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20 Privatrecht allgemeinNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrages auf Aufhebung einer Bestimmung des Mietrechtsgesetzes betreffend das Eintrittsrecht wegen Zumutbarkeit der Anregung einer amtswegigen Antragstellung an den VfGH in einem laufenden gerichtlichen VerfahrenSpruch
1. Der Antrag wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag auf Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Mit einem auf Art140 Abs1 B-VG gestützten Antrag begehrte die Antragstellerin, §14 Abs3 zweiter Satz des Mietrechtsgesetzes, BGBl. 520/1981, aus näher bezeichneten Gründen als verfassungswidrig aufzuheben. Als Eventualbegehren wurde beantragt, in der angeführten Bestimmung die Wortfolge "drei Jahre" aufzuheben. Unter einem wurde ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gestellt.
2. Über die Anträge wurde erwogen:
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 10481/1985, 11684/1988).
Ein solcher zumutbarer Weg ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes u.a. dann gegeben, wenn bereits ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren läuft, das dem Betroffenen Gelegenheit zur Anregung einer amtswegigen Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof bietet (VfSlg. 8312/1978, 9939/1984, 10857/1986, 11045/1986, 11823/1988). Dieser Grundsatz gilt auch für den Fall, daß ein Verfahren anhängig war, in welchem der Antragsteller die Möglichkeit hatte, eine amtswegige Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof anzuregen (VfSlg. 8890/1980, 12810/1991). In einem solchen Fall wäre ein Individualantrag nur bei Vorliegen besonderer außergewöhnlicher Umstände zulässig (s. zB VfSlg. 13871/1994 und die dort zitierte Vorjudikatur, ferner VfSlg. 14752/1997). Man gelangt andernfalls zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit den Grundprinzipien des Individualantrages als eines bloß subsidiären Rechtsbehelfes nicht in Einklang stünde (vgl. zB VfSlg. 8890/1980, 11823/1988, 13659/1993, 14752/1997).
2.2. Auch im konkreten Fall stand der Antragstellerin die Möglichkeit offen, jedenfalls in dem von ihr geführten Verfahren nach §37 EO ihre Bedenken gegen die Norm vorzubringen und dort die amtswegige Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof anzuregen.
Besondere außergewöhnliche Umstände wurden gar nicht behauptet und sind auch nicht gegeben. Der Antrag war daher - als unzulässig - zurückzuweisen.
3. Bei dieser Sachlage war der Antrag auf Verfahrenshilfe wegen offenkundiger Aussichtslosigkeit im Sinne des §63 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG abzuweisen.
4. Dies konnte gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG bzw. §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Mietenrecht, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:G94.1999Dokumentnummer
JFT_09989686_99G00094_00