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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Rechtserwerbs aufgrund der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Prognoseentscheidung hinsichtlich der SelbstbewirtschaftungSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Kaufvertrag vom 12. Juni 1996 samt Ergänzung vom 25. April 1997 erwarb der Beschwerdeführer die Liegenschaft EZ 90010, KG Wilten, im Gesamtausmaß von 21,1894 Hektar.
Die Bezirksgrundverkehrskommission der Stadtgemeinde Innsbruck versagte diesem Rechtsgeschäft mit Bescheid vom 14. Jänner 1998 die grundverkehrsbehördliche Genehmigung. Begründend wurde ausgeführt, daß die vom Gesetzgeber geforderte Selbstbewirtschaftung nicht gewährleistet erscheine und der Käufer nicht über die erforderlichen fachlichen Kenntnisse im Sinne des §6 Abs1 litc Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 zu einer dem Gesetz entsprechenden Selbstbewirtschaftung verfüge.
2. Die gegen diese Entscheidung fristgerecht erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde von der Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung (s. §28 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes, LGBl. für Tirol 61/1996 in der Fassung der Novelle LGBl. für Tirol 59/1997 - im folgenden: TGVG 1996) mit Bescheid vom 10. August 1998 als unbegründet abgewiesen, da auch aus der Sicht der Berufungsbehörde im Zuge des Verfahrens keine Umstände hervorgekommen sind, die eine ausreichend verläßliche Prognose im positiven Sinn nach §6 Abs1 litb Tiroler GVG 1996 erlauben würden. Der Vater des Käufers sei nämlich Eigentümer eines geschlossenen Hofes in Natters, der seit ca. zehn Jahren verpachtet sei. Aus der Sicht der belangten Behörde widerspreche es aber jeglicher Lebenserfahrung, daß jemand, der unbedingt Landwirt werden wolle, einen Landwirtschaftsbetrieb zu erwerben beabsichtige, während gleichzeitig der Landwirtschaftsbetrieb seines Vater verpachtet werde. Allein schon aus diesem Grund sei die Besorgnis begründet, daß der kaufgegenständliche Hof keiner dem Tiroler GVG 1996 entsprechenden Selbstbewirtschaftung zugeführt werden solle. Dazu komme noch, daß das gegenständliche Grundverkehrsverfahren bereits seit dem Jahre 1996 bei der Grundverkehrsbehörde anhängig sei, in dieser Zeit jedoch keinerlei Maßnahmen seitens des Käufers getroffen wurden, die zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung auf eine Selbstbewirtschaftung hinweisen würden. Vielmehr habe der Beschwerdeführer den kaufgegenständlichen Hof noch vor der Entscheidung der Grundverkehrsbehörde erster Instanz für das Jahr 1997 verpachtet.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, mit der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und die Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm behauptet sowie die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie den bekämpften Bescheid verteidigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1.1. Es ist unbestritten, daß das den Gegenstand des Kaufvertrages bildende Grundstück als landwirtschaftlich im Sinne des §2 Abs1 TGVG 1996 zu qualifizieren ist und demnach den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegt. Der durch den Kaufvertrag beabsichtigte Eigentumserwerb bedarf daher zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde gemäß §4 Abs1 lita leg. cit. Eine solche Zustimmung darf gemäß §6 Abs1 TGVG 1996 nur erteilt werden, wenn
a) der Rechtserwerb weder dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung oder Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes noch dem öffentlichen Interesse an der Schaffung oder Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes widerspricht,
b) gewährleistet ist, daß die erworbenen land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke grundsätzlich vom Erwerber selbst im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaftet werden,
c) der Erwerber über die für die Selbstbewirtschaftung erforderlichen fachlichen Kenntnisse verfügt und
d) der Erwerber glaubhaft macht, daß durch den beabsichtigten Rechtserwerb kein Freizeitwohnsitz geschaffen werden soll.
Bei Nichtvorliegen der umschriebenen Voraussetzungen ist die Zustimmung zum Rechtserwerb zu versagen.
1.2. Der angefochtene Bescheid stützt sich vor allem auf §6 Abs1 litb TGVG 1996, wonach die Genehmigung nur erteilt werden darf, wenn gewährleistet ist, daß die erworbenen land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke grundsätzlich vom Erwerber selbst im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaftet werden.
Der Beschwerdeführer behauptet, die Behörde hätte eine rechtswidrige generelle Norm angewendet, führt seine Bedenken jedoch nicht näher aus. Die Beschwerde ist auch sonst nicht geeignet, beim Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die dem Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften, insb. gegen §6 Abs1 litb TGVG 1996, zu erwecken (s. in diesem Sinne zu §6 Abs1 litb TGVG bereits VfSlg. 15.324/1998 mwN).
1.3. Im Hinblick darauf ist auszuschließen, daß der Beschwerdeführer wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.
2.1. Zu den behaupteten Verletzungen in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, daß die belangte Behörde im Zuge des Verfahrens das Vorbringen des Beschwerdeführers ignoriert habe und keine Abwägung der Gründe und Gegengründe erfolgte. Die Landes-Grundverkehrsbehörde habe die vorgebrachten Argumente derart interpretiert, daß der Beschwerdeführer unsachlich benachteiligt würde. Weiters habe die belangte Behörde den Grundsatz des Parteiengehörs eklatant verletzt, da dem Beschwerdeführer die belastende Aussage eines Zeugen erst im Zuge der mündlichen Verhandlung vorgehalten wurde. Dadurch wäre es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen, auch zu seiner Entlastung Beweise oder Zeugen anzubieten. Aus dieser Vorgangsweise ergebe sich, daß kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und der Beschwerdeführer daher in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden wäre.
2.2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz könnte im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschrift nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. z.B. VfSlg. 8428/1978, 9127/1981) nur vorliegen, wenn die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder Willkür geübt hätte.
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt u.a. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens oder einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhalts (z.B. VfSlg. 8808/1980, 10.338/1985, 11.213/1987, 12.985/1992).
2.3. Dies ist der belangten Behörde nicht vorzuwerfen, ist doch der Erlassung des angefochtenen Bescheides ein - aus verfassungsrechtlicher Sicht - nicht zu beanstandendes Ermittlungsverfahren vorausgegangen. Der Bescheid kann sich daher verfassungsrechtlich unbedenklich auf den Akteninhalt und den ermittelten Sachverhalt stützen. Über Sachverhalt und Akteninhalt bestehen im wesentlichen zwischen belangter Behörde und Beschwerdeführer auch keine maßgeblichen Divergenzen; vielmehr betreffen die Meinungsunterschiede die rechtliche Würdigung des gesamten Sachverhaltes. Daß dieses Ergebnis aus der Sicht des Beschwerdeführers unbefriedigend sein mag, indiziert nicht willkürliches Verhalten der belangten Behörde (VfSlg. 13.165/1992, 13.385/1993, 13.937/1994). Nach dem Wortlaut des §6 Abs1 des TGVG 1996 hat die Behörde eine Prognoseentscheidung darüber zu treffen, ob im Falle der Genehmigung des Grunderwerbs gewährleistet ist, daß die erworbenen land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke grundsätzlich vom Erwerber selbst im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaftet werden. In diesem Zusammenhang hat die Behörde im Verhältnis zur Erstinstanz auch ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt und auf Basis der Tatsachenfeststellung, daß der Beschwerdeführer weder zum Zeitpunkt des Grunderwerbs noch während des doch über Jahre anhängigen Verfahrens das erworbene Grundstück bzw. das seines Vaters bewirtschaftet hat, die Prognose angestellt, daß der Beschwerdeführer dies auch in Hinkunft nicht tun würde. Der Behörde kann auf Basis dieser Umstände kein in die Verfassungssphäre reichender Fehler angelastet werden.
Auch der Vorwurf, §6 Abs2 TGVG 1996 ermögliche die vom Gesetzgeber geforderte "Selbstbewirtschaftung auf Pachtbasis", geht ins Leere. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in der Entscheidung VfSlg. 14.966/1997 klargestellt, daß dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden kann, daß er mit dieser Bestimmung nicht die persönliche Anwesenheit des Erwerbers gemeint habe. Der Verfassungsgerichtshof hat dort folgendes ausgeführt:
"Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zum TGVG 1983) ist die Auffassung der belangten Behörde verfassungsrechtlich unbedenklich, zur Selbstbewirtschaftung im Sinne dieser Bestimmung sei grundsätzlich die persönliche Anwesenheit des Erwerbers erforderlich, weil nur so die für die Bewirtschaftung eines Hofes notwendigen Arbeiten verrichtet und die Anordnungen vom Hofbetreiber persönlich getroffen werden können, und er nur so deren Einhaltung auch selbst überwachen kann, wofür ein nahezu täglicher Aufenthalt am Hof erforderlich ist (vgl. etwa - mit Hinweisen auf die weitere Rechtsprechung - VfSlg. 12.983/1992, 12.984/1992, 13.165/1992, 13.859/1994, 13.937/1994)."
2.4. Der Beschwerdeführer wurde somit durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinem Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.
2.5.1. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur dann verletzt worden sein, wenn die Behörde das Gesetz denkunmöglich angewendet hätte, ein Fall der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen mit der Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellenden Fehler begangen hätte (vgl. VfSlg. 15.324/1998 mwN).
2.5.2. Wie bereits ausgeführt, hat die belangte Behörde die Versagung der Genehmigung im wesentlichen mit der negativen Prognoseentscheidung begründet, die nach einem ergänzten Ermittlungsverfahren erfolgte, im Zuge dessen der Behörde keine Fehler unterlaufen sind, die mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wären.
2.5.3. Der Beschwerdeführer ist daher auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
2.6. Was das Bedenken betrifft, der angefochtene Bescheid würde den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit verletzen, ist auf das vorhin Gesagte zu verweisen, da ein Bescheid dieses Recht nur dann verletzt, wenn er entweder ohne jede gesetzliche Grundlage erlassen wurde oder wenn bei seiner Erlassung ein Gesetz denkunmöglich angewandt wurde oder wenn er sich auf eine verfassungswidrige Grundlage stützt.
3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in einem von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre.
4. Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall (vgl. dazu insbesondere §28 TGVG 1996 sowie Art20 Abs2 B-VG) - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. VfSlg. 9454/1982, 10.565/1985, 10.659/1985, 12.823/1991, 12.987/1992, 13.459/1993).
III. 1. Die Beschwerde war deshalb als unbegründet abzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, und Z2 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, SelbstbewirtschaftungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:B1795.1998Dokumentnummer
JFT_09989686_98B01795_00