RS OGH 2003/9/23 4Ob166/03w, 4Ob19/04d, 4Ob156/04a, 4Ob172/05f, 4Ob151/06v, 4Ob121/07h, 4Ob155/10p,

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 23.09.2003
beobachten
merken

Norm

ÄrzteG §2 Abs2
MTD-Gesetz §2 Abs1
MTD-Gesetz §4 Abs1
UWG §1 C2
UWG §1 D5b

Rechtssatz

Im Bereich des Wettbewerbsrechts ist bei der Beurteilung, ob das Verhalten eines Nichtarztes ein sittenwidriger Eingriff in den Ärztevorbehalt ist oder ob dieses Verhalten nicht geeignet ist, sich auf die Wettbewerbslage zwischen Ärzten und Nichtärzten auszuwirken, darauf abzustellen, welchen Eindruck der Ratsuchende vom Verhalten des Nichtarztes gewinnen muss. Wer als Nichtarzt Untersuchungen - welcher Art immer - mit der erkennbaren Absicht vornimmt, einem Ratsuchenden dadurch Auskünfte über das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Krankheiten oder krankhaften Störungen, Behinderungen oder Missbildungen zu erteilen, oder wer als Nichtarzt solche Auskünfte in Form einer Diagnose - auf Grund welcher Erkenntnisquelle immer - erteilt, erweckt den Anschein, ein Arztbesuch sei entbehrlich; er fördert dadurch den eigenen Wettbewerb auf sittenwidrige Weise, nämlich unter Missachtung des § 2 Abs 2 ÄrzteG, zu Lasten der Ärzte und verstößt damit gegen § 1 UWG.

Entscheidungstexte

  • 4 Ob 166/03w
    Entscheidungstext OGH 23.09.2003 4 Ob 166/03w
  • 4 Ob 19/04d
    Entscheidungstext OGH 10.02.2004 4 Ob 19/04d
    Beisatz: Der Oberste Sanitätsrat hat ausgesprochen, dass die Behandlung mit homöopathischen Arzneimitteln nur nach ärztlicher Anordnung erfolgen darf. Diese Rechtsmeinung der in Gesundheitsfragen zuständigen höchsten Verwaltungsbehörde hat bis zu einer gegenteiligen Äußerung für die Rechtsanwender als Richtschnur ihres Verhaltens zu dienen; wer von diesem Verhalten abweicht, kann sich nicht mit Erfolg auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum berufen. (T1)
  • 4 Ob 156/04a
    Entscheidungstext OGH 06.07.2004 4 Ob 156/04a
    Auch; Beisatz: Hier: Anbieten von physiotherapeutischen Maßnahmen (cranio-sacrale Osteopathie), ohne als Physiotherapeutin nach dem MTD-Gesetz zugelassen zu sein. (T2)
  • 4 Ob 172/05f
    Entscheidungstext OGH 08.11.2005 4 Ob 172/05f
    Auch; Beisatz: Soweit das Erlangen eines sittenwidrigen Vorsprungs im Wettbewerb durch Rechtsbruch geltend gemacht wird, kommt es allein darauf an, welche Tätigkeit die Beklagte tatsächlich ausübt und nicht darauf, welchen Eindruck allenfalls das Publikum von ihrer Tätigkeit gewinnen kann. (T3); Beisatz: Gewerblicher Buchhalter. (T4)
  • 4 Ob 151/06v
    Entscheidungstext OGH 21.11.2006 4 Ob 151/06v
    Ausdrücklich gegenteilig; Beisatz: Diese Entscheidungen sind überholt, die Abgrenzung des ärztlichen Vorbehaltsbereichs kann grundsätzlich nur nach objektiven Kriterien erfolgen. Die angewendeten Methoden fallen nur dann in den ärztlichen Vorbehaltsbereich, wenn sie ein gewisses Mindestmaß an Rationalität aufweisen und für ihre Durchführung das typischerweise durch ein Medizinstudium vermittelte umfassende Wissen erforderlich ist. (T5); Beisatz: Hier: Irisdiagnose. (T6); Veröff: SZ 2006/169
  • 4 Ob 121/07h
    Entscheidungstext OGH 10.07.2007 4 Ob 121/07h
    Ähnlich; Beisatz: Wer gehobenen medizinisch-technischen Dienste (MTD-Gesetz) unterliegende Tätigkeiten ohne eine entsprechende Befugnis vornimmt, handelt sittenwidrig nach § 1 UWG. (T7)
  • 4 Ob 155/10p
    Entscheidungstext OGH 05.10.2010 4 Ob 155/10p
    Vgl aber; Beisatz: Behandlungsmethoden fallen nur dann in den ärztlichen Vorbehaltsbereich, wenn sie ein gewisses Mindestmaß an Rationalität aufweisen und für ihre Durchführung das typischerweise durch ein Medizinstudium vermittelte umfassende Wissen erforderlich ist. Ein solches Wissen ist aber unabhängig von der „Rationalität“ der Methode dann notwendig, wenn eine auf den Körper einwirkende Behandlungsmethode bei Durchführung ohne vorherige ärztliche Abklärung mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko verbunden ist. (T8)
  • 4 Ob 61/14w
    Entscheidungstext OGH 17.09.2014 4 Ob 61/14w
    Vgl auch
  • 4 Ob 11/15v
    Entscheidungstext OGH 20.01.2015 4 Ob 11/15v
    Ähnlich; Beis wie T5; Beisatz: Hier: veterinärmedizinisch geprüfter Physiotherapeut. (T9)
  • 4 Ob 177/18k
    Entscheidungstext OGH 23.10.2018 4 Ob 177/18k
    Vgl; Beisatz: Auch ein Laie kann „Hinweise“ auf eine allfällige Krankheit eines anderen Menschen wahrnehmen, ohne dass er mit der bloßen Betrachtung dieses Menschen schon in die Vorbehaltsaufgaben der Ärzte eingegriffen hätte. (T10)
  • 4 Ob 184/18i
    Entscheidungstext OGH 20.12.2018 4 Ob 184/18i
    Auch; Beis wie T5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2003:RS0118088

Im RIS seit

23.10.2003

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten