TE Vwgh Erkenntnis 2004/11/30 2004/18/0319

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Veröffentlicht am 30.11.2004
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §19 Abs1 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §21 Abs1 idF 2003/I/101;
AsylG 1997 §32 Abs8 idF 2003/I/101;
AVG §64 Abs2;
AVG §68 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des C, geboren 1973, vertreten durch Dr. Andreas Nödl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Salztorgasse 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 23. Juli 2004, Zl. SD 667/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 23. Juli 2004 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen und der von der Behörde erster Instanz gemäß § 64 Abs. 2 AVG ausgesprochene Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung bestätigt.

Der Beschwerdeführer sei am 28. Mai 2003 illegal nach Österreich eingereist und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt. Dieser Antrag sei am 23. Juli 2003 rechtskräftig abgewiesen worden. Während dieses Asylverfahrens habe der Beschwerdeführer über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt. Am 11. Mai 2004 habe der Beschwerdeführer neuerlich einen Asylantrag eingebracht, der derzeit im Instanzenzug beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sei.

Bei einer Anhaltung am 26. April 2004 habe der Beschwerdeführer lediglich 1,58 EUR sowie 2 Forint und 1.000 Lei bei sich gehabt. Dieser Geldbetrag sei zur Bestreitung des Unterhalts selbst für einen nur sehr kurzen Aufenthalt nicht ausreichend. Der Beschwerdeführer sei daher nicht im Besitz der erforderlichen Unterhaltsmittel. Der Beschwerdeführer habe auf das mit 1. Mai 2004 in Kraft tretende "Grundversorgungs-Modell" verwiesen. Auf eine derartige Unterstützungsleistung habe er jedoch keinen Rechtsanspruch. Der Beschwerdeführer habe nicht dartun können, über die erforderlichen Mittel zu seinem Unterhalt aus eigenem Einkommen oder Vermögen zu verfügen. Auch eine tragfähige Verpflichtungserklärung einer anderen Person habe er nicht vorgelegt. Da er in Österreich keiner Beschäftigung nachgehe, sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt.

Die Mittellosigkeit und der nach Ablauf der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz unrechtmäßige Aufenthalt beeinträchtigten die öffentliche Ordnung in hohem Maß, weshalb die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.

Der Beschwerdeführer habe keine familiären Bindungen im Bundesgebiet. Auf Grund des etwa einjährigen inländischen Aufenthalts sei das Aufenthaltsverbot mit einem relevanten Eingriff in das Privatleben verbunden. Dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten. Der unrechtmäßige Aufenthalt nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens sowie die Mittellosigkeit stellten nämlich eine große Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens dar.

Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG sei zu berücksichtigen, dass der inländische Aufenthalt des Beschwerdeführers bisher nur auf Grundlage eines unbegründeten Asylantrags berechtigt gewesen sei. Von daher müssten die privaten Interessen des Beschwerdeführers gegenüber den hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen in den Hintergrund treten. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen.

Die Erstbehörde habe zu Recht die aufschiebende Wirkung einer Berufung aberkannt. Die Mittellosigkeit und die Unzulässigkeit der Aufnahme einer Beschäftigung brächten die Gefahr mit sich, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt durch strafbares Verhalten oder unrechtmäßige Beschäftigung zu finanzieren trachte. Die vorzeitige Vollstreckung des Aufenthaltsverbots sei daher im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die - mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2004 ergänzte - Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Zunächst ist die Frage zu klären, ob § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG, auf den das vorliegende Aufenthaltsverbot gestützt wurde, auf den Beschwerdeführer, der am 11. Mai 2004 einen weiteren Asylantrag gestellt hat, Anwendung findet.

Die dafür maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 - AsylG, BGBl. I Nr. 76, i.d.F. der insoweit am 1. Mai 2004 in Kraft getretenen Novelle BGBl. I Nr. 101/2003 haben nachstehenden Wortlaut:

"§ 19. (1) Fremde, die einen Asylantrag gestellt haben, können bis zur Erlangung der Aufenthaltsberechtigungskarte oder bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz). § 17 gilt.

...

§ 21. (1) Auf Fremde, die faktischen Abschiebeschutz im Sinne des § 19 Abs. 1 genießen, oder denen als Asylwerber eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt wurde, finden die §§ 36 Abs. 2 Z. 7 sowie 61 bis 63 FrG keine Anwendung. ...

§ 32. ...

(8) Berufungen gegen Entscheidungen, mit denen ein Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde, kommt keinesfalls aufschiebende Wirkung zu, wenn über einen vorherigen Asylantrag des Asylwerbers in den der weiteren Antragstellung vorausgehenden 12 Monaten bereits rechtskräftig entschieden wurde.

..."

1.2. Nach dem bei den Verwaltungsakten erliegenden Auszug aus dem Asylwerberinformationssystem ergibt sich, dass der (zweite) Asylantrag des Beschwerdeführers vom 11. Mai 2004 mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27. Mai 2004, zugestellt am selben Tag, gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden ist. Die dagegen gerichtete Berufung wurde mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates abgewiesen. Der Beschwerdeführer hat nach seinem eigenen Vorbringen den "negativen UBAS-Bescheid" vom 16. Juni 2004 am 21. Juni 2004 zugestellt erhalten.

Da der erste Asylantrag des Beschwerdeführers unstrittig am 23. Juli 2003 rechtskräftig abgewiesen worden ist und der zweite Asylantrag innerhalb von zwölf Monaten gestellt wurde, kam der Berufung des Beschwerdeführers gegen die Zurückweisung des zweiten Antrages wegen entschiedener Sache gemäß § 32 Abs. 8 AsylG keine aufschiebende Wirkung zu. Der Beschwerdeführer hatte ab der somit durchsetzbaren Entscheidung des Bundesasylamtes vom 27. Mai 2004 keinen faktischen Abschiebeschutz gemäß § 19 Abs. 1 AsylG mehr. Ab diesem Zeitpunkt ist das Verbot der Anwendung von § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG auf den Beschwerdeführer gemäß § 21 Abs. 1 AsylG weggefallen.

2. Die Beschwerde enthält kein konkretes Vorbringen gegen die Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG sei erfüllt, die in § 36 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme sei gerechtfertigt und § 37 Abs. 1 und Abs. 2 leg. cit. stehe der Erlassung des Aufenthaltsverbots nicht entgegen.

Das Verfahren über den zweiten Asylantrag ist nach dem mit dem Akteninhalt übereinstimmenden Beschwerdevorbringen rechtskräftig abgeschlossen; der Beschwerdeführer behauptet nicht, sich ungeachtet dessen weiterhin in Bundesbetreuung zu befinden. Unter Berücksichtigung dieser Umstände begegnet die dargestellte Ansicht der belangten Behörde auf Grundlage des im Übrigen unstrittig feststehenden Sachverhalts aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Bescheides keinen Bedenken.

3. Durch den von der belangten Behörde bestätigten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung wurde der Beschwerdeführer, der in der Beschwerde einen inländischen Wohnsitz angibt, schon deshalb nicht in Rechten verletzt, weil er nicht behauptet, während des anhängigen Berufungsverfahrens abgeschoben worden zu sein.

4. Das Vorbringen in der Beschwerde und deren Ergänzung betreffend die "Rechtsschutzfunktion des Verwaltungsgerichtshofes" und die "anderen ... nachteiligen Rechtswirkungen" eines Aufenthaltsverbots gleicht dem Vorbringen in den Beschwerden, die den hg. Erkenntnissen vom 7. September 2004, Zl. 2004/18/0250, und vom heutigen Tag, Zl. 2004/18/0361, zu Grunde lagen. Dazu wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Ausführungen in den zitierten Erkenntnissen verwiesen.

5. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. November 2004

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2004:2004180319.X00

Im RIS seit

30.12.2004
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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