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97 VergabewesenNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter infolge Zurückweisung eines Nachprüfungsantrags eines vom Auftraggeber faktisch nicht ausgeschiedenen, nach Ansicht des Bundesvergabeamtes jedoch auszuscheidenden Bieters; keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Nichtigerklärung der Zulassung eines Planungsprojekts des Beschwerdeführers wegen eines Verstoßes gegen das Anonymitätsgebot; Abweisung des Antrags auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof; Zuständigkeit des VwGH auch aus unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht nicht abzuleitenSpruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch den Bescheid Z N-15/99-11 in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
II. Hingegen ist der Beschwerdeführer durch den Bescheid Z N-19/99-10 weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird insoweit abgewiesen.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Abtretung der Beschwerde gemäß Art144 Abs3 B-VG an den Verwaltungs-gerichtshof wird abgewiesen.
III. Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Gemeinsam mit der WED Wiener Entwicklungsgesellschaft für den Donauraum AG hat die Bundesimmobiliengesellschaft mbH zur Erlangung baukünstlerischer Entwürfe sowie von Entscheidungsparametern für die Beauftragung von Generalplanerleistungen für den Neubau "TU-Wien/Maschinenbaufakultät" ein mehrstufiges Verfahren ausgeschrieben, das am 4. Juni 1998 im Supplement S zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften bekanntgemacht wurde.
In einer ersten Stufe des Verfahrens sollte eine offene Interessentensuche mit Ideenfindung mittels eines Wettbewerbes stattfinden, wobei unter Punkt 1.1.4. der Ausschreibung festgehalten wurde, daß es sich um einen anonymen Wettbewerb handeln solle. Punkt 1.5.3. der Ausschreibungsunterlagen sah unter anderem vor, daß die Einhaltung der Bedingungen des Wettbewerbes - also insbesondere auch die Einhaltung des Anonymitätsgebotes - als Vorprüfungskriterium anzusehen sei.
An dem Verfahren haben sich mehrere Bewerber durch Abgabe von Projektentwürfen beteiligt, unter ihnen auch der Beschwerdeführer. Diesem wurde am 1. Oktober 1998 auch mitgeteilt, daß er unter den fünf qualitativ ausgewählten Finalisten des Wettbewerbes sei und am fortgesetzten Verhandlungsverfahren (als zweiter Stufe des Verfahrens) teilnehmen könne.
Nach Präsentation seines Projektes wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10. Februar 1999 von einem Beschluß des den Auftraggebern zuzurechnenden Beratungsgremiums unterrichtet, demzufolge sein Projekt nicht zur Ausführung empfohlen wurde.
2. a) Der Beschwerdeführer beantragte daraufhin bei der Bundes-Vergabekontrollkommission (B-VKK) die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens gemäß §109 Abs1 Z1 BVergG, die mit Empfehlung vom 17. März 1999, Z S-31/99-12, den Auftraggebern empfahl, das Beratungsgremium zu beauftragen, unter den fünf verbliebenen Projekten eine Bestbieterermittlung anhand der in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Kriterien in nachvollziehbarer Weise vorzunehmen.
Der Beschwerdeführer stellte in der Folge beim Bundesvergabeamt (BVA) einen Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß §115 BVergG und beantragte unter anderem die Nichtigerklärung des Beschlusses des Beratungsgremiums vom 8. Februar 1999, das Projekt eines namentlich genannten Mitbieters zum Bestbieter zu küren, und der daran angeschlossenen Empfehlung, mit diesem das Verhandlungsverfahren kurzfristig fortzusetzen.
b) Mit Bescheid vom 31. Mai 1999, Z N-15/99-11, wies das BVA sämtliche Anträge des Beschwerdeführers mangels Antragslegitimation zurück: Gemäß §115 Abs1 BVergG könne ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluß eines dem BVergG unterliegenden Vertrages behauptet, die Nachprüfung einer Entscheidung des Auftraggebers nur dann beantragen, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen drohe (unter Hinweis auf Vorjudikatur). Vorliegend hätte der Beschwerdeführer im wesentlichen gerügt, daß die Auftraggeber gegen das Bestbieterprinzip des §53 BVergG sowie gegen die Grundsätze des Verhandlungsverfahrens verstoßen hätten. Daraus könne dem Antragsteller aber nur dann ein Schaden entstehen, wenn sein Projekt für die Erteilung des Zuschlages überhaupt in Betracht zu ziehen gewesen wäre, was vorliegend aber - aus den nachfolgend wörtlich wiedergegebenen Gründen - nicht der Fall gewesen sei:
"Nach §52 Abs1 Z8 BVergG hat die vergebende Stelle vor der Wahl des Angebotes für den Zuschlag auf Grund des Ergebnisses der Prüfung den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote unverzüglich auszuscheiden, wenn die Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind. Unter Punkt 1.6.7. der Ausschreibung wird nun hinsichtlich des Ausschlusses eines Projektes vom Vergabeverfahren ausdrücklich auf §36 Abs4 WOA verwiesen. Diese Bestimmung legt wiederum fest, daß bei Vorliegen eines Ausschließungsgrundes des §8 WOA das betroffene Projekt auszuscheiden ist. Gemäß Abs1 litd leg.cit. sind unter anderem Personen von der Teilnahme an einem bestimmten Architektenwettbewerb ausgeschlossen, die eine Angabe in den eingereichten Unterlagen machen, welche auf die Urheberschaft schließen lassen. §81 Abs6 BVergG ist des weiteren zu entnehmen, daß Wettbewerbsarbeiten anonym vorzulegen sind.
Nach Aussage des Jurymitglieds (...) in der Verhandlung vom 17. Mai 1999 stand jedem Mitglied die Möglichkeit offen, sich über den angegebenen Namen zu informieren. Dies wurde zwar vom (Bf.) formal ausdrücklich bestritten, es konnte dazu jedoch nichts vorgebracht werden, was den Senat an der Richtigkeit der Aussage des (Jurymitgliedes) zweifeln lassen könnte. Vielmehr gelangte der Senat zur Überzeugung, daß seitens des Antragstellers durch die - unbestrittene - Angabe seines Namens unter der Rubrik 'vorgesehene Organisation der Generalplanung' der Ausschließungsgrund des §8 Abs1 litd WOA erfüllt wurde, sodaß sein Projekt gemäß §52 Abs1 Z8 BVergG iVm §36 Abs4 WOA auszuscheiden ist."
Da das Projekt des Beschwerdeführers - nach Ansicht des BVA - sohin notwendig auszuscheiden gewesen wäre und folglich für eine Zuschlagserteilung nicht in Betracht gezogen hätte werden dürfen, könne der Beschwerdeführer durch allfällige Verstöße gegen das BVergG in seinen Rechten nicht verletzt worden sein, weshalb es dem Antragsteller an der Legitimation zur Geltendmachung der behaupteten Rechtswidrigkeiten fehle.
3. a) Der in Aussicht genommene Bestbieter beantragte am 17. März 1999 bei der B-VKK die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens gemäß §109 Abs1 Z1 BVergG und rügte dabei allfällige Verstöße des Beschwerdeführers gegen die Anonymitätsbestimmungen des abgeführten Wettbewerbes.
In ihrer Empfehlung vom 29. März 1999, S-36/99-12, empfahl die B-VKK dem Auftraggeber, der Jury aufzutragen, zu prüfen, ob durch die namentliche Nennung eines Generalplaners bei der Angabe der "Organisationsstruktur der Generalplanerleistungen" (Punkt 1.9.1. der Ausschreibungsunterlagen) eine Verletzung des Anonymitätsgrundsatzes im Sinne des §81 Abs6 BVergG iVm der Wettbewerbsordnung der Architekten und der Auslobungsunterlagen vorliege.
Mit Antrag vom 13. April 1999 stellte der in Aussicht genommene Bestbieter beim BVA einen Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung, das Planungsprojekt des Beschwerdeführers trotz Vorliegens eines Verstoßes gegen das Gebot der Einhaltung der Anonymität nicht auszuscheiden und es in rechtswidriger Weise zur Weiterbehandlung in der zweiten Verfahrensstufe des Vergabeverfahrens zuzulassen.
b) Diesem Antrag wurde mit Bescheid vom 31. Mai 1999, Z N-19/99-10, stattgegeben.
4. Gegen die unter 2.b) und 3.b) genannten Bescheide wendet sich die vorliegende auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie auf Unversehrtheit des Eigentums gerügt und die Aufhebung der Bescheide begehrt wird.
Das BVA hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ist in einem Begleitschreiben den Beschwerdebehauptungen in kurzer Form entgegengetreten. Die dem Verfahren als mitbeteiligte Parteien hinzugezogenen Auftraggeber bzw. der in Aussicht genommene (und im zweiten Verfahren als Antragsteller vor dem BVA fungierende) Bestbieter haben Äußerungen erstattet, in denen ebenfalls den Beschwerdebehauptungen entgegengetreten und beantragt wurde, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg. 14.390/1995, 14.889/1997, 15.507/1999) verletzt der Bescheid einer Verwaltungsbehörde unter anderem dann das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, wenn die bescheiderlassende Behörde als Gericht im Sinne des Art234 Abs3 EG eingerichtet ist und es verabsäumt, eine entscheidungsrelevante Frage der Auslegung einer gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen. Ein solcher Fehler ist dem BVA bei Erlassung des unter der Zahl N-15/99-11 erlassenen Bescheides unterlaufen.
b) Schon in seiner Entscheidung VfSlg. 14.390/1995 hat der Verfassungsgerichtshof dargelegt, daß das BVA als vorlagepflichtiges Gericht im Sinne des Art234 Abs3 EG (damals noch: Art177 Abs3 EGV) zu qualifizieren ist. Der EuGH hat die Gerichtsqualität im Sinne der zitierten Bestimmung mehrfach bestätigt (vgl. etwa EuGH Rs. C-81/98, Alcatel Austria AG ua., Slg. 1999, I-7671; Rs. C-76/97, Tögel, Slg. 1998, I-5357; Rs. C-44/96, Mannesmann ua., Slg. 1998, I-0073, etc.).
c) In dem dem Bescheid Z N-15/99-11 zugrundeliegenden Nachprüfungsverfahren hat der Beschwerdeführer beim BVA u.a. beantragt, den Beschluß des Beratungsgremiums, das Projekt eines Mitbewerbers zum Siegerprojekt des Wettbewerbs zu küren und die daran angeschlossene Empfehlung, mit diesem Bieter das Verhandlungsverfahren kurzfristig fortzusetzen, nichtig zu erklären. Diesen und andere Anträge wies das BVA durch den zu Z N-15/99-11 ergangenen Bescheid mangels Antragslegitimation zurück, da das Projekt des Beschwerdeführers nach Ansicht des BVA notwendig auszuscheiden gewesen wäre und folglich für eine Zuschlagserteilung nicht in Betracht gezogen hätte werden können.
§115 Abs1 BVergG lautet:
"(1) Ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluß eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, kann die Nachprüfung einer Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist und zu entstehen droht."
In diesem Zusammenhang ist auf §52 Abs1 und 2 BVergG über das "Ausscheiden von Angeboten" zu verweisen:
"(1) Vor der Wahl des Angebotes für den Zuschlag hat die vergebende Stelle auf Grund des Ergebnisses der Prüfung die folgenden Angebote unverzüglich auszuscheiden:
1.-11. ...
(2) Bieter, deren Angebote auf Grund des Ergebnisses der Prüfung ausgeschieden wurden, sind hievon unverzüglich(,) jedenfalls aber acht Tage vor Erteilung des Zuschlages unter Bekanntgabe des Grundes schriftlich zu verständigen. ..."
Fraglich ist sohin die Zulässigkeit eines Nachprüfungsverfahrens über Antrag eines Bieters, dessen Angebot vom Auftraggeber nicht gemäß §52 Abs1 und 2 BVergG ausgeschieden wurde, wenn das BVA zur Auffassung gelangt, daß ein Ausscheidungsgrund vorliegt.
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis zu B707/00 vom 8. März 2001 auf die kontroversen Stellungnahmen in der vergaberechtlichen Literatur zur dargelegten Fragestellung hingewiesen und ist zur Auffassung gelangt, daß die Frage des Ausschlusses eines - möglicherweise - auszuscheidenden, vom Auftraggeber selbst aber nicht ausgeschiedenen Bieters vom Nachprüfungsverfahren (im Wege der Zurückweisung seines Nachprüfungsantrages gemäß §115 Abs1 BVergG) unter dem Aspekt der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für dieses Nachprüfungsverfahren zweifelhaft ist. Unter Bezugnahme auf die einschlägige Judikatur des EuGH zur Auslegung des gemeinschaftsrechtlichen Vergaberechts, wonach u. a. die Erfordernisse einer der Richtlinie entsprechenden Auslegung des nationalen Rechts und eines effektiven Schutzes der Rechte des einzelnen es dem nationalen Gericht gebieten "zu prüfen, ob dem einzelnen aufgrund der einschlägigen Vorschriften des nationalen Rechts ein Anspruch auf Nachprüfung der Vergabe (...) zuerkannt werden kann" (EuGH Rs. C-54/96, Dorsch Consult, Slg. 1997, I-4961, Rz 46) und der vom EuGH betonten Verpflichtung der Mitgliedstaaten nach Art1 Abs1 der Rechtsmittelrichtlinie, ABl. 1989 L 395,33 idF ABl. 1992 L 209,1 (in der Folge: RM-RL), "wirksame und möglichst rasche Nachprüfungsverfahren einzuführen, um sicherzustellen, daß die Gemeinschaftsrichtlinien im Bereich des öffentlichen Auftragswesens beachtet werden" (EuGH Rs. C-81/98, Alcatel Austria AG ua., Slg. 1999, I-7671, Rz 34, 35), hat er die Auffassung vertreten, daß die Legitimation zur Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens nach Art1 Abs3 RM-RL weit zu verstehen sein und deshalb jedem zustehen dürfte, der einen bestimmten zur Vergabe anstehenden öffentlichen Auftrag erhalten will (Öhler, Rechtsschutz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in der Europäischen Union, 1997, 156 f.). Angesichts dieses dem Verständnis der RM-RL in der Auslegung des EuGH innewohnenden weiten Rechtsschutzauftrages für Bewerber und Bieter in einem Vergabeverfahren erschien es dem Verfassungsgerichtshof fragwürdig, die Antragsvoraussetzungen nach §115 Abs1 BVergG in Verbindung mit §52 Abs1 und 2 BVergG so zu deuten, daß ein faktisch vom Auftraggeber nicht ausgeschiedener Bieter von der Nachprüfungsbehörde durch Zurückweisung seines Rechtsschutzantrages vom Nachprüfungsverfahren ausgeschlossen werden kann, wenn diese das Vorliegen eines Ausscheidungsgrundes vorfragenweise annimmt. Da diese Frage im Rahmen des dualen Rechtsschutzsystems des Gemeinschaftsrechts vom EuGH zu klären gewesen wäre und sie von diesem bisher noch nicht entschieden wurde, wäre das BVA verpflichtet gewesen, sie dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen.
Die in dem besagten Erkenntnis vom 8. März 2001, B707/00, zum Ausdruck gebrachten Bedenken treffen auch auf den vorliegend zu beurteilenden Bescheid Z N-15/99-11 zu. Dem BVA ist sohin auch hier der Vorwurf zu machen, entgegen der Anordnung des Art234 Abs3 EG eine vorlagepflichtige Frage der Interpretation des Gemeinschaftsrechts dem EuGH nicht zur Vorabentscheidung vorgelegt und dadurch den Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt zu haben.
d) Der Bescheid Z N-15/99-11 war sohin aufzuheben.
2. Insoweit sich die Beschwerde gegen den zu Z N-19/99-10 erlassenen Bescheid richtet - und dabei die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte wegen denkunmöglicher Gesetzesanwendung rügt -, so werden durch sie ausschließlich Fragen des richtigen Vollzugs aufgeworfen:
a) Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen wendet sich vordringlich gegen die vom BVA angenommene Verletzung des Anonymitätsgebots in den Projektunterlagen des Beschwerdeführers; es sei im folgenden auszugsweise wörtlich wiedergegeben:
"Das Anonymitätsgebot wurde deshalb nicht verletzt, da derjenige, der die geistigen Leistungen für die baukünstlerischen Entwürfe erbracht hat, nicht genannt wurde. Genannt wurde nur, der für den Auftragsfall vorgesehene Generalplaner. Gemäß der Ausschreibung war verlangt, in der ersten Stufe die Organisation der Generalplanungsleistungen (Punkt 1.9.1. der Ausschreibung) und in der Stufe zwei die Bekanntgabe des vorgesehenen Generalplanerteams (Punkt 1.9.2. der Ausschreibung.)
Sinn und Zweck dieser Art, die Nominierung des Generalplaners zu verlangen, war offensichtlich der, um festzustellen, ob der Projektverfasser einen geeigneten Generalplaner vorsieht, der auch die entsprechende Qualifikation und Fähigkeit besitzt, das Projekt umzusetzen. Die Bekanntgabe eines ORG-Planes setzt den Ausschreiber nicht in die Lage, dies zu überprüfen. Aus diesem Grund war ich der Meinung, daß der Generalplaner (...) durchaus bekanntgegeben werden kann, da eine Anonymitätsverletzung deshalb nicht stattfindet, da der Projektverfasser nicht genannt wird. Projektverfasser und Generalplaner sind verschiedene Personen, wobei der Generalplaner erst in einer späteren Phase bekanntgegeben wird.
Es war in der Vorprüfung daher keinesfalls ersichtlich, daß Projektverfasser und Generalplaner, also der Ersteller der geistigen Leistung eine Person sind. Dies hat auch den Vorprüfer (...) veranlaßt, die Namhaftmachung des Generalplaners nicht als Verstoß des Anonymitätsgesetzes zu betrachten. Ein Grund zur Nichtigerklärung liegt daher nicht vor.
(...)
Die nichtig erklärte Entscheidung des Vorprüfers ist für den Ausgang des Vergabeverfahrens keinesfalls von wesentlichem Einfluß. Vielmehr wird durch die Entfernung eines Mitbewerbers die Zahl jener Teilnehmer am Wettbewerb vermindert, die in die zweite Stufe gelangen. Gem. Art27 der Richtlinie 92/50 des EWG des Rates vom 18.6.1992 über die Koordinierung von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge ist die Mindestanzahl der Dienstleistungserbringer fünf. Wenn ich ausgeschieden bin, dann entspricht das gesamte Verfahren nicht mehr dem Bundesvergabegesetz bzw. der Dienstleistungsrichtlinie, da die Zahl die eingeladenen Unternehmer nicht mehr ausreicht, um einen echten Wettbewerb zu gewährleisten.
Gem. §81 Abs6 Bundesvergabegesetz ist das Preisgericht in seinen Entscheidungen und Stellungnahmen von Wettbewerbsarbeiten unabhängig. Eine Einmischung in die Entscheidung der Jury ist daher unzulässig.
(...)
Weiters wird dadurch, daß ein Generalplaner bekanntgegeben wird, der gar nicht mit dem Erbringer der geforderten geistigen Leistung ident sein muß und (durch) meine Ausscheidung, das Gesetz in denkunmöglicher Form angewandt. Die denkunmögliche Gesetzesanwendung erfolgt weiters auch dadurch, daß in die Entscheidung einer unabhängigen Jury eingegriffen wird und dadurch das gesamte Vergabeverfahren deshalb rechtswidrig wird, da die Zahl der in der zweiten Stufe befindlichen unter fünf gesenkt wird.
Wie oben dargelegt, hat die belangte Behörde das Gesetz insoferne auch denkunmöglich angewendet, als sie von einer Anonymitätsverletzung spricht, wenn ein Leistungserbringer einer Leistung genannt wird, die gar nicht Gegenstand der Auslobung war. Es handelte sich bei der Bekanntgabe des Generalplaners nur um eine Information, die die Jury haben wollte. Es war die Ausschreibung nur so zu verstehen, daß die Jury wissen wollte, wer der Generalplaner bei Erteilung eines Zuschlages werden würde. Ein anderer Sinn ist der Frage nach der Organisationsstruktur des Generalplaners nicht zu unterstellen."
b) Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleicheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10.337/1985, 11.436/1987).
c) Mit den unter a) wörtlich wiedergegebenen Vorwürfen werden keine in die Verfassungssphäre reichende Fehler geltend gemacht; eine denkunmögliche - und sohin verfassungswidrige - Gesetzesanwendung kann dem BVA nicht vorgeworfen werden: Die Behörde hat ihre Entscheidung - wie aus dem Bescheid hervorgeht - plausibel und nachvollziehbar begründet und diese weder leichtfertig getroffen noch sonst Willkür geübt. Ob das Verfahren in jeder Hinsicht rechtmäßig geführt wurde und die materiell-vergaberechtlichen Fragen rechtsrichtig geklärt wurden, hat der Gerichtshof nicht zu prüfen; und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen einen Bescheid des BVA - einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG - richtet, der beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. VfSlg. 10.565/1985, 10.659/1985, 12.697/1991).
Eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat durch den zu N-19/99-10 erlassenen Bescheid sohin nicht stattgefunden. Da das Verfahren auch nicht ergeben hat, daß der Beschwerdeführer durch diesen Bescheid in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen in seinen Rechten verletzt wurde, war die Beschwerde in diesem Umfang abzuweisen.
d) Der Antrag, die Beschwerde insoweit an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten, falls der Verfassungsgerichtshof feststelle, daß der Beschwerdeführer in keinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt sei, ist mangels gesetzlicher Grundlage abzuweisen: Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, daß es sich beim BVA um eine Kollegialbehörde richterlichen Einschlags gemäß Art133 Z4 B-VG handelt, deren Entscheidungen nicht der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof unterliegen.
Eine dem Gemeinschaftsrecht zu entnehmende Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs scheint die beschwerdeführende Gesellschaft aber offenbar anzunehmen, wenn sie vermeint, daß aufgrund der RM-RL gegen Entscheidungen des BVA ein "Rechtsmittelverfahren zu einer unabhängigen Instanz möglich sein" müsse. Gemäß Art2 Abs1 RM-RL haben die Mitgliedstaaten die Einrichtung eines effektiven Vergaberechtsschutzes sicherzustellen und vorzusehen, daß den zur Durchführung der Nachprüfungsverfahren zuständigen Instanzen "die erforderlichen Befugnisse" eingeräumt werden. Daß das BVA ein "Gericht" im Sinne des Art2 Abs8 RM-RL (vgl. EuGH, Rs. C-103/97, Köllensperger, Slg. 1999 I-0551, und die darin verwiesenen Anforderungen an eine als ein "Gericht" iSd Art234 Abs3 EG einzurichtende erst- und letztinstanzliche Nachprüfungsbehörde) ist, das gemäß §§113 ff. BVergG bereits in erster und auch letzter Instanz über alle gemeinschaftsrechtlich gebotenen Befugnisse (Nichtigerklärung vergaberechtlicher Entscheidungen, Erlassung einstweiliger Verfügungen) verfügt, ist nicht zu bezweifeln. Über den dem Bescheid Z N-19/99-10 zugrundeliegenden Nachprüfungsantrag hat sohin die den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben entsprechende Behörde entschieden, weshalb das diesbezügliche Bedenken aufwerfende Abtretungsbegehren ins Leere geht. Eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes läßt sich (anders als etwa in dem mit VfSlg. 15.427/1999 entschiedenen Verfahren) sohin auch nicht aus unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht ableiten.
3. Angesichts des Gesamtergebnisses (teils Stattgabe, teils Abweisung) wurden die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben (§43 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG).
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Behördenzuständigkeit, EU-Recht Richtlinie, EU-Recht, Vergabewesen, Kollegialbehörde, Rechtsschutz, Verwaltungsgerichtshof, Zuständigkeit Verwaltungsgerichtshof, VfGH / Kosten, VfGH / AbtretungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:B1136.1999Dokumentnummer
JFT_09989686_99B01136_00