Verwendung der Verpackung einschließlich Großpackmittel (IBC) als Versandstück oder die Verwendung des Containers oder Tanks gemäß § 4 zulässig ist, ... ."

Gemäß § 13 Abs. 1 GGBG darf der Absender gefährliche Güter - unbeschadet der ihm gemäß § 7 Abs. 3 erwachsenden Verpflichtungen - zur Beförderung auf der Straße nur übergeben, wenn

"1. er dem Beförderer die erforderlichen Anweisungen für die vorgeschriebene Kennzeichnung der Beförderungseinheit, mit der gefährliche Güter befördert werden, erteilt hat und

2. er, sofern er auf Grund der gemäß § 2 Z 1 in Betracht kommenden Vorschriften hierzu verpflichtet ist, die gemäß den in § 2 Z 1 angeführten Vorschriften erforderlichen Gefahrzettel an der Beförderungseinheit, mit der gefährliche Güter befördert werden, vorschriftsmäßig angebracht hat oder diese mit den gefährlichen Gütern zwecks Anbringung übergeben hat."

Gemäß § 27 Abs. 1 Z. 2 GGBG in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2002 begeht, wer

"2. als Absender gefährliche Güter entgegen § 7 Abs. 3 zur Beförderung übergibt,"

wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 726 EUR bis 43 603 EUR zu bestrafen.

Gemäß § 27 Abs. 2 Z. 9 GGBG in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2002 begeht, wer

"9. als Absender gefährliche Güter entgegen § 13 Abs. 1 zur Beförderung übergibt,"

wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 363 EUR bis 3 633 EUR zu bestrafen.

Zu der im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses geltenden Rechtslage:

Gemäß der im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses geltenden Rechtslage, dem GGBG i.d.F. BGBl. I Nr. 86/2002 (in Kraft getreten am 25. Mai 2002), gilt Folgendes:

Für die verfahrensgegenständliche Beförderung gefährlicher Güter auf einer öffentlichen Straße innerhalb Österreichs sind gemäß § 2 Z. 1 lit. a leg. cit. die Anlagen A und B des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR), BGBl. Nr. 522/1973, in der Fassung der Änderung BGBl. III Nr. 96/2001, anzuwenden.

Gemäß § 7 Abs. 1 zweiter Satz GGBG in der angeführten Fassung haben die an der Beförderung gefährlicher Güter Beteiligten jedenfalls die für sie geltenden Bestimmungen der gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften einzuhalten.

Gemäß § 7 Abs. 3 GGBG in der angeführten Fassung darf der Absender nur Sendungen zur Beförderung übergeben, die den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen. Im Rahmen des Abs. 1 hat er insbesondere:

"1. sich zu vergewissern, dass die gefährlichen Güter nach den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften klassifiziert und zur Beförderung zugelassen sind;

2. dem Beförderer die erforderlichen Angaben und Informationen und gegebenenfalls die erforderlichen Beförderungspapiere und Begleitpapiere (Genehmigungen, Zulassungen, Benachrichtigungen, Zeugnisse usw.) zu liefern;

3. nur Verpackungen, Großverpackungen, Großpackmittel (IBC) und Tanks (Tankfahrzeuge, Kesselwagen, Tankschiffe, Batterie-Fahrzeuge, Batteriewagen, Aufsetztanks, Wagen mit abnehmbaren Tanks, ortsbewegliche Tanks, Tankcontainer oder Gascontainer mit mehreren Elementen (MEGC)) zu verwenden, die für die Beförderung der betreffenden Güter zugelassen und geeignet sowie mit den in den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften vorgeschriebenen Kennzeichnungen versehen sind;

4. ...

Nimmt der Absender die Dienste anderer Beteiligter (Verpacker, Verlader, Befüller usw.) in Anspruch, hat er geeignete Maßnahmen zu ergreifen, damit gewährleistet ist, dass die Sendung den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften entspricht. Er kann jedoch in den Fällen der Z 1, 2, 3 und 5 auf die ihm von anderen Beteiligten zur Verfügung gestellten Informationen und Daten vertrauen."

§ 13 Abs. 1 GGBG wurde durch die angeführte Novelle nur insofern geändert, als in Z. 2 nach dem Wort "Gefahrzettel" folgende Ergänzung erfolgte: "/Großzettel (Placards)".

Gemäß § 27 Abs. 1 Z. 2 GGBG in der angeführten Fassung begeht, wer als Absender gefährliche Güter entgegen § 7 Abs. 3, § 13 Abs. 1 oder § 23 Abs. 1 zur Beförderung übergibt, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von EUR 726,-- bis EUR 43.603,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der angeführten GmbH als Absender bestraft, weil er das näher bezeichnete Gefahrgut des am 4. April 2002 gelenkten Gefahrguttransportes entgegen § 7 Abs. 3 GGBG zur Beförderung übergeben habe, wobei Bestimmungen des ADR verletzt worden seien. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mit hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2004, Zl. 2002/03/0315, ausgesprochen, dass die Verwirklichung einer derartigen Übertretung nur denkbar ist, wenn der Absender und der Beförderer nicht ein und dieselbe Rechtspersönlichkeit sind (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2004, Zl. 2003/03/0230). Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall nicht erfüllt. Die verfahrensgegenständlichen, dem Beschwerdeführer angelasteten Tatvorwürfe, das von ihm vertretene Unternehmen hätte als Absender - an sich selbst als Beförderer - gefährliche Güter übergeben, für die er die im ADR vorgeschriebenen und vorschriftsmäßig ausgefüllten Begleitpapiere nicht übergeben bzw. die für die Erstellung dieser Begleitpapiere erforderlichen Angaben schriftlich nicht mitgeteilt habe bzw. die Verwendung der Verpackungen als Versandstücke im Hinblick auf die Kennzeichnung nicht zulässig gewesen sei, sind somit nicht schlüssig.

Der angefochtene Bescheid war aus dem angeführten Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des Kostenbegehrens auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 25. November 2004

Schlagworte

Beweise Mängel im Spruch Verantwortlichkeit (VStG §9) zur Vertretung berufenes Organ freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2003030313.X00

Im RIS seit

27.12.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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